Der schöne Mann und die alte Schachtel

Als der Spiegel gerade erst aufkam und fast keiner ihn kannte, erwarb der Hein Pipenbrink so ein exotisches Exemplar
und versteckte es in der untersten Schublade seines Schrankes. Die Sorge war groß, seine Frau könnte ihn entdecken
und dann alleine für sich beanspruchen. Immer, wenn er sich alleine wähnte, besah er sein Bild im Spiegel. Er konnte sich
nicht satt sehen daran, denn er war ein eitler Gockel. "Ei, was bist du für ein schöner Mensch und wie liebe ich dich",
pflegte er dann ganz zärtlich zu sagen.

Das hörte eines Tages seine Martha und sie bespitzelte ihn von nun an. Immer, wenn sie sein Sprüchlein hörte, ergrimmte
sie vor Eifersucht. Heimlich schlich sie zum Schrank, riss die Schublade auf, starrte in den Spiegel und rief tränenüberströmt:
"Hein Pipenbrink, wenn du mich schon betrügst, warum hast du dir nur so ´ne alte hässliche Schachtel ausgesucht?"

© Sabine Brauer

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