Olaf KF

Slime in Würzburg

Slime in Würzburg

 

Punk-Musik zu mögen und in Bayern zu wohnen, ist prinzipiell nicht einfach. Von alten Berliner Freunden höre ich laufend, dass in wenigen Tagen wieder Helden von Vorvorgestern auf irgendwelche Berliner Club-Bühnen geschoben werden – und so gut wie nie kann ich dabei sein. Das ist bitter in einer Gegend, in der weißblauer Himmel und südländischer Sonnenschein seit alters her dafür sorgen, dass es das Schattengewächs Punkrock hier viel schwerer hat als im Norden.

Was sich in Bayern schon prinzipiell als problematisch erweist, ist in Würzburg noch mal verschärft. Hier, wo man bei Ankunft automatisch Mitglied der CSU und der katholischen Kirche wird, findet oft über Monate kaum mehr an musikalischen events statt als Blockflöten- und Keyboard-Aufführungen der hiesigen Sing- und Musikschulen.

In dieser Atmosphäre subkultureller Trostlosigkeit platzte dann die folgende Nachricht ein wie, ja ... wie eigentlich? Wie ein Horst Seehofer in eine Koalitionsrunde? Oder ein BMW in eine Fahrraddemo? Egal: Die Nachricht lautete: In das wie gesagt von subkulturellen Verwerfungen bislang weitgehend verschonte Würzburg werden die alten Punkrocker SLIME an den Start gehen!!! SLIME! In Würzburg! Gegensätzlicher können Gegensätze nicht sein!

Zur Steigerung meiner großen Vorfreude trug bei, dass sich mein Landsberger Punk-Kumpel Alexander, eine Karte kaufen und vorbeikommen wollte. Insofern konnten wir hier richtig groß und mit breiter Brust auflaufen.

Alexander kam dann vorbei, wir hatten noch Zeit, ihn - wie es hier halt gemacht wird – noch schnell bei der CSU und der katholischen Kirche anzumelden, und dann ging es in den finstersten Teil von Würzburg (vergleichbar vielleicht mit dem 36er Kreuzberg in den frühen 80ern oder mit Steglitz): in die Bahnhofsgegend, zu den Posthallen. Dort angekommen, bot sich ein geiles Bild: Fünf Leute mittleren Alters standen vor einer verschlossenen Tür. Das wars.

Weil einer dieser Fünf mit einem Smartphone ausgerüstet war, konnte dann immerhin in Erfahrung gebracht werden, dass das Konzert einfach so ausfällt.

Wir fanden das absolut klasse. Auch diese ganze Konzertindustrie ist vom kapitalistischen Schweinevirus total infiziert. Und dass sich Slime diesem ganzen Schweine-Lügen-System einfach entziehen und uns wieder nach Hause gehen lassen, das ist doch mal ein statement, oder? Das ist PUNK!

Wir zumindest standen völlig beseelt vor der verschlossenen Tür und dankten innerlich den Hamburger Alt-Punks für diese tolle Nachhilfestunde in aufrechter Haltung.

In ebendieser sind wir dann noch durch die alte Bischofsstadt gezogen, hörten hier und dort Flötengruppen spielen, schauten noch schnell beim Empfang für christsoziale Neumitglieder vorbei und waren einmütig in der Überzeugung, dass Bayern in subkultureller Hinsicht mittlerweile ganz schön aufgeholt hat.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.09.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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