Manfred Bieschke-Behm

Türgespräch - Ein Berliner Antworten Dialog



Kalle Möbius, der Mieter, der neben Ulli Kohlberg wohnt, erzählt, dass Ulli Kohlberg, den alle die ihn kennen einfach nur Ulli nennen, schon mehrere Jahre sein Wohnungsnachbar ist.
"Wie lange der genau hier wohnt, kann ick nich sagen."
 
"Nee, Ulli ist keen echter Berliner. Er hat mir mal erzählt, datt er ein Sperenberger ist. - Aber er fühlt sich hier in Berlin-Tempelhof sauwohl, hat er mal zu mir gesagt, und er will och nich woanders leben, hat er mir gesagt."
 
Wie oft ick ihn sehe? -  Muss ick echt mal überlegen. - Manchmal eene Ewigkeit nich. - Ick denke manchmal, datt er janich mehr hier wohnt - Doch denn höre ick ihn rumoren, und weeß, datt et ihn noch jibt. - Seit seine Mutter gestorben is, is ett noch schwere an Ulli ranzukommen."
 
"Ob Ulli arbeiten jeht? - So viel ick weeß, is Ulli schon mindestens zwee Jahr arbeitslos."
 
"So janz jenau weeß ich est och nicht, wovon der lebt. Ick globe, der hält sich durch Gelegenheitsabeiten über Wasser, oder von Stütze."
 
 
"Jenau kann ick et nich sagen, wie alt Ulli is. Ick schätze so um die vierzig. - Ulli hat ja nee ganz schöne Plautze und wenich Haare uff ´n Kopp. - Da kann man sich janz schnell verschätzen. - Neulich hab ick zu ihm jesagt, datt es vielleicht besser wäre wenn er weniger Bier schlürfen würde. Weniger Bauch wäre besser, habe ick zu ihm jesagt. Ulli hat mir janz dämlich angekickt und hat mir stehen jelassen. Hinterher habe ick mir jesagt, dass et besser gewesen wäre, ick hätte nüscht jesagt. Jeder kann doch machen, watt er will - oder?"
 
"Wann ick ihn det letze Mal gesehen habe? - Jestern - Jestern abend in der Eckkneipe, da habe ick ihn jetroffen. Janz schön voll war der. Ulli, habe ick zu ihm jesagt, Ulli isset nich besser du hörst uff mit saufen und jehst nach Haus zu deine Katze, die wartet uff dir.- Er ist dann och tatsächlich, nach zwee weiteren Bierchen, losgetorkelt. Beim rausjehen murmelte so watt wie 'Sinnlosigkeit' und 'is doch allet egal'."
 
"Watt Ulli den janzen Tag treibt, weeß ick nich. So dicke sind wa nich, datt er mir alles haarjenau erzählt. - Ick erinner mir, datt ick ihn irgenwann mal jefragt habe, watt er denn so den janzen Tag macht. Fernseh kicken, Katze kraulen und warten, datt der Tag vergeht, ja dett, hat er mir gesagt."
 
"Ick finde och, datt det een trauriges Leben is. - Aber watt soll er denn machen? Haste keen Geld, haste keene Freunde und Freude am Leben haste och nich, dett is meine Meinung."
 
"Nee Geschwister hat der nich. Eigentlich hat er gar keene Familie außer een Cousin zweiten Grades. Der kommt - wenn och sehr selten - ihn besuchen. Wenn der da is, iss dett nich zu überhören. Ick globe, die saufen sich dann beede die Welt schön und dabei göhlt eener immer lauter, als der andere. Na, soll´se. Meen Segen habe se. Wenn weiter nüscht is."
  
"Ick hab da mal nee Frage: Wer sind Sie eigentlich, dem ick alles so freiwillig erzähle?"
 
"Ach so, vom Amt sind sie. Na denn mal nischt für unjut. Ick habe zu tun. Schönen Tag noch. Tschüss."
 
 

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