Klaus Makollus

Füße

Für gesunde Menschen sind Füße ein selbstverständlicher Teil des menschlichen Körpers. Wir brauchen sie zum gehen und stehen. Schumacher, Orthopädieschumacher und Podologen befassen sich beruflich mit unseren Gehwerkzeugen.

Bruckhausen heißt ein verarmter Stadtteil im Norden der Ruhrgebiets- und Niederrheinmetropole Duisburg. "Wer hier lebt, muß fühlen," berichtet Calixt-Benedikt Mummelmann, der örtlihce Ortsvorsteher. "Hier gibt es weder Schulen noch Arbeitplätze. Wer im Leben was erreichen möchte, muß woanders hingehen - zu Fuß, wohlgemerkt."

Daß eine überdurchschnittliche Konzentration des Schumacher- und Fußpflegehandwerkes vor Ort zu verzeichnen ist, dürfte also nicht überraschend sein. Ein ganz besonderes Verhältnis zu Füßen pflegt allerdings Mummelmanns Frau Beatrix. "Ich bin Fußopathin," bekennt sie. "Schaue ich mir meine Füße oder die anderer Leute an, überkommt mich jedes Mal das Grauen.

Der Kauf neuer Schuhe ist immer nur in Begleitung ihres Ehemannes möglich. "Er muß mich zwingen, das jeweilige Fachgeschäft zu betreten. Der Gedanke, meine Füße in Schuhe zu stecken, in denen schon die Füße anderer Leute gesteckt haben, löst ekelerregende Gefühle bei mir aus." Das Resultat: Um den Besuch in einem Schuhfachgeschäft möglich zu vermeiden, kauft Beatrix immer gleich mehrere Paare auf einmal.

"Beatrix ist ein interessanter Fall," schwärmt ihre Psychotherapeutin. "Fuß-Fetischisten, also Leute, die Füße verehren, gibt es häufiger. Möglicherweise rührt ihre Abneigung daher, daß ihr Vater aus Indien stammt, in jungen Jahren als Fakir arbeitete und über glühende Kohle, Glasscherben u. ä. ging."

Einen anderen Weg ist Irenäus gegangen. Er wurde Fußkünstler. "Nein, nein, mit Nagellack für Fußnägel oder Fußhautbemalung hat das überhaupt nichts zu tun," betont er. Füße aus allen möglichen Materialien (z. B. Marmor, Käse oder Schweiß) und in allen möglichen Positionen (z. B. im Gesäß, am Schienbein oder auf der Couch hochgelegt) sind bei ihm vorzufinden. "Ich bin ein Fetischist im guten Sinne," stapelt Irenäus tief. "Eine Nach, in der ich nicht von Füßen träume, raubt mir den Schlaf."


"Fußreflexzonentherapie war früher einmal," behauptet Waldemar, der Heilpraktiker vor Ort. "Kneipp-Kuren und Akupunktur sind modisch aktuell." Lockerungsübungen, der Lauf auf aufblasbaren Luft-Matten, Fuß-Entlastungs-Übungen, das Auftragen von Ölen, Cremes, Lotions, Salben und anderen Hautpflegemitteln, der Einsatz spezieller durchblutungsfördernder Heilgetränke, Abstinenz von Sport und Tabakprodukten sowie Kissen für das Ablegen der Füße auf Tischen gehören ebenfalls zum Repertoire des Heilpraktikers. "Ein einträgliches Geschäft," wie Irenäus findet. "Der ganze Stadtteil ist bei mir in Behandlung.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.05.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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