Irene Beddies

Mörderin

 
 
Die Tür fiel mit einem lauten, endgültigen Krach zu.
Er war weg. Endlich. Und hoffentlich für immer.

Ich lief zum Fenster und schaute ihm nach, wie er mit zornigen Schritten auf das Taxi losstürmte.
Dann rief ich die Handwerker an.
Sie kamen schnell und bauten alle Schlösser aus und andere ein. Falls Heinz noch einen Schlüssel für irgendeine Tür bei sich hatte, es würde ihm nichts nützen.
Dann erst beruhigte ich mich. Ich setzte mich an den noch gedeckten Kaffeetisch und schnitt ein Brötchen auf. Ich goss aus der Thermoskanne Kaffe in die noch unbenutzte Tasse und trank genüsslich die ersten Schlucke. Das Brötchen bestrich ich dick mit Butter und legte vier Scheiben Schinken darauf.
 
Endlich konnte ich tun, was ich wollte. Keine Überwachung meiner Essgewohnheiten mehr, kein ewiges Grammzählen, kein Nörgeln und keine strafenden Blicke. Und – ich war unschuldig geblieben! Heinz hatte nichts von dem Kaffee getrunken…trotzdem war ich ihn los.
 
O je! Aber ich, ich hatte den Kaffee gewohnheitsmäßig und gierig geschluckt! Ohne an das Gift zu denken!
Nur bloß ins Badezimmer, ehe es zu wirken begann!
Vor die Toilettenschüssel kniete ich mich ohne Bauchschmerzen. Ich steckte den Finger in den Hals und würgte. Das war ich gewöhnt. Heimlich hatte ich oft viel zu viel gefressen und, bevor er heimkam, wieder ausgekotzt.
Ein bisschen braune Brühe konnte ich hochwürgen, dann kam wie immer nur noch Magensaft.
Zitternd legte ich mich auf mein Bett und wartete.
 
Ich muss wohl eine ziemliche Zeit geschlafen haben. Ein schriller Ton weckte mich auf. Das Telefon. Ich griff nach dem Hörer.
„Hier bin ich, Heinz. Ich hab den Beweis.“
„Was für einen Beweis?“
„Den Beweis, dass du mich vergiften wolltest.“
„Hä???“
„Ich habe die Kaffekannen vertauscht. Du hast doch zwei identische für die Maschine. Die, die du heute Morgen auf den Tisch gestellt hast, habe ich mit Handschuhen sicher eingepackt. Sie werden also nur deine Fingerabdrücke finden.“
„Aber…“
„Den Kaffe, den du vielleicht nicht getrunken hast, den habe ich während deines Schlafs gebraut.“
Herinz lachte hämisch.
Ich schmiss den Hörer auf die Gabel. Alles umsonst. Ich musste schnellstens weg.
Ich holte den Schmuck aus dem Safe, das Geld und die Kreditkarten. Steckte alles in einen unauffälligen Stoffbeutel und rannte zur Hintertür.
Da klingelte es auch schon an der Haustür.
Bloß schnell weg! Fast blind vor Angst raste ich die Büsche entlang über den Rasen. Ich verlor den Halt.
 
Verflucht, nun hocke ich in dem Grab, das ich die letzten Tage mit so viel Mühe ausgehoben hatte. Ich hatte es doch extra tief gemacht.
Es dauert sicher nicht mehr lange, bis sie mich finden.
Ohne Leiter komme ich hier nicht raus. Und die lehnt noch immer am Kirschbaum.
 
 
© I. Beddies
 
 
 
 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.11.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Buch von Irene Beddies:

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Irene Beddies hat in diesem Band ihre Märchen für Jugendliche und Erwachsene zusammengestellt.
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