Manfred Bieschke-Behm

Dumm gelaufen


Ausgangssituation: Herr Conrad Schmidt-Nüsslein und seine Gattin haben eine hausinterne Party gegeben. Dazu war auch sein Mitarbeiter Felix Neugebauer eingeladen. Es wurde viel gegessen, gelacht und getrunken. Lange nach Mitternacht lagen mehr als sie saßen Schmitt-Nüsslein und Neugebauer betrunken auf der Couch und führten folgenden Dialog:
 
„Ist dddir auch schlecht?“, fragt Felix Neugebauer seinen neben ihn lungernden Chef Conrad Schmidt-Nüsslein.
Schmidt-Nüsslein fühlt sich nicht angesprochen. Er hat Sehnsucht nach Ruhe. Mit glasigen Augen blickt er stur an die Wohnzimmerdecke und spürt zigtausend Bienen in seinem Kopf herum schwirren.
„Ich glaube ich habe ein bis zwei Gläser zu viel getrunken. – Du auch?“, stellt Neugebauer für sich fest und dreht seinen schweren Kopf in Richtung Schmidt-Nüsslein. Dieser versucht krampfhaft seinen Kopf in die Gegenrichtung zu wenden, was ihm nur schwer gelingt. In seinem Kopf dreht es sich, als befände er sich in einem Kettenkarussell.
Schmitt-Nüsslein schaut Gegenbauer ins Gesicht und versucht dabei einen ernsthaften Blick zu entwerfen und fragt: „Wieso duzen Sie mich?“
„Ich duze dich, weil wir beide besoffen sind und uns wie zwei flache Flundern die Couch teilen - KURZE PAUSE – Ist das nicht komisch, du – ach Verzeihung – Sie und ich so dicht beieinander. So dicht bei waren wir uns bisher noch gar nicht gekommen.“
„Ist auch gut so!“, brabbelt Schmidt-Nüsslein in seinen äußert gepflegten Bart.
„Was haste gerade gesagt?“, möchte Neugebauer wissen und bläst seinem Chef seine Bier und Schnapsfahne ins Gesicht.
„Ich sagte: Noch nie“.
Neugebauer wiederholt: Noch nie.“
„Gut so“, bestätigt Schmidt-Nüsslein.
„Wie bitte?“
Während sich Schmidt-Nüsslein der Ausdünstung seines Mitarbeiters entzieht indem er seinen Kopf abwendet und ihm seinen Rücken zukehrt sagt er: „Gut so, sagte ich.“
„War eine schöne Party“, behauptet Neugebauer.
Ohne wenn-und-aber bestätigt Schmidt-Nüsslein die Aussage indem er sagt. „Finde ich auch.“
Neugebauer wird mutig er sagt: „Du – ach Verzeihung Sie – du hast eine tolle Frau!“
Schmidt-Nüsslein fühlt sich geschmeichelt. Ein Grinsen huscht über sein Gesicht. Mit Stolz verkündet er: „Ja habe ich. Habe noch nie daran gezweifelt.“
Neugebauer fängt an zu träumen und spricht aus, was er denkt: „Wenn ich könnte, wie ich wollte, wüste ich, was ich täte.“
„Was täte?“, möchte Schmidt-Nüsslein wissen.
„Na ja, ich sage das mal so: ich wäre nicht abgeneigt deine Frau zu ...“
„Zu was?“, erkundigt sich Schmidt Nüsslein und fühlt sich in diesem Moment hellwach.
„Willst du wirklich wissen, was ich denke?“ erkundigt sich Neugebauer ohne eine Spur von Sensibilität.
Eigentlich will es Schmidt-Nüsslein nicht wissen. Er kann sich denken was sein Mitarbeiter sich wünscht. Dennoch bohrt er:„Nun sagen Sie schon, was sie mit meiner Frau anstellen wollen würden.“
„Ich würde sie gerne ... vögeln, wie man so sagt“, schoss es ungefiltert aus Neugebauers Mund.
„Was fällt Ihnen ein meine Frau zu v ..., na Sie wissen was ich meine?“ Schmidt-Nüsslein ist außer sich. Um weg zu trinken was er soeben hören musste, würde er sich gerne irgendetwas Alkoholisches hinter die Binde kippen.
„Ich hab doch gar nicht behauptet, dass ich deine Frau ...“, entschuldigt sich Neugebauer, und bricht den Satz ab.
„Doch haben Sie. Sie haben es doch gerade gesagt!“ Herr Schmidt-Nüsslein richtet sich auf, fällt aber gleich wieder in seine Ausgangsposition zurück, weil es die bequemere ist. KURZE PAUSE – „Du kannst es doch ruhig zugeben, dass du mit meiner Frau rumgemacht hast“, jammert Schmidt-Nüsslein und befördert Selbstmitleid.
Neugebauer mit einem Gespür brenzlige Situation schweigt. Er hofft, dass sich das heikle Thema von selbst erledigt. Irrtum!
„Wenn du ein ganzer Kerl bist, stehst du zu dem, was du getan hast“, belehrt Schmidt-Nüsslein Neugebauer.
„Ich bin ein ganzer Kerl!“ entgegnet Neugebauer und spannt demonstrativ seine Armmuskeln an. Nachdem er spürt, dass diese Übung ihn Übergebühr anstrengt lässt er seine Arme wieder fallen und erklärt: „Und wenn ich es getan hätte, würde ich es dir - meinetwegen auch Ihnen - nicht auf die Nase binden.“
„Feigling“, ist das Wort, das Schmidt-Nüsslein hervorbring. Nicht mehr und nicht weniger. Nur „Feigling“.
„Wieso Feigling?“, möchte Neugebauer wissen.
„Weil man zu seinen Taten stehen muss. Das ist eine preußische Tugend, die man mir noch beigebracht hat.“ – Schmidt-Nüsslein ertappt sich beim Versuch seine Schuhe soldatisch gegeneinander zu schlagen. Es misslingt. Er ist nicht Herr seiner Füße. Einen zweiten Versuch gibt es nicht. Der erste Versuch ist blamabel genug.
Um nicht mehr im Zentrum der Rechtfertigung zu stehen erkundigt sich Neugebauer bei seinem Chef ob er auch schon Mal Fremd gegangen ist.
Als hätte Schmidt-Nüsslein auf diese Frage gewartet kommt die Antwort schnell wie ein Schuss aus einer Pistole: „Vorgestern.“
Neugebauer hat mit dieser Offenheit nicht gerechnet. Und fragt nach einer kurzen Pause: „Kenne ich die Glückliche?“
Schmidt-Nüsslein spürt das er in einer Falle steckt. Demonstrativ streckt er Gegenbauer erneut seinen Rücken zu und glaubt so, der Wahrheit nicht ins Auge blicken zu müssen.
„Na, wie heißt sie?“, bohrt Gegenbauer nach.
„Sophie-Charlotte, heißt sie“, murmelt Schmidt-Nüsslein immerhin so laut, das sein Saufkumpane den Namen versteht.
„Genau wie meine Frau“, denkt Gegenbauer und sagt es voller Erstaunen.
„Bei der Frau, die so heißt wie Ihre Frau, handelt es sich um ihre Frau. Sie ist es, mit der ich geschlafen habe “, gibt Schmidt-Nüsslein kleinlaut preis und träumt mit offenen Augen von dem Gewesenen.
„Nee, das glaube ich jetzt nicht?“ denkt Gegenbauer und hat die Erklärung dafür, dass ihn seien Frau nicht begleitet hat. Angeblich Migräne.
Gegenbauer ist nüchtern wie lange nicht.
Schmidt-Nüsslein fühlt sich nicht gerade wohl in seiner Haut aber der Alkohol im Blut hilft ihn gelassen zu sein. Nach:  „Glauben Sie was Sie wollen, aber lassen Sie uns das Thema wechseln“, schläft er ein und fängt sofort an zu schnarchen.
„Das sind mir die Richtigen“, empört sich Gegenbauer, „vögeln anderer Männer Frauen und behalten die ihre für sich. Dem werde ich es zeigen. Gleich Morgen werde ich ... „Gegenbauer schafft es nicht den Gedanken zu Ende zu formulieren. Er dreht sich auf die linke Seite, legt seinen Arm um die Hüfte seines Chefs und versucht sich dem Schnarchrhythmus seines Kontrahenten anzupassen.
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Manfred Bieschke-Behm).
Der Beitrag wurde von Manfred Bieschke-Behm auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.11.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Manfred Bieschke-Behm als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Alles - Nichts ist für immer von Georges Ettlin



Mein Buch beschäftigt sich mit Romantik, Erotik, gedanklichen und metrischen Experimenten, Lebenskunst, Vergänglichkeit und versteckter Satire .

Die Gedichte sind nicht autobiographisch, tragen aber Spuren von mir, wie ein herber Männerduft, der heimlich durch die Zeilen steigt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Mensch kontra Mensch" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Manfred Bieschke-Behm

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Zeitreise - Brief an mein Neunzehnjähriges ICH von Manfred Bieschke-Behm (Autobiografisches)
Unglaublich dreist von Rainer Tiemann (Mensch kontra Mensch)
Gott von Julia Russau (Alltag)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen