Christa Astl

Meine Gedanken zur Mundart


 

 
Im Herbst war ich im bairischen Deggendorf auf einem Mundartseminar. Eine spannende Zeit, voller Gespräche, Diskussionen, Fragen, Erklärungen, Vergleiche, Gegenüberstellungen, Herausfinden von Unterschieden und Gleichheiten in Sprache,  Ausdruck, Betonung. Sprache in ihrer Gesamtheit, Mundart in ihrer Verschiedenheit.
Jeder bringt seinen Dialekt mit, Klang, Aussprache, eigene Ausdrücke, die anderen fremd oder ungewohnt sind, oft sogar wie Rätsel erst zu erraten. Dank meiner bairischen Mutter-Sprache kannte ich viele der Wörter.
In Bayern wird die Mundart gepflegt, hoch gehalten, sie ist noch lebendig, - zumindest in diesem Kreis. Stärker ausgeprägt aber ist sie auf jeden Fall als hier bei uns in Tirol, da wurde sie teilweise dem Tourismus geopfert. Das Bayrische fiel mir auch schonbei der Hinfahrt im Zug auf, je weiter nach Nordbayern, oder besser Niederbayern ich kam, umso intensiver war die Ausbildung der Vokale, besonders des a und o.
In den Mundarttagen beschäftigte man sich natürlich in Vorträgen und Diskussionen besonders intensiv mit der Pflege der Mundarten im jeweiligen Raum. Allgemein geht der Trend zu einer eher vereinheitlichten Umgangsmundart. Interessant wurde das Gespräch immer besonders, wenn Ähnlichkeiten oder Ableitungen in Lauten   erforscht bzw. erkannt wurden.
Allerdings fiel mir wieder auf, dass mir jegliche Grundkenntnisse meines eigenen Dialektes fehlen, ja ich habe gar keinen eigenen, sondern ein Gemisch aus dem ganzen südlichen Sprachraum. Man siedelte mich dort sprachlich im Raum Bayern, aber auch Salzburg, Oberösterreich, sogar Südtirol an:
Meinen eigen, ursprünglichen Unterländer Sprachschatz habe ich fast vollständig verloren, er war da, wo ich jetzt lebe,  nicht gern gehört, erntete milden Spott, wenn nicht gar Kritik. Ich hätte mich anzupassen, hieß es, was mir (leider) nicht schwer fiel. Nur 40 km Entfernung, die Herkunftsmundart verleugnen, war das wirklich nötig und richtig?
Sprache ist die stärkste Bindung zur Heimat, inwieweit soll man sie in der Fremde behalten oder pflegen? Ich wollte nicht, dass meine Kinder eine "Fremd"-Sprache lernen und wie ich damals in der Volksschule ausgelacht würden. Und hier wäre ja das "Unterlandlerische" fremd und unpassend gewesen.
Habe ich es also der Kinder wegen aufgegeben? Aber habe ich das Mittelinntalerische gelernt?  So etwas scheint es aber gar nicht zu geben. Hier ist eine Sprachgrenze, die Prägung, die das Wesentliche darstellt, fehlt hier, es ist also ein "aufgeweichter" Dialekt.
Wie das längere Fortbleiben von einem Ort entfremdet, geschieht es mit der Sprache. Sie nicht mehr zu hören, lässt sie vergessen.
Sie plötzlich irgendwo zu hören, gibt einen kleinen Stich, erinnert an Kindheit, Freunde, ein Dazugehören, wenigstens sprachlich, macht Heimat aus.
Mundart ist ein Bekenntnis zur Heimat. Wer sie verloren hat, hat Heimat verloren. Bin ich deshalb überall fremd? 
 
 
ChA 25.01.15 (von27.09.14)

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