Karmen Buletinac

Vom Schicksal verfolgt…

Die Bilder aus den Medien treffen mich mitten ins Herz. Ich schaue mir Nachrichten an und Bilder in Zeitungen und kann es nicht begreifen. Es nicht in Worte fassen was ich denke und fühle. Es zerreißt mein Herz einfach in hunderttausend Stücke. Ich werde wehmütig. Die Unwetterkatastrophe in Bosnien, Serbien und Kroatien mag vielleicht an einem Großteil der Menschen spurlos vorüber gehen. Für mich bedeutet es mehr. Es ist ein Land betroffen, aus dem meine Eltern stammen. Wo meine Wurzeln sind. Dort – wo ich ursprünglich herkomme. Das kann mich nicht kalt lassen.

Umso mehr ärgern mich gewisse Aussagen von Menschen mit Tunnelblicken. „Warum sollen wir schon wieder spenden, uns hilft auch keiner“, „Sollen sie doch verrecken in den Strömen“, „Endlich ein paar Jugos weniger“ … diese Aussagen sind nicht von mir frei erfunden. Denn genau sowas habe ich heute früh tatsächlich gelesen und konnte meinen eigenen Augen nicht trauen. Was muss in Menschen vorgehen, die zu so einem Statement fähig sind?

Ich finde es einfach nur furchtbar traurig. Und auch wenn nicht gerade diese Länder betroffen wären, sondern ganz andere, würde dennoch mein ganzes Mitgefühl diesen Menschen und ihren Familien gelten. Ich würde trotzdem spenden und nicht tatenlos zusehen. Und schon gar nicht würde ich mir anmaßen über jemanden zu urteilen – schon gar nicht wenn man keine Ahnung hat.

Viele Menschen schätzen ihre eigene Situation, ihr eigenes Leben viel zu wenig. Sie haben keine Ahnung unter welchen Umständen manch Anderer leben muss. Diese Leute haben schon einmal ihr ganzes Hab und Gut verloren. Und ich spreche aus eigener Erfahrung. Diese Menschen waren schon einmal in ihrem Leben ganz unten nach dem Jugoslawienkrieg. Und wenn du plötzlich mitten vor den Scherben deines Lebens stehst – fragst du dich wie es weitergehen soll. Dennoch hat man den Mut und die Hoffnung. Man beginnt wieder aufzubauen, versucht zusammen zu halten und baut sich seine Welt wieder auf. Die Leute da unten sind nicht reich, sie haben nicht viel, aber das was sie haben, investierten sie in den Wiederaufbau ihre Dörfer, Häuser, Schulen…

Dass dann ausgerechnet wieder so ein Schicksal sie treffen muss – nein, ich kann es einfach nicht verstehen. Vieles kann und wird man nie verstehen – dennoch kann man Zivilcourage zeigen – das was ich an dieser Stelle bemängle.

Ich möchte Manche nehmen und sie schütteln. Sie wachrütteln. Ihnen die Augen öffnen. Ich weiß wie es ist, wenn du eines Nachts plötzlich geweckt wirst weil unmittelbar neben deinem Haus Angriffe sind, Bewaffnete Männer herumlaufen… Ich weiß wie es ist, sich als Flüchtling zu fühlen und in einem Turnsaal mit zig tausend anderen Menschen fast übereinander zu liegen und auf die Hilfe fremder Personen angewiesen zu sein. Ich weiß wie es ist, Hunger zu leiden – und darauf zu warten, dass irgendwer ein Care Paket spendet! Und deshalb weiß ich auch – dass ich über so etwas NIEMALS nachdenken muss, sondern es für mich einfach selbstverständlich ist zu helfen. Denn wir alle sind voneinander abhängig – ob ihr es wahrhaben wollt oder nicht. Und ich wünsche all Denjenigen, die mit dem Finger auf die ärmsten Länder zeigen – die vom Schicksal gezeichnet sind – ja denen wünsche ich, dass sie niemals das erfahren und durchleben müssen, was diese Menschen gerade durchmachen.

Tagelang ohne Strom im eigenen Haus eingesperrt. Du siehst Nichts, nicht mal die eigene Hand vor deinem Gesicht. Die Totenstille macht dir noch mehr Angst. Und du wartest… wartest auf Hilfe, dass dich endlich jemand da raus holt. Vielleicht kommt diese  Hilfe ja, vielleicht aber auch nicht und du siehst dem Tod direkt ins Auge und kannst selbst Nichts tun außer zu WARTEN! Du bist völlig ausgeliefert! Noch schlimmer ist es wenn Kinder oder Babies vor Ort sind. Was muss in einem Elternteil vorgehen, wenn man ganz genau weiß man kann rein gar nichts tun für sein Kind außer es im Arm zu halten, zu beten und zu hoffen…??!!

Viele fühlen sich gleich angegriffen wenn sie das Wort Spenden nur hören. Spenden bedeutet nicht immer Geld. Niemand da unten braucht in dieser Situation  Geld! Niemand erwartet, dass man nagelneue Sachen zur Verfügung stellt. Aber dennoch hat jeder ein altes Handtuch zu Hause, eine alte Decke, eine Weste die er nie trägt, eine Flasche sauberes Wasser….

Ich nehme meine Großeltern als Beispiel. Schon einmal in ihrem Leben haben sie ALLES verloren… Haus, Hof, Verwandte, Bekannte, Freunde.. alles!!! Die Zeit verging, der Schmerz blieb für immer! So etwas kannst du nie wieder aufarbeiten. Das Gesehene, das Erlebte, das bekommst du nicht aus deinem Kopf. Wenn neben dir dein Nachbar an einem Baum befestigt erschossen wird und du wirst genötigt genau hinzusehen – denn wenn du es nicht tust – bist du der Nächste – das bohrt sich nicht nur in dein Herz sondern ganz tief in deine Knochen, deine Seele und deinen Kopf!!!
Gut – Zeit vergeht und angeblich heilt sie alle Wunden! Man baut sich wieder was auf und dankt Gott, dass man seinen Lebensabend doch noch irgendwie in Ruhe verbringen kann. 
Und dann kommt eine Naturkatastrophe – und du musst wieder fliehen. Deine lieb gewonnen Tiere, deine Existenz, dein ganzes Hab und Gut musst du verlassen – und da gibt es keine Bedenkzeit, denn entweder du rennst um dein Leben oder du gehst unter!

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass es natürlich auch anders geht. Ich möchte nicht nur Kritik ausüben! Es gibt wunderbare Helfer, solche die vor Ort helfen und Solche die mit ihren Spenden vielen Leuten sicher das Leben retten! Bei all diesen Menschen möchte ich mich unbekannterweise bedanken, denn ihr gebt mir noch den Glauben an die Zivilcourage. Ihr lasst mich noch Hoffnung schöpfen, dass die Menschheit nicht ganz verblödet!!!

Danke an alle Helfer, die in diesem Tagen ihr eigenes Leben riskieren und vor Ort helfen!! 
Danke an alle die spenden und an alle die für die Flutopfer beten!

Ich bin mit meinen ganzen Gedanken, meinem Herzen und meiner Seele bei euch! Ich bete für euch. Und glaub mir Bosnien, Serbien und Kroatien: Nach jedem Regen folgt Sonnenschein! Auch für euch wird die Sonne wieder scheinen!!!

 

Nedaj te se!!!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.05.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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