Ernst Dr. Woll

Sozialverhalten der Schweine, was fällt uns dabei auf?

Bei Wikipedia wird auf der aktuellen Seite zum „Sozialverhalten“ geschrieben: „Das Sozialverhalten umfasst alle Verhaltensweisen von Menschen und Tieren, die beim Menschen auf Reaktionen oder Aktionen anderer Menschen, bei Tieren auf Individuen der gleichen Art zielen. Sozialverhalten umfasst somit sowohl Formen des einträchtigen Zusammenlebens als auch agonistisches Verhalten.“
    Über das Sozialverhalten von einzelnen Tierarten weiß ich etwas Bescheid, das der Menschen ist aber sehr kompliziert und kann in der Regel nur von Psychologen korrekt definiert und beurteilt werden. Trotzdem behaupte ich nach meinen Erfahrungen, dass alle Menschen mehr oder weniger egoistisch sind, was sich auch in ihrem Sozialverhalten ausdrückt. Gleiches beobachtete ich auch bei den Haustieren. Ob diese erst durch die Domestikation so geworden sind ist nicht eindeutig, weil alle Tiere in der Natur alles für die Erhaltung ihrer Art tun, worin wohl ein grundsätzlicher Eigennutz zu erkennen ist. Außerdem geht es immer um die Ernährung, ums Fressen, wobei sich in der Regel die Kräftigsten meist egoistisch durchsetzen. 
     In physiologischen und anatomischen Eigenschaften sind bisher etliche Gemeinsamkeiten von Schweinen und Menschen festgestellt worden. Manchmal wird  behauptet, es gäbe auch im Sozialverhalten viel Gemeinsames. Ich zitiere oft und gern den Ausspruch des berühmten Staatsmannes Winston Churchill, der gesagt hat: „Hunde blicken zu uns auf, Katzen schauen auf uns herab und Schweine behandeln uns als Gleichgesinnte“. Man muss wohl annehmen, dass dahinter auch eine zynische politische Aussage steckte.
     Ich erhebe keinen Anspruch darauf, gesicherte wissenschaftliche Ergebnisse darzustellen, ich will in dieser Geschichte über Beobachtungen berichteten. Mögliche oder absurde  Gemeinsamkeiten oder Gegensätzlichkeiten von Menschen  und Schweinen werden dabei einbezogen. Vor mehreren Jahren wirkte ich bei Versuchen mit, durch die festgestellt werden sollte, ob Schweine, die aufrecht stehend ihr Futter einnehmen, eine bessere Gewichtszunahme haben und sich wohler fühlen. Außerdem wollte man ermitteln, ob bei dieser Körperhaltung die Verdauung, besonders die Kotausscheidung, besser funktioniert. Es wurden spezielle Futtertröge konstruiert, vor denen die Tiere gewissermaßen auf ihren Hinterbeinen standen und fraßen. Der Versuch führte zu keinen verwertbaren Ergebnissen und wir sagten ironisch: „Schweine sind wahrscheinlich noch nicht so weit, das aufrechte Gehen, Sitzen und Essen zu praktizieren. Sie wühlen doch lieber mit ihrem Rüssel im Schlamm, weil sich bei ihnen auch noch keine Hände gebildet haben mit denen sie essen könnten.“
    Bei der Schweinehaltung in Gruppen habe ich, wie auch in der Literatur beschrieben,  Unterschiede im Verhalten der männlichen und weiblichen Tiere beobachtet. Eber kämpfen bei der Zusammenstellung 30 bis 60 Minuten lang um die Rangordnung. Der Kampf endet mit der triumphalen Verfolgung des unterlegenen Tieres. Dieses Verhalten bleibt meistens auch bei kastrierten Tieren erhalten. Weibliche Schweine führen auch, allerdings kürzere Zeit dauernde Rangkämpfe aus, wobei die größeren stärkeren oder älteren Tiere meist die Überlegenen sind. Besonders intensiv sind die Kämpfe um die günstigsten Futterplätze, vor allem, wenn diese nicht ausreichen. Die Bewertung, wie sich Männer oder Frauen bei Gruppenbildung verhalten, überlasse ich der Beurteilung der Leser.
    Schon bei Ferkeln sind Rangkämpfe  zu beobachten. Bei säugenden Sauen haben die Zitzen im Brustbereich die meiste Muttermilch, die von den Ferkeln außerdem mit geringerer Anstrengung gesaugt werden können. So beginnt von den ersten Lebensstunden an ein Kampf um diesen Zitzenbereich, wobei sich die stärkeren Tiere durchsetzen.
    In der modernen Schweinehaltung werden die Ferkel unterschiedlich lang (4 – 8 Wochen) beim Muttertier belassen. Wenn sie nicht mehr auf die Muttermilch angewiesen sind, also selbständig Nahrung aufnehmen, werden sie abgesetzt und die Tiere, meist auch aus verschiedenen Würfen, in Gruppen zusammengebracht. Manchmal beißen sich die Tiere in dieser neuen Gemeinschaft gegenseitig in die Ohren, was weniger  schmerzhaft ist als der häufige Biss in den Schwanz.
    Nachdenklich machte mich eine Beobachtung bei der Zusammenstellung von Läufern, so nennt man die Schweine, wenn sie vom abgesetzten Ferkel zur nächsten Entwicklungsstufe (ca. 25- 30 kg schwer) heranwachsen; im übertragenen Sinne vergleichbar mit der Teenagerzeit beim Menschen. Unter den gleichfarbigen hell aussehenden Tieren war ein Läufer, an dessen Flanke ein großer schwarzer Fleck sichtbar war. Der rührte offensichtlich daher, dass die Eltern dieses Schweins noch Eigenschaften des Deutschen Sattelschweins, die auf der hellen Haut große schwarze Flecken haben, in sich trugen. Sie vererbten ihren Nachkommen diesen Farbfleck. Dieses Aussehen machte diesen Läufer, ich nannte ihn „Schwarzfleck“, bei allen gegenseitigen Attacken der Schweine in dieser Gruppe zur Zielscheibe. In der Rangordnung nahm er den untersten Platz ein. Mit List und Tücke musste er sich seine Anteile am Futter und beim Trinken sowie einen bequemen Ruheplatz erkämpfen. Es zeigte sich, dass sein fremdartiges Aussehen zur Ausgrenzung in der Gruppe führte, es wäre aber falsch dieses als typisches Sozialverhalten der Schweine einzustufen, denn dieses Phänomen spielt auch in der menschlichen Gesellschaft eine große Rolle.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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