Rene Poeppel

Die Besichtigung

Ich hatte gegen 10:00 Uhr in der Nordstraße 15 in Sternberg einen Termin und war daher schon zeitig aufgebrochen. Es ging um eine Wohnungsbesichtigung. Meine alte Wohnung wollte ich loswerden, da sie mir mit 25m² Metern Größe einfach zu eng und unbequem wurde.

Als ich das Haus erreichte fiel mir sofort der schlechte Zustand von außen auf. Der Zaun war niedergerissen, die Fassade im hellen grün gestrichen, fing schon an zu bröckeln. Die Dachziegel auf den Boden ließen vermuten, dass das Dach schon bessere Tage erlebte.

Trotzdem war die Umgebung sehr angenehm. Die Straße wirkte auf mich sehr gepflegt und die Nachbarschaft sorgte für ein hübsches Bild. Neben dem Mietshaus stand ein Haus, dessen Gartenanlage sehr geschmackvoll hergerichtet war. Das gesamte Erscheinungsbild wirkte auf mich wie eine Verkaufspräsentation zugute gern. Der Lieferwagen mit der Aufschrift Gartenbau vor der Haustür bestätigte meinen Eindruck. Übrigens roch die ganze Straße nach frischen Gras und Blumen. Vereinzelt konnte man den Geruch der Pferdeställe wahrnehmen, aber das störte eigentlich gar nicht. Im Gegenteil. Ich vermutete, dass man aus den Wohnungen einen schönen Ausblick auf die Weiden hatte und man sich entspannen konnte, wenn einem danach war sich ans Fenster zu sitzen und die Tiere beim Grasen zuzusehen.

Ich betrat neugierig das Grundstück und sah mich um. Obwohl das Haus jahrelang leer stand kümmerte sich jemand die Hecken und das Gras, denn beides wirkte auf mich frisch gemäht und geschnitten. Der Weg zum Haus bestand aus einem gepflasterten Weg, der an einer Briefkastenwand vorbeiführte.
Ich ließ meine Blicke über das Nachbargrundstück schweifen, es handelte sich um das Haus mit der attraktiven Gartenanlage, als ich das Geräusch eines einparkenden Wagens vernahm.

Neugierig schaute ich zur Straße hin und erkannte einen silbernen BMW mit Hochburger Kennzeichen. Der Fahrzeughalter war offenbar nicht aus dem Ort. Ich wartete einen Moment ab, bis sich etwas regte.

Tatsächlich stieg nach 3 Minuten eine attraktive, junge Frau aus dem Fahrzeug. Die Dame mochte wohl Mitte 30 sein und trug ein ansehnliches blaues Kleid. Ein Ordner in den Händen tragend ließ die Vermutung zu, dass es sich um einen Termin. Die junge Frau kam auf mich zu und stellte sich als Jenifer Hartmann vor.
Sie wirkte sehr charmant und selbstischer und hatte die Angewohnheit einer Person beim Gespräch freundlich ihre Hand auf den Unterarm zu legen. Das fiel mir sofort auf denn als zurückgezogen lebender Schriftsteller war ich diese Art der Berührung nicht gewöhnt.

„Wegen dem Zaun müssen Sie sich keine Sorgen machen“, versicherte mir die charmante Jenifer, „Wissen Sie Herr Steinlah, ich habe das Haus erst vor kurzem übernommen und bin gerade dabei die Mängel zu beseitigen.“

„Ich verstehe schon. Das stellt kein Problem für mich da.“, erklärte ich daraufhin.

„Wollen wir reingehen und uns die Wohnungen ansehen?“, bot die Frau freundlich lächelnd an und zog einen Schlüsselbund aus dem Ordner. Sie ging zum Eingang vor und probierte die Schlüssel nacheinander aus, bis sie den passenden Schlüssel gefunden hatte.

„Möchten Sie mir folgen, Herr Steinlah?“, fragte die Schönheit nach bei dessen Anblick ich nur zu gerne vergas, dass es sich um meine zukünftige Vermieterin handelte. Als sie die Treppen zur ersten Wohnung rauf ging, bewegte sie ihre Hüfte anmutig und mir kahme sofort der Gedanke einer erotischen Geschichte auf, an die ich vor Monaten schrieb. Es ging dabei um eine spontane Begegnung, die in einer sexuell freizügigen Szene endete. Ich schloss meine Augen und versuchte die Erinnerung zu verdrängen.

„Geht es ihnen gut?“, wollte Jennifer sofort wissen und mir wahr ihre Stimme und die Fürsorglichkeit sofort im Herzen stecken geblieben.

„Ja, mir geht es gut. Ich bin nur etwas Müde, weil ich die ganze Nacht an meinem neuen Roman gearbeitet habe, wissen sie.“, versuchte ich mich rauszureden.

„Ich erinnere mich. Sie hatten schon in einem Telefonat erwähnt, dass sie nebenberuflich Schriftsteller sind und aus diesem Grund eine ruhig gelegene Wohnung suchen würden. Richtig?“, fragte Jenifer Hartmann nach und wollte sich ihre Informationen bestätigen lassen.

„Richtig. Sehen Sie, ich bin so mit meinen Büchern beschäftigt, dass sich dieses Detail schon längst vergessen habe.“, gestand ich ein.

Die Dame öffnete verständnisvoll die Wohnungstür und ließ mich ein: „Bitte, sehen sich nur um. Ich bin mir sicher, diese Wohnung hat alles, was Sie für ein ruhiges Leben benötigen werden.“

Ich folgte der Aufforderung der jungen Dame und Jenifer Hartmann folgt mir auf Schritt und Tritt. Aufmerksam sah ich mich in den Räumlichkeiten um. Der Boden bestand ausnahmslos aus dunklen Laminat Boden und die Wände waren weiß und kahl.

„Die Wohnung besteht aus drei Zimmern.“, erklärte mir Jenifer Hartmann, „Hier sehen Sie das Wohnzimmer, an der eine kleine Kochnische angebaut wurde.“

Ich sah mir die räumlichen Gegebenheiten weiterhin an und suchte nach Anschlüssen wie Steckdosen und Internetzugänge. Das hielt meine zukünftige Vermieterin nicht davon ab ihr Werbegespräch weiter zu führen.

Ich bin mir nicht sicher, ob man diese Räumlichkeit als Wohnzimmer nutzen kann. In meinen Unterlagen wird dieser Raum jedenfalls als Wohnzimmer bezeichnet, obwohl ich persönlich mir eher vorstellen kann, dass man sich hier eine Sitzecke einrichtet in Anbetracht einer fehlenden Küche.“, erklärte mir Jenifer Hartmann ihre Meinung und legte erneut ihre Hand auf meinen Arm ab. Ich musste zugeben, dass mich diese Berührung in Anwesenheit dieser Dame sehr erregte. Ich ließ mir nichts anmerken, ignorierte dieses Gefühl und konzentrierte mich wieder auf die Besichtigung.

„Hier sehen Sie die anderen Räume. Links von mir ist ein kleines, halbes Zimmer, das die Vormieter als Kinderzimmer nutzten. Der Raum von mir ist der größte im Haus und würde meiner Meinung nach der Beschreibung eines Wohnzimmers entsprechen. Die Tür im Flur führt in einen kleineren Raum, bietet aber eine komfortable Aussicht auf die Grünanlage. Möchten wir uns das ansehen?“, wollte Jenifer Hartmann wissen und setzte ihre ersten Schritte in Richtung Schlafzimmer.

„Sehr gerne.“, bestätigte ich freundlich und folgte der Dame.

„Wie Sie sehen können ist der Raum sehr hübsch geschnitten und hat praktisch keinen Verschnitt so dass man ihn in vollem Umfang nutzen kann.“, erklärte Jenifer Hartmann mir, während sie mir gleichzeitig ihren Rücken zu dritte. Ich konnte es nicht unterlassen einen ausgiebigen prüfenden Blick von den Haaren abwärts bis hin zu ihren Hüften und den Beinen auszuführen. Dabei fiel mir die Prägung ihrer Unterwäsche auf und ich stellte mir vor, wie die Dame ohne Wäsche aussehen würde.
Jennifer Hartmann ging zur Heizung unter dem Fenster und prüfte die Lackierung, es schien ihr etwas aufzufallen.  Anschließend ging sie zum Anfang des Heizkörpers um nach einer Einstellung zu sehen. Ich beobachtete sie dabei die ganze Zeit.

„Entschuldigen Sie, Herr Steinlah.“, bat sie um Verständnis, „Aber es hat den Anschein, als wenn die Farbe vom Heizkörper abblättern würde. Ich denke, dass man da noch etwas nacharbeiten muss.“

Ihr Oberkörper ging langsam zu Boden und der immer weiter aufsteigende Rock am Hintern offerierte mir einen Blick auf den frischen weißen Slip der Frau. Ich wusste nicht genau, ob die Farben und Prägungen im Slip ein Zeichen sexueller Erregung darstellte oder nicht. Es war mir in dem Moment auch egal, in mir spürte ich gewisse Erwartungen als mich die Stimme der Dame in die Realität zurückführte.

„Sind sie mit dem gesichteten zufrieden, Herr Steinlah?“, wollte Jennifer Hartman dann wissen.

„Wie bitte?“, fragte ich verwirrt nach und fühlte mich wie der Teenager, den man als Voyager enttarnte.

„Entspricht die Wohnung ihren Vorstellungen?“, wollte Jenifer Hartmann wissen. Mein Blick fiel unweigerlich auf ihren großen Ausschnitt, den prallen Rundungen und die Prägung der Brustwarzen. Offensichtlich hatte Jenifer Hartman keinen BH an und bot mir einen Blickfang auf ihre Brüste.

„Sicherlich. Ich denke, wir werden uns einig.“, bestätigte ich Jennifer Hartmans Frage und war mir dabei nicht bewusst, dass ich ihren sexuellen Reizen voll erlegen war.
Wie es der Zufall so wollte hatte Frau Hartmann einen Mietvertrag in Form eines Vordrucks zur Hand und die Unterschrift war nur noch Formsache.

„Wenn Sie etwas Vorbereitungszeit für die Renovierung benötigen, kann ich Ihnen gerne die Schlüssel vorzeitig überlassen.“, schlug Jenifer Hartmann vor und zeigt mir gleich nach der Unterschrift die vorhandene Schlüssel. Ich brauchte dem nur noch zuzustimmen und der Deal war perfekt. Ich ahnte zu der Zeit noch nicht, dass sich diese Geschichte eines Tages niederschreiben würde.

Während Jennifer Hartmann ihre Sachen zusammen packte, machte ich mir schon Gedanken wie ich meine zukünftige Wohnung nutzen würde.

„Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche, Herr Steinlah.“, verabschiedete sich die Dame freundlich und überließ mich meinem neuen Heim. Nachdenklich betrachtete ich die Schlüssel in meiner Hand, als ich das eigenartige Gefühle hatte das jemand vor dem Fenster meiner Wohnung im Erdgeschoss vorbei lief. Ich konnte nicht einschätzen, ob ich beobachtet wurde oder nicht also ließ ich die Sache auf sich beruhen. Ich warf einen flüchtigen Blick aus dem Fenster, um sicher zu sein das ich mich nicht geirrt hat. Ich konnte jedoch nichts erkennen und auch keine Menschenseele sehen. Nur auf dem Nachbargrundstück tummelten sich drei Männer, die sich angeregt unterhielten. Mir fiel jetzt erst auf, dass das andere Mietshaus, ich glaube es trägt die Nummer 17, baugleich mit meinem war.

Möglicherweise war es nur ein Zufall dachte ich zunächst doch dann machte ich eine Beobachtung. Frau Hartmann betrat das Grundstück und ging auf diese drei Männer zu und schien sich mit ihnen zu unterhalten. Von meinem Fenster aus konnte ich erkennen, wie hin und wieder eine Geste in Richtung meiner Wohnung erfolgte. Möglicherweise war Frau Hartmann auf diese Wohnanlage zuständig.

Ich beobachtete meine zukünftigen Nachbarn einen Moment und sah, wie sich Jennifer Hartmann von den Herrschaften verabschiedet. Sie ging zu ihren Wagen zurück und die Blicke der Männer folgten ihr unweigerlich, in etwa so wie es mir vor einigen Minuten ergangen war. Als Jennifer Hartmann außer Sichtweise war, folgten Gesten, die vermuten ließen dass sich die Herren über die scharfen Kurven der Frau unterhielten. Ich stand mit meiner Meinung also nicht alleine da.

Ich besichtigte meine neue Wohnung eine weitere halbe Stunde, bevor ich mich wieder auf den Heimweg machte und alles weitere für den Umzug in die Wege leitete.
Ich stellte mir immer wieder die Frage, warum ich mich ausgerechnet auf diese Wohnung eingelassen hatte, wo doch so viel dagegen sprach. Ich kam immer wieder zur Auffassung, dass ich ausgerechnet hier mehr Material zum Bücher schreiben finden würde als sonst irgendwo.
 

 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.08.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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