Marlene Remen

P e t e r c h e n 2. Teil

Peterchen hatte sich sehr schnell bei uns eingelebt und ich
konnte mir gar nicht mehr vorstellen, ohne ihn zu sein.
Er war sehr neugierig, an allem interessiert, aber niemals
agressiv. Stundenlang konnte er sich mit einem aus Alufolie
geformten Bällchen vergnügen, damit wurde durch alle Zimmer
geflitzt. Wenn ich am Nachmittag ein wenig Zeit hatte und mir
meinen Handarbeitskorb nahm, war er sehr hinter den Wollknäueln
her. Damit er sie mir nicht aus dem Korb holte, hatte ich ihm ein
Kleines gegeben. Damit wurde ebenso gerne gespielt.

An einem Nachmittag war ich so mit dem Fensterputzen beschäftigt,
daß ich nicht mit bekam, wo er war. Das habe ich dann später erst
gesehen. Er war mit dem Wollknäuel im Wohnzimmer gewesen und
hatte dort alles um dekoriert. Das Knäuel war auf gegangen und überall,
wo er damit gespielt hatte, alles war von Wolle umwickelt. Der Esstisch
und um jedes Stuhlbein, der Couchtisch, die Sessel und die Couch,
einfach alles. Das sah so lustig aus, daß ich erst mal einen Lachanfall
bekam. Peterchen kam zu mir und sah mich richtig fragend an, so, als
wollte er sagen : "Hab ich doch gut gemacht, oder ?" Ja, das hatte er,
denn ich habe eine halbe Stunde gebraucht, um die Wolle überall
abzuwickeln. Beschäftigungstherapie für Frauchen, hat aber Spaß
gemacht, er ist alle Wege mitgelaufen, so als wollte er auch aufwickeln.

Unsere Wohnung war in der zweiten Etage und die Wohnzimmerfenster
gingen zur Straße hinaus. Ich weiß nicht, ob ich vergessen hatte, sie nach
dem Lüften zu schliessen, jedenfalls ist dann etwas sehr Schlimmes
passiert. Als ich in der Küche war, hörte ich plötzlich einen lauten Schrei
und rannte sofort ins Wohnzimmer, in dem sich auch mein kleiner Sohn
aufhielt. Er stand vor dem geöffneten Fenster und als ich ihn fragte, ob er
sich weh getan hat, sagte er : " Nein, habe nicht, aber Peterchen aus dem
Fenster gemeisst ." Mir blieb das Herz fast stehen, denn das Tierchen war
nicht im Wohnzimmer und auch sonst nirgendwo zu sehen. Zum Glück
kam mein Mann von der Arbeit und als ich ihm sagte, was passiert war,
sind wir alle sofort runter und haben nach Peter gesucht. Er war nirgends
zu sehen, meine Tochter hat nur noch geweint und ich mußte sie sehr
davon abhalten, ihren kleinen Bruder nicht zu strafen. Mein Mann suchte
auch auf dem Werksgelände und in der Siedlung, die auf der anderen
Strassenseite war, aber unser Katerchen war nicht zu finden.

Am nächsten Morgen, nach einer schlaflosen Nacht kamen die Nachbarn
aus dem ersten Stock und sagten uns, sie hätten im Keller etwas gehört.
Wir sind alle sofort runter gerannt und wo war unser Peterchen ?
Im Heizungskeller, in den ist er nach dem Aufkommen unten direkt
gesprungen, zum Glück war das Kellerfenster offen gewesen. Er hatte
sich nicht viel getan, ein paar Krallen abgerissen und auch ein paar
Schnurrihaare waren weg. Ausserdem war sein Fell von den Kohlen im
Keller komplett schwarz. Wir waren alle nur selig, ihn wieder zu haben.
Ihn sauber zu kriegen, das war eine schwierige Sache, er ließ sich ja
nicht baden, es hat schon einige Zeit gedauert.

Doch dieses Erlebnis hatte das Verhältnis meines Mannes zu unserem
Peterchen total verändert. Er meinte : "Wer soviel Glück gehabt hat,
der darf bei uns bleiben, auch wenn er ein Kater ist !" Na, das war doch
mal eine Aussage, die uns alle gefreut hat.



 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.03.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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