Der Kaffee schmeckte bitter und hinterließ ein unangenehmes Gefühl im Mund. Zucker und Milch gab es keine, nur den bitteren Kaffee aus einer nicht ganz sauberen Tasse.
Die Bitternis passte gut zu seinem Innern. Auch das bestand aus einem schlechten Nachgeschmack, bitter und schal. Wieder eine Niederlage. Keiner wollte ihn. Nicht die Firma, bei der er sich als Hilfskraft beworben, noch die junge Frau, der er sich zu nähern versucht hatte. Bitter, bitter.
Die Welt war schlecht, ungerecht und feindselig. Bei all seinen Versuchen, in ihr Fuß zu fassen wie andere Menschen, wurde er abgewiesen. Bitter.
Am Nebentisch schlug ein Mann in seinem Alter, so heftig auf den Tisch, dass die Tassen dort schepperten. Fast schrie er auf die junge Frau ein: „ Heul mir nicht immer etwas vor! TU WAS! Stell dich vor den Spiegel und frage dich, was…“
Er erschrak und sah sich die Frau einen Moment lang an. Sie war jung und verheult. Sie war schön. Um ihren Mund aber bildeten sich die ersten tiefen Furchen der Enttäuschung.
Ihre Kleidung war etwas ungepflegt. Aber was ging ihn das an?
Er fühlte sich unbehaglich und trank schnell den Rest des grässlichen Kaffees aus, bezahlte und verließ fast fluchtartig den Ort solch bitterer Erfahrung.
Abends, nach einem Tag voll zielloser Aktivitäten, öffnete er ein Bier, um es vor dem Fernseher lustlos zu trinken wie jeden Abend. Plötzlich war er elektrisiert: das Geschehen vom Morgen in dem Hafenbistro stand deutlich vor seinen Augen. Er hörte noch einmal den Schrei des Mannes: „Stell dich vor den Spiegel und frage dich…“.
Er ging ins Bad und stellte sich vor den Spiegel.
Diesmal sah er unvoreingenommen und kritisch hinein.
© I. Beddies
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.01.2016.
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