Florian Brigg

Wälsungenblut

Das Zimmer in Fabians Apartment liegt im Halbdunkel.
„Ich liebe dich, oh Gott, wie liebe ich dich!“, flüstert Fabian Linda ins Ohr. Sein Mund liebkost Kinn und Hals der schönen jungen Frau, die nackt neben ihm auf einem Fell­teppich liegt. Er hebt den Kopf und betrachtet entzückt, wie sich die Brüste der Frau beim Atmen heben und die Bauchdecke senkt. „Du bist das Wundervollste, das mir jemals begegnen konnte. Habe ich dich glücklich gemacht?“
„Ja sehr!“, Lindas Stimme ist bloß ein Flüstern. „Wenn wir zusammen sind, bin ich der glücklichste Mensch, allerdings immer in Sorge vor der Entdeckung durch meinen Mann. Bin ich mit ihm zusammen, verspüre ich unbändige Sehnsucht nach dir! Das allerdings ist keine glückliche Gefühlswelt. Aber so ist das eben!“
„Ich wollte, die Situation könnte sich ändern. Aber dein Mann wird noch lange leben. Trotz der vielen Arbeit, der er in seinem Unter­nehmen nachgehen muss, ist er tadellos in Form. Trotz seiner 50 Jahre! Er ist sehr sportlich, spielt Golf, fährt sehr gut Ski.“
Fabian stockt, setzt aber gleich fort: „Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht. Er ist ja doppelt so alt wie du! Ich hasse es, mir dein Zusammensein mit ihm vorstellen zu müssen. Er ist doch so ein trockener Geschäftsmann. Ich erlebe ihn ja täglich im Betrieb!“
„Und ich erlebe ihn fast täglich daheim. Es sei denn, er ist wie heute auf Geschäftsreisen. Was für eine Erlösung! Aber das ist eben der Preis für ein gutes Leben neben einem reichen Mann!“
„Ach Liebes“, seufzt Fabian, „was gäbe ich darum, immer mit dir ungestört zusammen sein zu können.“
Linda schweigt, streckt sich und führt Fabians Hand an eine ihrer Brüste. „Hast du gerade vom Skifahren gesprochen?“, richtet sie eine Frage an ihn. „Er fährt gut Ski, ist dabei manchmal fast tollkühn. Oft schon habe ich gedacht, er bricht sich dabei den Hals. Wäre ich dann unglücklich?“
Ihre Worte verklingen im Raum, senken sich jedoch tief in Fabians Bewusstsein.
„Ich will dich aber glücklich sehen.“ Fabian stützt sich auf die Ellenbogen und betrachtet gedankenvoll Lindas Körper. „Lass’ mich nur machen. Lass’ mich dich nur glücklich machen.“
 
***
Linda hat ihren Geliebten noch vor Mitternacht verlassen. Aus Sorge, ihr Mann könnte uner­wartet früh nachhause kommen. So begründet sie ihr baldiges Weggehen nach einem Stelldichein.
Fabian verbringt eine fast schlaflose Nacht. Am Morgen steht sein Plan fest. Er wundert sich bloß, ohne Gewissenskonflikte an diesen heranzugehen.
 
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Fabians Einschaltung in der Tagespresse er­scheint wenige Tage später. Die Woche darauf behebt er am Schalter des Postamtes 47 Zuschriften.
 
Fabian sitzt am Schreibtisch seines Büros in Bennos Unternehmen. Er ist seit Eintritt in das Unternehmen vor zwei Jahren für den Verkauf verantwortlich. Er blättert durch Schriftstücke und Fotos, die er am Tag vorher von der Post abgeholt hat. Er wendet Seite um Seite, blickt von einem Foto zum anderen. Er hat gut die Hälfte der Papiere durchgearbeitet, als ein Ruck durch seinen Körper geht. „Das muss er sein“, spricht er zu sich. „Diese Ähnlichkeit!“
Die Türe öffnet sich, und Linda betritt das Büro. Sie kümmert sich im Unternehmen ihres Mannes um die Logistik.
Bevor sie noch etwas sagen kann, spricht Fabian: „Linda, nicht nur du hast einen Zwillings­bruder, scheinbar habe auch ich einen. Übrigens, hast du von deinem Bruder in der letzten Zeit gehört? Wo steckt er denn eigentlich?“
 
„Ich weiß es gar nicht. Vor Monaten hat er mir aus Kalifornien geschrieben. Aber lass’ mich mal sehen, was du da auf dem Tisch hast.“ Die junge Frau beugt sich über Fabian und zeigt sich an den Fotos interessiert.
„Man könnte meinen“, spricht Linda, „der da ist unser Verkaufschef Fabian. Was für eine Ähnlichkeit. Wie du, mit etwas längeren Haaren. Wer aber sind denn alle diese Typen?“
„Nun, das sind die Bewerber für den Verkaufs­bezirk Bayern“, erklärt Fabian. “Ich wollte dir bloß diesen Burschen zeigen, weil er mich durch seine Ähnlichkeit mit mir verblüfft. Er heißt Mayereder. Diesen Burschen werde ich aber nicht einstellen.“ Er hat bisher ge­schäftsmäßig gesprochen. Jetzt setzt er leise hinzu: „Weil ich verdammt eifersüchtig werden könnte.“
 
In diesem Augenblick betritt Benno das Büro seines Verkaufsleiters. „Immer steckt ihr eure Köpfe zusammen. Da könnte man ja auf Gedanken kommen!“, spricht er gut gelaunt. „Aber ich bin nicht gekommen, um Euer Tete a Tete zu stören. Ich habe eine wichtige Nach­richt. Stellt euch vor, wir haben den Auftrag für Lyon erhalten. Und ohne große Unstände. Ich gratuliere dir, Fabian! Du hast dich richtig ins Zeug gelegt. Ja, da wär’s halt gut, wenn man Französisch könnt!“ Bei diesem abge­wandelten Zitat lächelt der Fabrikbesitzer. Linda und Fabian lächeln ebenfalls. Aber aus einem anderen Grund.
„Also, wenn das nicht ein Grund zum Feiern ist!“, setzt Benno fort, „Fabian, du hast einen Wunsch bei mir offen!“
 
Fabian denkt später, jemand anderer hätte ihm die Worte in den Mund gelegt. So rasch hätte er auf diese Idee ja kaum kommen können.
„Benno, deine Großzügigkeit kennt keine Grenzen!“ Innerhalb der Firma spricht sich das Führungsteam mit „Du“ an. Benno hält viel vom kollegialen Umgang innerhalb des Mana­gements.
„Benno“, setzt Fabian fort, „ich möchte mit dir wieder einmal Skifahren. Es ist schon eine Weile her, dass wir zusammen auf Brettln standen. Du musst mir halt einen zusätzlichen freien Tag genehmigen.“
Alle lachen, Benno führt seine Frau und Fabian in den Besucherraum neben dem Speisesaal, wo bereits eine geöffnete Flasche Champagner und Gläser auf dem Bartresen warten.
 
***
 
 
 

 
IKS
Casting Agentur
 
Sehr geehrter Herr Mayereder,
 
wir danken für Ihr Interesse an dem Foto­shooting. Wir haben Sie aus der Menge der Bewerber ausgewählt und dürfen den Auftrag wie folgt skizzieren:
Sie kleiden sich in den Ihnen übersandten Ski- Overall und fahren am 21. März nach St. Stephan und mit der Gondelbahn zur Gipfelstation des Madlkopfes. Sie setzen sich gegen Mittag an den unter ‚Ski Heil’ reservierten Tisch im Berg­gasthaus und bestellen zu essen und zu trinken. In gewissen Abständen fragen Sie die Kellnerin Maria nach der Uhrzeit. Sie sagen, Sie hätten Ihre Uhr vergessen und warteten auf Ihre Kameraden zur Abfahrt. Sie bleiben dort bis 16 Uhr. Beim Bezahlen der Rechnung sagen Sie der Kellnerin, vermutlich wären Ihre Kameraden, ausdauernde Skifahrer, andere Hänge gefahren. Sie hätten sich bei der Abfahrt leicht verknöchelt und wollten eine Pause einlegen. Dann machen Sie sich auf den Heimweg. Während der vier Stunden im Berggasthaus werden Sie von einer versteckten Kamera fotografiert. Es wird auch – von Ihnen unbemerkt – ein Video aufgenommen.
 
 
Honorar und Spesen sind zwischen uns bereits geregelt. Sollten wir wieder Bedarf an Ihrer Person haben, melden wir uns gerne.
 
Mit freundlichen Grüßen!
 
 
***
Es herrscht nicht wirklich prächtiges Winter­wetter. Wolken ziehen rasch über die Gipfel, und zeitweise schneit es leicht. Benno und Fabian genießen dennoch die Abfahrten. Seit 11 Uhr sind sie unterwegs und haben schon etliche Abfahrten hinter sich. Nun ist es bald 3 Uhr nachmittags.
„Wenn es dir nichts ausmacht“, spricht Benno, „ich möchte gerne eine Pause einlegen. Wenn du willst, kannst du ja von der Mittelstation hier ein paar Schwünge machen. Wir sind ja glück­licherweise nicht mehr auf dem Gipfel. Ich warte hier solange in der Hütte.“
Fabian ist einverstanden. Beide nehmen einen Schnaps, Benno setzt sich an einen eben frei gewordenen Tisch, Fabian schultert den Ruck­sack und geht auf die Tür zu.
„Du kannst gerne deinen Rucksack bei mir lassen“, ruft Benno.
Fabian ist bereits in der Tür und erwidert: „Ach, der macht mir keine Beschwerden. Ich bin ihn gewohnt! Bin bald zurück!“
Fabian fährt in großen Schwüngen den ihm bekannten Hang hinab. Infolge des trüben Wetters ist die Sicht nicht gut. Dennoch schafft er die Strecke bis zu der Verbotstafel in wenigen Minuten.
Nun steht er am Rand der gekennzeichneten Piste und blickt auf das in den Schnee gerammte Gefahrenschild:
 
Achtung Gefahr! Nur markierte Piste benutzen!
 
Fabian missachtet die Beschilderung. Vor­sichtig fährt er im Tiefschnee weiter. Nach wenigen Minuten schwingt er ab und blickt auf den Geländeabbruch. Hier fällt der Berg steil gut hundert Meter ab. Fabian macht kehrt und steigt im Treppenschritt zurück zum Fahrver­botsschild. Aus seinem Rucksack kramt er Werkzeug und eine beschriftete Tafel. Er montiert den Gefahrenhinweis ab und ersetzt diesen durch den Inhalt seines Rucksacks:
 
Hier freie Fahrt. Schussfahrt ins Tal ungehindert möglich
 
Wenig später ist Fabian zurück auf der Mittelstation. Nach einem letzten Schluck beginnen die Männer die Talfahrt. Fabian führt und deutet auf die vor ihnen aus der Dämmerung auftauchende Hinweistafel.
„Jetzt geht’s los“, ruft er Benno über die Schulter zu. „Du bist ja jetzt ausgeruht, mach’ die Führung!“
Bennos Schrei, als er in voller Fahrt über den in der Dämmung und im dichten Schnee­treiben nicht zu erkennenden Abbruch stürzt, verhallt ungehört. Der Schneefall wird in kurzer Zeit die Spuren unkenntlich machen. In wenigen Minuten ist das Auswechseln der Hinweistafeln erledigt.
 
***
„Wie konnte dies alles geschehen?“ Linda sitzt Fabian in dessen Wohnung am Couchtisch gegenüber. „Ich möchte jetzt keine Krokodils­tränen weinen, aber versteh‘, dass mich das alles sehr mitnimmt.“
Fabian geht um den Tisch herum und versucht, Linda zu umarmen. Sie weicht dieser Geste abrupt aus.
„Verstehe, dass ich dafür gegenwärtig nicht zugänglich bin. Ich brauche Zeit, über das schreckliche Geschehen hinwegzukommen. Wie hat sich denn alles abgespielt?“
„Nun, wir sind bis zum späten Mittag einige Abfahrten gefahren. Dein Mann ist ein exzellenter, ausdauernder Skifahrer. Ich wollte es ihm gleichtun und dürfte mir bei einem Schwung den Knöchel leicht verdreht haben. Jedenfalls bin ich dann drei Stunden auf dem Gipfelhaus gesessen, um mich auszuruhen. Ich habe auch in der Zwischenzeit eine Mahlzeit eingenommen. Wie lange ich tatsächlich auf Benno gewartet habe, weiß ich nicht genau. Ich hatte meine Uhr vergessen und musste schließlich die Kellnerin nach der Zeit fragen. Benno kam aber nicht zurück. Und so habe ich die Bergwacht verständigt. Wie du weißt, hat man ihn am nächsten Tag unterhalb eines Geländeabbruchs gefunden. Er muss irgendwie die Piste verfehlt und sich im unwegsamen Gelände verfahren haben.“
„Du warst ja nicht bis zuletzt mit ihm zusammen“, setzt Linda das Gespräch fort, „das hat mir der Kommissar am Telefon gesagt. Aber er möchte dich morgen gerne noch­mals in dieser Sache sprechen. Ob Benno auf der Hütte vielleicht zu viel getrunken hat? Ob er ortskundig war? Er dankt dir jedenfalls, dass du dich so problemlos im Skianzug zur Gegen­überstellung mit der Kellnerin bereitgestellt hast. Der Todeszeitpunkt sei einwandfrei festgestellt worden, nachdem seine Uhr um 15.38 stehen geblieben war. Offensichtlich durch den Sturz beschädigt. Du konntest das Unglück nicht verhindern, da du zu dieser Zeit im Berggasthof Madlkopf saßest, wie die Kellnerin bestätigt hat.“
 
***
Kriminalkommissar Bergler ist Mitte 50, ein unauffälliger, untersetzter Mann. Gleich nach Betreten von Fabians Büro kommt er zur Sache. Ob der Skiausflug mit seinem Chef bei schlechtem Wetter besser nicht hätte stattfinden sollen? Wie gut fuhr der Chef Ski? Hatte man viel getrunken? Wie war das mit der leichten Knöchelverletzung?
„Und wie immer kommen wir Kriminalisten zu der gleichen Frage: War es bloß ein Unfall, und wer profitiert vom Tod des Opfers?“
Er wüsste bereits, dass Linda als Gattin die Alleinerbin wäre. Diese junge Dame war jedoch zur Zeit des Unfalls nachweislich in der Firma. Und Fabian saß zum Unfallzeitpunkt im Berggasthof am Madlkopf. So hatte es die Kellnerin bestätigt. Das Gespräch endet, ohne weitere Erkenntnisse ans Licht zu bringen.
 
***
Der Jochberg ist wegen des felsigen Terrains ein wenig befahrenes Skigebiet. Linda ist ortskundig, hat sie doch diese Pisten bereits mit Bruder und Eltern in früheren Jahren häufig befahren.
An diesem Spätwintertag – es ist Ostern – hat der Sessellift sie und Fabian zur Gipfelstation gebracht. Nach einigen Abfahrten kehren beide in der Schutzhütte ein, wo Fabian etliche ‚Leibwärmer’ zu sich nimmt.
„Also, ich mache jetzt noch eine kleine Zwischenabfahrt“, sagt Linda. „Bleib du nur noch eine kurze Zeit lang auf der Hütte. Ich hol dich hier ab, und wir fahren zusammen ab. O.K.?“
Linda fährt mit den Skiern zu den ‚Felsmandern’ ab. Eine Gruppe von schlanken Felsen, die aus dem Schnee emporragen. Sie bilden schmale Durchfahrten für geübte Skifahrer. Linda schwingt ab und entnimmt ihrem Rucksack zwei Metallspieße und ein Drahtseil. Sie rammt die Spieße durch den Schnee in die Erde und verbindet sie mit dem Draht nahe dem Boden. Dann bringt sie eine Schussfahrt zur Station des Sesselliftes, mit dem sie in wenigen Minuten die Schutzhütte erreicht.
 
Als sie sich Fabian in der Hütte nähert, erkennt sie auf einen Blick, dass der Mann inzwischen dem Schnaps etliche Mal zugesprochen hat. Sie mahnt zum Aufbruch und stellt ein Torkeln fest. Sie wedeln den Abhang hinab Richtung ‚Felsmandern‘. Als die Passage in Sicht kommt, übernimmt Linda die Führung. Kurz vor den Felsen schwingt sie gekonnt scharf ab. Fabian schafft den kurzen Bogen vor dem Gestein nicht. Geradewegs führen ihn die Ski auf den Felsblock zu. Er nimmt nicht wahr, was seine Fahrt unvermutet stoppt. Er stürzt, sein Kopf prallt auf das Gestein, und er bleibt regungslos liegen. Unter der Mütze quillt Blut hervor.
Linda kommt hinter dem Felsen hervor. Ein Blick in sein Gesicht und das Fühlen seiner Halsschlagader geben Gewissheit. In unge­bremster Fahrt hat der Sturz auf den Stein seine Hirnschale zerschlagen. Fabian ist tot.  
Nachdem Linda in Windeseile Metallspieße und Draht im Rucksack verstaut hat, fährt sie talwärts und verständigt an der Liftstation die Bergrettung.
 
***
Linda steht im Wohnzimmer der Villa ihrem Zwillingsbruder gegenüber.
„Ich kann es nicht fassen, Fritz, dich nun nach allem, was vorgefallen ist, endlich umarmen zu können!“
Sie geht auf den Mann zu und legt die Arme um seinen Hals.
„Ach lass’ das doch“, spricht dieser und löst sich aus der Umarmung. „Erzähl mir lieber, wie das mit Fabians Todessturz geendet hat?“
Linda berichtet in knappen Worten von der Untersuchung, der zufolge Fabian an massiver Hirnblutung noch am Unfallort gestorben sei, hervorgerufen durch den Sturz auf den Stein, der seine Schädeldecke aufgebrochen hat. 
„Aber lass’ uns doch über uns reden“, spricht sie weiter. „Ich bin nun unabhängig, Erbin eines großen Vermögens und kann tun und lassen, was ich will. Ich möchte an deiner Seite in Zukunft ein unbeschwertes, glück­liches Leben führen, wie ich es immer schon erträumt hatte.“
Linda umarmt ihren Bruder und drückt ihren geöffneten Mund auf seine Lippen.
„Hör‘ doch bitte damit auf“, sagt Fritz ärgerlich und schiebt Linda zur Seite. „Das ist doch albern!“
„Albern nennst du, was uns verbindet?“, ruft Linda in unverhohlenem Zorn. „Du bist es doch, warum ich das alles durchgestanden habe! Du bist das Einzige, was mich interessiert! Glaubst du etwa, es war für mich reine Freude, Benno, diesen alten Sack, auf meinem Körper zu spüren? Oder ich hätte es genossen, diesem liebestollen, geilen Ver­käufer das zu geben, was er für Liebe hielt? Er dachte, alles wäre sein geheimer Plan, und doch war er nur mein Werkzeug. Aber auch dieses musste ich aus dem Weg räumen. Ich vermeine sterben zu müssen, wenn ich an alles denke, was ich mit diesen beiden Männern durchmachen musste. Nur der Gedanke an dich hat mich durchhalten lassen. Ich musste immer daran denken, wie ich dich glücklich gemacht habe, als ich dir den Weg zum körperlichen Genuss gewiesen habe. Und wie glücklich war ich, als du mich zur Frau gemacht hast!“
„Aber das waren doch alles Kindereien!“, unterbricht ihr Bruder. „Heute sind wir erwach­sene Menschen und sollten diese infantilen Spielchen vergessen!“
Als Fritz die Villa verlässt, sinkt Linda auf die Couch und beginnt hemmungslos zu weinen.
 
***
„Als der Schnee geschmolzen war, haben unsere Kriminaltechniker den Unfallort bei den Felsmandern nochmals eingehend untersucht. Sie entdeckten vor dem Felsen zwei Löcher im Boden, so als hätte man dort schlanke Pfähle eingeschlagen.“
 
Kommissar Bergler steht dem Betriebsleiter der Fabrik gegenüber.
„Das ließ mich an die viele Jahre zurück­liegende Ausbildung beim Militär denken. Da haben wir unsere Lager sichern müssen und haben so genannte Stolperfallen gebaut. Zwei Stöcke, dazwischen ein Draht!“ Bergler blickt sinnend vor sich hin und wendet sich wieder an den Betriebsleiter. „Sie haben mir doch von dem Lyoner Auftrag erzählt, für den doch eine bestimmte Zahl von Stahlspießen mitzuliefern war. Haben Sie vielleicht noch ein Muster, das ich mir ansehen könnte?“
 
„Jetzt, wo Sie mich darauf ansprechen, Herr Kommissar“, erhält er die Antwort, „erinnere ich mich, dass wir zwei Spieße nachfertigen mussten, die bei der Überprüfung vor dem Versand fehlten. Wir mussten das Werkzeug überarbeiten, und das kostete viele Arbeits­stunden. Natürlich habe ich ein Fertigungs­muster.“
 
„Na, da hätten wir schon einmal die Spieße für die Stolperfalle“, spricht Bergler beim Anblick des Metallstabes vor sich hin. „Noch fehlt der Draht, den kann man sich aber überall besorgen. Fragt sich nur, wer tat dies, hat ihn gespannt und warum? Na, wir werden ja sehen!“
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.02.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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