Lilli M.

Und dann kamst Du...

Ich bin 28, Beamtin, lebe und arbeite in einer kleinen Stadt, eigentlich ist es eher ein Dorf in Nordrhein-Westfalen. Mein Leben hatte ich bereits geplant. Ich war in einer knapp 7-jährigen Beziehung mit meinem Freund, welcher vor 4 Jahren entschied, einen alten Hof mitten in der Pampa zu kaufen und zu renovieren. Bis dato war eigentlich alles super. Wir planten unser gemeinsames Leben, aber oft kommt doch alles anders, als man denkt. So zog sich die ganze Bauerei doch länger hin, als geplant. Ein Jahr, zwei Jahre, …Jahre in denen man vieles verpasst hat, in denen man langsam begann sich auseinander zu leben. Die Vorstellungen des jeweiligen Anderen drifteten irgendwann in 2 verschiedene Richtungen. Man tat sich gegenseitig weh, versuchte aber dennoch die ganzen Jahre nicht gleich wegzuwerfen. Doch irgendwann wurde mir klar, dass es so nicht weitergehen könne. Ich wurde von Tag zu Tag unglücklicher, obwohl ich das gar nicht wollte. Und als mein Freund zu mir sagte dass ich sein Leben zerstören würde, da war mir auf einmal klar, dass es hier nichts mehr zu retten gab. Dieser Spruch saß tief. Und an dem Tag wusste ich, ich will wieder glücklich sein. Auf einmal waren Dinge, die mir vorher wichtig erschienen gar nicht mehr relevant. Es war nicht mehr wichtig, ein dickes Haus haben zu wollen oder ein dickes Auto oder viel Geld. ICH wollte glücklich sein.  Ich redete viel mit meinen Freundinnen, eine von Ihnen die ich schon seit fast 20 Jahren kenne, die aber leider nicht hier wohnt, erzählte mir, dass sie nun – auch nach mehreren Reinfällen – ihren Supermann gefunden habe.
 
 
Es war im September, als sie mir vorschlug, mich auf dieser gewissen Internetseite anzumelden. Sie habe dort ihren Traumprinzen gefunden. Ich war skeptisch, hatte ich doch erst eine Enttäuschung hinter mir. Aber dann habe ich es doch getan, nicht weil ich jetzt unbedingt jemanden kennenlernen wollte, sondern einfach nur aus Neugierde. Und wie es das Schicksal so wollte, traf ich auf einmal auf dich! Der erste Kontakt verlief etwas schleppend, wobei das wohl auch eher an mir lag, weil ich mir gar nicht so sicher war ob ich das eigentlich alles jetzt schon wollte. Aber als wir dann so hin und herschrieben wurde ich immer fröhlicher und es tat mir gut, es war als hätte mich jemand aus einem Schlaf erweckt, von Glücksgefühlen die schon lange tief schlummerten. Es machte mir Spaß mit dir zu schreiben, ich fühlte mich auf einmal so wach und lebendig wie schon lange nicht mehr. Als du mich dann relativ früh fragtest, ob wir uns nicht mal sehen wollten oder wie du es ausdrücktest: „Mein Auto ist so dreckig, wie wäre es mit einem Date in der Waschanlage?“ schmeichelte mir dies sehr, aber gleichzeitig war ich auch etwas überrumpelt.
 
So versuchte ich, dieses Treffen noch etwas heraus zu zögern. Ich fuhr mit einer Freundin in den Urlaub an die Ostsee. Wir schrieben jeden Tag, du saßest in der Uni und beneidetest mich über die tollen Fotos, die ich dir jeden Tag schickte und das tolle Wetter. Es dauerte nicht lange und du fragtest mich wieder, ob wir uns nach meinem Urlaub sehen könnten. Ich wusste nicht genau, was ich dir antworten sollte. Auf der einen Seite wollte ich es unbedingt, auf der anderen Seite hatte ich auch Angst, Angst vor der nächten Enttäuschung. Ich schrieb dir, dass ich nach meinem Urlaub noch Einiges zu erledigen hätte, dass ich noch etwas Zeit bräuchte. Deine Antwort darauf war etwas karg, ich hatte das Gefühl, dass du etwas anderes erwartet hattest. Am nächsten Tag wartete ich vergebens darauf, dass du mir schriebst. Mittags tat ich es dann und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass du etwas beleidigt seist, weil ich mich noch nicht so schnell mit dir treffen wollte. Bereits da merkte ich, dass du mir – allein schon durch das Schreiben – nicht ganz unwichtig warst. Somit fragte ich dich schlussendlich an dem Abend, ob du nicht Lust hättest, mit meiner Freundin und mir an dem kommenden Wochenende in eine Disco zu fahren. Dort könnten wir uns kennenlernen. Du sagtest direkt zu und ich freute mich. An dem besagten Tag, an dem wir uns treffen wollten sagtest du mir dann leider spontan ab, wolltest das Treffen aber in der Woche nachholen. Ich muss zugeben, ich war sehr enttäuscht, hatte ich mich so sehr auf diesen Abend gefreut.
 
2 Tage später kam dann eine Nachricht von dir, du fragtest mich, wie es mir geht und wann wir uns denn treffen wollen. Ich gab dir einige Termine. Dir ging dies aber nicht schnell genug und du fragtest, ob wir uns nicht eher treffen möchten. Ich hatte allerdings erst eine Woche später Zeit, du fragtest trotzdem, ob ich nicht eher kann „eine halbe Stunde Kaffeelänge halt, für den ersten Eindruck“. Diesen Satz fand ich allerdings sehr seltsam. Mir gingen plötzlich ganz viele Dinge durch den Kopf. Hattest du noch mehrere Dates? Eine halbe Stunde? Ich wusste gar nicht, was ich darauf antworten sollte. Vielleicht war meine Antwort darauf etwas zickig, denn du kontertest mit den Worten „was ist los? Habe ich etwas Falsches gesagt?“. Ich antwortete nur mit einem „Nein, alles ok. Wir können uns an dem und dem Tag treffen“. Der Tag rückte näher und ich wurde nervöser. Eigentlich wollte ich das Ganze erst einmal für mich behalten, allerdings konnte man mir auf der Arbeit wohl ansehen, dass irgendwas nicht stimmt mit mir und so weihte ich einige meiner Lieblingskolleginnen von dem Treffen ein. Ich machte sie alle wahnsinnig an dem Tag, ich wusste nicht was ich anziehen sollte, ich wusste nicht, ob ich wirklich zu dem Treffpunkt fahren sollte, meine Gefühle spielten verrückt. Mittags machte ich schon Feierabend und sagte meinen Kolleginnen, dass es sowieso ein Reinfall werden wird. Sie baten mich darum mich anschließend zu melden, damit sie wussten, dass es mir gut geht.
 
Ich brauchte ungefähr 3 Stunden um mich fertig zu machen, schließlich wollte ich hübsch aussehen für dich. Also fuhr ich los und ich wurde immer aufgeregter. Als ich an dem Parkplatz, an dem wir uns treffen wollten ankam, überlegte ich erst wieder umzudrehen, aber das konnte ich ja auch nicht machen. Jetzt musste ich dadurch. Gut, dass ich die erste von uns beiden war, die an dem Parkplatz ankam. So konnte ich noch kurz mit meiner besten Freundin telefonieren, um mich ein wenig von der Nervosität abzulenken. Auf einmal sah ich das von dir beschriebene Auto auf den Parkplatz fahren.  Jetzt musste ich aus dem Auto raus, meine Beine zitterten und mein Herz schlug mir bis zum Hals als ich dich sah, schließlich trifft man sich ja nicht jeden Tag mit einer fremden Person. Du nahmst mich gleich zur Begrüßung in den Arm, was meine Nervosität etwas regulierte. Wir gingen in ein Cafe und unterhielten uns, anschließend fragtest du mich, ob ich Lust hätte noch ein wenig Spazieren zu gehen bzw. ob ich Lust auf Kino hätte. Klar hatte ich Lust, denn ich wollte an dem Abend noch ganz viel Zeit mit dir verbringen. So gingen wir also zu Fuß los um das Kino – welches es in dieser Stadt gar nicht gab zu suchen. Es war ein verrückter Abend, an dem ich sehr viel Spaß hatte, auch die Tatsache, in einer fremden Stadt herumzulaufen um etwas zu suchen, was es gar nicht gab, war irgendwie lustig. Als es um die Verabschiedung ging und du mich auf einmal so fest in den Arm nahmst und mich küsstest, hatte ich absolut nicht damit gerechnet.  Ich hatte das Gefühl ich könnte schweben, ich wollte gar nicht, dass der Abend endete. Du gabst mir das Gefühl du seist total verrückt nach mir und wolltest die Zeit anhalten. Als wir uns das zweite Mal dann bei mir trafen gingen wir spazieren und kochten, schauten eine DVD. Ich wartete den ganzen Abend darauf, dass du meine Nähe suchst, dass du mich berührst. Al! s du dan n fahren wolltest, sagtest du „Wir müssen noch die Küche aufräumen“ ich antwortete, dass ich das morgen machen würde, denn ich hatte am nächsten Tag frei. Du sagtest mir, dass dies gar nicht in Frage käme, sondern wir das gemeinsam tun würden. Ich fragte dich, was du denn tun würdest, wenn ich das jetzt nicht mache. Du antwortest, dass du mich dann so lange kitzeln würdest, bis ich aufstehe. Ich antwortete frech: „ Ja dann mach das“. Auf diesen Moment habe ich gewartet. Ich dachte mir jetzt oder nie und küsste dich und dann kam eins zum anderen.
 
Eigentlich bin ich nicht die Frau, die gleich mit jemandem schläft, war ich doch selbst von mir überrascht,  aber es fühlte sich in dem Moment so richtig an und es war wunderschön. Ein 3 und 4. Treffen folgten…ich konnte dieser wahnsinnigen Anziehungskraft einfach nicht wiederstehen, dies hatte ich so extrem noch nie bei jemandem, so wie du mich festgehalten hast, deine Küsse, ich fühlte mich wie Wachs in deinen Händen und dieses Gefühl war einfach so unbeschreiblich schön und ich genoss es sehr. Ich fing an deine Art zu mögen, deine Art verrückte Dinge zu tun und manchmal vielleicht auch noch mal Kind sein zu wollen. Auf einmal rückte alles das,  was ich vorher mal wollte immer mehr in den Hintergrund. Dieser Gedanke mit 30 verheiratet zu sein und eine Familie haben zu müssen war auf einmal gar nicht mehr so wichtig. Ich wollte mich in neue Abenteuer stürzen, schließlich hatte ich ja für alles andere auch noch ein bisschen Zeit und es befreite mich, dass mir dieser Gedanke gar nicht mehr so vordergründig war. Umso mehr genoss ich einfach die schönen Abende mit dir, kannte ich es doch gar nicht, dass jemand mit mir in der Küche stand und kochte. Ich hatte das Gefühl, wenn wir intim waren, dass es sich so vertraut anfühlt und ich hatte auch das Gefühl, dass du es sehr genossen hast. Immer wenn ich dir anschließend in die Augen schaute, verlor ich mich. Du hattest so wunderschöne liebe Augen und ich wollte dir das immer sagen, aber irgendwie traute ich mich nicht. In diesen schönen Momenten mit dir, vergaß ich all die Probleme und Sorgen, die mich im Alltag begleiten.
 
Verwundert war ich allerdings auf einmal einige Wochen später über deine Reaktion, dass wir uns nicht mehr sehen können. Hatte mich meine Menschenkenntnis so sehr getäuscht? Aus deinen Blicken hatte ich etwas anderes interpretiert. Du sagtest mir, dass das mit uns nicht passt, dass ich zu weit weg wohne (45 Minuten mit dem Auto, für mich kein Hinderniss, denn Liebe kennt keine Kilometer) und dass unsere Kommunikation nicht so sei, wie du es dir vorstellst, dabei haben wir uns ja leider nicht so oft getroffen um diese wirklich tiefgründig zu führen, damit meine ich, dass das am Anfang doch normal ist, wenn man nervös und aufgeregt ist und jemanden noch nicht so gut kennt, alles braucht seine Zeit. Ich sagte dir, dass ich Zeit brauche um jemanden kennenzulernen, dass ich zurzeit keine Beziehung möchte bzw. mich nicht von heute auf morgen in eine solche hineinstürzen möchte, dass sich so etwas entwickeln muss. Natürlich bin ich keine, die sich durch die Welt vergnügt, aber es fühlte sich gut an mit dir.  Für mich ist eine Beziehung sehr wichtig und ich hätte mir diese vielleicht auch mit dir vorstellen können. Ich wurde nicht richtig schlau aus deinen Reaktionen, was du eigentlich willst oder wolltest und es machte mich traurig, dass wir uns jetzt nicht mehr sehen sollten.
 
Natürlich wollte ich mit dir schlafen, weil es immer sehr sehr schön war, aber ich hätte mir auch ein Treffen vorstellen können ohne direkt ins Bett zu gehen. Es gibt so viele Möglichkeiten einen Tag oder Abend zu verbringen. Vielleicht wäre es schlauer gewesen, wenn wir dies erst getan hätten und dann im Bett gelandet wären, aber wie schon erwähnt, kann man das Leben nicht planen und vielleicht sollte man dies auch nicht tun, denn es kommt immer anders als man denkt. Manchmal lernt man jemanden kennen und denkt hey, der ist toll der gefällt mir auf Anhieb, manchmal aber lernt man auch jemanden kennen, bei dem das nicht direkt auf den ersten Blick zutrifft, bei dem man die Qualitäten erst später bemerkt, dies kann man allerdings nur, wenn man bereit ist, weiter als über den Tellerrand zu schauen. Oder ist jemals schon einmal ein Schmetterling direkt auf die Welt gekommen, ohne vorher eine Raupe zu sein?
 
Was heute ist, kann morgen ganz anders sein. Man sollte das Leben jetzt genießen und sich nicht so viele Gedanken machen, ob es morgen besser oder schlechter sein kann. Das Risiko etwas zu gewinnen oder zu verlieren begleitet unser Leben seit der Geburt und jeden Tag. An erster Stelle stehen im Leben Mut und Risiko.
 
Es war kurz vor Silvester, als ich noch einmal allen Mut zusammen nahm, nachdem du mir sagtest, dass das alles nicht mit uns passt und bat dich noch einmal um ein persönliches Gespräch. Als Antwort erhielt ich von dir „Klar können wir uns treffen, aber das wird nichts ändern“. Ein flaues Gefühl kam in mir hoch. Warum warst du auf einmal so anders? Ich antwortete dir dass ich zurzeit sowieso keine Beziehung möchte und wann wir uns treffen können. Daraufhin kam von dir nur ganz platt „Jetzt ist erst einmal Silvester“. Ein schönes Silvester war das! Aber ich hatte Spaß an dem Abend, ich versuchte für einen Abend alles zu vergessen was war und was kommen wird, ich tanzte ausgelassen mit meinen Freunden auf der Tanzfläche. Am nächsten Morgen allerdings, als der Alkoholpegel sich langsam verabschiedete waren diese quälenden Gedanken wieder da. Es ging mir gar nicht gut, aber ich versuchte dir nicht zu schreiben. 3 Tage nach Silvester kam dann eine Whatsapp-Nachricht von dir in der du mich fragtest, wie es mir geht und ob ich gut Silvester gefeiert hätte. Mit meiner Antwort ließ ich mir Zeit. Eine Woche verging als du mich dann fragtest, ob ich Sonntag etwas Zeit hätte, dann würdest du mich besuchen kommen. Wir machten eine Uhrzeit aus. Als du da warst redeten wir, du fragtest mich noch einmal wie ich mir das vorstellen würde, wie es mit „uns“ weitergehen solle. Ich sagte dir, dass ich finde, dass man sich erst einmal besser kennen lernen sollte, dass du vielleicht auch zu viel erwartest. Du sahst mich die ganze Zeit an und auf einmal sagtest du dass die Anziehungskraft einfach zu groß sei und küsstest mich.
 
Es war bereits das 2. Mal, dass du mich völlig überraschtest mit dieser Aktion. Ich fühlte mich so schwerelos, es war genau das, was ich mir gewünscht hatte, aber nicht mehr damit rechnete. Der Abend endete wunderbar und ich dachte, dass wir nun diese Hürde der Unsicherheit überwunden hätten. Als du fuhrst sagtest du mir, dass wir uns nächste Woche wiedersehen. Wir schrieben jeden Tag und langsam verschwanden all meine Zweifel. 4 Tage später sahen wir uns wieder, wir kochten zusammen und du küsstest mich, du sagtest mir ich sei der „Wahnsinn und so schön“. Ich vergaß alles um mich herum, alle Probleme und Sorgen, ich war einfach glücklich.
 
Eine Woche später verabredeten wir uns dann zum Essen. Wir gingen in ein schickes Restaurant um die Ecke. Wir redeten über Heißluftballonfahrten und wie schön das doch sei dort einen Heiratsantrag zu bekommen wenn es der Richtige machen würde. Du zahltest mein Essen, was ich allerdings nur wollte, wenn ich dich beim nächsten Mal einladen dürfte.
 
Als wir anschließend bei mir auf dem Sofa landeten sagtest du plötzlich zu mir dass es auch noch eine schlechte Nachricht heute gäbe. Ich schaute dich entgeistert an. Ich hoffte, dass es nicht das sei, was ich auf einmal glaubte. Du sagtest mir, dass es das letzte Treffen sei. Dass wir uns nicht mehr sehen und dass auch nichts weiter mehr passieren würde zwischen uns. Mir wurde auf einmal flau und mir fehlten die Worte. War ich in einem falschen Film? Träumte ich? Leider war es die Realität. Ich konnte gar keinen klaren Gedanken fassen. Du sagest mir ich solle was sagen. Was sollte ich sagen? Sollte ich dich anbetteln, dass du es dir noch einmal überlegst? Ich sagte dir, dass ich damit nicht mehr gerechnet hätte, nachdem die letzten beiden Treffen so schön waren und nachdem wir geredet hatten. Außerdem fragte ich dich, wie es zu dieser plötzlichen Sinneswandlung käme. Du fragtest mich, wie ich denn Entscheidungen treffen würde. Ich antwortete, dass ich nicht heute „hü“ und morgen „hot“ sage. Du sagtest, es sei besser jetzt, als wenn jemand von uns jemand anderen kennen lernt und es dann weh täte, dass du im Sommer mit deinen Kumpels oft am Kanal seist oder auf Partys und dort letztes Jahr auch schon einmal jemanden kennen gelernt hast, aus der aber nichts geworden ist. Ich schaute ins Leere, ich fühlte diese Stiche in meinem Herzen, diese Traurigkeit die mich überkam. Als du merktest, dass du mir jetzt schon weh getan hast, wolltest du mich in den Arm nehmen. Ich konnte nicht, ich wusste nicht mehr was ich fühlen sollte, es war auf einmal alles kalt. Du fragest mich vorwurfsvoll, ob ich dich jetzt noch nicht einmal mehr richtig in den Arm nehmen könne. War das ein Witz? Hättest du das gekonnt, wenn ich dir so etwas gesagt hätte?
 
Ich verstand das alles nicht und das sagte ich dir auch. Du sagtest mir, dass eigentlich ja alles perfekt sei, ich sei eine tolle Frau mit einem tollen Job und ständ mit beiden Beinen im Leben, aber es würde was fehlen, was genau, dass konntest du mir allerdings nicht sagen. Ich hätte alles für dich getan, ich wollte dich kennen lernen, ich wollte Zeit mit dir verbringen, viel Zeit, nicht jeden Tag, aber mehr als bisher.
 
Als du fahren wolltest, nahmst du mich noch 2 Mal ganz lang und fest in den Arm, so wie immer nur leider ohne Kuss, den ich mir doch so sehnlichst gewünscht hatte. Du fragtest mich, ob wir weiterhin in Kontakt bleiben wollen. Ich zuckte mit den Schultern, wusste nicht, ob das so gut sei und du sagtest mir, dass ich mir das ja überlegen könne. Dann gingst du aus der Tür und ich fühlte diese Leere in mir. Ich konnte es nicht begreifen was da gerade geschehen ist. Es war doch alles so schön, es war doch alles gut. In dieser Nacht machte ich kaum ein Auge zu. Mein Körper spielte verrückt, mir wurde heiß und kalt und diese Gedanken und Fragen in meinem Kopf quälten mich.
 
Am nächsten Tag auf der Arbeit konnte ich kaum einen klaren Gedanken fassen. Meine Kollegin, der ich viel über uns erzählte, war fassungslos. Sie hatte mir noch vorher gesagt, dass du so eine Aktion sicher nicht noch einmal machen würdest. Wir konnten es einfach nicht verstehen. Ich versuchte jedes kleine Detail mit ihr auseinander zu pflücken, aber auf einen grünen Zweig kamen wir damit nicht. 3 Tage vergingen und nach langem hin und her überlegen entschied ich mich dazu dir zu schreiben, dass ich es schade fänd, wenn wir keinen Kontakt mehr hätten und dass das Risiko, jemand anderes kennen zu lernen immer da sei, das ganze Leben einfach ein Risiko sei. Du antwortetest mir, dass du das genau so sehen würdest und dass wir gerne in Kontakt bleiben könnten. Ich fühlte mich besser. Ich schrieb daraufhin nichts mehr, ich wollte wissen, ob du dich meldest. 4 Tage später kam von dir die Nachricht, dass du ehrlich zu mir sein willst, dass wir keinen Kontakt mehr haben sollten weil wir nicht die gleichen Interessen hätten. Ehrlich? Was war jetzt daran ehrlich? Du hattest den Kontakt doch selbst vorgeschlagen und auch noch einmal bestätigt. Und nicht die gleichen Interessen? Wir lieben beide das Tanzen und interessieren uns beide für Erneuerbare Energien. Ist das nichts?
 
Ich gab dir als Antwort, dass ich das jetzt gar nicht verstehen würde. Du sagtest mir doch, dass du mich so anziehend findest und dass ich so schön sei etc. Deine Antwort war JA, aber du könntest das einfach so nicht. Wir würden uns nicht mehr sehen und wir werden auch keinen Kontakt mehr haben. Danach löschtest du meine Nummer.
 
Ich war fassungslos und wütend und traurig zugleich. Warum warst du auf einmal so? So eiskalt! An dem gleichen Abend entschied ich mich dazu, dir diese „unsere Geschichte“ per Whatsapp zu schicken. Ich schrieb dir, dass ich dir, auch wenn du mich nun für komplett bescheuert halten würdest, dies nun schicken würde und wünschte dir gleichzeitig alles Glück der Welt. Anschließend blockierte ich deine Nummer, denn ich hätte eine schlechte Nachricht darauf oder gar keine Nachricht nicht verkraftet.
 
Es vergingen Tage, Wochen, an denen du ständig in meinen Gedanken präsent warst. Ich wollte das nicht, versuchte zu verdrängen, aber dadurch wurde alles nur noch schlimmer. Es vergeht kein Tag, an dem du nicht mein erster Gedanke am Morgen und mein letzer am Abend bist. Es gibt Nächte, da beherrscht du meine Träume und machst mir dadurch die ganze Sache nur noch schwerer. Aber ich kann diese Träume leider nicht abstellen. Sie kommen einfach.
 
Oft denke ich, was wäre gewesen, wenn ich mich nicht auf dieser Seite angemeldet hätte. Wenn ich dich nicht kennengelernt und niemals getroffen hätte. Es würde mir wahrscheinlich besser gehen. Anders herum hätte ich aber dann niemals diese intensiven wunderschönen Abende erlebt, diese wahnsinnigen Umarmungen die ich zuvor noch nie mit jemandem so erlebt habe.
 
Ich versuchte mich abzulenken, was mir leider nur geringfügig gelang. Ich versuchte jedes Wochenende mit einer Freundin zu verbringen. Das tat auch gut, aber als ich wieder alleine zu Hause war, ging es mir wieder schlecht.  Ich meldete mich bei einer APP an, aber keiner dieser Männer mit denen ich schrieb faszinierten mich nur annähernd so, wie du es tatest. Ich bekam einige Angebote, aber ich wollte sie gar nicht wahr nehmen. Ich konnte – nicht so wie du – einfach los lassen. Mein Herz entschied über meinen Kopf und ich konnte nichts tun.
 
In meiner Wohnung erinnert mich alles an dich, wie wir zusammen in der Küche standen und kochten. Wie wir auf dem Sofa saßen und uns küssten. Vom Schlafzimmer möchte ich gar nicht reden, das ist wohl der Raum, der mich an die allerschönsten Momente erinnert. An die Momente ich denen ich mich fallen lassen konnte, in denen ich einfach genießen konnte. Ich hatte mir so sehr gewünscht, noch mehr solcher und vieler anderer schöner Momente mit dir erleben zu können. Wahrscheinlich hatte ich mir das zu sehr gewünscht.
 
Ich akzeptierte deine Meinung und deine Entscheidung, auch wenn ich sie nicht verstand. Vielleicht warst du einfach noch nicht so weit, vielleicht weißt du noch nicht was du genau willst im Leben. Such nicht zu viel nach etwas Besserem oder Schönerem, sonst wirst du nie glücklich. Auf dieser Welt gibt es nicht den oder die Richtige. Nur wenn du dir und einem Menschen die Chance gibst, dich auf ihn einzulassen, wirst du die wahre und große Liebe finden können.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.02.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

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