Für Lars ist einiges an seiner heilen Welt zusammengebrochen, als er im Alter von 12 1 / 2 Jahren in ein Heim eingewiesen wurde. Er war für sein Alter sehr klein und zierlich. Als Schüler einer Sonderschule für Lernbehinderte war er sowieso nicht besonders angesehen. Seine Eltern hatten ihn vernachlässigt. Als er in das Heim kam, ist ihm der “Boden unter den Füßen weg gebrochen“. Er hatte ein Gefühl in sich, als würde er fallen und fallen, ohne Halt, oder rennen und rennen ohne Widerstand. Verzweifelt suchte er irgendwo einen Halt und eine Bindung. Im Heim, war er in seiner Gruppe ein Außenseiter, der sich nur schwer eingewöhnen konnte. Er war zu schwach um sich zu wehren, wenn die anderen aus der Gruppe ihn angriffen.
Ja, aber da war jemand, der ihm half, ein Erzieher, der in der Wohngruppe arbeitete. Er unterstütze ihn, und kümmerte sich um ihn. Tröstete ihn und verschaffte ihm kleinere Vergünstigungen. Das war der Halt, den er suchte, verzweifelt griff er zu.
Anfangs entwickelte sich eine Freundschaft zwischen Lars und diesem Erzieher. Mit ihm konnte er reden, und seine Sorgen besprechen. Auch herumalbern und knuddeln.
Später war da mehr als nur Freundschaft. Als er das erste Mal von diesem Erzieher gestreichelt wurde, lief ihm das wie ein Schauer den Rücken runter. Aber es hat ihm gut getan. Lange war es her seitdem er das letzte Mal gestreichelt wurde. Wenn er mit dem Erzieher alleine war, nannte dieser ihn “sein Knuddelbaby“.
Einige kleine Geheimnisse hatte man auch gemeinsam. Der Erzieher nahm ihm zum Einkaufen mit, und hat ihm dann in der Eisdiele ein großes Eis ausgegeben.
Auch war man zusammen in der Wohnung des Erziehers gewesen und beide haben Playstation gespielt. Die Playstation liebte Lars, er hatte sich schon immer eine gewünscht, aber nie eine bekommen.
Zum Schmusen war er eigentlich zu alt, aber trotzdem hat er hin und wieder gerne mit dem Erzieher geschmust. Er mochte es halt.
Vor den anderen Kindern der Gruppe wurde dies soweit wie möglich geheim gehalten.
Lars hatte nie das Gefühl, irgendwas falsch zu machen. Da sein Vater nicht mehr zu ihm kam, hatte er nun in diesem Erzieher einen Ersatz gefunden, und zwar einen ganz tollen. Er genoss es bevorzugt zu werden. Das tat ihm gut, jetzt war er für jemanden etwas besonderes.
In einem Heim läst es sich so gut wie nicht vermeiden, das auch der Erzieher die Kinder hin und wieder mal nackt sieht, beim baden oder duschen zum Beispiel.
Er hatte dem Lars mal gesagt, dass er nackig besonders süß aussieht. Beide haben zusammen immer mehr unternommen. Im Zoo sind sie gewesen, zusammen schwimmen gegangen und in der Sauna waren beide auch mehrmals. Das beide zusammen nackt in der Sauna waren, war ihm nur beim ersten Mal etwas peinlich, aber schließlich waren die anderen Leute in der Sauna auch nackt.
Beide sind auch an ein Baggerloch gefahren, und haben zusammen dort nackt geschwommen. Als der Erzieher ihn mit Sonnenöl eingecremt hat, hat er sich das auch gefallen lassen. Für Lars war da nichts dabei.
Auch konnte er mit diesem Erzieher über alles reden. Auch über Sex und andere Themen wurde gesprochen.
In der Wohnung des Erziehers haben beide auch Videos geschaut. Aktion Filme und auch schon mal einen Sexfilm. Lars fand das toll. Es war halt ein Geheimnis zwischen den beiden. Beide haben zusammen geknuddelt und zusammen herumgealbert. Sich von dem Erzieher anfassen und auch streicheln zu lassen war dem Lars nicht unangenehm. Im Heim war er mit 2 anderen Jungen auf einem Zimmer, mit diesen Jungen ist er aber nicht klar gekommen. Die haben ihn gemobbt und Zigarettenasche, Tee und anderen Unrat ins Bett geschüttet. Das die Jungs im Heim untereinander gewisse Sexspielchen machen, ist normal, die Erzieher ignorieren dies meist. Lars hat diese Sachen dann nicht mit anderen Kindern im Heim gemacht, sondern mit dem Erzieher. Beide zusammen haben einen Sexfilm geschaut, und Lars hat dabei onaniert. Später hat er auch beim onanieren in den Armen von dem Erzieher gelegen. Lars hat da nichts schlechtes dabei empfunden. Eigentlich hat ihm das gefallen. Dies ist über einige Monate so gegangen.
Dann hat es im Heim erste Gerüchte gegeben. Teilweise aus Neid und aus Eifersucht haben die anderen ihn wegen seiner besonderen Beziehung zu diesem Erzieher angegriffen, gemobbt und aufgezogen.
Beide haben versucht dies noch heimlicher zu machen.
Einige Wochen später war dann der große Knall. Irgendjemand hatte eine Anzeige gegen den betreffenden Erzieher gemacht. Die Polizei hat den Lars dann aus der Schule abgeholt. Zwei Polizistinnen haben den Lars dann einige Stunden bequatscht und alles aufgeschrieben. Lars hat denen fast alles erzählt, weil er eigentlich nichts schlechtes erlebt hatte.
Nachmittags im Heim, hatte die Heimleitung ihn dann noch mal befragt, da hat der Lars sich schlecht gefühlt, und nicht mehr viel gesagt.
Die nächsten Tage waren schlimm, sein Lieblingserzieher war weg. Gerüchte gingen herum, offiziell war er erkrankt. Andere erzählten, die Polizei hätte den eingesperrt. Lars fühlte sich sehr schlecht. Dass der Erzieher wegen ihm Schwierigkeiten hatte, das hatte er wirklich nicht gewollt. Schließlich war es sein einziger Freund. Und Lars hatte nur diesen einen.
An einem morgen wurde er zu einer Psychologin gefahren, die hat ihm noch mal das gleiche gefragt, wie die Polizei, jetzt war Lars aber vorsichtig, und hat kaum etwas gesagt.
Einige Tage später wurde Lars im Heim in eine andere Gruppe verlegt. Wohl wegen dem Erzieher, Lars ahnte dies, aber gesagt hat ihm keiner was. Auch haben die anderen Erzieher den Lars mit großer Distanz behandelt. So richtig Dienst nach Vorschrift, kein persönliches Wort nichts.
Dann morgens als er in die Schule ging, hat Lars es gesehen, das Auto von seinem Erzieher, es hat wieder auf dem Parkplatz gestanden, er war wieder da.
Lars war den ganzen Tag zappelig in der Schule hat er es kaum ausgehalten.
Sofort nach der Schule hat er versucht in der Alten Gruppe seinen Erzieher zu finden. Eine andere Erzieherin hat ihn abgewiesen. Hier hätte er nichts mehr zu suchen, er möchte bitte in seine Gruppe gehen.
Na ja Lars hat dann das Auto des Erziehers belagert. Viele Stunden hat er gewartet. Bis er kam. Erwartungsvoll ist Lars auf seinen Erzieher zugegangen, dieser jedoch ist sein Blick ausgewichen und hat ihn stehen lassen. Ist in sein Auto gestiegen und davongefahren.
Da war es wieder, dieses Gefühl der Leere. Wie als wenn man fällt und fällt ohne Ende, ohne halt.
An diesem Abend hat Lars das erste mal wieder richtig geheult. Wer war fertig, alleine. Fallengelassen und weggeworfen. Was hatte er falsch gemacht? War es seine Schuld? Wo war der Erzieher, dessen liebstes Knuddelbaby er noch vor kurzen war. Wo war die nette Polizisten, die ihn bequatscht hatte. Alle hatten ihn alleine gelassen.
Er war verzweifelt, niemanden wollte er wehtun.
Dann ist er einige Tage später noch in ein anderes Heim verlegt worden. Angeblich weil es dort eine bessere Schule für ihn gab.
Seinen Erzieher hatte er dann über ein halbes Jahr später noch einmal im Gericht gesehen.
Erst auf dem Flur, auch diesmal hat er nicht mit Lars sprechen wollen. Im Gerichtssaal war dann voll der Horror. Die Richter und Anwälte in ihren schwarzen Kleidern haben ihn Angst gemacht. Der düstere Saal war ihm auch unheimlich. Es waren auch viele Leute da, eine weitere Erzieherin aus dem alten Heim, eine der Polizistinnen, die Psychologin, jemand vom Jugendamt und eine Erzieherin aus dem neuen Heim, die ihn gebracht hat.
Als er im Gericht erzählen sollte, war es ganz still, Lars fühlte sich nicht wohl. Sein alter Erzieher saß neben seinem Anwalt und schaute ihn nur an. der Richter tat zwar freundlich, aber Lars wollte nicht mehr. Er fing an zu heulen, und sagte nichts mehr.
Nein, er wollte es allen recht machen, und auf keinen Fall wollte er, dass sein alter Erzieher wegen ihm in Gefängnis kommt. Ja was hier im Gerichtssaal vor sich ging, das hatte Lars schon begriffen. Also sagte er lieber nichts mehr. Warum ausgerechnet der Anwalt seines Erziehers ihn dann einen Lügenbold und Märchenerzähler nannte verstand er dann auch nicht.
Als er aus dem Saal ging sah er seinen Erzieher das letzte Mal, er glaube, dass eine leichte unauffällige Handbewegung ihm als Gruß galt.
Jedenfalls ist das einige Monate her. Lars hat sich nie wieder von einem Erzieher anfassen lassen, auch nicht im Spiel. Von den anderen wird er gehänselt, weil er panisch versucht sich nicht nackt sehen zu lassen.
Am liebsten würde er in sein altes Heim, in seine alte Gruppe zurück. Denn das Loch unter seinen Füssen, es ist noch immer offen.
Wie sagte Lars “Es ist als ob du rennst, nur rennst, ganz weit weg, ohne Widerstand, ohne Halt und ohne Ende“. Nur weg von hier.
Wer oder was hält ihn denn noch?
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.05.2003.
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