Christa Astl

Der verlorene Schuh

 

 
Alois war ein kleiner, lieber Bub. Drei Jahre war er gerade geworden, und im Herbst durfte er dann in den Kindergarten. Bis dahin musste er noch viel lernen, vor allem sich selber anziehen und ausziehen und seine Sachen verräumen. Er probierte immer wieder, und eines Tages vor dem Einkaufen kam er ganz stolz zur Mama gelaufen – und steckte ganz richtig in seinem Anorak!!! Da freuten sich beide.
Das Ausziehen war natürlich viel leichter. Er musste sich nur ein bisschen schütteln, und alles fiel von selber herunter und blieb auf dem Boden liegen. Erst als Papa einen eigenen Haken angebracht hatte, den er leicht erreichen konnte, hängte er auch seine Jacke auf. Mit den Schuhen war das allerdings schlimmer. Die ließ er enfach da liegen, wo er gerade heraus geschlüpft war. Wie oft war die Mama da schon drüber gefallen, und einmal passierte es Alois sogar selber. Aber nicht dass er sie dann zur Seite gestellt hätte, nein, er war ganz zornig geworden und gab dem Schuh einen gewaltigen Tritt mit dem Fuß, dass er weit weg flog.
Als Alois mittags noch schnell mit Mama einkaufen sollte und die Schuhe anziehen wollte, fand er nur noch einen. Das Geschäft war ja nur um die Ecke, und weil es schon so spät war, musste die Mama alleine gehen und Alois musste alleine zu Hause bleiben.
Ja, der zweite Schuh war wirklich verschwunden und nicht mehr zu sehen.
Er war ganz einfach beleidigt gewesen und hatte sich gedacht: diesen Schlag habe ich wirklich nicht verdient. Jeden Tag beschütze ich seine Füße, dass er sich die Zehen nicht wundschlägt, dass er nicht kalt bekommt, wenn er durch Schnee oder Wasserpfützen steigt, und dann stößt er mich einfach weg. Und der Schuh versteckte sich ganz, ganz fest.
Alois suchte unter dem Schrank, auf der Kommode, sogar in die offene Schublade schaute er hinein, hinter den Spiegel, er lief ins Kinderzimmer, ins Bad, ins Schlafzimmer, kein Schuh war zu sehen. Da rief er ganz laut nach der Mama, aber die war noch nicht da.
Da bekam Alois Angst allein in der Wohnung mit nur einem Schuh. Er musste den zweiten finden!!! Noch einmal wühlte er in der Schublade, noch einmal bückte er sich und kroch fast unter den Schrank, nun schaute er auch in den Schirmständer. Dort war es dunkel, und Alois sah nichts. Aber als er mit der Hand hinein griff, spürte er etwas, was sich wie ein Schuh anfühlte. Und tatsächlich, er hielt den zweiten Schuh in der Hand, gerade als die Mama die Haustür aufsperrte! Da freuten sich beide sehr. Aber Alois passte nun auf seine Schuhe auf, damit er die Mama ins Geschäft begleiten konnte, denn dort bekam er von der netten Verkäuferin oft was geschenkt.
 
 
ChA 2012

 

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