Manfred Bieschke-Behm

Gespräch mit einem Engel


 
Ich besuche eine Fotoausstellung zum Thema „Engel“ ausgestellt in einer Kirche. Wie ich finde, der richtige Ort, um Engelbilder auszustellen und anzuschauen. Die ausgestellten Fotos sind zum Teil bearbeitet, man könnte auch sagen verfremdet und zum Teil Original belassene Fotos. Die Ausstellung trägt den Titel „Für Engel wird es nie zu bunt“. Einen besseren Titel hätte die Fotografin nicht finden können, denn tatsächlich ist ein Farbenrauch, nicht zu übersehen.
Ich lasse alle Fotografien auf mich wirken. Nach dem ersten Rundgang schließt sich ein Zweiter an. Plötzlich bleibe ich vor einer mich besonders ansprechenden Fotografie stehen und befinde mich am Beginn eines Dialoges.
 
Ich höre mich fragen: „Bist du Mann oder Frau?“
Die Antwort lautet: „Ich bin Engel!“
Ich frage: „Was ist ein Engel?“
Ich höre: „Was ein Engel ist, musst du selbst herausfinden.“
Auf meine Frage „Wie geht das?“
bekomme ich zur Antwort: Das kann ich dir nicht sagen.“
Neugierig frage ich: „Wozu gibt es dich?“
Gegenfrage: „Gibt es mich?“
Ich entgegne: „Ich glaube schon, dass es Engel gibt, denn viele Menschen behaupten dies.“
Mir wird entgegnet: „Kennst du einen Menschen der einen Engel gesehen oder ihn gar berührt hat?“
Ich antworte ehrlich und sage: „Nein, ich kenne niemanden der einen Engel gesehen oder sogar berührt hat.“
Aufklärend wird mir gesagt: „Siehst du, so ist das mit uns Engel. Wir werden nicht gesehen und trotzdem glauben die Menschen an unsere Existenz.“
Ich hinterfrage: „Dann ist das so, wie mit dem lieben Gott. Niemand hat ihn gesehen, und trotzdem sind viele Menschen davon überzeugt, dass es ihn gibt.“
Als Bestätigung erhalte ich die Antwort: „Ja so oder ähnlich ist das.“
Ich bin neugierig und mutig und frage: „Was ist die Aufgabe von Engeln?“
Gerne wird mir geantwortet und ich erfahre: „Unsere Aufgaben bestimmen die Menschen, Menschen, die an uns glauben.“
Nachdenklich frage ich nach: „Heißt das, wenn ich beschützt werden möchte, beschützt mich ein Engel?“
Mit aller Ernsthaftigkeit wir mir geantwortet: „Wenn es dein Wunsch ist, beschützt zu werden, wird es passieren.“
Ich konstatiere: „Dann seit ihr Engels so etwas wie Gefälligkeitswesen?“
Die Antwort auf meine Feststellung lautet: „So würde ich uns Engel nicht beschreiben. Aber vielleicht hast du sogar recht.“
Ich berichte: „Überall, egal ob auf Friedhöfe, in Kirchen, Museen und auf Gemälden begegnen mir von Menschenhand geschaffene Engel.“
Vorsichtiges Nachfragen: „Fühlst du dich von Engeln verfolgt?“
Entrüstet entgegne ich: „Nein verfolgt ist das falsche Wort. Ich fühle mich begleitet.“
Beruhigende Nachfrage: „Heißt das, du glaubst an Engel?“
Klare Antwort von mir: „Ja, ich glaube an Engel.“
Bedachte Nachfrage: „Und was glaubst du?“
Ich überlege und sage: „Das ist eine schwierige Frage.“
Jetzt will der Engel es wissen: „Wenn du glaubst, musst du doch wissen, woran du glaubst!?“
Nachdenkliches antworten meinerseits: „Ich glaube an die Magie, die von euch Engeln ausgeht. Ich glaube, dass mein Glaube an euch mir hilft, mich im Leben zurechtzufinden.
Irritierende Rückfrage: „Das hört sich so an, als könntest du ohne Engel nicht sein?“
Ich antworte zaghaft: „Das weiß ich nicht, ob dem so ist. – Aber eines weiß ich, Engel haben mich mein ganzes Leben lang begleitet.“
Der Engel will es jetzt ganz genau wissen und fragt: „Auch in schwierigen Lebenssituationen?“
Ich zöge und antwortet: „Da muss ich überlegen.- Ja Engel haben mir in schwierigen Zeiten geholfen, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren."
Neugierig fragt der Engel: „Und wie?“
Die Antwort fällt mir nicht schwer: „Es waren und sind die von Künstlerhand geschaffenen Engel. Ihnen konnte ich und kann ich in die Gesichter schauen, ihre Körperhaltung studieren und zum Teil ihre Bestimmung erahnen. Von Menschenhand geschaffene Engel geht eine Ruhe aus, meist gepaart mit Zufriedenheit und Dankbarkeit. All das tut mir gut. Und selbst schmerzverzehrte Engelsgesichter haben etwas, was mich zufrieden stimmt.“
Der Engel ist irritiert und fragt: „Wie geht das?“
Ich antworte: „Trotz sichtbarem Schmerz geht nie die Würde verloren. Bei aller Trostlosigkeit schwingt Hoffnung mit.“
Das hört der Engel gerne und erklärt: „Ja Mensch, so sind wir Engel. Von allem ein bisschen und vor allen Dingen das, was die Menschen von uns erwarten.“
Ungläubig frage ich nach: „Ist das nicht anstrengend immer nur bedacht zu sein, die Bedürfnisse der Menschen zu stillen?“
Mit starker Stimme antwortet der Engel: „Nein, das ist nicht anstrengend. Das ist unsere Aufgabe. Dafür wurden wir geschaffen. Wäre ich ein Mensch, würde ich an dieser Aufgabe zerbrechen.“
Ich erkläre: „Auf der Fotografie, vor der ich gerade stehe, ist einen gebrochenen Engel zu sehen.“
Der Engel schaut mir über die Schulter und erklärt: „Dieser Engel wollte vielleicht Mensch sein und ist an seinem Vorhaben zerbrochen. – Jedes Wesen sollte in seiner Bestimmung leben. Der Mensch kann niemals Engel sein und ein Engel niemals Mensch. Jeder hat seine Aufgaben. Du als Mensch und ich als Engel. Ich gebe dir den Rat: Glaube an dich, und wenn es dir hilfreich erscheint, auch an Engel. Aber versuche nie ein anderer zu sein als der, der du bist.“
Ich möchte mich umdrehen, um in das Gesicht meines Engels zu sehen. Ich traue mich nicht. Vielmehr verharre ich in meiner Position und sage: „Danke Engel, dass du mir zugehört und mit mir gesprochen hast.“
Nun endlich drehe ich mich um und schaue fassungslos ins Leere: „Wo bist du? – Ich kann dich nicht sehen.“ Ich spüre einen leichten Windhauch an mir vorüberziehen und stelle keine weiteren Fragen.
 
Noch einmal betrachte ich all die ausgestellten Engel-Fotografien und bin dankbar für die Begegnung.
 

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