Ernst Dr. Woll

Kater Moritz begegnet Katzenfängern

Kater Moritz überlegt sich nun, wie er an einer Futterstelle wieder Anschluss an Artgenossen finden könnte. Dass er keine Nachkommen mehr zeugen kann ist ihm manchmal gar nicht deutlich bewusst, denn noch immer verspürt er Zuneigungen zum weiblichen Geschlecht. Doch die Miezen scheinen zu ahnen, dass er kein ganzer Kerl mehr ist, er hat jetzt bei seinen ersten Annäherungsversuchen bemerkt, sie lassen ihn oft links liegen. Na ja, was soll es, er wird auch weiterhin mit seinen Gefühlen nicht hinter dem Berg halten.
Hier in diesem Wohngebiet findet er wiederum Futterstellen, die ihm noch komfortabler erscheinen als die, die er bei seiner damaligen Ankunft in einem anderen Stadtteil vorfand. Nach über 2 jähriger Erfahrung als Stadtkatze hat er nunmehr das Bedürfnis der Menschheit mitzuteilen, was sie seinem Empfinden nach im Umgang mit freilebenden Katzen richtig oder falsch macht:
„In dieser Stadt scheint die Verwaltung etwas für freilebende Tiere übrig zu haben oder ist hier ein funktionierender Tierschutzverein tätig? Es gibt mehrere kleinere Parkanlagen in denen Nistkästen für Singvögel, Unterkünfte für Igel, Koben für Eichhörnchen und sogar Taubentürme vorhanden sind. Innerhalb der belassenen Sträucher sind geschützte Plätze, die sich für Katzenfutterstellen eignen. Hier gibt es kaum Ärger mit Anwohnern.  Ich schaue auch hin und wieder mal nach anderen Futterplätzen. Wenn da z. B. die Katzenfütterung unter Balkons in den Wohnsilos oder in deren Nähe erfolgt, dann beschweren sich oft Leute, die wenig für uns Katzen übrig haben. Ich spürte das schon mehrmals, wir wurden sogar häufig unsanft verjagt. Diese Menschen scheinen aber nicht zu wissen, dass wir dafür sorgen, dass sie nicht von Mäusen und Ratten belästigt werden – wir garantieren hier in der Stadt ein sogenanntes biologisches Gleichgewicht. Wir lassen diese Schadnager, wie sie genannt werden, nicht überhand nehmen. Diese können sich sonst mancherorts ganz schön vermehren, weil sie durch entsorgte Nahrungsmittel viele  ausreichende Futterquellen finden. Aber das sind Dinge, die nicht direkt etwas  mit meinem Katzenleben zu tun haben, ich will damit nur auf unseren Nutzen aufmerksam machen, der heute manchmal vergessen wird. In der Neuzeit denkt die Menschheit, viele Probleme – auch die Mäuse- und Rattenbekämpfung – durch die Chemie mit Giften lösen zu können und richtet damit viel Schaden in der Umwelt an.
Die Parkanlage, in der ich nun meinen festen Platz – die Menschen sagen Wohnsitz – gefunden habe, liegt am Stadtrand. Ich unternehme hin und wieder Streifzüge in das Umland, wo sich allerhand Schrebergärten befinden. Dort gibt es auch zahlreiche Katzen, denen es ganz gut zu gehen scheint, sie sehen wohlgenährt aus oder täuscht dieses Wohlbefinden nur? Direkte Freundschaften mit uns Stadtkatzen bauen sich nicht auf. Ich muss in diesem Zusammenhang von einem Erlebnis erzählen, das mich tief erschüttert hat.
Eines Morgens komme ich in die Nähe einer Gartenanlage und sehe am Zaun eine Gruppe debattierender Menschen. Durch ihre Beine hindurch erkenne ich, dass es um eine sehr stark verletzte Katze geht, die am Boden liegt. Ein Mann legte sie in dem Moment auf eine Decke und fährt mit ihr fort – wahrscheinlich zum Tierarzt, wie ich hörte. Aus den Gesprächen der Leute vernehme ich, dass das Tier wohl in eine Schlagfalle geraten war und lebensgefährlich verletzt wurde. Offensichtlich hatte ein Gartenbesitzer dieses Gerät extra aufgestellt, um damit Katzen zu fangen und abzuschrecken, weil er sich durch sie stark belästigt fühlte. Einige der Debattierenden fand diese Tun nicht einmal verwerflich, weil sie meinten: Die Katzen in der Anlage hätten sich zu stark vermehrt, sie würden auf frisch hergerichteten Beeten ihre Notdurft vergraben, damit alles zerscharren und die Pflanz- und Saatflächen zerstören. Außerdem stellten die Katzen den Singvögeln nach, wobei sie nicht selten auch welche fangen und töten würden. Sie plädierten für ein Katzenhaltungsverbot in der Gartenanlage. Andere Vernünftige forderten die Aufklärung und Anzeige dieser Missetat und meinten, dass Katzen in der Anlage gebraucht werden. Als sie noch nicht da waren hätte man erlebt, dass sich Ratten und Mäuse überall ungehemmt vermehrten. Man ging wütend und uneinig auseinander. Mich interessierte der Fort- und Ausgang dieses Vorkommnisses brennend, deshalb schlich ich in der nächsten Zeit des Öfteren in der Gartenanlage herum. In diesem Falle bedauerte ich, dass wir Tiere manche Handlungen und Ermittlungen der Menschen nicht verfolgen können und ich baue darauf,  dass hier eine Aufklärung erfolgte.“
Der Kater könnte informiert werden: Die Katze musste auf Grund der sehr starken unheilbaren Verletzungen eingeschläfert werden. Das tierschutzwidrige Verhalten kam zur Anzeige und wirbelte auch in der Öffentlichkeit viel Staub auf. Die Polizei ermittelte anfangs schleppend, weil es auch hier Leute gibt, die sagten, es handelt sich ja nur um ein Tier, wir haben wenig Personal und mit anderen Delikten zu viel zu tun. Auf Druck des Tierschutzvereins kam es zu mehreren Aussprachen im Gartenverein und einige Gartenbesitzer änderten tatsächlich ihre bisherig „katzenfeindliche“ Haltung. Der Fallensteller wurde leider nicht ermittelt, weil einige Gartenfreunde keine Bereitschaft zu Mitwirkung bei der Aufklärung zeigten, vielleicht aber auch aus Angst die Zwistigkeiten im Verein noch zu verstärken.
Nun kommt Kater Moritz wieder zu Wort: „Ich war vielleicht ein halbes Jahr mit ungefähr 10 Katzen eine Gemeinschaft und es gab keinen Streit, weil immer genügend Futter zur Verfügung stand. Hin und wieder kamen Gäste: Miezen und Kater, um die wir uns aber gar nicht kümmerten. Bei den Menschen ist das anders, da wird bei Besuchern oft viel Wesens gemacht und auch Besonderes aufgetischt. Uns versorgten 2 ältere Frauen, die uns Stammbesatzung sogar teilweise Namen gaben. Ich wurde nicht mehr Moritz gerufen, woher sollte man auch wissen, dass ich früher so hieß? Ich war jetzt der Strolch. Warum konnte ich mir denken,  ich war nicht immer pünktlich zur Fütterung, weil ich viel unterwegs war, also herumstrolchte. Neuhinzugekommene wurden von unseren Betreuerinnen immer kritisch unter die Lupe genommen, um zu verhindern, dass sie Krankheiten bei uns einschleppen. Aber bisher gab es in dieser Hinsicht keine Probleme. Nun passierte aber etwas Außergewöhnliches. Auch ich bemerkte es, von unserer Gemeinschaft blieben einige für  immer weg und wir wussten nicht, was mit ihnen geschehen war. Als bereits das 5. Tier nicht mehr zum Fressen kam, hörte ich die Frauen diskutieren, dass in der Stadt illegale Katzenfänger unterwegs seien, aber sie konnten uns nicht warnen, wir verstanden ja ihre Sprache nicht.
Für mich war das aber ein Fall, Näheres zu erkunden. Ich dehnte also meine Streifzüge in die Umgebung aus und wurde findig. Am Rande des Wohngebietes, in dem sich unsere Futterstelle befindet, kam ich zu einer mit vielen Sträuchern bewachsenen Brache. Hier war ich schon oft herumgestrolcht, man begegnete selten jemand und Mäuse gab es in Massen. Nun fand ich hier Tierlebendfallen zu denen mich ein angenehmer Baldriangeruch regelrecht hinzog. Diese Instrumente kannte ich, sie wurden auch an unserer Futterstelle manchmal aufgestellt, wenn fremde Katzen zu uns kamen und man diese zur Kontrolle erst mal einfangen wollte. Über diese Methoden des Lebendtierfangens, um z. B. auch freilebende Katzen  zur Untersuchung und Kastration zum Tierarzt und sie später wieder hierher zurück zu bringen, werde ich an anderer Stelle noch Interessantes zu berichten wissen. Zunächst weiter zu meiner Entdeckung der Katzenfänger. Ich musste stark gegen mein Verlagen ankämpfen in die Falle zu gehen, den dort roch es so angenehm und ich hätte mich dort gern mal mit meinem Fell gerieben, um den Duft aufzunehmen und vielleicht gar eine Zeit zu speichern. Gott sei Dank konnte ich widerstehen, sah aber wie 3 meiner Artgenossen in die Falle tappten. Ich kannte diese Tiere nicht, wollte aber gern wissen was weiter geschieht. Ich konnte ihnen nicht helfen und beobachtete versteckt in angemessener Entfernung. Zwei Männer – nicht gerade vertrauenerweckend – erschienen, nahmen die Gefangenen aus der Falle; sie hatten feste Handschuhe an, sonst wären sie wahrscheinlich von den sich wehrenden Tieren stark verletzt worden und verfrachteten diese in einen festen Sack. Diesen brachten sie zu einem Lieferwagen, der allein auf dem nahen Parkplatz stand, denn hier kam selten jemand her und sie waren in ihrem bösen Tun ungestört. Als sie die Tür des Laderaumes öffneten war ich bestürzt, ich sah mehrere solcher Säcke mit Katzen gefüllt, die ängstliche Laute ausstießen. Ich bekam Angst und machte mich davon, helfen konnte ich schwaches Tier nicht und leider auch niemand informieren.“
Hier endet zunächst wieder der Bericht von Kater Moritz, der aber mit seinen weiteren interessanten Erlebnissen fortgesetzt wird.  Moritz konnte verständlicher  Weise nichts  weiter über diese Katzenfänger erfahren, einiges Wichtiges hierzu soll jedoch dieser Kurzgeschichte hinzugefügt werden.
Noch immer setzt die Forschung in Deutschland jährlich etwa 1000 Katzen als Versuchstiere ein. (Hirn- und Magen- Darmforschung) Zu wenig wird getan, um dazu Alternativen zu finden. Aber auch in anderen Ländern werden Katzen als Versuchstiere verwandt. Lukrative Geschäfte werden in der ganzen Welt mit Katzenfellen gemacht, die sogar für therapeutische Anwendungen aber vor allem für Bekleidung Verwendung finden. Die Katzenfänger können also die eingefangenen Tiere häufig gewinnbringend verkaufen. Die Bemühungen der Europäischen Union um ein Verbot des Handels mit Katzenfellen sind bis in die Neuzeit sehr zögerlich.
Mir ist kein Fall bekannt, dass Katzenfänger, die hin und wieder in einigen Gegenden und Städten aufkreuzen, je gefasst wurden. Hinweisen aus der Bevölkerung und von Tierschutzorganisationen ging die Polizei nach meinen Beobachtungen auch meist nicht konsequent nach.
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.02.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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