Der selten benutzte Raum der Polizeistation im Gebäude des Gemeindeamtes mochte etwa 50 m² messen. 6,5 Meter mal 8 Meter. Die Einrichtung bestand aus einem Tisch, umgeben von 3 Holzstühlen und einem Bürorollstuhl. In einer Ecke stand ein offener Schrank mit einigen Büchern als Inhalt. Sepp Kornbichler, der in Begleitung von 2 Polizisten hierher gebracht wurde, blickte zur Decke, wo an einem soliden Lusterhaken eine 3flammige Glühlampenleuchte baumelte und durchmaß dieses Zimmer mit gezählten 8 Schritten von Wand zu Wand. So groß war der ursprüngliche Verkaufsraum des Elektrowarengeschäfts seines Vaters. Joseph Kornbichler senior hatte das Glück, zu Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft zu geraten, aus der er wenig später entlassen wurde und in seinen Heimatort zurückkehren konnte. Dort krempelte er sich die Ärmel hoch und brachte seinen Laden wieder in Schwung. Es gab viele Stromleitungen zu reparieren, aber auch an allen möglichen Elektrogeräten bestand nach den kargen Kriegsjahren großer Bedarf. Langsam regte sich auch die Radioindustrie und Grundig, Minerva, Saba und viele weitere Erzeuger brachten ihre Produkte auf den Markt. Kornbichler senior war auch Radiomechaniker und war durch seine fachliche Kompetenz in der Lage, sein Geschäft zu einem Rundfunkgeräte Verkaufs- und Reparaturcenter auszubauen. In wenigen Jahren wurde der ehemalige Laden zu einem modernen Elektrovertriebs- und Installationsunternehmen erweitert. 3 Angestellte, 4 Monteure, 2 Montagefahrzeuge. Nach Vaters Tod übernahm der Junior Sepp das Geschäft. Der ursprünglich 50 m² große Verkaufsraum vergrößerte sich auf das Zehnfache.
Das alles war mehr als 20 Jahre her. Sepp Kornbichler hätte nun mindestens achtzig Schritte von einer Wand zur anderen gebraucht. Aber das konnte er ja nun nicht mehr, war es ihm doch untersagt, seinen gegenwärtigen Aufenthalt in dem Zimmer mit dem Tisch, den vier Stühlen und der Deckenleuchte zu verlassen.
Das alles ging Sepp Kornbichler durch den Kopf. Er dachte an den Beginn seiner Lehre, an das Ablegen der Meisterprüfung und an die vielen folgenden Jahre.
Seiner Frau Margarete begegnete er beim Fest zum 1. Mai. Der Gemeinderat war an ihn um eine unterstützende Spende herangetreten.
„Also, Herr Bürgermeister“, sprach Kornbichler und wunderte sich selbst über seine spontanen Worte, „Also, heute haben Sie mich am richtigen Fuß erwischt. Mein Unternehmen feiert nämlich das 60jährige Bestandsjubiläum. Sicher haben Monteure der Firma meines Vaters in Ihrem Haus die Stromleitungen verlegt. Vermutlich hat mein Vater Ihrer Familie den ersten Zerha Radio Apparat verkauft. Und ich ließ durch meine Leute den Blitzschutz an der Kirche montieren. Der war gratis. Und so geht es auch heute mit dem Maibaum. Ich bezahle ihn“.
Der Jubel war groß, als Kornbichler auf der Festwiese zwei Fass Bier spendierte. Und so saß er dann in der Mitte der Honoratioren der Gemeinde, den Maßkrug in einer Hand, mit der anderen hielt er die Taille der hübschen Margarete umfangen. Sie war die Tochter des Tischlermeisters aus dem Nachbarort. Es wurde ein Kinobesuch vereinbart, der im gemütlichen Stüberl des Gasthauses ‚Blauer Hahn’ endete. Dort erfuhr Kornbichler vom Leben der jungen Frau, die im Tischlerunternehmen des Vaters als Sekretärin, Buchhalterin und Verkäuferin arbeitete. Durch diese mannigfaltigen Tätigkeiten hätte sie ganz auf ein Privatleben vergessen, sagte sie ihrem neuen Bekannten. Kornbichler war von der jungen Frau sehr angetan. Nicht nur, was ihr Äußeres betraf, sie war auch fleißig, kompetent und charmant. Ein halbes Jahr später wurden sie in der Pfarrkirche getraut
Kornbichler staunte nicht schlecht über die Umsicht und den Fleiß seiner Frau. Sie arbeitete nach wie vor im Unternehmen ihres Vaters, war aber regelmäßig auch in seinem Elektrogeschäft anwesend. Sie kontrollierte in zunehmendem Ausmaß Buchhaltung, Ein- und Verkauf, entwickelte aber auch Zukunftsideen. Gerne sprach sie über das Zusammenlegen des Tischlereibetriebs mit dem Elektrogeschäft. Der Holzbetrieb könnte sich doch ohne viel Aufwand als Spezialunternehmen für Ladeneinrichtungen etablieren, und Elektro- Kornbichler die Ladenbeleuchtung mitliefern! Eine komplett neue Geschäftsidee. Darüber wurde zwischen den Eheleuten viel diskutiert und bald nahm das Projekt Formen an. Bis spät in die Nacht wurde kalkuliert und Marktstrategien entwickelt. Wenn Kornbichler nach einem derart arbeitsreichen Tag im Schlafzimmer seine Hand über Margaretes Körper gleiten ließ, war sie zwar nicht abweisend, aber eine leidenschaftliche Ehefrau war sie wohl auch nicht. Kornbichler führte das auf Müdigkeit und Abspannung zurück.
Die Ausweitung der Geschäftbereiche bedingte bald eine Aufstockung des Büropersonals. Margarete wählte unter den weiblichen Bewerberinnen ein ihr bekanntes Mädchen aus der Nachbarschaft. Mirjam hatte 2 Jahre bei ihrer Tante in der Stadt verbracht, wo sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau absolvierte. Margarete hatte eine gute Wahl getroffen, Mirjam zeigte sich sehr anstellig, begriff auf Anhieb die verschiedenen Betriebsabläufe und war infolge ihres ruhigen, freundlichen Wesens bei Mitarbeitern und Kunden bald sehr beliebt. Sie hatte aber auch ein erstaunliches gesellschaftliches Talent. Bei einer Sitzung des Einkaufringes, zu dessen Vorstand Kornbichler zählte und die im Konferenzzimmer seines Unternehmens stattfand, führte Mirjam nicht nur das Protokoll, sie hatte auch das Büffet mitgestaltet und servierte den Gästen in ihrer freundlich heiteren Art Speisen und Getränke. Zum Abschluss der Tagung wurde sie aufgefordert, über ihr Berufsleben zu berichten und was ihr dabei den meisten Spaß bereitete.
„Eigentlich alles“, sagte Mirjam mit fester Stimme. „Was ich aber besonders schätze ist die Vielfalt meiner Tätigkeiten und dass ich jeden Tag dazu lerne“.
Für ihre Worte erhielt sie seitens der Gäste einen freundlichen Applaus. Magister Cerny, der Vorstandsvorsitzende des Einkaufringes erhob sich und wandte sich an Kornbichler: „Wir alle können Dir, Sepp, zu dieser Mitarbeiterin gratulieren. Machen wir ihr
die Freude mit einer Einladung zur kommenden Fachausstellung unserer Mitglieder und Lieferanten, die wie üblich mit einer Ballveranstaltung enden wird“.
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Fachausstellung und Ball fanden im Kongresshotel statt. Als Mitternachtseinlage wurden die jungen Mitarbeiter der teilnehmenden Elektrobetriebe aufgefordert, in wenigen Minuten einen launigen Vierzeiler zu dichten und vorzutragen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.01.2016.
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