Olaf KF

Punks not dead ... in Unterfranken

Es gibt viele Gegenden in der Welt, in denen Punkrocker gerne leben. London zum Beispiel. New York. Spandau. Und natürlich Berlin.
Nach vielen Jahren, die ich jetzt in Unterfranken lebe, geht mir langsam auf, dass auch dieser zunächst unscheinbare Regierungsbezirk im Nordwesten Bayerns ein quasi natürlicher Lebensraum für punkaffine Menschen ist. Was ich damit meine, wird schnell klar, wenn wir zusammen durch die unterfränkischen Landschaften streifen. 

Der erste größere Ort, auf den der Main, der große fränkische Fluss, in Unterfranken trifft, heißt … Hassfurt!! In your face!!! Was für ein Statement. Da weiß der Reisende gleich, wo er sich befindet. Womit er hier zu rechnen hat. Punk rules! (Umgeben ist Hassfurt übrigens von den Hassbergen!)

Wir fahren den Main weiter flussabwärts. Und treffen nach wenigen Kilometern auf: Schweinfurt! Auch das ist Punk alive, oder?? Wir haben Bonzen und Bullen, um sie maximal zu schmähen, mit dem Begriff Schwein versehen! Hier werden sogar spießige Furten in alter Punkrockmanier frech und unverblümt als Schwein bezeichnet.

Noch ein paar Kilometer flussabwärts. Da kommt ein Neubauviertel. Wohnsilos, in denen viele Spießer und Kleinbürger wohnen. Und wie, ja wie nennen die punkigen Unterfranken diesen Ort?? Sie nennen ihn Heuchelhof!! H – E – U – C – H - E – L – Hof. Da wird nichts beschönigt, da wird nichts verdeckt: Da werden die Spießer bei jedem Blick auf ihre Adresse an das erinnert, was sie sind. Geht’s noch punkiger??? 

Ja, in Unterfranken geht’s noch punkiger. Denn wie heißt der Nachbarort vom Heuchelhof? Er heißt Rottenbauer … ein Ort, der sich – so wie es im Norden bspw. die Lutherstadt Wittenberg macht - ganz der Erinnerung an einen großen Helden widmet, nämlich an Johnny Rotten, den legendären Sänger der Sex Pistols. (Keine 10 Kilometer entfernt hält mit Rottendorf übrigens ein weiterer Ort die Erinnerung an unseren Jugendhelden wach.)

Damit nicht genug. Es ist den Punks in der Regierung Unterfrankens auch ein Anliegen, deutliche Zeichen gegen die verspießerte Sexualmoral der Deutschen zu setzen. Ein hervorragendes Beispiel, wie weit man dafür zu gehen bereit ist, finden wir im Landkreis Kitzingen, wo ein Weinort den punkig-provozierenden Namen Rödelsee trägt. Das ist der Mut der ersten Punk-Generation! 

Jetzt mögen die arroganten Berliner sagen: „Schön und gut. Aber so was wie Kreuzberg habt ihr nicht!“ Weit gefehlt, Berliner! Wenn wir den Main verlassen und Richtung Norden gehen, dann treffen wir auch in Unterfranken auf einen Ort, der sich Kreuzberg nennt, und der, was den jährlichen Bierkonsum anbelangt, dem Berliner Szenebezirk sicherlich in nichts nachsteht. (Hier wird das Bier sogar selber gebraut … von Menschen mit schwarzen Kutten, die in Zellen leben). 

Zum Schluss noch ein Wort zu Bullenheim. Ich gebe zu, Bullenheim liegt gar nicht in Unterfranken, sondern wenige Kilometer jenseits der Grenze in Mittelfranken. Aber ist nicht gerade Bullenheim damit ein gutes Beispiel dafür, wie der Punkgeist Unterfrankens über unsere Grenzen hinauswirkt? 

Punks not dead, meine Lieben. Punk lebt. Und zwar in Unterfranken. 



(Den Text widme ich übrigens der immerjungen Gabi Rachner, die mehr als viele andere von den subkulturellen Kräftefeldern des katholischen Südens weiß.)

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.01.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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