Berta spielte mit ihren Geschwistern Verstecken.
Bald hatten Paolo und Mira es satt, solche Kinderspiele mitzumachen.
Paolo war gerade mit Suchen an der Reihe. Mira fand er schnell, denn sie hatte sich keine Mühe gegeben, ein ordentliches Versteck im Garten zu suchen.
Aber wo war Berta?
„Hilf mir beim Suchen, Mira, dann können wir an den Computer. Versteckspielen ist blöde.“
Lustlos machten sich die beiden auf die Suche. Sie guckten in all die Verstecke, die sie selbst einmal ausgewählt hatten. Berta fanden sie nicht.
Schließlich riefen sie laut nach der Schwester, bekamen aber keine Antwort und fanden sie immer noch nicht.
„Berta, komm raus, wir haben keine Lust mehr! Wir gehen rein!“, riefen sie ein letztes Mal. Damit war es genug, meinten sie.
Berta saß im Gewächshaus am Ende des Gartens zwischen den Tomatentöpfen. Das war ein klasse Versteck, fand sie. Sie freute sich, dass Paolo und Mira sie nicht fanden und machte es sich auf dem groben Teppichrest, der im schmalen Gang lag, gemütlich. Der Teppich war zwar sehr schmutzig, aber das störte sie nicht. Sie hörte nicht das Rufen ihrer Geschwister, denn die Tür war zugefallen.
Sie aß eine Tomate. Beim Anblick all der Tomatenstauden mit den roten Früchten musste sie plötzlich an Dornröschen denken. Konnten die Tomaten nicht Rosen sein? Sie legte sich hin und stellte sich vor, im Turm des Schlosses zu schlafen. Darüber schlief sie auch tatsächlich ein.
Greta, die Mutter, kam als erste nach Hause. Sie begrüßte ihre Älteren und fragte dann nach Berta. Verwundert wendeten Paolo und Mira ihre Aufmerksamkeit vom Computer ab.
„Ist sie nicht in ihrem Zimmer?“, fragten sie.
„Nein. Was habt ihr mit ihr angestellt?“
„Nichts, Mama, wir haben nur Verstecken gespielt. Und dann sind wir reingegangen, weil Berta sich nicht gezeigt hat, als wir nach ihr riefen.“
„Und wo ist sie jetzt, wo es schon dämmrig wird?“
„Keine Ahnung. Wir können ja noch einmal suchen.“
Die Kinder stürmten in den Garten und begannen die Suche von vorne.
Endlich kamen sie zum Gewächshaus. Die Tür, die sonst immer offen stand, weil das Gewächshaus keine Dachluken für frische Luft hatte, war zu! Das war etwas ganz Neues. Vorsichtshalber öffnete Paolo die Tür und fing herzhaft an zu lachen. Da lag seine kleine Schwester im tiefen Schlaf und lächelte. Ihre Hände hatte sie zu Fäustchen geballt, ihre Locken lagen auf dem dreckigen Teppich.
Vorsichtig weckte er sie. Sie blinzelte und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
„Ach du bist das nur“, maulte Berta, „du bist nicht der Prinz, der Dornröschen erlöst.“
Paolo schüttelte stumm den Kopf und grinste.
© I. Beddies
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.11.2015.
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