Sandy Petri

Der Friedhof der Muscheltiere

Vor nicht allzu langer Zeit lebte ein kleiner Junge auf dieser Welt, dessen absolute Lieblingstiere Muscheln waren. Er besaß viele Kuscheltiere, die aussahen wie Muscheln, doch sein ganzer Stolz war eine lebendige Muschel, sein haustier. Er liebte diese Muschel sehr und nannte sie immer „meine kleine Mupfel“, weil er einen Sprachfehler hatte. Deswegen und wegen seiner liebe zu den Schalentierchen wurde er in der Schule, wo alle Schüler eine Muschelphobie hatten, immer geärgert und hatte keine Freunde.
Aus Angst seine geliebte Muschel zu verlieren versteckte er sie immer gut in seinem Zimmer und damit er sie nicht verlor zeichnete er sich eine Schatzkarte. Diese ließ er aus versehen in der Klasse liegen. Die anderen Schüler wollten natürlich wissen was die Karte bedeutet. Als der kleine Junge ein Attentat auf einen Transporter verübte, der Muscheln zu Restaurants brachte, brachen sie in das Zimmer des Jungen ein. Der Junge mit der größten Muschelphobie fand die kleine Mupfel natürlich und als er sie sah fing er so an zu schreien, dass die Muschel taub wurde. Aus Angst vor den bösen Jungen begang sie Selbstmord, sie erhängte sich mit einem Haargummi. Doch mit letzter Kraft schrieb sie auf ein Taschentuch, wo ihr Testament versteckt war.
Als der Junge nach Hause kam und seine erhängte Muschel sah, fing er schrecklich an zu heulen und brachte sie zum letzten Friedhof, um sie zu begraben. Doch er wurde abgewiesen. Muscheln waren dort nicht erwünscht. Doch als er 10 m vom Eingang entfernt war tauchte ein geheimnisvolles Schild auf. Es war ein Pfeil, auf dem stand : „Friedhof der Muscheltiere“. Ein eisiger Wind wehte, als er sein Gesicht in die gezeigte Richtung drehte. Er ging einen Schritt in die Richtung, als plötzlich ein grausiges Geräusch ertönte. Es hörte sich an wie ein Geist, der sagte:“ Hey Junge, zum Muschelfriedhof geht es in die andere Richtung, das Schild steht falsch herum.“ Und eine gestalt winkte ihm zu. Es war.. es sah aus wie... Der Friedhofswärter des anderen Friedhofes.
Mit einem eisigen Lächeln winkte der dem Mann zurück und warf einen letzten Blick auf die Kriegsbemalung des Mannes.
Mit langsamen Schritten ging er auf das quietschende Tor zu, auf dem nur eine Muschel zu sehen war. Bei jedem Schritt fiel es ihm schwerer, die Beine zu heben. Es war als würde er mit dem Boden verschmelzen und musste sich mit jedem Schritt wieder losreißen.
Als er den Griff des schweren, eisernen Tores berührte, zuckte ein Blitz durch den Himmel und er fühlte etwas wie eine kalte Hand an seinem Bein. Erschrocken ließ der Junge den Griff los und schaute sich um. Etwas lief an seinem Bein runter, etwas lauwarmes, warm wie Blut.
Ein Hund hatte ihm gegen sein Bein gepinkelt und das Blitzen kam von der Hochzeit, die gerade in der Kapelle neben ihm stattfand.
Trotz der schlechten Vorzeichen drehte der Junge sich entschlossen um. Er griff in seine Tasche zu seiner Hasenpfote und dachte, dass er seine Mupfel anständig begraben wollte. Doch seine Hasenpfote war verschwunden. Noch ein schlechtes Vorzeichen. Aber das war ihm egal, er schob mit aller Kraft das Tor auf. Es wurde kalt, der Himmel verdunkelte sich, Blitze zuckten über den Himmel, Glocken läuteten. Überall waren Gräber mit verstorbenen Muscheln. Und am Ende des Weges war ein offenes Grab mit einem Grabstein, auf dem der Name der kleinen Muschel stand, als hätte jemand sie erwartet. Heulend legte der Junge seien Mupfel in das Grab und verteilte einen Strauß mit Brennnesseln über sie, bevor er erde auf sie schaufelte. Ein letztes Mal blickte er zu dem Grabstein, seine Tränen bildeten eine Pfütze zu seinen Füßen.
Dann bemerkte er das es regnete und er drehte sich zum Tor um. Er rannte los, von überall kamen seltsame verzerrte Stimmen, überall waren Schatten, er stolperte über ein Radio, das im Weg lag und erreichte endlich das Tor. Als er auf der andren Seite stand hörte die merkwürdige ruhe, die er vorher nicht bemerkt hatte, schlagartig auf. Ein paar Vögel zwitscherten, die Sonne brach durch die Wolken, und es erinnerte ihn nichts mehr an den Weg zum Friedhof, da auch seine Kleidung schlagartig getrocknet war. Der Junge schloss die Augen, drehte sich um und öffnete sie wieder: Das Tor war verschwunden! Er drehte sich ein Stückchen nach rechts: da war es wieder. Er hatte sich zu weit gedreht.
Traurig ging er nach Hause und legte sich sofort ins bett. Er träumte von seiner Mupfel, wie sie mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu lief. Doch als er bei ihr war, war sie verschwunden! Erschrocken wachte der Junge auf, setzte sich auf und seine Mupfel war bei ihm im Arm... Er erschrak so, das er sie an die Wand schmiss. Die arme Mupfel lag heulend auf dem Boden und bekam keine Luft mehr, so das der Junge sofort eine Mund-zu-Muschel-Beatmung machte, um sie zu retten. Doch er atmete zu stark und die Muschel platzte. Verzweifelt, weil er seine Mupfel erneut verloren hatte, wollte der Junge sich auch erhängen, doch er fand das Testament des kleinen Muscheltierchens. Es war in Muschelianisch geschrieben, der Junge konnte es nicht lesen und traurig aß er das Testament auf. Doch es war aus Muschelzunge hergestellt und er erstickte daran. Und niemand wusste was der letzte Wunsch der Mupfel war. Obwohl.. niemand? Was war mit der Hasenpfote, die beste Freundin der Mupfel passiert?



Und die Moral von der Geschicht:
Hasenpfoten haben auch Gefühle, oder nicht?


ENDE

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.05.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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