Horst Werner Bracker

Die Hochstamm Rose


Papa, wie kommt die Rose auf den Stock?

Darum mein Kind!
 
Einst, ließ sich ein reicher Mann ein schönes Haus bauen und einen noch schöneren Park anlegen. In diesen Park wuchsen die schönsten und farbenprächtigsten Blumen und Sträucher die es auf der Erde gab. Viele Jahrzehnte lebte der reiche Mann allein in seinen großen Park und genoss Jahr für Jahr aufs Neue die Blütenpracht.
Doch eines Tages starb der reiche Mann. Aus seinen schönen Garten wurde ein öffentlicher Park. Für jeder Mann, sollte der wunderbare Park offen stehen. Das war der letzte Wunsch, des reichen Mannes.
Bei der Eröffnungsfeier strömten die Menschen scharenweise herbei und spazierten die Wege entlang und konnten sich an den herrlichen Blumen und Sträucher nicht satt sehen.
Immer wieder blieben die Besucher entzückt stehen und riefen, „Welch eine Pracht!“

An einen schönen Sommerabend, spazierte ein alter Gärtner die Wege entlang und freute sich über die bunte Blumenpracht. Es waren nur noch wenige Menschen im Park, denn es war schon spät am Abend. Eben hatte sich der Gärtner auf einer Bank nieder gelassen, den er war vom langen gehen ein wenig müde geworden, als er ein leises Wimmern und schluchzen vernahm. Verwundert schaute er sich um und gewahrte eine kleine Zwergrose,- die völlig umwuchert war von hohen Stauden und Sträuchern und kaum mehr zu sehen war.

Der alte Gärtner erhob sich und beugte sich über der kleinen Rose, die über und über mit roten Blüten übersät war.
„Du blühst so schön und bist doch nicht glücklich“, sagte der alte Gärtner der die Blumensprache verstand?
„Wäre ich so jung und schön, ich wollte wohl zufrieden sein“! Der alte Gärtner hatte sich nieder gekniet und seine Hände fuhren liebkosend über die herrlichen Blütendolden, die einen betäubenden Duft verströmten.
„Seit Jahren lebe ich hier unten,- im Schatten der großen Stauden. Kaum dass, das Licht der Sonne zu mir durchdringt. Ich bin noch zu jung,- um ein Leben im Schatten der Anderen fristen zu müssen. Niemand sieht mich hier unten. Kein Lob der Menschen hat je mein Blumenherz erfreut. Ist nicht gerade das Lob ein Ansporn, noch intensiver zu blühen - um der Menschen Herzen zu erfreuen“?

Die Rose schwieg, nur ein leises schluchzen war zu hören.
Der alte Gärtner hatte aufmerksam zugehört und war betroffen, von der Feinfühligkeit und Klugheit der kleinen Zwergrose.
„Du hast recht“, sagte er zur Rose gewandt, „du bist zu schön um dein Leben im Schatten der hohen Stauden zu verbringen“!
„Viele Menschen sollen sich an deiner Schönheit erfreuen“!
„Ich werde dich, für alle Menschen sichtbar, auf einen hohen Stock setzen und alle Menschen werden dich sehen und bewundern und verehren. Die Strahlen der Sonne werden mit deinen herrlichen Blüten spielen und du wirst die Schönste genannt werden unter den Blumen, in diesen Park“!
Am nächsten Tag machte sich der Alte Gärtner sogleich ans Werk. Er schnitt einen langen Stock aus einem Wildrosenbusch und setzte die Rose obendrauf. Am anderen Tag blieben die Menschen verwundert bei der Stammrose stehen und sagten, „Schaut nur, welch eine herrliche Rose“!
Die Zwergrose, die heute eine Hochstammrose ist, freute sich und blühte zum Dank an den alten Gärtner in überschwänglicher Fülle. Noch heute stehen in fielen Gärten und Parks, die herrlichsten Hochstammrosen.
„In euren auch“?
Dann denkt in Dankbarkeit an den alten Gärtner, der uns dieses Wunder schuf!

 

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