Christa Astl

Endlich ein Daheim

 

 
Nachkriegszeit - Neubeginn
 

. . . Nach einigen Untermietszimmer, jeweils für einige Monate, fanden wir endlich eine Bleibe. Aus einer Zeitung erfuhren meine Eltern, dass eine Baracke der ehemaligen Wehrmacht zu haben sei. Schnell entschlossen sie sich zum Kauf. Es waren ja damals viele Wohnungssuchende, besonders aus Südtirol.
Die Baracke, das waren ein großes Zimmer, ein kleines, und das „Häusl“, der Abort. Vielleicht gut 20 qm, das war unser Wohnen. Armselige Möbel, zwei verschiedene Betten, Mutters Bett war weiß lackiert, Vaters Bettstatt war höher, hatte ein undefinierbares Rosa, schon ziemlich verwittert, zwei Nachtkästchen und der wurmstichige Kleiderschrank waren von ähnlichem Aussehen. Ich kann mich auch noch an einen Waschtisch erinnern, auf dem eine Porzellanschüssel mit Sprung und ein ebensolcher Krug standen. Da Wasser dazu holte man aus dem nahen Bächlein. Heißwasser gab es im "Grandl",  als Nebenprodukt beim Heizen des Küchenherdes, auf dem gekocht wurde. Für mich stand in einer Ecke ein Gitterbett, dem Erzählen nach ein recht großes, denn ich schlief darin, bis ich zur Schule kam. Dann gab es noch einen Tisch mit verzogener Tischplatte, Risse klafften zwischen den Brettern, drei Stühle und einen Hocker ohne Lehne. Von den Stühlen war einer hellgrün lackiert, die anderen beiden braun mit verzierter Lehne, sie schienen aus besserem Haus gewesen zu sein (vielleicht ein Geschenk der Apothekerfamilie, wo Mutter gearbeitet hatte?).
Alt waren sie auf jeden Fall, auch nicht mehr besonders stabil. Einen hatte Vater an seiner Nähmaschine stehen, als Schneider hatte er genug zu tun. Da ist mir eine Episode noch gut in Erinnerung: Es war dämmerig im Zimmer, nur Vater hatte eine kleine Lampe zum Nähen. Ich spielte in einer Ecke, - auf einmal ein Krachen, ein Rumpeln, und Vater saß am Boden, als ich erschreckt aufschaute. Ich war so entsetzt, dass ich kaum aufhören konnte zu weinen und zu schreien, und Vater saß in den Stuhltrümmern und lachte und lachte. Hatte ich Angst gehabt, dass sich Vater verletzt hätte, oder war es mir nur Leid um den Stuhl? Ich hatte mit allem, was kaputt war, Mitleid, auch wenn das ein Teller war, den Mutter beim Abwaschen zerschlagen hatte, am schlimmsten war es, als mir meine eigene Tasse zu Boden fiel. Da kam zum Schaden noch das schlechte Gewissen, weil ich nicht aufgepasst hatte, dazu.
An den ersten Küchenherd kann ich mich noch vage erinnern, den dürften wir schon mit dem Haus übernommen haben. Er rauchte, brannte nicht recht, das Brot im Backrohr wurde auf einer Seite schwarz, der Braten, sofern es zu den heiligen Zeiten einen gab, musste öfter umgedreht werden, dass er rundherum gar wurde. Auch an das Wasserschiff für das Heißwasser, bei uns hieß es "das Grandl", erinnere ich mich, hab mich so manches Mal daran verbrannt. Überall hatte der Herd Roststellen, er wurde bald durch einen anderen, schönen weißen ersetzt.
Ich dürfte etwa drei Jahre gewesen sein, da erfolgte der erste Umbau. Das Schlafzimmer, das mir als dunkle Kammer in Erinnerung ist, wurde vergrößert. Der neu angebaute Teil war unterkellert, und nun wurde dort die Küche eingerichtet, weil dieses Zimmer hell und sonnig war, dafür sorgten schon die beiden Fenster.
Vater hatte inzwischen Arbeit in einer Zementfabrik bekommen, so ruhte die Nähmaschine und diente für mich als Spielgerät. Sie war versenkbar, konnte als Tisch verwendet werden, und die Tretfläche unten diente mir, wenn der Riemen ausgeklinkt war, als Sitzplatz und Haus, wenn Mutter ein Leintuch darüber hängte und ich mich unten verkriechen konnte. . . .
 
 
ChA  Februar 2015

(vielleicht gibt es eine Fortsetzung meiner Erinnerungsgeschichten...)

 

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