Es müssen Engel unterwegs sein

Seit einiger Zeit sehe ich mein wahres Alter im Spiegel. Das Ergebnis ist: Ich mag mich nicht mehr leiden, ich finde mich hässlich und unattraktiv.
Eines Tages ging ich einkaufen. Ich kam direkt von der Arbeit, hatte Migräne und war sehr müde. Mein innerer Spiegel sagte: Viele Falten, dunkle Ringe unter den Augen und einen
verkrampften Zug um den Mund. Plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl und als ich aufblickte, sah ich in das lächelnde Gesicht eines großen attraktiven Mannes. Er lächelte nicht etwa vor sich hin, nein, er lächelte mich an. Weit und breit war niemand sonst, den er anlächeln konnte. Er meinte tatsächlich mich und es war ein liebevolles stilles Lächeln. Es muss ein Engel gewesen sein.
Zu Hause angekommen sah ich gleich in den Spiegel. Ich schaute genauso aus, wie ich gedacht hatte. Noch etwas Besonderes war mir bei dem Mann aufgefallen, er hatte mich lange und intensiv angelächelt, so etwas habe ich noch nie erlebt und deshalb konnte ich zurück lächeln.
Ein paar Tage später schlenderte ich durch die Stadt  und irgendwie lenkten mich meine Schritte in den Kaufhof. Eigentlich wollte ich gar nicht dort hin, weil gerade Ausverkauf war und ich dieses Gedränge hasse. Kaum hatte ich das Kaufhaus betreten, da stand mir ein Mann gegenüber, ein großer attraktiver Mann mit Krücken, nicht der gleiche wie damals, aber er hatte den gleichen intensiven Blick für mich, doch ohne zu lächeln. Ein Blick, wie ich ihn von keinem Mann kenne.  Es fiel mir schwer, mich von seinem Blick zu lösen, es war, als wollte mir dieser scheinbar gebrechliche Mann eine große Kraft und Wärme schenken.
Ich glaube, Engel sind unterwegs.
 
 
 
 
 

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