Wilhelm Westerkamp

Ein intelligenter Mensch


Er saß wieder einmal so da, mit seinen verstümmelten Zähnen und den glasigen Augen. Er war schrecklich schüchtern und frech zugleich, frech hinsichtlich zu Frauen, besonders zu Frauen, die er für attraktiv hielt.
War er auch kein schöner Mann, so hatte er etwas Herausragendes an sich, nämlich seine bestechende Intelligenz, die ihm jedoch beinahe hinderlich war, da er beispielsweise von der Historie des Lebens, so viel wusste, das ein gewöhnlicher Mensch, eine derartige Intellektualität in Gänze nicht mehr verstehen konnte.
Jener Außenseiter also, mit den glasigen Augen und den unschönen Zähnen, dem spärlichen Haarwuchs auf seinem sonst kahlem Haupt, hinterließ bei seinen Mitmenschen einen zwiespältigen Eindruck. Einig waren sie sich jedoch, der Mann wusste zu viel, vielleicht sogar zu viel, so dass er ihnen gefährlich werden könnte, zumindest rein intellektuell.
 Sein erhabener Verstand, machte ihn also zwangsläufig zum Außenseiter, zu einem Außenseiter jedoch mit dem Privileg eines reinen Verstandesmenschen, den sein profundes Wissen, komischerweise an den Rand der Gesellschaft drängte.
Er war sicher kein Angeber, eher im Kontakt mit seinen Mitmenschen sehr unsicher und unbeholfen. Und obwohl er vom Intellekt her, den anderen Bewohnern weit überlegen war, schaffte er es nicht, zur Gemeinschaft in seinem Ort zu zählen.
Auch mit seinen Gefühlen, hatte er im Gegensatz zu seinem wachen Verstand, so seine liebe Mühe. Das weibliche Geschlecht, bereitete ihm deshalb eklatante Probleme, war er doch kein Mann, der Frauen in seinem Ort oder sonst wo, direkt ansprechen konnte, um sie in ein Gespräch zu verwickeln, damit er ihre Gunst gewinnen konnte. Ja, dazu war er nicht in der Lage, denn seine krankhafte Schüchternheit spielte ihm diesbezüglich immer wieder Streiche, so das er Frauen, nur auf Distanz begegnen konnte, welchen Umstand er sehr bedauerte.
 Sein Außenseitertum tat ihm auf die Dauer natürlich nicht gut! An manchen Tagen fühlte er sich mit unter depressiv und ausgegrenzt von der Gesellschaft, gleichwohl von einer Gesellschaft, die ihre spießige Herkunft nicht verleugnen konnte. Er pfiff auf gesellschaftliche Konventionen, weil er seine eigenen Konventionen hatte, die er mit niemandem teilen wollte und nur für ihn allein bestimmt waren. So lebte er mit seinen Konventionen und die Gesellschaft in seinem Ort, mit den ihrigen, so das es wenig Berührungspunkte diesbezüglich gab.
 Dieser Außenseiter, blieb also ein Außenseiter – trotz seines herausragenden Geistes - war er doch als Intellektueller in seinem Ort respektiert, jedoch als Mensch, mochten sie ihn nicht. Er war ihnen auf seine Art unheimlich und unangepasst, so dass er nur für sich leben konnte und die anderen in seinem Ort, in einer Gemeinschaft lebten und ihn, den Paria, deshalb nur selten zu Gesicht bekamen.
So existierte dieser talentierte Mann in den Köpfen der Bewohner bald nicht mehr, so als hätte es ihn niemals gegeben. Nur in der schwachen Erinnerung der Einheimischen des Ortes, erzählte man sich hin – und wieder einmal ein paar Geschichten über diesen talentierten Mann, den eigentlich niemand so recht kannte.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Wilhelm Westerkamp).
Der Beitrag wurde von Wilhelm Westerkamp auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.08.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Wilhelm Westerkamp als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Anfang – Ein leiser Traum von Thorsteiin Spicker



Eine Expedition in dass Auf- und Ab des Lebens, der Sehnsucht und kleine leise Träume, Gefühle aus einer Welt die tief das innere selbst bewohnen, beschreibt der Autor in einer Auswahl von Gedichten die von Hoffnung genährt die Tinte auf das Papier zwischen den Jahren 2002 und 2003 fließen ließen. "Unentdecktes Niemandsland ist immer eine Herausforderung die Gänsehaut zaubert. Auf den Blickwinkel kommt es an, den man sich dabei selbst zurechtrückt..."

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Tragigkömodie" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Wilhelm Westerkamp

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Kramp-Karrenbauer siegt auf dem CDU-Parteitag in Hamburg von Wilhelm Westerkamp (Gesellschaftskritisches)
WA(h)L-FANG im Herbst von Egbert Schmitt (Tragigkömodie)
Augen wie Bernstein von Christiane Mielck-Retzdorff (Lebensgeschichten & Schicksale)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen