Erich Tauscher

U-Bahn Endstation

Warum ich das aufschreibe? Was soll, was kann ich dazu sagen? Es sind Dinge die ich gesehen hab, teilweise sind sie mir auch sozusagen passiert. Sie ließen mich nicht los, zwangen mich dann eben sie auf zu schreiben. Geht nicht anders.

 

„Endstation“. Langsam, träge erhebe ich mich und mach mich daran aus zu steigen. Die U-Bahn hat ihr Ziel, das ja auch meines ist, erreicht. Müde schleppe ich mich, mehr als ich gehe zur Rolltreppe. Ja ist schon so, der Jüngste bin nun auch nicht mehr. Endlich der Ausgang schon in Sicht, atme ich auf, denn von dort bis zu mir nach Hause sind es nur ein wenig mehr als 100 Meter. „Danke liebe U-Bahn Direktion für den Ausbau“ bete ich fast schon.

Dann bin ich draußen und schon hat mich die Sucht im Griff. Hastig greife ich in die Tasche, hol rasch die verdammten Zigaretten raus und stecke mir eine an. Tief atme ich ein, die Fahrt war lang, ja sicher bin ich es gewöhnt, fahr ich auch jeden verfluchten Wochentag zur Arbeit und zurück, aber trotzdem, immer wieder erwischt es mich, kann es nicht lassen. Habe dazu wohl keinen Willen mehr, keinen Willen und auch keine Lust die Glimmstängel für immer aus zu drücken. Während ich gierig rauche, sehe ich einer Gruppe Jugendlicher zu, die auch da herumstehen. Es sind 5 Mädchen und 2 Jungs. Alle rauchen sie. Was für ein Jammer! Sie wissen es wohl nicht besser! Aber sicher wissen sie es, wollen es nur nicht wahr haben, schließlich glaubt man ja einem Erwachsenen keine einziges Wort. Ist doch so, oder nicht?

Ohne es zu wollen höre ich ihnen zu.

Da sagt die eine. „Der Schlappschwanz bringt es doch nicht! Sieh ihn dir an, steht da rum und traut sich noch nicht einmal eine zu rauchen!“ Die anderen fangen an zu lachen, der Junge den ich jetzt voll ansehe, wird rot und senkt den Kopf. Jetzt erst sehe ich dass er nicht raucht. Finde ich gut. Aber die Kleine gibt nicht nach, immer wieder stichelt sie, die Anderen feuern sie an sodass sie sich schließlich provozierend vor ihn hinstellt und ihm die offene Zigarettenschachtel hin hält: „Da nimm dir eine, na los doch!“

„Nein, lass mal, ich will nicht rauchen!Lasst mich doch mit dem Scheiß in Ruhe. Vergiftet euch selbst aber ich muss da nicht dabei sein.!“

„Ja, wenn das so ist“ antwortet sie gedehnt und sieht sich dabei Bestätigung fordernd in der Runde um, „dann brauchst mich auch nicht zu fragen, du weißt schon was!“

Jetzt wird der Kleine zornig, das sieht man deutlich. Er sieht ihr genau in die Augen und sagt: „Das heißt also, wenn ich keine Zigaretten rauche, dann willst du nicht mehr mit mir..“

„Was?“ fragt sie fordernd

„Du willst es ja nicht anders“ erwidert er „dann willst du nicht mehr Doktor spielen oder soll ich es anders sagen?“

Die Runde der Teenies ist ganz ruhig geworden, aber der Junge war nicht mehr zu bremsen. Er dreht sich weg und sagt nur mehr, wo über die Schulter hinweg: „Dann such ich mir eben eine Andere, die mir immer wenn ich will einen bläst!“ Dabei bleibt er stehen, dreht sich noch einmal um, sieht die Kleine an und sagt voller Zorn: „Ich rauche nicht, weil ich mich nicht süchtig machen will. Wie oft soll ich das eigentlich noch sagen? Und du wirst nur fett werden von all dem Sperma!“

Dann geht er ruhig weg. Das Mädchen schimpft hinter ihm her, wie ein Waschweib hört sie sich an, aber als sie merkt dass die anderen sie entsetzt ansehen wird sie immer ruhiger und will die Mädchen zurück halten, die sich jetzt Eine nach der Anderen davon machen. Schließlich steht sie ganz allein und verloren da. Blickt dann, als alle weg sind, auf die Zigarette in ihrer Hand runter, wieder zornig geworden wirft sie sie mit einer heftigen Geste weg. Dann gleich die ganze Schachtel hinter her, und sie stampft sie richtig in den Boden, dabei sehe ich wie ihr die Tränen nur so über das Gesicht runter laufen.

Jetzt hat sie es wohl geschnallt, denke ich. Das wird ihr eine Lehre sein hoffe ich bei mir und ich will mich schon abwenden und nach Hause gehen, als ich aus dem Augenwinkel sehe wie die Kleine auf mich zukommt.

Als sie näher kommt schaltet sie ein automatisches Lächeln ein, dass ihr sonst so hübsches Gesicht verzerrt. Dann ist sie bei mir:

„Servus“ lächelt sie mich an, „habe eben in einem Wutanfall meine Tschik weg geworfen, hast du vielleicht eine für mich?“

Ich kann über soviel Unverstand nur den Kopf schütteln.

„Stell dich nicht so an, du hast doch eben noch geraucht!“

„Stimmt schon“ erwidere ich „aber du weißt schon dass das sehr ungesund ist?“ frage ich sie

„Klar weiß ich das Mann, was ist jetzt gibst du mir eine?“ dann redet sie sofort weiter, „ich habe zwar kein Geld, aber sonst kannst du alles haben was du willst!“ Dabei lächelt sie mich süß an.

Ich kann es kaum fassen was da geschieht, sie aber lässt nicht locker.

„Komm schon, gib schon eine her, wir können da noch hinten gehen, da sieht uns keiner!“ Dabei kommt sie noch näher und ich sehe es ihr an, dass sie mir gleich zwischen die Beine greifen wird.

Das kann ich schnell stoppen: „OK, OK, ich gebe die eine, aber bitte überlege es dir ob du nicht doch aufhören willst!“

Sie sieht mich unten her an, während sie sich die Zigarette an raucht, „jetzt blas dich nicht auf, du rauchst ja auch!“ Damit dreht sie sich um und lässt mich fassungslos wie ich bin, einfach stehen. Ich sehe ihr nach wie sie so dahin geht und dabei aufreizend den Hintern schwingt. Ist wohl verloren die Kleine, denke ich, jeder andere hätte die wohl durch gezogen. Dann wende ich mich ab und gehe langsam meinen Weg nach Hause.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.02.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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