Manfred Bieschke-Behm

Sie und er


Er ist überrascht, als er sie sieht. Noch nie zuvor hatte er das gesehen, was er jetzt sieht. Wie konnte es sein, dass ihm bisher niemand von ihrer Existenz erzählt hat? Vielleicht bin ich der Erste, der sie sieht, denkt er und ist außer sich vor Freude.
Übermütig beobachtet es sie, wie sie sich vor ihm im Kreise dreht. Es sind die Farben, die ihm besonders antun. Die zarten schillernden Farben lassen sie so zart, so zerbrechlich erscheinen. Er kann sich an ihr nicht sattsehen. Er verfolgt mit seinen Augen jede ihrer Bewegung. Immer und immer wieder dreht sie sich um sich selbst. Ihm wird ganz schwindelig vom Zusehen. Ob es ihr auch schwindelig wird, denkt er. Er möchte sie greifen. Festhalten. Mitnehmen.
Doch er wird enttäuscht. Sie lässt sich nicht greifen. Geschickt kann sie ihm ausweichen. Verzweifelt gibt er sein Vorhaben auf, wenngleich er voller Sehnsucht nach ihr ist.
Wieder probiert er, ihr wenigsten ganz nahe zu kommen. Und wieder gelingt es ihr, sich von ihm zu entfernen. Er merkt, dass sie sich immer weiter von ihm hinweg bewegt.
Sein Verlagen sie zu besitzen ist ungebrochen groß. Deshalb eilt er ihr mit erhobenen Händen nach. Er strauchelt. Fällt hin. Schmerz macht sich breit und Enttäuschung. Schnell rafft er sich auf. Er hat weiterhin nur das eine Ziel, er möchte sie bekommen.
Endlich! Endlich ist er seinem Ziel zum Greifen nah. Er beobachtet, wie sie sich wieder im Kreise dreht und scheinbar nur mit sich selbst beschäftigt ist.
Diese Situation nutzt er aus. Er greift zu und es passiert, was passieren musste. Die Seifenblase platzt in seinen Händen. Er spürt, dass er soeben sein Glück verloren hat. Er ist traurig. Sieht auf seine feuchten Hände und merkt, wie sich seine Tränen mit dem Rest der Seifenblase vermengen.
Während er seinen Heimweg antritt, überlegt er, ob er irgendjemanden von seiner Begegnung mit ihr erzählen sollte oder besser als Geheimnis für sich behält.
Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.
 

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