Andreas Rüdig

Meuterei auf dem Rhein

Fall ich ins Wasser
werd ich naß und nasser
benutz ich Hände
spür ich Widerstände
sie sind gebunden,
was als störend empfunden
meutern tun die Leute
und das nicht erst heute
sie wollen mehr Geld
nicht mehr rund um die Welt
sie wollen den Fluß hoch und runter
mit Fernsehen wird die Welt viel bunter
doch diese Art von Heuer
ist sehr teuer
so tat mich ihr Zorn erwischen
ich gehe runter zu den Fischen.


Ich denke, Sie haben schon von der legendären Meuterei auf dem Rhein gehört, damals in den paradiesischen Zeiten, als es noch die Manufakrokratie gab und wir Handwerker die Herren im Lande waren und das Sagen haben. Damals konnten wir noch machen, was wir wollten. Und heute -? Aber ich schweife ab.

Auch wir Fischer und Binnenschiffer zählten in jenen Tagen zu den Handwerkern. Was ja auch richtig war - schließlich arbeiten wir ja auch mit unseren Händen und Füßen und sind keine Sesselpuper, die angeblich Kopfarbeit leisten.

Unser Schiff lag im Duisburger Hafen vor Anker. Mir war langweilig, weil keine neue Ladung in Sicht war. Als sich so in meinem Büro sitze, kommt der Schiffsjunge herein. Ihn würde die Mannschaft schicken, erzählt er. "Sie wollen mehr Geld, ein geruhsames Leben und nicht mehr so rasch auf Weltreise gehen."

Noch als ich ihn verdutzt anschaue, fragte eine Stimme durch die Tür: "Was sagt er zu den Nutten?" - "Welche Nutten? Wovon redet er?" - "Ach so, ja, ich vergaß. Die Mannschaft fordert auch Nutten an Bord."

Frauen an Bord bringen nur Unglück, Streit und Zwietracht. Jeder vernünftige Kapitän meidet sie noch mehr als Mäuse und Skorbut. Was ich natürlich auch laut sagte. Womit ich mein Todesurteil besiegelte und gefesselt und geknebelt im Rhein landete.

Im ersten Augenblick haben sich Schiffsjunge und Schiffskoch die Hände reiben können. Sie waren es, die die Meuterei gegen mich angezettelt hatten. Die beiden sauberen, feinen Herren konnten jetzt mein Schiff in einen Kinderproduktionskörperteilbefriedridigungsbetrieb umfunktionieren. Und ich? Ich verwandelte mich in der Zwischenzeit in einen Klabautermann. Ich konnte so durch das Schiff spuken und mich herrlich an den Blamagen des Schiffsjungen ergötzen - einmal wurde er von den orgiastischen Schenkeln einer Freudendame fast erwürgt, mal blieb er in einer stecken, mal verschluckte eine seine Zunge. Einfach nur göttlich waren diese Augenblicke.

Und heute? "Mein" Schiff ist inzwischen Teil des Binnenschiffer-Museums in Duisburg-Ruhrort - als Ort der einzigen erfolgreichen Meuterei auf dem Rhein und als einziges Freudenhaus in Schifform vor Ort. Heute passe ich nur noch darauf auf, daß sich niemand den Kopf stößt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.04.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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