Ralf Glüsing

Ein unheimlicher Begleiter

Vor langer Zeit, ich war wohl so um die Anfang Zwanzig, hatte ich ein Erlebnis, das mich heute noch erschaudern lässt. Seinerzeit traf ich mich oft an den Wochenenden mit Freunden in einer Kneipe in unserer Kreisstadt. Von meinem Heimatdorf sind es ca. 15 km bis dorthin, wenn man die Straße benutzt oder nur ca. 10 km, wenn man durch den Wald fährt. Da ich damals kein Auto besaß, fuhr ich gewöhnlich mit dem Bus dorthin oder aber per Anhalter. Per Anhalter zu reisen war für uns damals völlig normal, heute sieht man ja kaum noch mal einen, der auf diese Art und Weise unterwegs ist. Man lernte die urigsten Leute kennen. Aber mit dem Bus war auch okay. Ich nahm immer den letzten Bus und war gewöhnlich der einzige Fahrgast. Den Busfahrer kannte ich mittlerweile recht gut, so dass er mich immer gratis mitnahm. Für den Busfahrer war dies auch die letzte Fahrt, die er gewöhnlich mit einem Drink abschloss. Dies lief so, dass er zwei Dörfer weiter an einem Imbiss anhielt und ich heraussprang und dort zwei kleine Fläschchen eines Kräuterschnapses kaufte. Er hatte schon vorher zwei Dosen Cola besorgt, die wir dann mit besagtem Kräuterschnaps auffüllten und auf das Wochenende anstießen.

Über den Rückweg machte ich mir meist keine Gedanken, kannte ich doch genug Leute in der Stadt, bei denen ich notfalls übernachten konnte. Es sei denn, ich hatte am nächsten Tag etwas vor, dann fuhr ich mit dem Fahrrad, mit dem ich dann zu später Stunde die 10 km durch den Wald zurück radelte.

So war es auch eines Abends. Es war schon recht spät, als ich mich Richtung Heimat aufmachte. Es war Sommer und der Mond warf sein fahles Licht auf den Waldweg. Ich hatte schon die halbe Strecke hinter mir, als ich am Bahnübergang inmitten des Waldes ankam. Dieser Bahnübergang war immer geschlossen. Über eine Gegensprechanlage konnte man dann den Schrankenwärter anrufen, der einige Kilometer entfernt in seinem Schrankenwärterhäuschen saß. Dieser öffnete dann die Schranke und man konnte passieren. Natürlich konnte man die Schranke auch umgehen, was ich zu mindestens nachts für gewöhnlich tat. So auch diesmal.

Ich war gerade wieder auf mein Rad gestiegen und vielleicht hundert Meter gefahren, als ich rechts neben mir im Wald ein Geräusch vernahm. Es hörte sich an, als würde irgendetwas neben mir her durch das Unterholz laufen. Ich stoppte und blickte nach rechts, es war ruhig und ich konnte nicht ausmachen, was die Ursache für das Geräusch war. Also setzte ich meine Fahrt fort. Und da war es wieder, dieses Geräusch, als würde etwas neben mir herlaufen. Ich fuhr etwas langsamer und auch mein unsichtbarer Begleiter schien langsamer zu werden. Mir schauerte. Ich erhöhte meine Geschwindigkeit und auch mein unsichtbarer Begleiter wurde schneller. Dann kam ich an eine Stelle, die etwas lichter war, so dass das Mondlicht den Wald zu meiner Rechten ausleuchtete, wenn auch nur recht schwach. Ich erblickte einen Schatten neben mir in einer Entfernung von etwa fünf Metern. Dieser Schatten hatte die Konturen eines großen Hundes, den spitzen Ohren nach eines Schäferhundes. Meine Haare sträubten sich und ich trat in die Pedale, so schnell es der mit Schlaglöchern übersäte Waldweg zuließ.

Nach ein paar hundert Metern dann verstummte das Geräusch neben mir. Nichts war mehr zu hören. Ich fuhr weiter bis ich den Wald verließ und in die Feldmark meines Dorfes einbog. Erst kurz vor dem Dorf wagte ich es anzuhalten. Ich war tatsächlich allein. Mein Begleiter war mir nicht gefolgt. Schweißgebadet kam ich zu Hause an. Die nächsten Wochen habe ich es dann vermieden durch den Wald zu fahren.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.01.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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