Helmut Wurm

Sokrates und sollen Lehrer Vorbilder sein?



Es ist zu einem großen Schul-Pädagogen-Kongress eingeladen worden. Der Grund ist die von allen Seiten zunehmende Forderung, dass in den Schulen nicht nur Kompetenzen und Bildung vermittelt werden sollen, sondern dass auch wieder erzogen werden soll. Als Begründungen werden angegeben, dass immer mehr ein Werte-Wirrwarr um sich greife, dass immer mehr Eltern verunsichert und orientierungslos seien und dass die jungen Menschen bei dem Eintritt ins Berufsleben nach ihrem Schulabschluss immer geringer sozialisiert seien.
 
Man soll also nach den Jahren des Erziehungsabbaus im Bildungswesen durch die Konzepte der pädagogische Gutmenschen wieder  zurück fahren. Die totale Freiheit scheint also doch nicht so nützlich zu sein, wie die Reform-Idealisten sich das vorstellen.
 
Nun ist die einberufende Kongress-Leitung selber verunsichert, wie dieser Kongress zu gestalten und zu untergliedern sei und welchen Konzepten man Öffentlichkeitswert erlauben solle. Denn nach einer längeren Phase eines Abbauens ist es erfahrungsgemäß immer schwer, wieder Gewichtungen innerhalb eines Wiederaufbaues zu finden. So ist man überein gekommen, am ersten Tag erst einmal Konzepte, Ziele, Forderungen, Einwände, Meinungen und Fragen in Form von kleinen öffentlichen Arbeitsgruppen in der großen Eingangshalle zum Tagungsgebäude zu präsentieren, die sich in Einzelständen mit einem jeweiligen farbigen Themenbanner anbieten und in Gesprächen mit Tagungsteilnehmern Meinungen sammeln, Informationen weiter geben und für die entsprechenden Vorträge und Diskussionen der nächsten Tage werben.
 
Am ersten Tag des Kongresses ist die Eingangshalle voller kleiner Stände mit verschieden farbigen Überschriften-Banner. Da sieht man Stände mit blauen, roten, gelben, grünen, weißen Bannern und darin die Themenüberschriften der jeweiligen Stände. Da wird für eine mehr christliche, mehr sozialintegrierte, mehr umweltorientierte, mehr sozialistische, mehr konservative, mehr nationale, mehr übernationale usw. geworben.
 
Auch Sokrates ist natürlich dabei. Er hat sich keine pädagogische Richtung, Tendenz, Forderung für seinen Stand ausgewählt, weil er an die Basis aller Erziehungsformen in der Schule, an die Person des Lehrers und dessen unmittelbaren Einfluss auf die noch sehr prägefähigen Schüler, erinnern möchte, auf einen Einfluss im äußeren Bild, im Verhalten und in den geäußerten Ansichten. Er möchte wissen, ob und wie sich heutigte Lehrer als Vorbilder empfinden und sich ihrer Vorbildrolle bewusst sind.
 
Seinen Stand hat Sokrates direkt am Eingang zur Eingangshalle aufgestellt und sein Banner ist weiß und trägt nur in schwarz die neutrale Aussage "Der Lehrer als erzieherisches Vorbild". Das ist eine Aussage, die den meisten heutigen Lehrern nicht in ihrer vollen inhaltlichen Bedeutung bewusst ist.
 
Da steht Sokrates nun kurz nach der Eröffnung des 1. Tages und wartet nicht nur auf Interessenten für seinen Stand, sondern er spricht auch interessante Teilnehmer an und bittet sie um eine kurze Antwort auf seine jeweils kurze Frage. Man erkennt Teilnehmer daran, dass sie eine Mappe mit Programmheften und Eintrittskarten dabei haben.  
 
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Der erste interessante Besucher, den Sokrates anspricht: Es handelt sich um einen jungen Lehrer, der den modernen Typus eines jungen Erwachsenen der Zeit repräsentiert. Er ist locker-modern gekleidet, hat eine Kappe schräg aufsitzen, hat einen Mini-Musikplayer umhängen und den dazu gehörigen Hör-Knopf im Ohr, hat Tattoos auf einem Unterarm und frech gefärbte, lange Haare.
 
Sokrates: Meinen Sie, dass Sie eine sinnvolle oder sogar empfehlenswerte Orientierung für junge Menschen sind?  
 
Der moderne junge Lehrer: Klaro, natürlich!.. Ich bin locker und modern und ich bin der festen Überzeugung, dass die verkrampften, verkrusteten, starren, übergewissenhaften Verhaltensmuster der Lehrer von früher prinzipiell pädagogisch falsch sind. Eine lockere moderne Jugend braucht lockere moderne Lehrer… Sonst versteht einer den anderen nicht mehr... Direkte strenge formale Erziehung ist out… Eine lockere Generation nimmt alles leichter und kommt leichter durchs Leben… Ich hoffe, dass sich möglichst viele Schüler nach mir orientieren!
 
Sokrates: Noch zwei kurze kritische Frage:
1. Frage: Was meinen Sie dazu, dass strenge Diszipliniertheit meistens mit allgemeiner Gewissenhaftigkeit gekoppelt ist. Ist eine solche  Gewissenhaftigkeit soziologisch nicht nützlich?
 
Der moderne junge Lehrer: Nein, permanente übermäßige Gewissenhaftigkeit ist nicht soziologisch sinnvoll… Wenn man alles lockerer sieht, ist das Miteinander auch leichter und entkrampfter… Denken Sie an südländische Bevölkerungen: Man weiß, dass es Gesetze geben muss, aber nur wenige nehmen die  Gesetze tierisch ernst, viele schummeln etwas und wissen, dass die anderen es auch so tun und verzeihen sich gegenseitig. Dadurch wird alles viel entkrampfter...
 
Sokrates: 2. Frage: Meinen Sie, dass es noch viele andere junge Lehrer mit derselben Einstellung so wie Sie gibt?
 
Der moderne junge Lehrer: Das kann ich so nicht beantworten, aber der Einzige bin ich nicht, ein gewisser Trend in meinem Stil ist unter den jungen Kollegen schon erkennbar.

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Der nächste interessante Besucher, den Sokrates anspricht: Er macht einen bequemen, zufriedenen und oberflächlichen Eindruck, offensichtlich ein Mensch, der sich mit allen und in allen Lebenslagen leicht arrangiert, immer den bequemen Weg sucht und Anforderungen langfristig aus dem Weg geht.   
 
Sokrates: Weshalb sind Sie eigentlich Lehrer geworden?
 
Der bequeme Lehrer: Natürlich zuerst einmal wegen der Verbeamtung und der sicheren Pension. Und dann gibt es kaum einen so relativ gut bezahlten und mit so viel zeitlichen Freiräumen ausgestatteten Beruf wie den Lehrerberuf. Denken Sie doch mal an die freien Nachmittage, an die Ferien… Da muss man kein begeisterter Jugend-Erzieher sein, um den Lehrerberuf zu ergreifen… Wer ökonomisch denkt und sich nicht klar für den Lehrerberuf entscheidet, der ist dumm… Es kommt nur darauf an, sich mit den Schülern zu arrangieren und sich nicht zu überarbeiten… Man will ja gesund die Pension erreichen und dann noch möglichst viel reisen und an Hobbies tun.
 
Sokrates: Fühlen Sie sich als ein Vorbild für die Schüler?
 
Der bequeme Lehrer (überlegt eine Weile): Hm, so direkt nicht… Dazu bin ich auch zu wenig motiviert… Ich habe ja schon gesagt, dass ich aus praktischen Gründen Lehrer geworden bin… Aber vielleicht bin ich insofern eine Orientierung, als die Schüler merken, dass das Motto "Leben und leben lassen" ganz vernünftig und für alle Seiten nützlich ist…
Man macht es sich und anderen nicht unnötig schwer im Leben.
 
Sokrates: Noch zwei kurze kritische Fragen:
1. Frage: Was meinen Sie zu der Aussage, dass wenn es nur Menschen gäbe, die nur nach dem Nützlichkeitsprinzip lebten, dass es dann außergewöhnliche Ideen, Erfindungen und Leistungen nicht gäbe?
 
Der bequeme Lehrer: Wer sich mehr engagieren möchte, der kann das ja tun. Aber mir sind solche verantwortungsbewussten und ehrgeizigen Menschen suspekt. Das ist nicht meine Sympathie-Welle.
 
Sokrates: 2. Frage: Meinen Sie, dass es noch viele andere junge Lehrer so wie Sie gibt?
 
Der bequeme Lehrer: Wenn ich ganz ehrlich bin, dann sind es mehr als es zugeben. Die Schulleiter und Eltern und Schulbehörden lassen sich leicht täuschen… Aber ich spüre die berufliche Mentalitäts-Verwandtschaft und da begegne ich ziemlich vielen im eigenen und in fremden Kollegien. Häufig ist es so, dass die jungen Kollegen sich eine Zeit anstrengen, aber wenn sie dann verbeamtet sind, ist die Luft raus und ihre wahre Mentalität kommt ans Tageslicht… Dann benutzen Sie immer wieder dieselben Stundenmuster, Arbeitsblätter und Tests, dann blocken sie freiwillige Mehrbelastungen ab mit den Hinweisen auf die Sorge für ihre Familie, ihren derzeitigen Hausbau…
 
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Ein weiterer interessanter Besucher: Es handelt sich um eine erotisch aufgemachte junge Frau, eine junge Sexy-Lehrerin, mit enge Hosen, betonter Figur, tiefem Ausschnitt, wiegendem Gang…
 
Sokrates: Sie passen äußerlich eigentlich nicht in das Bild einer traditionellen Lehrerin… Weshalb haben Sie den Lehrerberuf ergriffen?
 
Die Sexy-Lehrerin: Ich habe das ganz bewusst getan. Die Welt ist immer noch viel zu prüde…Sex ist bei uns mittlerweile zu einem zentralen Lebensspaß geworden,… so wie das Essen… Darauf muss man die Jugend vorbereiten… Ich unterrichte ganz bewusst deswegen auch Sexualkunde… Bei mir gibt es keine Tabus… Ich bin auch im Privatleben ganz frei in meinem Verhalten… Deswegen bin ich auch nicht verheiratet…
 
Sokrates: Fühlen Sie sich als ein Vorbild für die Schüler?
 
Die Sexy-Lehrerin: Ja, sogar als ein wichtiges Vorbild, vor allem für die Schülerinnen… Ich möchte die Schüler innerlich und in ihrem Verhalten frei machen von den Vorschriften und Zwängen der Vergangenheit… Ich möchte die sexuelle Revolution in den Schulen und im Privatleben vorantreiben
 
Sokrates: Noch zwei kurze kritische Fragen:
1. Frage: Was meinen Sie dazu, dass die moderne sexuelle Revolution die Ehe als wichtige soziologische Kernzelle schwächt und dass auch deswegen in Deutschland immer weniger Kinder geboren werden?
 
Die Sexy-Lehrerin: Für mich ist die Ehe eine zu einengende Zelle der Gesellschaft und deshalb möchte ich mithelfen, sie zu Gunsten freier, offener, wechselnder Partnerschaften zurückzudrängen… Die Ausländer haben Kinder genug, wenn die zu uns kommen, füllen sie das Kinderloch bei uns wieder auf…
 
Sokrates: Frage 2: Meinen Sie, dass es noch viele andere junge Lehrerinnen so wie Sie mit der Absicht gibt, die Sexualität schon im Jugendalter zu befreien und schon Jugendliche zur sexuellen Freude zu führen?
 
Die Sexy-Lehrerin: Ob es sehr viele junge Lehrerinnen gibt, die so denken und handeln wie ich, weiß ich nicht, aber die Mehrzahl der jungen Lehrerinnen sind im Privatleben oder zumindest heimlich sexuell freier als sie tun… Soziologische Befragungen ergeben immer wieder, dass gerade junge Lehrerinnen sexuell zu den freizügigsten Sozialgruppen gehören. Die meisten tun nur so etepetete…
 
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Ein weiterer interessanter Besucher: Es handelt sich um einen Lehrer, der in Kleidung und selbstbewusst-revolutionärem Auftreten an die Studenten der 1970iger Jahre erinnert. Er trägt alte Jeans, ausgetretene Schuhe, lange Haare, hat einen Che-Guevara-Kopf auf der Jacke aufgenäht, blickt aggressiv-selbstbewusst in die Halle mit den vielen Ständen…
 
Sokrates: Sie passen äußerlich eigentlich nicht in das Bild der heutigen Gesellschaft… Die Studentenrevolution der 1970iger Jahre ist doch schon lange vorbei…
Weshalb wollen Sie oder haben Sie den Lehrerberuf ergriffen?
 
Die revolutionäre Kopie der 1970iger Jahre: Ich bin Antipädagoge, Revolution der 2. Generation… Ich möchte die Ziele der Studenten von damals und die Errungenschaften der Junglehrer von damals in den Schulen bewahren und weiter führen… Für mich gibt es in den einzelnen Fächern kein Ziel einer zu erreichende Grundbildung, sondern für mich ist nur der Weg das Ziel… Ich möchte eine uniforme Gesellschaft. Für mich gibt es deshalb keine Differenzierungen in der Kleidung nach Berufsgruppen und Veranstaltungen. Ich trage tagaus-tagein bei allen Veranstaltungen meine gleiche Kleidung, ob das Schulfeste, Hochzeiten oder Trauerfeiern sind… Und ich treten für meine Anschauungen sehr aggressiv ein. Ein Revolutionär muss anders Denkende zurück drängen, bekämpfen, erniedrigen, in der Öffentlichkeit schlecht machen. Toleranz ist Schwäche. So verhalte ich mich auch im Kollegium anders Denkenden gegenüber… Vor mir und Meinesgleichen muss man Angst haben und kuschen…
 
Sokrates: Fühlen Sie sich als ein Vorbild für die Schüler?
 
Die revolutionäre Kopie der 1970iger Jahre: Ich fühle mich als wichtiges Vorbild.
Ich bin dabei kein Wolf im Schafspelz, in unserem Weichei-Staat trete ich offen auf, auch als revolutionäres Vorbild in den Schulen… Mir passiert dabei nichts... Alle Schulleiter und Schulbehörden haben viel zu viel Angst, das goldene Kalb „freier Staat“ zu verletzen…
 
Sokrates: Noch zwei kurze kritische Fragen:
1. Frage: Wenn Sie nicht tolerant Andersdenkenden gegenüber sind, dann sind Sie auch nicht demokratisch.
 
Die revolutionäre Kopie der 1970iger Jahre: Ich bin nicht demokratisch, ich benutze nur die Demokratie, um ungehindert meine Einstellungen und Ziele zu verbreiten, besonders über die Schulen…
 
Sokrates: 2. Frage: Meinen Sie, dass es immer noch Lehrer gibt, die sich als Bewahrer und Fortführer der revolutionären 1970iger Jahre fühlen?
 
Die revolutionäre Kopie der 1970iger Jahre: Ich gehöre in meiner Entschiedenheit derzeit zu einer Minderheit, aber solche Typen wie mich gibt es noch an fast jeder Schule, wenn auch in abgeschwächter Form. Und wir haben bemerkbare Ergebnisse aufzuweisen. Die pädagogische Forderung der Gleichheit aller Schüler auf erniedrigtem Leistungsniveau kommt weitgehend aus unserer Ecke, aus der Tradition der 1970iger Jahre. Das ist doch schon was…
 
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Ein neugieriger Spaziergänger, der offensichtlich kein Lehrer ist, sondern nur mal vorbei schauen möchte, kommt zu Sokrates an den Stand und bemerkt oberflächlich-spontan:
 
Der flüchtige Besucher: Also heutige Lehrer sollen Vorbilder sein, natürlich positive Vorbilder… Da kann ich nur lachen… Die meisten Lehrer sind für mich faule, bequeme Berufsjobber, die bei ihrer Berufswahl die Verbeamtung, die sichere Pension, die flexible Nachmittagszeit und die vielen Ferien im Visier haben… Oder es sind soziale Ideologen und Revoluzzer, die die Gesellschaft über die Jugend ändern wollen… Oder es sind Fachidioten, die nur ihre Spezialkenntnisse weitergeben möchten… Oder es handelt sich um Abiturienten mit schlechten Abiturnoten, die anspruchsvolle Studiengänge nicht mehr wählen konnten… Oder es sind Frauen, die einen Halbtagesjob mit voller Bezahlung suchen… Oder es sind Menschen, die viel Zeit für Nebeninteressen haben möchten. Schauen Sie sich doch mal um, es gibt keine Berufsgruppe, in der so viele nebenher in der Politik, in Vereinen und in privaten Hobbies engagiert sind… Echte Lehrer und Pädagogen, die hauptsächlich die positive Wesensformung junger Menschen und deren beste Vorbereitung für das Leben anstreben, gibt es heutzutage kaum noch… Als die Pfarrer, Richter, Lehrer, Polizisten noch Autoritätspersonen sein mussten, die Stütze der Gesellschaft waren, da gab es noch echte Lehrer-Vorbilder… Aber heute hat die Liberalisierung alle Werte und Vorbilder demontiert!!!
 
Sokrates (antwortet nicht direkt auf diesen Schwall von negativen Bemerkungen und sagt nur): So pauschal und einfach kann man den heutigen Lehrerstand nicht kennzeichnen. Es gibt es auch heute noch gute Lehrer mit Vorbildfunktion.
 
(Aber heimlich denkt er, dass die eine oder andere Bemerkung reale Komponenten enthält und wünscht sich, dass ein Tagungsteilnehmer gefunden und interviewt werden kann, der
hauptsächlich ein Vorbild in konsensfähigen Grundwerten ist. Ein solcher Lehrer kommt bald
 
Ein nächster Besucher: Er ist durch nichts hervortretend-Individuelles interessant… Er ist nicht auffällig gekleidet, zeigt kein auffälliges Verhalten, er blickt eher etwas unsicher um sich… Er ist offensichtlich eine graue Lehrer-Maus.
 
Sokrates: Sie passen äußerlich und in Ihrem Auftreten eigentlich nicht in das Bild der heutigen Gesellschaft… Sie fallen durch nichts auf, sie stechen durch keine Individualität hervor…Weshalb wollen Sie oder haben Sie den Lehrerberuf ergriffen?
 
Die graue Lehrer-Maus (etwas verlegen): Ich bin gerne Lehrer um des Lehrersein willen, ich fördere gerne die Jugend in ihrer Bildung, bereite sie gerne auf das Leben vor, bringe ihr gerne auch richtiges Grundverhaltens bei… Jugend braucht Orientierung, auch bezüglich des Verhaltens… Und in unserer pluralistischen Demokratie gibt es so viele verschiedene Orientierungsmuster, dass die Jugend und die Eltern ganz verwirrt werden…
 
Ich bemühe mich, bewährte Verhaltensmuster weiterzugeben, indem ich versuche, selber ein Vorbild zu sein, nicht überzogen, sondern ausgewogen. Ich bemühe mich, normal und sauber angezogen zu sein, pünktlich zu sein, ehrlich zu sein, nicht dazwischen zu rufen, keine üblen Ausdrücke zu verwenden, gut lesbar zu schreiben, Andersdenkende nicht zu diffamieren, das eigene Nachdenken statt Nachplappern zu fördern, die Ehe und Kinder als etwas Positives darzustellen, die Schüler an Sich-Mühen zu gewöhnen… Das sind wenig spektakuläre Ziele, die in unserer Zeit des Auffallendes, der Effekthascherei, der Show, der überzogenen Individualisierung, des Abbauens von Anforderungen keine große Beachtung finden, die aber nach meiner Überzeugung für den einzelnen und für die ganze Gesellschaft wichtig und nützlich sind…
 
Sokrates: Sie versuchen also, für die Schüler ein praktisches Vorbild, eine Orientierung bezüglich verloren gegangener oder gefährdeter Werte zu sein. Haben Sie Unterstützung von Seiten der Eltern, der anderen Kollegen, der Schüler und besonders der Schulleitung?
Die graue Lehrer-Maus: Leider habe ich wenig Unterstützung und positive Rückmeldung.
Es gibt Eltern, die sich bedanken und auch Schüler, die zumindest einiges annehmen…
Aber unter den Kollegen haben meine Bemühungen meistens wenig Ansehen. Von Kollegen höre ich, ich sei eine graue rückwärts orientierte Lehrer-Maus, die verstaubte alte Werte vermitteln wolle… Und die Schulleitung unterstützt diejenigen Kollegen, die durch neue Ziele, Projekte und Unterrichtsformen auffallen und öffentliches Interesse und Wohlwollen  erregen mehr als mich. Denn die Schulen kämpfen untereinander um Schüler und deshalb wollen sie irgendwie auffallen. Nur mit traditionellen Werten kann man das offensichtlich in unserer Gesellschaft nicht…
 
Sokrates (nachdenklich): Das bedrückt mich… Für mich waren Sie heute der erste Lehrer,
der in all dem Wirrwarr der Orientierungen und möglichen Erziehungsziele eine wichtige Basisform zu einer Werte-Erziehung durch Vorbildverhalten praktiziert. Ich kann Sie nur ermutigen, nicht aufzugeben, auch wenn die Zeit gegen Sie ist. In dieser Hinsicht stimmt die Kritik muslimischer Geistlicher in Deutschland, dass wieder mehr an verlorene Werte erinnert werden muss.
 
Sokrates hat an diesem Tag noch andere Besucher dieses Kongresses befragt. Da traf er Lehrer, die hauptsächlich traditionelle konservative christliche Werte vermitteln wollen oder die wieder streng-marxistische Werte verbreiten möchten oder die über die Schulen die Ideen eines globalen Multi-Kultis zu fördern bestrebt sind…
 
Sokrates (denkt für sich): Hoffentlich gibt der Graue-Maus-Lehrer nicht resigniert auf, obwohl seine größten Kritiker und Kontrahenten aus den Reihen seiner Kollegen kommen…
Er sollte selbstbewusst und nicht unsicher seine unspektakuläre Vorbildrolle weiter führen…
 
Dass er sich so unsicher und wenig anerkannt empfindet, macht nachdenklich! Die Schule scheint heutzutage bezüglich ihrer Wertevermittlung tatsächlich mehr zu verwirren als einheitlich-formend-vorbereitend für das Leben zu sein.
 
(Aufgeschrieben von discipulus Sokratis, der bei der Konferenz, dem Themen-Stand des Sokrates und der Befragungen im Hintergrund mit dabei war; August 2015)
 
 
 
 
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.09.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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