Monika Sternberg

Mein Aufsatz über Stress

Stress – das gehört zum Beruf dazu.

Wie fange ich mit diesem Thema bloss an?
Habe ich überhaupt Stress im Beruf? Ich habe drei Wochen Zeit, einen Aufsatz zu diesem Thema zu schreiben. Na gut, genug Zeit, um mich damit auseinanderzusetzen, da wird mir sicher schon etwas einfallen. Vielleicht sollte ich erst einmal nachsehen was unter der Definition Stress zu verstehen ist.

Also an den heimischen PC, morgen muss ich den Aufsatz abgeben. Das Lexikon von Bertelsmann schnell aufgerufen, mal sehen, was die darüber wissen. Na Klasse, ziemlich umfangreich, das fängt ja schon gut an. Warum habe ich nicht früher damit angefangen?

-Augenblick mal,... muss mal eben an die Haustür, es hat geklingelt. Hoffentlich kein Spontanbesuch mit Kummerkastengesuch. So was Blödes, hätte ich bloß nicht aufgemacht. Ganze 20 Minuten verschenkt, um dem Staubsaugervertreter klarzumachen, dass ich weder für meinen Teppich noch für meine PVC-Böden einen „Kobold – was – weiss – ich – was“ brauche und auf keinen Fall einen Gratisentwurf für eine neue Einbauküche benötige, die ich mir sowieso nicht leisten kann. So, nun zurück zum Thema Stress im Beruf. Wie war das noch?

Ach ja richtig, - Stress bedeutet Druck oder Beanspruchung und kommt aus dem Englischen. Der Stress ist eine Wechselwirkung zwischen der Person und seiner Umgebung. Ein Mensch erlebt dann Stress, wenn ihn eine Situation mit Anforderungen konfrontiert, denen er zu diesem Zeitpunkt nicht gewachsen ist. Aber auch Langeweile und Unterforderung können einem Menschen Stress bereiten. Die kleinen Ärgernisse, mit denen uns der Alltag konfrontiert, sind Stressoren, die unsere Stimmung und Gesundheit nachhaltig beeinflussen können. Die Auswirkungen solcher Ärgernisse sind recht unterschiedlich, je nachdem wie häufig und intensiv sie sind und wie der einzelne damit umgeht. One moment, please ...

- warum habe ich es eigentlich zugelassen, dass meine Tochter einen eigenen Cd-Player mit solch einer Lautstärkeregelung zum Geburtstag bekommen hat? Die Back Street Boys lassen es einfach nicht zu, dass ich meine eigenen Gedanken höre. Wenn die das Ding noch einmal so aufdreht, kommt es unter Verschluss. Wo war ich stehen geblieben?

Unterschiedliche Auswirkungen, ah ja. - Stress kann eine willkommene Herausforderung sein, je nachdem, wie man das Ereignis wahrnimmt und bewertet. Stress entsteht nur dann im negativen Sinne, wenn eine Person das Ereignis als Bedrohung oder Schaden einschätzt und wenn sie das Gefühl hat die Situation aus eigener Kraft schlecht oder gar nicht bewältigen zu können. Ereignisse, denen sich ein Mensch hilflos ausgeliefert fühlt, erzeugen mehr Stress, als Ereignisse, die er in irgendeiner Form...

- Was ist denn jetzt schon wieder? Telefon. Grillen beim Brüderlein oder Eisdiele. Ich hätte Eisdiele wählen sollen, aber nein. Warum muss eigentlich immer ich den Nudelsalat machen?

So weiter- ...beeinflussen oder kontrollieren kann. Wenn ein neues, belastendes Ereignis völlig unerwartet auf einen Menschen trifft, löst dies ebenfalls mehr Stress aus, als ein Ereignis, über das er Informationen hat. Erlebt ein Mensch eine Konfliktsituationen zum ersten Mal und erscheint sie ihm auch noch unlösbar, reagiert er in aller Regel mit heftigem Stress. Ist ihm die Situation schon geläufig und hat er schon Erfahrungen, wie er zu einer Lösung kommen kann, kann er ihr wesentlich gelassener entgegensehen. - Klingt logisch, habe ich verstanden. –

Wenn ich nicht wüßte, wie man einen Nudelsalat herstellt, hätte ich, wenn ich so auf die Uhr sehe, auch ein Problem. Den Aufsatz und den Nudelsalat in den nächsten 60 Minuten fertigzubekommen, wäre eine stressige Angelegenheit. Hauptsache, es kommt jetzt nichts mehr dazwischen. Und wenn doch, dann wird es eine kurze Nacht. Ich möchte meinen Aufsatz noch gerne mit dem Computer bearbeiten. Aber, wenn ich flexibel mit der Erledigung meiner Aufgaben bin, dann sollte kein Stress aufkommen. Und Magengeschwüre muss ich mir nicht antun.

- Oh, nein, meine Entwurfsaufzeichnungen. Kugelschreiberschrift hätte das überstanden, aber Tinte? Alles ruiniert, warum musste ausgerechnet jetzt der Kater auf den Tisch springen und meinen Kaffee umstossen? Also doch keinen Nudelsalat, Gurkensalat reicht auch. Noch einmal von vorne.

So, wie war das mit Stress – gehört zum Beruf dazu? Also für den Aufsatz gab es zwei Alternative. Ich habe mich für Alternative 1 mit freier Formulierung entschieden, weil ich bei der 2. Alternative nicht mitreden kann. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Da musst du durch!“ Kein Thema für mich, ebenso wie die anderen Punkte, damit kann ich nichts anfangen. Obwohl, die „Akten - auf - den - Boden – Aktion“ die find ich gut, sollte ich bei meinen Schulbüchern ausprobieren. Zu Alternative 1: Also, wenn ich mir meinen Alltag im Büro anschaue, muss ich sagen, dass ich keinen negativen Stress empfinde. Da ich seit dem 26.04.1999 in diesem Büro als einzige Angestellte, und seit dem 1.08.2000 als Auszubildende beschäftigt bin, stelle ich fest, dass ich eine gewisse Routine entwickelt habe, mit der ich meine Aufgaben erledige. Ich kann schnelle, flexible Entscheidungen über die Wichtigkeit der zu erledigenden Arbeiten treffen. Wenn ich zu viele Aufgaben auferlegt bekomme, kann ich offen mit meiner Chefin darüber sprechen. Bei ihr bekomme ich die nötige Unterstützung, die mir hilft, mit neuen Herausforderungen umzugehen. Wenn es hektisch wird, weil dringend eine einstweilige Anordnung, Eidesstattliche Versicherung oder ähnliches noch schnell zum Gericht muss, zeigt sich besonders, was wir für ein tolles, eingespieltes Team sind. Meine Chefin läßt mich Entscheidungen selbstständig treffen, zum Beispiel, wann ich das Postausgangsbuch und das Kassenbuch fertig mache, welche Farbe und welchen selbsterstellten Entwurf unsere kürzlich eingeführten Kostenblätter haben sollen, wann welche Bestellungen für den Bürobedarf notwendig sind. Eben die Sachen die sie nur unnötig belasten und aufhalten würden. Seit drei Monaten darf ich, darauf bin ich sehr stolz, die Abteilung der Beitreibung selbständig führen , natürlich steht meine Chefin mir auch dort immer zur Seite, wenn ich Hilfe brauche, und die brauche ich noch häufig.

Ich freue mich über neue Aufgaben und habe Spaß daran, selbständig Lösungen zu erarbeiten. Wir haben ein tolles Arbeitsklima, es wird viel gelacht und gescherzt. Auch Mandanten äußern sich gerne positiv und sprechen uns Lob aus. Wir werden als lebhafte und moderne Kanzlei bezeichnet. Kurzum, ich gehe gerne ins Büro und sehe neue Ereignisse und Hektik als Abwechslung und Herausforderung an . Durch solche Situationen kann ich für mich herausfinden, was ich alles leisten kann und entdecke meine Stärken und Schwächen.

Es ist alles eine Frage der Flexibilität, Organisation und des Miteinanders. Stress im Beruf gehört für mich im gesunden Maß dazu. Eine Arbeit am Fließband würde ich mit Unterforderung, Einsamkeit und Einöde verbinden. Davon würde ich krank werden. Ich brauche abwechslungsreiche, mal hektische und dann auch wieder ruhige Zeiten im Beruf, denn nur so spüre ich, dass ich lebe und nicht nur funktioniere. Ich glaube, ich habe riesiges Glück gehabt in dieser Kanzlei arbeiten und lernen zu können. Mein Beruf ist vielleicht wirklich eine Berufung für mich, zumindest zurzeit. Aber auch die Schule ist für mich immer wieder eine neue Herausforderung. Beim Schreiben dieses Aufsatzes habe ich mich auch einer neuen Situation stellen müssen: Stress ist Ansichtssache, es kommt nur darauf an, wie man damit umgeht.

Jetzt bin ich völlig erledigt, aber zufrieden mit meiner Arbeit, denn ich habe sie zu Ende gebracht.

Übrigens: Der Gurkensalat war wirklich nicht schlecht zum Gegrillten.

Dies ist der erste Aufsatz den ich 14 Jahre nach der Schule im Rahmen meiner jetzt fast abgeschlossenen Berufsausbildung geschrieben habe. Dieser Tag lief bei mir wirklich so chaotisch ab.

Wenn der ein oder andere beim lesen schmunzeln musste und sich an ähnliche Tage erinnert fühlte, dann schreibt mir doch einfach ob sie Euch gefallen hat.
Monika Sternberg, Anmerkung zur Geschichte

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Monika Sternberg).
Der Beitrag wurde von Monika Sternberg auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.05.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Monika Sternberg als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Starke Mütter weinen nicht von Linda Mertens



In ihrer Biografie beschreibt die Autorin in sensibler und eindrucksvoller Weise den verzweifelten Kampf um das Glück ihrer kleinen Familie. 19 Jahre stellt sie sich voller Hoffnung den Herausforderungen ihrer schwierigen Ehe..........doch am Ende bleibt ihr nichts als die Erinnerung.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Wie das Leben so spielt" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Monika Sternberg

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Irgendwie fing ja alles schon komisch an von Monika Sternberg (Wie das Leben so spielt)
mundtot gemacht von Annie Krug (Wie das Leben so spielt)
Ein Kind schreibt an Obama von Rainer Tiemann (Zauberhafte Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen