Manfred Bieschke-Behm

Die Zigarette



Wer Klaus-Peter kennt, weiß, dass er sagt, was er denkt. Egal ob er aneckt, missverstanden werden könnte oder über das Ziel hinaus schießt. Nur selten kommt ihm der Gedanke, lieber zu schweigen. Wenn ihm etwas nicht passt, sagt er seine Meinung, ohne auf Lautstärke oder Wortwahl zu achten. Klaus-Peter ist der geborene Choleriker. Die Wörter Anstand oder Manieren kennt er nicht, zumindest weiß er nicht, sie verträglich anzuwenden.
Gerade neulich war wieder so eine Situation, wo Außenstehende hätten beobachten können, was es heißt, mit einem Hitzkopf konfrontiert zu sein.
Aber der Reihe nach.
Klaus-Peter und seine Frau Helga hatten Conrad, seinen langjährigen Arbeitskollegen und dessen Gattin Renate zum Essen eingeladen. Alle freuten sich auf den Rinderbraten und es hätte ein schöner, harmonischer Abend werden können. Wenn nicht, ja wenn nicht Unruhestifter Klaus-Peter einen Grund gefunden hätte ausfallend zu werden.
Bereits die zweite Flasche Wein hatte die Runde gemacht, als Klaus-Peter sich eine Zigarette angezündete. Es störte ihm nicht im Geringsten, dass die anderen noch aßen. Ehefrau Helga warf ihrem Mann einen vorwurfsvollen Blick zu. Klaus-Peter ignorierte den Blick und pustete demonstrativ den Zigarettenrauch über den Tisch.
Sein Kollege schaute zu seiner Ehefrau und die Blicke, die sie austauschten, ließen erkennen, dass beide die gleichen Gedanken hatten. Ingeborg wischte sich mit einer Servierte den Mund ab, ohne dass es hierfür einen Grund gegeben hatte. Es war eine Reflexhandlung um die Situation zu überbrücken.
"Musst du rauchen, während die Anderen noch essen?", erkundigt sich Conrad.
Ein knappes "Ja" bekam er zur Antwort.
"Ich finde das nicht in Ordnung. Du wirst doch so lange warten können, bis alle aufgegessen haben - oder ist das zu viel verlangt?"
Klaus-Peter fühlt sich von Conrad angegriffen und gemaßregelt. Und das kann er gar nicht ab. Schließlich ist das seine Wohnung, und da könne er machen, wonach ihm ist, denkt er und spricht es auch wutschnaubend aus.  
Conrad spürte die Explosivität in der Luft. Er hielt es für besser, nicht zu reagieren.
Die beiden Frauen schauten sich an und wussten nicht, wie und ob sie die Situation retten könnten.
"Hat es dir die Stimme verschlagen", erkundigte sich Klaus-Peter scheinheilig.
Bevor Conrad überhaupt reagieren hätte können polterte Hans-Peter los: "Wem es hier am Tisch unangenehm ist zu sitzen, kann sich ja ins Wohnzimmer setzen."
"Soll ich noch eine Flasche Wein öffnen?", erkundigte sich Helga, wurde aber nicht gehört. Jedenfalls reagierte keiner auf ihren Vorschlag.  
"Was soll das", erkundigt sich Conrad. "Ist es denn wirklich zu viel verlangt mit dem Rauchen zu warten, wir alle mit dem Essen fertig sind?"
Klaus-Peter reagierte auf diese Frage, indem er eine dicke Rauchwolke zu seinem Kollegen hinüber blies.
"Merke dir ein für alle Mal, in meinem Haus mache ich das, was mir gefällt", meckert Klaus-Peter und fügt hinzu:"Wem es nicht passt kann ja gehen beziehungsweise braucht gar nicht erst zu kommen."
Das hatte gesessen.
"Ok", sagte Conrad und stand auf. Mit ihm seine Frau Ingeborg. Ohne sich von Klaus-Peter zu verabschieden, ließen sie sich von Helga zur Wohnungstür begleiten während Klaus-Peter weiter genüsslich an seiner Zigarette zog.
"Schade um den schönen Abend", flüsterte Conrad Helga zu.
"Ja wirklich schade", flüstert Helga zurück und rief beiden hinterher: "Ihr kennt doch Klaus-Peter."
 
Ob die Beiden sich jemals wieder privat getroffen haben, ist nicht bekannt. Am Arbeitsplatz waren sie gezwungen, miteinander auszukommen. Die Pausen verbrachten sie in getrennten Räumen. Hans-Peter dort, wo geraucht wurde.
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Manfred Bieschke-Behm).
Der Beitrag wurde von Manfred Bieschke-Behm auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.02.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Manfred Bieschke-Behm als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Moto - Feuer der Liebe von Elke Anita Dewitt



Dieser Liebesroman vermittelt Einblick in Brauchtum des kriegerischen Volksstammes der Massai ...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Mensch kontra Mensch" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Manfred Bieschke-Behm

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

SCHONUNGslos von Manfred Bieschke-Behm (Autobiografisches)
als ich geboren wurde, war ich ich – ! von Egbert Schmitt (Mensch kontra Mensch)
Was ist Glück von Norbert Wittke (Einfach so zum Lesen und Nachdenken)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen