Stefanie Braun

Metamorphose

Liebster Tristan,
 
 
die Zeit ist reif. Ich ziehe mich zurück, hinein in meinen Kokon und heile meine Wunden. Es ist so kuschelig und behütet. Hier darf ich verletzlich sein. Die Welt draußen ist mir zu aufregend, zu schnell, zu schonunglos und rau. Ich webe meinen Kokon in dunklem violett, lila und auberginefarben. Die Geräusche draußen sind kaum noch zu hören. Wie weich ist alles hier!
 
Und so kann ich mich meinen Träumen hingeben, die noch zaghaft und zart in meinem Herzen wachsen, während die Nacht ihre Flügel entfaltet. Und die Erinnerungen, die mir langsam entgleiten, sie werden noch einmal entstehen. Es ist vielleicht nur ein Hauch, eines Strahles verglimmernder Schein, doch halte ich das Vergessen noch einmal an und sollte es auch nur für wenige Stunden sein, ich lebe sie dennoch. Losgelassen kreisen sie um mich und zeichnen eine einmalige Figur in das Firmament meines Seins.
 
Nach Innen richtet sich nun mein Blick vom Sein zum Nichtsein und sehe die räumliche Begrenztheit. Doch ist nicht beides eins dem Ursprung nach? Verschieden nur durch seine Bezeichnung? In der Einheit offenbart sich das Geheimnis aller Geheimnisse, wo jede Erscheinung ein Gleichnis ist, ein Tor aus dem alle Wunder hervortreten und durch das die Seele - sei sie dazu bereit - ins Innerste zu gehen vermag. Wo das Schöne häßlich ist und das Häßliche seine Schönheit offenbart, sie erzeugen einander, sie gestalten einander, sie vollenden einander. Und so leere ich meinen Geist, auf dass er das Eine umfasst.
 
Erwacht! Meine Flügel sind aus Glas - sind flüssig und fest zugleich. Ich falle Rückwärts den Himmel hinauf, verschmolzen mit der Erde.
 
 
*Aurelia*


(c) Stefanie Braun
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Für C.
Aus "Briefe von Tristan und Aurelia"
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Inspiriert durch Gedichte und Zitate von u.a. Hermann Hesse, Rainer Maria Rilke, Laotse.

 

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