Peter Vyskovsky

Mons2015 - Belgiens Kulturknoten

Bahn frei für Kunst, Informatik und Wild Weekends

 
von Peter F. Vyskovsky, Wien
 
 
Wer Bahnhof versteht, ist schon gut unterwegs in der Kulturhauptstadt des kommenden Jahres. Die wallonische Stadt Mons, südwestlich von Brüssel knapp an der französischen Grenze gelegen, wird 2015 Partner von Pilsen als Inhaber  dieses EU-Prädikats.  Als Ursprung der Stadt mit fast 100.000 Einwohnern gilt zwar das von Caesar im Kriege gegen die Gallier hier angelegte Kastell, im Mittelalter  dominierte die 1460   der heiligen Waltrudis geweihte Domkirche, aber heute liegt der Bahnhof im Schnittpunkt des Geschehens . Die Architektur spielt im Konzept von Mons2015 eine besondere Rolle. Zu den attraktiven Neubauten zählen das  Veranstaltungszentrum von Daniel Liebeskind, das Design Quartier, die Kulturmeile in einer revitalisierten Altstadtzone und vor allem der eindrucksvolle Hauptbahnhof.
 
Architekt Santiago Calatrava, bekannt durch faszinierende Bauten in Barcelona, Sevilla und Valencia, gestaltet hier bis 2017 nicht bloss eine futuristische Umsteigestelle für Zugfahrer. Er bindet vielmehr multimodal andere Verkehrsmittel ein und schafft vor allem eine kühne Verbindungsachse zwischen dem mittelalterlichen Mons und modernen Bauten für Technologie, Business und Freizeit auf der anderen Seite der Bahntrasse. Mit Arsonic entsteht in der Nachbarschaft ein Zentrum für moderne Musik. Sonderausstellungen in der Kulturmeile sind 2015 Künstlern wie van Gogh und Verlaine gewidmet, die zeitweise hier gelebt haben.
 
 

Zitate ziehen zum Zentrum

 
Auch in einem Literaturprojekt ist Calatravas Bauwerk Angelpunkt. Im Event „La Phrase“ machen Zitate täglich quer durch die Stadt auf sich aufmerksam. Es ist ein Kunstwerk,  das sich alle 24 Stunden um einen Satz erweitert,. Beginnend beim neuen Bahnhof wird täglich ein Zitat von nationalen oder internationalen Autoren mit symbolischem Bezug zu Mons - wie Stefan Zweig, Andre Gide, Simone de Beauvoir, Victor Hugo - an einer Häuserwand angebracht, mäanderförmig  fortlaufend durch die gesamte Altstadt, bis man im Dezember 2015 wieder zum Bahnhof zurückkehrt. Erst dann wird „La Phrase“ in ihrer Gesamtheit lesbar sein. Nachhaltigkeit ? Die Stiftung Mons2015 lässt offen, welche Texte der Nachwelt erhalten bleiben und welche auf Wunsch der Hauseigentümer wieder entfernt werden.
 
Internet-Gigant Google investierte hier  vor einigen Jahren 450 Mio Euro in sein europäisches Daten Center und gilt als Sponsor wichtiger Informatik-Projekte  von Mons2015.. Einige andere Multis und viele Start-up Unternehmen folgten und trugen somit zum Entstehen einer Art Silicon Valley bei, das im Rahmen der ECOC mit kulturellen Elementen verlinkt werden soll und den Nutzen digitaler Inhalte für alle Generationen und Gesellschaftsschichten unterstreichen wird. Das Cafe Europa will keine weitere virtuelle Poker- oder Bingohalle  sein, es zielt vielmehr auf Vermittlung von Verständnis für die digitale Welt ab. Ein Platz, um einen Drink zu nehmen, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen  und  im Training Center  mit Technologie zu experimentieren, zB  mit 3D-Printing.

 

Cafe Europa und globale Wild Weekends

 
Diese Cafes, die es im kommenden Jahr in mehreren Städten Europas geben wird, wurden von einem belgischen Designerteam um Frédéric Nicolay and Jean-Sébastien Van Keymeulen entworfen unter den Aspekten Nachhaltigkeit, Modularität, Mobilität, interdisziplinäre und internationale Vernetzung.  Rom (IT), San Sebastian (ES), Kaliningrad (RU), Sarajevo (BiH), Riga (LV), Pilsen (CZ), Linz (AU), Karlsruhe (DE), Paris (FR), Lille (FR) sind nur einige der bisherigen Partner von Mons (flämisch Bergen), in diesem Projekt. Sie werden es ermöglichen, zwanglos offline miteinander  zu reden, sich mittels Hardware international online auszutauschen und darüber hinaus lokale kulturelle Akzente europaweit zu verbreiten, vor allem über die an jedem Standort installierte EuropaWall, eine riesige Video-Kommunikationsfläche,
 
Sogenannte Wild Weekends sehen jeweils ausgewählte  Städte von Mailand über Montreal bis Melbourne als Gäste vor, die mit Installationen, Performances, Design, Mode, Musik, Theater, Zirkus, Sport und Kulinarik ein dynamisches  Kontrastprogramm zum Leben in Mons darstellen werden und der Stadt neue Impulse verleihen sollen. Spätestens dabei sollte der belgische Bierkonsum nicht zu kurz kommen.
 
Regional und weltumspannend zugleich soll dieses Kulturjahr im wallonischen Mons gestaltet werden. Der brillante Auftakt dazu  ist für den  24.Januar 2015 fixiert, mit Lightshows, einem riesigen Dancefloor, effektvoll ausgeleuchteten Hotspots, Multimedia-Installationen, herumziehenden Bands, einer Drachenparade und einem ehrwürdigen Theater, das sich in eine Woodstock Arena verwandelt.
 
 
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