Feuerwehrbeamte und Bewohner fast machtlos
Die Lage spitzt sich zu
Der Qualm quillt aus dem Hochhaus. Gestern Abend, wie aus einer dampfenden Lokomotive. Das Hochhaus in der Lindenallee taucht in ein gespenstisches Halblicht. Die Gesichter der acht Feuerwehrmänner sehen aus wie erstarrte Säulen. Sie sind von schwarzem Ruß und Ziegelstaub gepudert. Ich frage mich heute immer wieder: "Warum?".
Mein Name ist Peter Wassers und ich bin 38 Jahre alt, bloß 1,80m, mit kupferrotem Haar, grünblauen Augen und ich lache gern. Ich lebe mit meiner Frau Nicole in einer 2 Zimmer-Eigentums-Wohnung, wir haben keine Kinder. Ich liebe meinen Job. In meiner Freizeit trage ich gerne modische Klamotten.
Eine dicke Staubschicht liegt auf dem wagen der Feuerwehr. Es sind acht Leiterwagen im Einsatz. Ein Augenzeuge nimmt an, dass das Feuer vermutlich im Treppenhaus ausbrach.
Ihm war der Weg durch die lodernden Flammen, die bis zur Decke schlugen, abgeschnitten worden. Wie er sagt, konnten alle Mieter nur das nackte Leben retten, denn das Feuer griff rasch auf drei Appartements über. Alles Materielle verbrannte. Die Türen wurden aufgerissen und einige Mieter stürzten auf die schmalen Flure der brennenden Appartements. "Los!", Schrie einer, "wir müssen unsere Haut retten!" "Rennt hier bloß nicht alle durcheinander, sonst bricht noch Panik aus. Irgendwie müssen wir doch hier herauskommen."
Eine Hose fing Feuer und der Mieter konnte noch verhindern, ganz in Flammen zu stehen, indem er sich auf die grauen Steinplatten des Flures warf und sich hin und her wälzte. Da waren sie auf einmal, die Feuerwehrmänner der Stadt am linken Niederrhein.
Sie rückten mit Sauerstoffgeräten an. Sollte man jetzt doch noch der Szenerie entkommen? "Los, hier her!", Schrie einer der Feuerwehrmänner und beatmete schon einen Bewohner der Appartements.
"Frauen und Kinder zuerst an die Beatmungsgeräte! Der Weg muss frei sein! Wir kommen sonst alle hier mit Haut und Haaren nicht mehr lebend heraus!".
Jetzt rannte man bereits los. "Zu den Leitern!" In den Flammen wollte man nicht qualvoll umkommen. Erstmals seit 1993 in der Nacht der Mondfinsternis hatten die Feuerwehrmänner alle Hände voll zu tun. Die Stadt wird zunehmend Schauplatz eines Großbrandes.
Auf dem Straßenpflaster draußen stehen Tragen, die auf Verwandte warten, auf dem Straßenpflaster die nackten Evakuierten.
Ein kleines Mädchen hält ihren Teddy in ihrem Ärmchen und Tränen rollen über ihr kleines, zartes Gesicht. Sie wartet auf ihre Mutter, die noch in irgendeinem Appartement sein muss. Ob sie es wohl schafft?
Ein Mieter berichtet mir später: "Ich hatte immer diese schrecklichen Bilder vor Augen, die ich im Fernsehen über Feuerbrunst gesehen habe. Da lagen die halbverkohlten Leichen mit zerfetzten Jacken und Hosen herum. Man konnte sie nachher nicht mehr erkennen. Alles lag in Schutt und Asche, ganze Wälder und Dörfer wurden vernichtet." Von manchen Menschen blieb nur ein Häufchen Asche übrig.
Sie liefen als brennende Fackeln umher. Jetzt in dieser Situation sah ich alles vor meinem geistigen Auge. Ich hoffte, ich bangte, ich stellte mir vor, dass hier so etwas nicht geschehen dürfte." Gegen 23:00 Uhr blitzten Notscheinwerfer auf und erleuchteten die abgefackelten Appartements, aughell.
Ein Krankenwagen mit blauem Martinshorn rumpelte heran und nahm Mieter auf, die sofort ins nahegelegene Krankenhaus gefahren wurden. Die Straßenreinigung wird später heran-schwirren, die Straßenpflaster von schwarzem Ruß Wegspritzen. Der Schmutz ist wie Geier ohne Sturzflug. Gegen 1.00 Uhr ist wohl alles vorbei.
Einige Millionen Liter Wasser sind verbraucht. Die Mieter sind wohlauf. Einige liegen dennoch mit schweren Rauchvergiftungen im nahegelegenen Krankenhaus. Die Ärzte haben es nicht leicht. Nach Schätzungen eines Sachverständigen beträgt der Sachschaden 1,5 Millionen Euro.
Die Lage hat sich entspannt. Mir ist das Lachen an diesem Tag vergangen. Das ganze Gebäude wurde aus Sicherheitsgründen evakuiert.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.06.2016.
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