Lothar Krist

Dichter Dichter. (Scheißhausliteratur)

Ein scheißhäusliches Selbstgespräch.
(Moderne Scheißhaussuderei. Eine Rauschgeschichte völlig live im Rausch geschrieben)

Ein Gelehne an der Bar, die Gläser in Reihen fleißig nachgefüllt und stramm. Der frühe Morgen dichtet nicht die Gehirne von Mann und Frau. Weiblein und Männlein, ohne Ausnahme, sind stockbesoffen, völlig dicht, von was auch immer. Bloß der völlig dichte Dichter hinten in seiner Ecke ist noch ein wenig licht. Keine Geschichte weit und breit. Die, die da sind, die hat er schon einmal geschrieben, so oder so. Und schiffen gehen sollte er endlich auch einmal.

Das Klo stinkt bis auf den Gang. Ein Blick durch die geöffnete Türe lässt ihn glatt erstarren. Eine arme Drecksau konnte ihren Magen nicht mehr halten. Die Toilette schwimmt. Doch die arme Sau von dichtem Dichter muss zum Pissoir. Es muss sein, es ist dringend. Ein Schritt und eine gelb-braun-rötliche Bröckchenverklebung patzt und schmatzt unter seinen Schuhen. Scheiße! Wurscht! Er muss dringend schiffen. Shit! Verdammt, das stinkt.

Er schaut sich um und guckt ins Klosett, die Tür zur Sitzgelegenheit steht sperrangelweit offen. Verdammt! Das muss man gesehen haben. Mann o Mann, ist er etwa dicht? Ja. Da liegt in einem Bild für Götter ein großer Schokoladekrapfen, deutlich sichtbar, dunkelbraun und fest, geringelt, mit einem nettem Gupf direkt neben der Klomuschel. Nein, liegen ist das falsche Wort, denn auch der Krapfen schwimmt. Ne, auch falsch. Der Schokoladekrapfen steht stramm wie ein Leuchtturm gegen das Meer der gut ein Zentimeter hohen Pisse.

Arme Klofrau, scheiße, oder wer immer auch den Leuchtturm mitsamt seinem Meer von Brunze drum herum und der Kotze, in der er steht, weg putzen muss. Scheiße. Brunze. Speibe. Verdammt, ihm ist das Schiffen vergangen. Er steht da und kann nicht mehr. Der Druck hat sich wieder in seine Nieren zurück gezogen. Er presst. Nichts geht mehr. Dabei weiß er genau, wenn er jetzt ohne geschifft zu haben, wieder in seine Ecke hinter der Bar zurück schleicht, dann muss er mit Sicherheit in ein paar Minuten wieder. Und dann muss er wieder da rein, ne, das will er sich ersparen. Er presst also fleißig weiter.

Ha, jetzt klart ihm auch langsam auf, wieso die sonst doch weißen Fliesen so ockerfarben schimmern. Ein Meer von Pisse. Dabei ist das Klo gar nicht verstopft. Diesen Aktionismus hat irgend Jemand mit Absicht veranstaltet. Eine Drecksau hat angefangen und eine ganze Serie von Drecksäuen hat dann von göttlichen Inspirationen ergriffen weiter gemacht.

Oder sieht er das vielleicht zu eng? Das wird es sein. Mann o Mann, vielleicht war ja einer dieser Großen Aktionskünstler aus den späten 60ern im Smaragd, und er hat ihn übersehen. Man muss ja wissen, das Smaragd ist ja auch so eine kleine Künstlerkneipe, da kommen alle möglichen großen und kleinen Künstler vorbei. Vielleicht war gar dieser Dingsbumms, oder wie er heißt, aus Deutschland da und hat mit seinen Freunden eine Aktion gestartet. Ja, das wird es sein. Das arme Scheißhaus vom Smaragd ist heute wieder einmal ein Kunstwerk, ein ganz modernes sogar. O wie wunderschön. Jetzt, wo er das begriffen hat, jetzt stinkt es auch gar nicht mehr. Ne, es duftet jetzt nach Großer Moderner Kunst, wie wunderbar. Ja, und es ist wirklich Alles da, was so an Körperausscheidungen anfallen kann.

Er presst. Vergeblich. Irgendwo ganz hinten im letzten Nierenwinkerl fühlt er einen zarten Druck. Er presst, um gleich wieder ein wenig vorsichtiger zu sein. Ein Druck in seinem After sagt ihm, dass da auch was wartet. Aber verdammt, das darf nicht sein. Er kann da nicht hinein gehen, so was schafft er nicht. Nicht heute, wo er doch Schi fahren war und Alles weh tut. So viel Kraft für eine Hockerlpartie hat er heute nicht mehr in seinen Oberschenkeln. Außerdem, wenn er da rein geht, dann speibt er auch gleich noch sein Teil dazu und vervollständigt dieses sicherlich noch ausbaufähige Große Kunstwerk von Heute.

Mann o Mann, er ist ja sicher der letzte dichte Dichter dieser Zeit, der auch noch zugibt, dass er immer dicht ist, wenn er schreibt. Aber er will verdammt sein: so Große Kunst hätte er selbst in seiner dichtesten Dichtheit nie geschaffen. So eine Große Kunst schafft nur, wer seine Welt und alle Menschen darin hasst. Grauslich, aber eben Große Kunst von Gestern und von Heute.

Und da bittet er seine Welt um Verzeihung: er ist ja schon ein etwas älterer Herr, und so auch schon ein wenig konservativ. Vielleicht versteht er diese Große Kunst ja nur nicht? Na egal. Vielleicht hat er ja auch schon zu viele graue Zellen tot gekifft und gesoffen? Aber so weit sich sein armes, schon leicht degeneriertes Hirn noch erinnern kann, so viele zu gespiebene, zu geschissene und zu gebrunzte Klos hat er in seiner Jugendzeit mit Sicherheit nie gesehen. Das war damals noch allein Sache der Großen Aktionskünstler.

Absichtlich nämlich. Auf die großen Aktionstage ist er ja nie gegangen. Er steht nicht so auf diesen Duft, ihm reichen sogar schon die halbwegs sauberen Klos. Das mag ein Fehler gewesen sein, was sein Dichter sein anbelangt, so viel gibt er ehrlich zu, denn die, die sich damals bei diesen Aktionsfesten sehen haben lassen und fest mit gespieben, mit geschissen und mit gebrunzt haben, die haben es im Gegensatz zu ihm alle irgendwie und mehr oder weniger geschafft. Er jedoch sitzt noch immer in seinem Smaragd und schreibt sich für Nichts Einen ab. Na ja, wurscht, egal, Hauptsache, die Geschichten gehen da nicht aus, und wie man da ja sieht, liegen da wohl noch einen Haufen herum, haha. Das wird mit Sicherheit das geilste Zynikum auf sein Heute, das er je geschrieben hat. Mit absoluter Sicherheit sogar.

Die verstopften Klos, die Einen zum zupissen und zuscheißen geradezu aufgefordert haben, die gab es natürlich auch damals schon, aber absichtlich, ne. Da war der Hammer von jedem Wirten vor. Das haben damals sogar die Richter noch verstanden. Außerdem hätte man das damals seinen Freunden gar nicht angetan, denn die müssen ja auch ab und an aufs Klo. So etwas Schönes gibt es erst, seit die erste Generation der ersten Kinder der antiautoritären, so die Freiheit des Einzelnen zu Gunsten der einzelnen Freiheiten missachtenden Friedensgeneration erwachsen geworden ist.

Hat er das nicht schön gesagt? Mann o Mann, er wusste es doch, er ist ein dichter Dichter. Diese Wortkomposition hält sogar, wenn er wieder nüchtern ist. Er presst, sanft und vorsichtig. Nur den After dabei nicht zu sehr belasten, sonst gibt es ein Malheur. Dann kann er in der Eiseskälte zu Fuß nach Hause marschieren. Er kennt ja keinen einzigen Taxler, der einen alten und angeschissenen, dichten Dichter mitnehmen würde, also vorsichtig pressen. Aaaah. Mann, ist er wieder dicht. Worte mit dieser die Zeit so sehr bezynenden Aussagekraft und dieser asorPeritaSierenden Handlung kommen Einem sonst doch nie nüchtern, oder?

Ne, scheiße, irgendwas haben DIE wohl falsch gemacht. Irgend WAS ist denen wohl in die Hosen gegangen. Sonst wäre heute sein Scheißhaus nicht so oft zu geschissen, zu gebrunst und zu gespieben. Ob diese ewigen Grab- und Leichenschänder auch wissen, WAS? Ne, er denkt nicht. Die träumen ja noch immer. Und DIE sind jetzt ja so arg damit beschäftigt, von einer unechten Friedensgeneration zu einer echten Kriegsgeneration zu werden, und wenn es irgendwie geht, auch noch so, dass es Niemandem auffällt, dass sie sicher kein bisschen Zeit dafür übrig haben, um zu schnallen, wieso und wieso, so und so.

Und jetzt werden ja endlich ihre Enkerl erwachsen. Die haben kein Problem mehr mit den Alten Aktionsfurzern von Damals. Die haben deren Aktionismus heute voll und ganz im Blut. Die speiben, scheißen und brunzen dir heute im Vollrausch dein Klo auch jeden Freitag und Samstag zu, und wenn es sein muss, auch an den anderen Tagen. Kein Problem. Du brauchst ihnen das auch nicht extra zu sagen. Die leben heute frei nach den Worten von Einem von Denen: "Freiheit sollte darin bestehen, den unterdrückten Trieben zu folgen." Ist das auch klar? Versteht das ein Jeder, eine Jede? Alle Freiheiten des Einzelnen werden nun endlich und zielentsprechend zwei Generationen später genau so, wie es erträumt wurde, verwirklicht.

Der selbe Große Vordenker hat auch einmal gesagt, "dass man seine Hirnwindungen als Darm begreifen soll." Und: "Es soll eine Kunst entstehen, um die Kunst (endlich) verlassen zu können." Und weiter, wohl so ähnlich, so genau weiß er das jetzt auf die Schnelle nicht mehr: "Gute Aktionskunst findet man dort, wo auch der Zuschauer angeregt wird, zum Künstler zu werden." Verdammt, wenn das so weiter geht, gibt es bald keine Zuschauer mehr. Und es ist ja heute auch schon fast so. Der Computer macht heute Jeden, Jede, der, die will, zum Künstler. Na, und Speiben, Scheißen und Brunzen das kann auch bald Jeder, Jede. Ja, das müssen sie sogar.

Und die Enkerl von diesen Kunstgenossen von Damals haben das jetzt endlich voll und ganz begriffen. Die Kinder von Heute sind allesamt Künstler, Aktionskünstler, Große. Die brauchen heute keine Künstler mehr und einen alt gewordenen, dichten Dichter, wie ihn, der noch dazu dauernd mit seinem rechten Zeigefinger wackelt, ne, so was brauchen die schon gar nicht. Die leben heute ihre Kunst ja endlich Alle aus.

Der jeweilige Erregungs- und Entäußerungszustand macht einer Reinigungsfrau von Heute endlich bewusst, dass sie sich ihr bisschen Geld auch tatsächlich redlichst verdient. Also, im Gegensatz zu den Putzfrauen von Heute waren unsere Mütter schwer überbezahlt. Eigentlich wäre diese Erkenntnis ja ein triftiger Grund, diesen glücklichen Frauen von Damals nun heute die Pensionen gleich um ein Drittel zu kürzen. Da drin steckt eine Menge Sparpotential. Das muss er gleich dem Schüssel und dem Schröder melden, die suchen doch eh andauernd nach einer Möglichkeit noch mehr zu sparen. In dieser Idee wäre vielleicht sogar ein wichtiger Orden vom Vater Staat für ihn drin.

Und wie man diese Einsparungen diesen glücklichen Frauen von Damals auch begreifbar machen könnte, so eine Idee hat er auch schon. Die werden dann danach sogar noch glücklicher sein. Der Schröder könnte so wie damals dieser Vorreiter der Aktionskunst in München ein Aktionsfest veranstalten, ein ganz, ganz großes. Man könnte eine dieser glücklichen Frauen von Damals einladen und mit Kot und Urin beschütten. Dabei könnte man auch wieder Weihnachtslieder abspielen, sozusagen ein Wiederholungsfest veranstalten. Heute wird deswegen auch Keiner mehr für vierzehn Tage eingesperrt. Selbst die strengsten Richter haben sich inzwischen ja an diesen Normalzustand gewöhnt. Alles wäre ein Fest und eine Gaudi.

Und wetten, da kämen dann sogar Hunderttausende dort hin. Man könnte das in jeder größeren und kleineren Stadt machen. Gleichzeitig könnte man den Leuten Friedenskerzerln in die Hand drücken und sie gegen den Krieg demonstrieren lassen, sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Ein echt geiles Friedens- und Pensionsgeldereinsparungs-Fest. Und diese Alten Kunsthaufen-Scheißer und Kunstseen-Brunzer fänden endlich die volle Anerkennung, die ihnen nun mal gebührt.

Er presst. Aaaah, endlich, da rührt sich was. Er fühlt ein sanftes Kitzeln im Harnstrang oben am Penisansatz. Aaaah, o bitte, bitte komm. Aaaah, es tröpfelt endlich. Aaaaaaahhh geil, endlich. Man muss sich das ja vorstellen: die Enkerl von Denen werden jetzt endlich erwachsen. Und diese Enkerl von Denen erschießen jetzt endlich den Konservatismus in den Schulen. So weit waren die Inti-Opas und Inti-Omas damals noch nicht. Versteht Ihr: Das ist endlich Aktionismus pur. Ganz, ganz Große Kunst. So weit vor haben sich Die von Damals noch nicht gewagt. Daran gedacht haben sie natürlich schon, auch davon geschrieben, aber getraut haben sie sich damals noch nicht. Selbst der wichtigste Alte von Heute ist dagegen ein armseliger, bestellter Nachahmungsaktionist. Er kann nur hoffen, Die wissen auch wieso? Ne, wahrscheinlich nicht. Die wissen gar Nichts, die sind ja zu schwer mit sich selbst beschäftigt!

Na ja, ist ja egal. Er hört wieder auf mit sich selbst zu reden und presst. Endlich kommt ein zarter Strahl. Aaaah, tut das gut. Der Strahl ist dünn und träge und verträgt einen starken Druck, der aber wiederum gefährlich ist. Verdammt, wenn sie ihm nur nicht dauernd gerade "sein Klo" zu speiben, zu scheißen und zu pissen würden, dann könnte es ihm ja wurscht sein. Er hat ja sonst Nichts gegen diesen Aktionismus. Der war ihm echt immer furzerlwurscht.

Mann o Mann, ist er wieder dicht. Aber zu gespieben, zu geschissen und zu gebrunst hat er bis jetzt noch nie ein Klo. Sollte er es vielleicht einmal ausprobieren? Vielleicht würde er ja mit so einem vorher angekündigten Aktionsakt sogar endlich berühmt werden? Ja, sicher sogar. Wenn diese Alten Furzer das konnten, Mann, dann müsste er Das doch auch irgendwie hin bringen! Ne, er ist ja kein Klon. So dicht wird er hoffentlich nie sein.

Andererseits ist da schon Was dran, an dieser Idee. Diese Alten Aktionisten waren irgendwie doch nicht ganz so blöd, wie er immer geglaubt hat. Er könnte eine große Puppe anfertigen und sie auf den Hauptplatz stellen. Diese Puppe stellt dann die Friedensgeneration dar. Und er könnte die Passanten dazu auffordern, diese Puppe zuzuspeiben, zuzupissen und zuzuscheißen, um den Realzustand der Neuen Kriegsgeneration herzustellen. Das gäbe dann sicher einen Riesenskandal und er wäre mit einem Schlag der berühmteste Dichter aller Zeiten. Da hieße es dann in allen Zeitungen weltweit: "Dem mutigen, sehr, sehr waghalsigen Linzer Dichter buji gelang es in einer Einzelaktion und ganz in der Tradition des 68er-Aktionismus die Ganze Große Friedensgeneration in die Realitäten des Lebens zurück zu brunzen und zu scheißen." Echt geil, was? Er wird darüber nachdenken, wenn er wieder nüchtern ist.

Aber vielleicht ist das ja auch Charaktersache? Na ja, wurscht, scheißen. Dabei hat er es ihnen immer gesagt. Aber auf ihn hört ja Keiner und Keine sowieso nicht. Ha! Keine! Diese Keine sind ja heute doppelt arm dran, die sind sozusagen doppelt gemobbelt, oder wie das so schön heißt. Ha, gut dass er ein Mann ist. Ha, diese Keine haben sich ja nicht nur, wie diese Gutmänner damals, am Leben, so wie es nun einmal ist, auch ganz, ganz weit vorbei geträumt, ne, die haben sich auch noch zusätzlich als Frau verzweifelt irgendwo da draußen im Nichts gesucht. Am Ende wird es dann heißen: außer ein hiniges Beziehungsgefüge und die Welt im Arsch ist Nichts gewesen.

Ja, er hat es ihnen wohl tausend Mal gesagt. Er hat gesagt: Fangt gar nicht erst an nach Euch zu suchen, denn da draußen ist Nichts. Wer einmal anfängt, nach sich selbst zu suchen, der sucht sich dabei immer weiter von sich weg. Aber das haben sie ihm nicht geglaubt, sie haben ihn ausgelacht. Dabei ist Das doch scheißhauszugeschissen- und putzfrauverzweiflungsklar. Wer nach sich selber sucht, hat keine Chance, sich jemals wieder zu finden. Haha, außer das Leben selbst boxt ihn brutal zu sich selbst zurück. Das ist aber auch schon die einzige Chance, die so ein nach sich Suchender hat, dass er sich doch wieder findet.

Na ja, Schicksal. Und jetzt sitzt bald eine ganze Generation von Aktionskünstlern, alle aufgewachsen in einem schwer nach dem Sinn des Lebens suchenden Elternhaus, diese Joystick-Killerkids, daheim an ihrem PC, oder meinetwegen auch in einem sicheren Armeebunker oder auf einem Flugzeugträger, tausende von Meilen weit weg vom Massenmordgeschehen, und steuert diese neuen, so unbemannten und mit so extrem geiler Depleted-Uranium-Munition bewehrten Drohnen und beatombomben unsere ganze schöne Welt in eine einzige Krebserlstation. Ein Jahrhundert des Booms der farbenfroh blühenden Leukämie bricht an. Da kommen ja echt nette Zeiten auf ihn zu. Danke! Vielen Dank auch, der lieben Friedensgeneration!

Na ja, auch wurscht. Und er denkt da ja wie der Napoleon. Was nicht sein darf, das kann auch nicht sein und das wird auch nicht sein. Und wenn man das nur stark genug will, dann ist es auch nicht. Der hat doch glatt mit seinem unerschütterlichen Glauben die Pest besiegt, die in seiner Ägyptenarmee gewütet hat. Es soll ja Dinge geben, an die es sich zu glauben lohnt, und was dann sogar eine Chance hat auf Erfüllung.

Aber diese ollen 68er glaubten ja Alle, dass eine ganze Menschheit den Weltmeistersprung mitmachen kann, Alle auf einmal und ho-ruck, von einer Kriegs- und Massenmördergeneration, wie sie vermeinten, hin zur Friedensgeneration. Und Was Die letztendlich war, das wissen wir ja inzwischen Alle schon ein wenig: eine Generation der Massen-Mit-Täter, kein bisschen mehr und auch kein bisschen weniger, denn Die haben Alles gewusst und überall zugeschaut oder meinetwegen auch weggeschaut, ist ja eh das selbe. Dabei war die Idee ja gar nicht so übel. Mit ein paar kleineren Sprüngen wäre es sich sicher ausgegangen.

So ungefähr wird Das damals auch bei der letzten Kriegsgeneration gewesen sein. Die haben auch von den KZ´s und vom Gas Nichts "gewusst". Diese Hinterdörfler, die der Bernhard und seine Co´s so gerne nazifiziert haben, haben den Hitler wenigstens nicht mit dem Zyklon B beliefert. Der Rumsfeld schon. Aber das war ja harmloses Senfgas. Ein so weit entferntes Dorf im hintersten Kurdistan hat ja auch keinerlei Bedeutung. No Problem! Ist doch ein Klax. Das kann schon mal passieren, oder?, dass da ein westlicher Gutmensch ausnahmsweise mal daneben schaut?
Na sicher! So böse, wie die damals zu Zeiten Hitlers, sind wir natürlich noch lange nicht. Aber schön langsam wird es. Nur mit der Ruhe, nur nichts überstürzen. Kommt die Zeit, kommt auch der Rat. Und diese 68er haben ja noch gut und gerne fünfzehn, ja sogar zwanzig Jahre Zeit, und dann kommen ja noch ihre Schüler, die darf man auch nicht vergessen. George Orwell hat sie in "1984" ja eh genau beschrieben.

Die Frage ist nur: Was ist, wenn wir noch ein paar Kriege führen, mit dieser geilen DU-Munition? Heute halten sich die leukämiekranken Kinder auf der Welt, von denen Niemand Etwas wissen will, ja mit ein paar hunderttausend noch in unüberschaubaren Grenzen. Was ist aber, wenn es in ein paar Jahren schon ein paar Millionen sind? Ne, der Hitler wird mit Sicherheit immer der Schlimmste bleiben.

Schicksal. Scheiß Klo. Verdammt, das Zeugs pickt aber. Er ist inzwischen richtig angeklebt. Er fühlt seine Schuhe wie angedichtet. Es schmatzt, wenn er die Sohlen seitlich anhebt. Ausgeschifft hat er endlich auch. Die Bröckerl an den Sohlenseiten sind schon angetrocknet. Das war wohl eine lange Ergehung, eine Gedankenverlierung. Dabei war Hitler ja gar nicht der Schlimmste. Der Stalin hat doch mindestens doppelt so viele Millionen umgebracht.

Das waren halt noch schöne Zeiten. Die haben sich damals noch so richtig schön von Aug zu Aug tot geschossen. Ein paar mögliche Ausnahmen gab es damals natürlich auch schon, aber im Gro, na ja, oder auch nicht. Das ist ja auch wurscht. Er hat ja damals nicht gelebt. Er weiß es nicht so genau, nur so aus zweiter oder gar auch nur aus dritter Hand.

Sie tun ihm ja echt leid, diese Intis von Damals. Echt, kein Schmäh, das müsst Ihr ihm glauben. Die sind echt arme Schweine. Die sind jetzt am Höhepunkt ihrer Macht und gleichzeitig als ehemalige Friedensgeneration die Herren über das geilste Waffen- und Giftarsenal aller Zeiten. Sie sitzen auf dieser sauteuren DU-Munition, die jetzt ja auch verpulvert gehört, dieser Neuen Generation von Atombomberln, dabei ist das bloß eine geile Wahl unter vielen Geilen, denn so ganz nebenbei nur auch möglichst viele geile Viren zu züchten war Denen ja auch eine wichtige und äußerst geile Angelegenheit. Und jetzt sorgen ihre Exfreunde in der Dritten Welt dafür, dass diese unsere smarten Viecherln auch Alle endlich frei kommen. Arme Viecherln, waren ja so lange eingesperrt. Und kein Tierschützer weit und breit, der sich für die armen, eingesperrten und so unsagbar lieben Viecherln auf die Schienen gelegt hätte. Na so was.

Dabei hat er es Denen immer gesagt. Ja, er hat damals vor gut fünfundzwanzig Jahren gesagt: "... und sie werden sich in unsere Flieger setzen und in unsere Türme fliegen, und sie werden uns mit unseren eigenen Waffen bekämpfen, weil sie keine eigenen haben. Sie werden mit unserer Technik unsere Technik besiegen und sie werden sich in unseren Netzen weltweit vernetzen, weil wir Alles an uns gerissen haben und sie Nichts, absolut Nichts mehr ihr Eigen nennen. Sie werden Nichts, gar Nichts zu verlieren haben, außer ihr Leben, und das zählt dann Nichts mehr." Sie haben ihn ausgelacht. Doch Wer zuletzt lacht, ha, entschuldigt ... aber manchmal ist ihm danach und dann hasst er sich dafür. Fast. Ist schon ein scheiß Leben, sein Leben, in mancher Hinsicht. Er muss es ja zugeben, schließlich ist er ja brutaler Realist. Andererseits hätte er sonst nie seinen Neuen Stil gefunden, den brutalrealistischen Exzessionismus. Ha, ist schon ein geiler Stil, stimmt´s? Eine der Zeit angepasste Atombombenberührung der Sprache.

Na ja, jetzt bekommen also endlich alle Tierchen in unserer schönen Welt ihre Freiheit zurück, sogar die, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Der absolute Freiheitstraum dieser Generation geht nun endlich in Erfüllung. Endlich bestimmt die absolute Freiheit wieder unsere Welt. Geiler geht es nicht.

Auch Das hat er x mal versucht, ihnen zu sagen. Er hat damals gesagt: "Eines Jeden Freiheit endet dort, wo die Freiheit eines Anderen anfängt. Und damit Das auch so bleibt, muss eine Gesellschaft auch bereit sein, das Nötige zu tun, sogar dann, wenn es ein bisschen "böse" ist." Eigentlich sonnenklar, aber sie haben ihn ausgelacht. Na ja, macht Nichts.

Inzwischen endet diese Persönliche Freiheit ja überhaupt nicht mehr. Wenn man nur will und es ein wenig geschickt anstellt, dann kann man heute auf Jeden und auf Jede speiben, pissen und scheißen. Eine Entschuldigung findet man schon. Für unsere absolute Freiheit tun wir eben Alles, wirklich Alles. Die Killerkids von da Unten und bald auch von Da werden jetzt bald in unsere Kaufhäuser, Bars und Discos kommen und uns fragen: "Hey Freund," dabei klopft er dir auch freundlichst auf die Schulter, "hey Freund, wie geht´s?" "Gut!" "Super! Dann wirst du mit dem Zeug da ja die rechte Freude haben. Du hast nämlich jetzt die Freie Wahl: Pocken, Anthrax, usw. oder Cholera? Freie Wahl, in meinem Kofferl habe ich Alles da. Du kannst es dir aussuchen. Freie Wahl!"

Mann, bist du aber nett zu mir, wird er bei sich denken, wenn ihn mal selber so Einer fragt, und dann sagen: "Okay, geht klar, ich nehme die Pocken." Ha, Blödmann. Er wird ihm natürlich nicht sagen, dass er schon zwei Mal geimpft wurde, er ist ja noch von der alten Generation. Ha, so blöd ist er natürlich nicht, selbst als dichter Dichter nicht, er ist ja kein Naiverl. Ne, sicher nicht. Er ist ja kein Gutmensch, haha. Und der Typ sagte ja, er hätte die Freie Wahl. Da braucht sich dann der Typ auch nicht aufzuregen, wenn er bei den Großen Epidemien nicht mit stirbt. Ne wirklich, der braucht sich nicht aufzuregen, der Schläfer der, sonst schickt er ihn gleich mit einem Hammerl aus dem Nichts schlafen. Hehe. Ne, mit ihm nicht. Da denkt er wie der kleine Napoleon.

Da kommt ein Typ ins Klo. Endlich, das weckt ihn endlich auf. Der Typ schaut und meint entsetzt: "Shit." Er sagt: "Du sagst es. Aber rege dich nicht auf, das ist ein Modernes Kunstwerk. Man soll ja Alles positiv sehen. Du kennst doch diese Fäkalkünstler von Früher, oder, die aus den späten 60ern?" Er schaut dem Typ dabei in die Augen, während er sich die Knöpfe seiner Raulederhose zumacht. Der Typ nickt, leicht verunsichert. "Ja-ja, gehört", meint er dann.

"Sieh mal, was du da siehst, das ist moderne Kunsterziehung. Diese Aktionisten von Damals sind ja Alle heute Professoren auf den Kunstunis und Kunstschulen. Und die, die damals nicht live dabei waren, weißt du, die können da ja jetzt auch nicht mehr zurück stehen, sonst haben sie ja keine Schüler und Studenten nicht, verstehst? Schüler und Studenten wollen ja, dass im Unterricht was los ist. Also erziehen Die Das jetzt auch. Verstehst? Und so hat sich Das halt in deiner Generation verinnerlicht. Das solltest du aber wissen, nicht wahr? Also sieh es nicht so eng. Ich habe Das inzwischen auch schon begriffen. Wir beide stehen mitten in einem Großen Kunstwerk von Heute."

Der Typ ist so um die achtzehn, zwanzig rum. Er schaut ihn auf einmal so komisch an. Der Typ denkt bei sich: auch so ein alter Spinner. Er sieht es an seinen Augen, der Typ hat keinen Schimmer, von Was er da redet. Na ja, auch wurscht. Er ist es ja gewöhnt, dass ihn kein Mensch versteht, zumindest nicht die Intis. Und der Typ war mit Sicherheit einer, so ein Schüler von einem Schüler schon von einem Schüler.

Er sagt noch "tschüssi!" zu dem ein wenig baffen Typen, während er sich an ihm vorbei drückt. Es kommt Nichts zurück. Grüßen kann diese Generation von Heute ja auch nicht mehr. Na ja, wurscht. O Gott, das Zeugs pickt. Er verpickt sich Schuhe schmatzend aus dem Klo. Und stinken tut´s auch. Wieder. Ne, das ist sicher kein Kunstwerk nicht.

Von Schritt zu Schritt wird das Picken besser. Als er dann auf den Hocker in seiner Barecke steigt, ist kaum mehr was davon übrig. Gut so. Wie lange stand er denn auf dem Klo? Ein paar Minuten? Keine Ahnung. Wie spät ist es denn? Halb drei. Na, ein G´schichterl könnte sich noch ausgehen bis zur Sperrstunde. Was soll er denn schreiben? Die Klo-Story. Ne, sagt er zu sich selbst, dann mag dich wieder Keiner, Keine. Aber eine andere Geschichte fällt ihm nicht ein und irgendwas schreiben muss er, sonst hält er diese Welt nicht mehr aus. Und - es versteht ja sowieso Keiner, Keine, was immer er auch schreibt, also, was soll´s?

© Copyright by Lothar Krist (21.2.2003)

Bild zu Dichter Dichter. (Scheißhausliteratur)

Liebe LeserInnen!
Tut mir leid, aber im Text haben sich ein paar Fehler eingeschlichen, er wurde stellenweise nicht ganz übernommen. Dies wird gerade berichtigt, dauert aber wahrscheinlich eine Weile.
Entschuldigt bitte. Liebe Grüße
Lothar
Lothar Krist, Anmerkung zur Geschichte

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Der Beitrag wurde von Lothar Krist auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.05.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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