Corinna König
Josie - Mein Leben und ich TEIL 2
Eine Woche später ist es endlich soweit! Der Geburtstag! Linda und ich kabbeln uns schon den ganzen Nachmittag um das Badezimmer! Immerhin sollen wir um 6 schon dort sein! Und Linda kommt mir heute was ihr Styling betrifft besonders kratzbürstig vor! Das vierte Outfit führt sie mir jetzt schon vor! Aber dieses Mal, bin ich hellauf begeistert. Nachdem das erste zu nuttig, das zweite zu brav und das dritte zu blingbling waren, ist sie jetzt endlich von Kopf bis Fuß top gestylt! „Top! Das lässt du jetzt an!“ „Wirklich? Findest du das gut?“ „Jaaa doooch! Wir haben jetzt auch nicht mehr ewig Zeit! Der Rock sitzt gut, die Schuhe sind ja eh von mir, das Top passt super zu deinen braunen Augen und das Jäckchen hält dich zur Not warm! Alles bestens!“ „Findest du? Ich fühl mich in diesem Top irgendwie unwohl!“ „LINDA!!!!!!!“ „Okay Okay, schon gut! Dann bin ich fertig! Wir können!“
Wir machen uns also auf den Weg! Nach kurzer Zeit fängt Linda bereits an zu jammern! „Boah, diese Schuhe sind wohl nicht zum Laufen geeignet was?“ „Tja, deswegen hab ich flache Schuhe an und wechsel sie dann erst, wenn die Gäste kommen!“ „Das hätte mir ja auch mal einfallen können!“ „Tja, siehste!“ „Ich verneige mich vor dir – Auch wenn ich dabei Gefahr laufe, mir das Bein mehrfach zu brechen!“ Einige Minuten der Stille später, geht es wieder los! „Auaaaa… Mensch, eigentlich hätte uns Dennis doch auch abholen können oder?“ „Der kommt erst später!“ „Stimmt ja, der muss ja nicht mithelfen!“ „Nein, ich meine, er kommt erst noch später nach!“ „Wieso das denn? Saschas Geburtstag ist doch schon seit Wochen und Monaten Thema!“ „Ja, aber er meinte, dass wohl ein Kollege auch Geburtstag hat und da müsse er sich auch blicken lassen! Er kommt dann nach dem Essen ungefähr!“
In der Bar angekommen, sondiert Linda zunächst mal den ganzen Raum, um zu checken, dass Dave auch wirklich da ist! Gecheckt! Es dauert nicht lange, da begrüßt er uns auch schon. Linda rastet innerlich förmlich aus, als er ihr zur Begrüßung zuzwinkert… :D Und da kommt auch schon Sara um die Ecke gehetzt. „Hey Mädels, da seid ihr ja schon! Ihr könntet mir gleich helfen, die Tische noch zu Ende zu dekorieren. Ich hab die ganze Deko in den zwei großen Kisten im kleinen Lagerraum!“ „Okaaay… das hilft uns nicht wirklich! Wir kennen uns ja hier nicht aus!“ Da kommt Dave wie gerufen: „Hey Mädels! Ich zeig euch den Lagerraum! Kommt einfach mit!“ Wir folgen ihm also unauffällig! Während Linda und Dave sich unterhalten, meine ich… jemanden auf der Kellertreppe gesehen zu haben. Aber als ich mich nochmal versichern will, stelle ich fest, mich wohl getäuscht zu haben. Dave zeigt uns also erst den kleinen Lagerraum, der sich neben der Küche im Erdgeschoss befindet. „Hier bewahren wir das Zeug auf, das wir regelmäßig brauchen. Ist auch nur unser kleiner Lagerraum. Im Keller ist noch ein zweiter, größerer. Da müsste auch mein Partner grade unten sein, dann lernt ihr ihn auch kennen.“ Wir gehen also gemeinsam mit Dave die Treppe runter, als eine Stimme von oben ruft: „Dave! Ich bin jetzt da! Hab noch den restlichen Schnaps aus dem Wagen geholt!“ „Alles klar!!“, ruft Dave zurück, während er uns die Toiletten und den Lagerraum zeigt. Er öffnet die Tür, ich bin gespannt, da ich meine, Ben grade schon wieder gesehen zu haben. Was ist das denn nur mit dieser Bar?! Drehe ich jetzt komplett durch? Bestimmt bilde ich mir das nur ein, weil ich ihn kürzlich erst wiedergesehen hab. Die Tür zum Lagerraum geht also auf. Es steht ein Typ drin. Gut gebaut, dunkle Haare, mehr kann man noch nicht erkennen. Er dreht sich um und… es ist ein mir völlig unbekannter Mann. :D Ich weiß nicht, ob ich jetzt erleichtert aufatmen oder enttäuscht zusammensacken soll! „Darf ich euch vorstellen: Das ist Mike, mein großer Bruder! Er ist auch Inhaber der Bar. Er wohnt mit seiner Frau Sandy, seiner kleinen Tochter Lisa und mir natürlich über der Bar.“ Wir stellen uns kurz vor und bedanken uns für die Möglichkeit, den Geburtstag hier feiern zu dürfen, als wieder die gleiche Stimme von vorhin durch die Kellerräume hallt: „Mist! Daaave! Ich hab noch was vergessen! Übernimmst du die Bar kurz? Bin in 10 Minuten wieder da!“ Linda beugt sich zu mir rüber und flüstert mir ins Ohr, dass ihr die Stimme so bekannt vorkäme! „Ja das dachte ich mir grade auch schon!“ „Hmm… ich komm einfach nicht drauf!“ Ich habe zwar einen konkreten Verdacht, aber den behalte ich im Moment lieber für mich! „Okay, also dann könnt ihr gerne anfangen, die Tische zu dekorieren.“
Gesagt – getan! Wir machen uns fleißig an die Arbeit. Doch das geschieht nicht ohne Kontrolle von Sara höchstpersönlich! „Warum habt ihr denn die Glasschalen nicht benutzt? Da kann man etwas Wasser und die unechten Blumen reinlegen! Sehr dekorativ und passt auch farblich total gut!“ „Sara, hetz uns bitte nicht! Wir haben grade erst angefangen! Die zweite Kiste müssen wir noch holen! Die muss Dave uns vom Schrank holen! Oder Mike! Irgendjemand der größer ist als Linda und ich zumindest!“ „Wie ihr meint! Ich möchte nur nochmal drauf hinweisen, dass ich Sascha für halb 7 hierher bestellt hab! Und ich möchte, dass alles fertig ist, bis er kommt! Die Überraschung soll doch perfekt werden!“ „Das schaffen wir, mach dir keinen Kopf!“ „Ja, ich geh ja schon und versuch, diese Kiste alleine vom Schrank zu hieven!“, versuche ich, Sara zu besänftigen!
Ich gehe also in den kleinen Lagerraum und pople wie eine Irre an dieser Kiste rum! Wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle, komme ich grade so mit den Fingerspitzen an die Kiste ran! Wenn man bedenkt, dass gemäß Saras Gemecker vorhin Glasschalen da drin sind, sollte ich vielleicht doch lieber aufhören und Dave fragen. Ich laufe also – leicht genervt – zurück in den Barraum, um Dave Bescheid zu geben. Da der aber grad einen 8er-Tisch abkassiert und ich an Saras Stressflecken auf dem Dekolleté erkenne, dass ich nicht mehr warten kann, bis er damit fertig ist, gehe ich also – noch etwas stärker genervt – wieder zurück in den Lagerraum! Ich versuche, die Kiste zu bewegen, indem ich springe, „Na komm schon… blödes… Mist-… -ding… Hepp… und Hepp…“ Und endlich tut sich auch was. Sie kommt mir langsam entgegen. Sie wird schneller! Sie wird zu schnell! Gleich fliegt sie! Oh Gott, sie wird mich begraben. Ich bekomme Angst und versuche, meinen Kopf mit meinen Armen zu schützen. Positiver Nebeneffekt: Ich bedecke meine Ohren und muss nicht zuerst die klirrenden Glasschalen und dann Saras Tobsuchtsanfall hören! Es vergehen mehrere Sekunden! Es passiert nichts! Wo ist die Kiste? Noch leicht verängstigt öffne ich meine Augen, nehme die Arme runter und schaue vorsichtig nach oben. Wie aus dem Nichts steht da plötzlich ganz eng neben mir „Ben?!“. „Hallöchen!“ Er hält die Kiste mit beiden Armen ungefähr 10 Zentimeter über meinem Kopf! Ich traue meinen Augen nicht! Spinn ich denn? Ist mir die Kiste auf den Kopf gefallen und hat mich sofort ins Koma oder sogar in den Tod gerissen? Oder fantasiere ich? „Was machst du denn hier?“ Er stellt die Kiste ab, ehe ihm die Arme schwer werden. „Ich arbeite hier!“ „Hier? In dieser Bar? In der Panorama-Bar?“ „Ach… das hier ist die PANORAMA? Mensch, dann bin ich wohl falsch abgebogen!“, amüsiert er sich über meine dummen Fragen! „Ja. Ich hab mit meinem besten Kumpel Dave und seinem Bruder Mike diese Bar eröffnet! Du gehörst also zu dieser Geburtstagsgesellschaft!“, stellt er grinsend fest, während er mich von oben bis unten mustert. Immer noch ein bisschen blass um die Nase von dem Schock piepse ich: „Ja genau…“ „Dann verbringen wir ja heute quasi den Abend miteinander!“ Während ich mir eine schlaue Antwort darauf überlege, streckt Linda ihren Kopf zur Tür rein: „Ach, ihr habt euch schon gesehen! Josie, ich hab doch gesagt, dass mir die Stimme so bekannt vorgekommen ist!“ Und schwups, ist sie schon wieder weg. Ich greife mir die Kiste und will an Ben vorbei. Da versperrt er mir mit seinem Arm den Weg. „Schaust du denn ab und zu auch mal zu mir an die Bar?“ Ich setze ein gequältes Lächeln auf und drücke ein „Hmm… Mal sehen!“ raus. Am Tisch angekommen löchert Linda mich mit Fragen: „Wusstest du, dass er hier arbeitet? Was habt ihr denn da drin gemacht? Hat er was gesagt wegen deiner Nummer? Was wollte er denn? Da kam ich wohl zu einem ungünstigen Zeitpunkt, hä? Habt ihr geknutscht?“ „Linda! Nicht so schnell! Nein, ich wusste es nicht. Er hat mir mit der Kiste geholfen! Nein hat er nicht! Er wollte mir nur helfen! Nein, der Zeitpunkt war genauso günstig oder ungünstig wie jeder andere auch! Auf die letzte Frage bekommst du schon aus Trotz keine Antwort!! Und jetzt lass uns weitermachen, ehe Sascha kommt! Wir haben heute ja noch genügend Zeit zu reden!“ „Stimmt! Der Geburtstag geht jetzt vor!“ Einige Sekunden ist Stille und wir können in Ruhe dekorieren. Doch dann: „Aber ist schon echt ein krasser Zufall, oder?“ Ich werfe ihr meinen Linda-Jetzt-Nerv-Nicht-Blick zu! Den versteht sie immer gleich aufs erste Mal! ;)
Kurze Zeit später kommt endlich Sascha in die Bar. Er ist zunächst verwundert, was Linda und ich hier machen. Dann sieht er seine Sara mit ihrem neuen Haarschnitt, dem schönen Make-Up und dem rückenfreien, dunkelblauen Kleid, für das sie extra gespart hatte. „Überraschung mein Schatz!“ Sie fallen sich in die Arme, Linda und ich haben mit den Tränen zu kämpfen… „Das hier hast du extra alles arrangiert? Für mich?“ „Natürlich! Eine richtige Überraschungs-Party mit allem drum und dran! Die Gäste kommen in einer halben Stunde! Linda und Josie haben mich tatkräftig unterstützt. Und die Besitzer der Bar, Dave, Mike und Ben haben auch mitgeholfen, wo sie konnten. Mike kennst du ja eh von früher.“ „Aber Schatz, du hast mir doch schon die teuren Tickets für London geschenkt!“ „Aber 30 wirst du nur einmal! Deshalb wollte ich auch etwas, was du so schnell nicht wieder vergisst!“ „Mensch, dann kommen meine ganzen Jungs? Und ich hab mich gewundert, dass die alle gesagt haben, sie hätten keine Zeit. Ich hab die alle zu einem Bier einladen wollen!“ „Jaaa, das habe ich ihnen aufgetragen!“ Während die beiden sich vom Scheitel bis zur Sohle abknutschen und Linda und ich Sascha anschließend auch noch mit einer beherzten Umarmung gratulieren, merke ich, wie Ben immer wieder her sieht. Schon, als wir die Tische dekoriert haben! Immer wieder wandert sein Blick in meine Richtung. Ich versuche dennoch, mich davon nicht beirren zu lassen. Ich tu einfach so, als würde ich es gar nicht merken – zugegeben mehr oder weniger erfolgreich. Da kommt auch Mike aus der Wohnung oben und gratuliert seinem alten Kumpel Sascha, während dieser sich ununterbrochen bei Mike bedankt.
Kurz darauf kommen auch schon die ersten Gäste in die Bar. Alle gratulieren Sascha herzlich. Er freut sich über jeden Einzelnen und man merkt, wie er von Gast zu Gast dankbarer wird, dass Sara das auf sich genommen hat. Wir sitzen an den Tischen und haben richtig Spaß! Saschas Kollegen erzählen die lustigsten Geschichten von der Arbeit. Alle amüsieren sich köstlich! Bens Blicke geraten fast in Vergessenheit. Da kommt er rüber! Er legt seine Hand auf meine Schulter, senkt den Kopf, kommt ganz nah, sodass ich sein Parfüm riechen kann. Das Herz schlägt mir bis zum Hals! „Ich soll dich holen! Deine Mom ist mit dem Essen da!“ „Okay danke!“ Ich stehe auf, entschuldige mich, dass ich kurz verschwinden muss und gehe raus zu meiner Mutter. Total souverän und keineswegs irritiert oder aus der Fassung. Tja, da bin ich doch glatt ein bisschen stolz auf mich! Auf Höhe der Bar, hält Ben meine Hand fest und zieht mich näher an sich. „Du siehst übrigens umwerfend aus.“ Er lässt mich los, geht wieder hinter die Bar und mixt weiter seine Cocktails. Nach dieser Nummer doch leicht irritiert wanke ich also – zugegeben doch leicht aus der Fassung gebracht - aus der Bar, wo meine Mom schon wartet.
„Heeey, Mäuschen. Pünktlich auf die Minute, was? Mensch, du siehst ja hübsch aus. Das Etuikleid steht dir wirklich gut. Und der Blazer passt super dazu!“ „Danke dir! Fangen wir an?“ „Klar!“ Ich räume mit meiner Mutter und Dave zusammen Kiste für Kiste das ganze Essen in die Küche. Und jedes Mal wenn ich die Bar verlasse oder betrete, merke ich, wie Ben in meine Richtung schmunzelt. Es macht mich verrückt. Mir fällt es immer schwerer, das zu ignorieren. Meine Mutter beauftragt mich zum Schluss, das Essen auf die einzelnen vorgewärmten Platten zu verteilen, während sie und Dave die restlichen Kisten in die Küche schleppen.
Das Essen ist angerichtet, um die Getränke kümmern sich fleißig die Jungs und alle haben mächtig Spaß. Man merkt förmlich, wie Sara eine riesige Last von den Schultern fällt. Sie ist so glücklich, dass – bis auf zwei Absagen – alles so geklappt hat, wie sie es sich vorgestellt hatte. Von reichlich Sekt etwas angesäuselt, beschließe ich, zur Bar zu gehen. Immerhin steht Linda dort schon seit einer geschlagenen halben Stunde und labert Dave an. Dann wird es wohl nicht stören, wenn ich mich dazugeselle. Und wer sagts denn? Wir vier amüsieren uns köstlich. „Josie, dein Glas ist leer! Was darfs denn sein?“ „Hmm… was empfiehlst du denn?“ „Ich mach dir einen… Ha! Wie wärs denn mit einem Mexican Sunset?“ „Was ist da drin?“ „Lass dich überraschen!“ „Ohaaa, Josie! Jetzt bekommst du einen, der dich umhaut!“, lacht Linda mich aus! Ob sie damit den Cocktail oder den Barkeeper gemeint hat, sei dahin gestellt, hihi. Tja, drei Mexican Sunset später, blicke ich auf die Uhr, dann auf mein Handy, dann zur Tür und kann mir einen kurzen Seufzer nicht verkneifen! Ich frage mich allmählich, wo Dennis bleibt. Ich frage Linda, ob sie – typisch für uns Mädels – kurz mit aufs Klo kommt!
Dort angekommen und nach ihren Schwärmereien für Dave und Ben frage ich sie, ob ich Dennis wohl mal anrufen soll! „Nein! Wir haben doch auch ohne ihn Spaß! Außerdem würde er eh nur wieder an deinem Outfit rumnörgeln!“ „Was meinst du denn? Was stimmt denn nicht mit meinem Outfit?“ „Da stimmt alles, aber Dennis hätte sicher irgendwas auszusetzen!“ „Tja… Ben gefällt‘s!“ Kaum haben diese zwei klitzekleinen Wörtchen meinen Mund verlassen, bereue ich sie schon! „Hihihihi… was meinstn damit?“, grinst sie mich an! „Nüüüx!“ Sie packt mich an der Hand und schleift mich aus der Damen-Toilette. „Los, wir gehen wieder rauf! Und Dennis brauchst du echt nicht anzurufen! Der kommt schon irgendwann – oder nicht!“
Wieder an der Bar geht es weiter. Linda und ich plappern gut angetrunken um die Wette und die Jungs erzählen uns von den witzigsten Bargästen, die sie bisher hatten. Ein Brüller nach dem anderen. Linda und ich kommen gar nicht mehr aus dem Lachen raus. „Tat das weh?“, frage ich, ohne groß darüber nachzudenken! Verwundert entgegnet Ben mir, was ich denn meinte! „Na das Piercing hier! In deiner Lippeee! Das gefällt mir!“ „Ach das! Nein, nicht so schlimm, wie man meint!“ Ich merke zwar, dass ich das nicht tun sollte, dennoch frage ich weiter: „Stört das nicht beim Küssen?“ Bevor er antworten kann, merke ich plötzlich eine Hand auf meinem Rücken. Ich drehe mich um und da steht Dennis! „Die Verspätung tut mir leid!“, sagt er und drückt mir ein Küsschen auf die Wange, während er Ben nicht aus den Augen lässt. „Wo warst du denn so lange?“ „Ich sag doch, ich war bei einem Kollegen!“ „Aber du wolltest doch eigentlich nach dem Essen hier sein!“ „Mein Gott, es tut mir leid! Hab ich mich halt verspätet!“, pflaumt er mich plötzlich an – Ben lässt er dabei noch immer nicht aus den Augen! Die Stimmung ist im Bruchteil einer Sekunde im Eimer! „Tut mir leeeiiid! Ich hab ja nur gefragt!“ „Sag mal, was hast du denn schon alles getrunken!“ „Ein Mexican Sunset oder zwei, vielleicht drei!“ Er packt mich am Oberarm und zerrt mich möglichst unauffällig von meinem Barhocker! „Kommst du kurz mal mit?“
Wir gehen zusammen vor die Bar, wo ich mir eine Standpauke anhören darf! „Das ist er oder?“ „Was meinst du? Wer?“ „Tu nicht so! Das ist der Kerl, der dich angefahren hat oder?“ „Was?! Aber…“ „Die dunklen Haare, der Dreitagebart, das widerliche Piercing! Das ist er doch! Hab ich Recht?“ „Ich… also… Was willst du denn jetzt von mir?!“ „Josie!! Ist das der Kerl oder ist ers nicht?“ „Jaaa! Ja, das ist er! Und jetzt? Was hast du jetzt davon?“ „Seit wann trefft ihr euch?“ „Wie bitte?“ „Ihr seht doch seeehr vertraut miteinander aus! Also sag schon, seit wann trefft ihr euch?“ Langsam wird mir das ganze zu bunt! Ich habe so viel Spaß wie seit Langem nicht und dann kommt Dennis und will mir im Handumdrehen meinen Abend ruinieren! Heute nicht! Nicht mit mir! „Ach, glaub doch, was du willst! Ich geh wieder rein!“, zische ich ihn an und lasse ihn stehen. In seinen Augen kann ich genau sehen, wie erstaunt er ist, mich so zu erleben! Ich hab ihn überhaupt noch nie stehen lassen! Aber wie dem auch sei! Ich will jetzt weiter meinen Spaß haben und lass mich von dem nicht davon abhalten!
Als ich die Bar wieder betrete, sehen Ben, Dave und Linda mich mit großen Augen an. Ich nehme wieder Platz auf meinem Barhocker! Dass ich mit Ben alleine bin, weil Dave einen Tisch abkassiert und Linda sich zu Sara gesetzt hat, stört mich herzlich wenig! Ich schlürfe an meinem Cocktail rum, während Ben mich nach wie vor ansieht. „Was?“, frage ich ihn. „Deshalb hast du mir deine Nummer nicht gegeben.“ Und wirft einen Blick zu Dennis, der Sascha gerade mit einem Handschlag gratuliert. Ich fühle mich irgendwie ertappt, starre in mein Glas und antworte kurz und knapp: „Ja!“ Ben greift sich zwei Schnapsgläser, füllt sie mit Ouzo und stellt sie auf den Bartresen! „Hier!“ Wir stoßen an! „Naja, jetzt wo das raus ist, kann ich wenigstens wieder schlafen.“, merkt Ben mit einem verschmitzten Lächeln an. „Ach, meine Abfuhr hat dir also schlaflose Nächte bereitet?!“, frage ich in einem überlegenen Tonfall. Er lächelt mich weiter an, sieht mir tief in die Augen. Fast hätte ich nicht mehr mit einer Antwort gerechnet, da meint er: „Ja, bestimmt nur die Abfuhr…“ Ich bekomme am ganzen Körper Gänsehaut. Gott sei Dank, wird er grade zu einem Tisch gerufen, um die Bestellung aufzunehmen, denn eine Antwort hierauf hätte ich nicht gehabt.
Ich drehe mich auf meinem Barhocker zu ihm um und starre ihn - unbemerkt lächelnd - an. Er wirft kurz einen Blick rüber und schüttelt lachend den Kopf. Natürlich bleibt das Ganze von Dennis nicht unbemerkt, schließlich lässt er Ben bzw. mich keine Sekunde aus den Augen. Um die Wogen etwas zu glätten, beschließe ich also, mich zu ihm zu setzen. Keine Reaktion. Er unterhält sich weder mit mir, noch mit irgendjemand anderem. Ich lege meine Hand auf sein Bein. Keine Reaktion. Dann verbringe ich meine Zeit eben damit, dumm rumzusitzen und Linda und Dave beim Flirten zuzusehen, während Dennis auf beleidigt macht und mit seinem Handy rumspielt. Eine gute Stunde später springt er plötzlich auf und meint, er geht jetzt. Ich frage mich wirklich, was das soll. Er ist ohnehin schon viel zu spät gekommen und jetzt haut er gleich wieder ab? Mir egal! Dann schalte ich eben auch auf stur. Ein kurzes "Komm gut nach Hause!" hinterhergerufen, gehe ich sichtlich verärgert zu Dave, Ben und Linda an die Bar. "Wo will Dennis denn hin?", will Linda wissen - wahrscheinlich nicht nur sie. "Der geht nach Hause!" "Aber er ist doch vorhin erst gekommen!" "Jap!" "Und jetzt geht er schon wieder?" "Jap!" Sie sieht mir genau an, dass mir das gar nicht passt, möchte aber auch kein Thema daraus machen und lenkt stattdessen ab! "Gut Jungs, dann stellt uns mal vier Kurze her!" Da lassen sich Dave und Ben natürlich nicht zweimal bitten. Als sich meine Laune aber nicht schlagartig bessert, geht es los. Linda: "Mensch Josie, jetzt sei doch nicht traurig!" "Ich bin nicht traurig!" Dave: "Mensch Josie, jetzt sei doch nicht enttäuscht!" "Ich bin nicht enttäuscht!" Ben: "Mensch Josie, jetzt sei doch nicht sauer!" "Dooooch! Ich bin stinksauer! Er kennt Sascha schon ewig, weil sie in der gleichen Firma arbeiten! Da kann er sich doch an seinem 30. Geburtstag länger als eine Stunde sehen lassen!" Ich schäume vor Wut. Linda bemerkt so nebenbei und gleichzeitig an ihrem Cocktail schlürfend, dass ich mir keine Gedanken wegen Sascha machen müsste. "Ihn stört das ganz sicher nicht!" "Wie meinstn das jetzt?" "Najaaa, Sara hat mir mal erzählt, dass die beiden sich wohl nicht besonders gut verstehen. Er mag Dennis einfach nicht wirklich!" Ich schaue Linda voller Verwunderung an: "Was denn? Eeeeecht? Das kann ich mir gar nicht vorstellen!" Ben unterbricht uns und meint, während er gerade ein paar Gläser ausspült: "Ich schon!" Linda und ich schauen ihn fragend an. "Naja, auf mich wirkt er auch wie ein Vollpfosten!" Linda und ich schauen ihn immer noch fragend an. "Aber ich kenn ihn ja nicht!", winkt er ab.
Nach ein paar Kurzen später, nachdem die meisten Gäste schon gegangen sind und ich meine Aggressionen wieder unter Kontrolle hab, fangen die letzten 10 Gäste - darunter Linda und ich natürlich an erster Stelle - zu tanzen an. Immer wieder halte ich Blickkontakt mit Ben. Das genügt mir auch fürs erste. Linda ist da ganz anders. Sie hechtet hinter die Bar, schnappt sich Dave und zerrt ihn mit auf die "Tanzfläche". Natürlich KANN er sich da nicht wehren - es sieht allerdings auch nicht danach aus, als würde er sich wehren wollen. :D Man sieht und spürt die Blitze und das Knistern förmlich zwischen Dave und Linda. Ich hab sie schon lange nicht mehr so ausgelassen feiern sehen. Sie hat richtig Spaß und das hat sie sich auch wirklich verdient. Die letzten Typen waren ausschließlich Taugenichtse. Einer bekloppter, als der Nächste. Wenn es mit Dave klappen sollte, würde ich mich wirklich freuen. Aber sie betont ja geradezu unentwegt, dass sie "momentan nicht auf der Suche iiiist...".
In den frühen Morgenstunden sind nur noch Linda, Dave, Ben, Sara und Sascha übrig. Als auch Sara und Sascha sich verabschieden, denken Linda und ich noch lange nicht daran, auch nach Hause zu gehen. Dafür amüsieren wir uns viel zu gut! Sara verabschiedet sich von uns und während sie uns umarmt, flüstert sie uns grinsend zu: "Macht nicht mehr so lange. Ihr zwei Nachteulen habt mir versprochen, morgen beim Aufräumen zu helfen." Ich weiß nicht, ob Linda das so wirklich verstanden hat, ich jedenfalls nicht. Gehört hab ichs, aber verarbeitet ab ichs nicht. Und ich denke, Linda gehts da genauso. Wieso sonst, sollte sie die Bar stürmen, sobald Sara und Sascha die Bar verlassen haben, und uns einen Kurzen nach dem anderen einschenken? "Los Jungs! Ihr müsst jetzt auch mal ein bisschen mittrinken!" "Das haben wir doch schon!" "Nein!! Meeehr!" Sie versucht also, die Jungs schnellstmöglich abzufüllen. Ben sieht mich an, fuchtelt mit seinem Finger an seinem Hemdkragen rum und meint zu mir: „Du hast da was!“ Ich schaue an mir runter und sehe, dass mein schönes weinrotes Kleid einen Fleck am Ausschnitt hat. „Oh Mist, das muss passiert sein, als Sara mich grade gedrückt hat. Hätte ich mal lieber meinen Cocktail kurz abgestellt. Gib mir doch bitte mal eine Serviette.“ Ohne groß nachzudenken, fange ich an, wie eine Verrückte über den klebrigen, leicht gelblichen Fleck zu schrubben. Doch Bens „Heute nicht die Lollipops?!“ unterbricht mich dabei. Ich bemerke sein spitzbübisches Grinsen und da kommt es mir: Bei unserer ersten Begegnung hab ich ihm ja sozusagen eine halbe Gratis-Peep-Show geboten. :s Ohne einen Kommentar von mir lachen wir, bis wir uns vor Schmerzen die Bäuche halten. Kurze Zeit später stellen wir verbliebenen 4 fest, dass Lindas Abfüll-Attacke gefruchtet hat. Die Jungs kommen unserem Pegel ziemlich nahe – sie kommen jedoch nicht ganz ran. Das Letzte, an das ich mich erinnern kann ist, dass wir noch weiter um die Häuser ziehen wollten…
Der nächste Morgen… Ich liege falschrum quer in meinem Bett, auf dem Bauch, komplett angezogen - Kleid, Blazer, Schuhe - komplett! Zögerlich schlage ich die Augen auf, da mir die Sonne durch mein Fenster direkt ins Gesicht scheint. Geschafft - die Augen sind offen! Hey, ich bin gar nicht verkatert!! Ich bewege zuerst die rechte Hand und streiche mir damit die Haare aus dem Gesicht. Dann wage ich es tatsächlich und versuche, mich aufzurichten. Oh Mist! Ich bin doch verkatert! Aber wie! Nochmal kurz auf dem Bett zusammengesackt, nehme ich alle Kraft zusammen und richte mich auf! Ich sitze auf meinem Bett und traue meinen Augen nicht! Ich muss entweder noch schlafen und träume das nur oder ich bin noch betrunken und fantasiere das nur: Auf meinem Fußboden, in meinem Zimmer, auf meinen Klamotten und meinem Kissen liegt: BEN!!!!!!! Er liegt da, sieht etwas zerknirscht aus, aber schläft seelenruhig. Auf meinem Fußboden! In meinem Zimmer! Das darf doch nicht wahr sein.
Nachdem ich ihn ein paar Sekunden angestarrt habe tapse ich so leise wie möglich, um ihn nicht zu wecken, aus dem Zimmer und eile zu Linda, die auch alles andere als elegant in Ihrem Bett liegt. "Lindaaa! Lindaaa!", versuche ich zu flüstern, was mir jedoch nicht wirklich gut gelingt. Ich schüttele sie wie eine Irre, und endlich gibt sie ein Lebenszeichen von sich. Gott sei Dank - sonst hätte ich ihr Eine gescheuert, um sie wach zu kriegen. "Boah, hör auf mich zu schütteln. Mir ist eh schon so schlecht!" "Ben ist in meinem Zimmer!" Sie wischt sich den Sabber vom Kinn und starrt mich ungläubig an. "Was? Bist du noch betrunken?" "Nein! Ben ist in meinem Zimmer!! Er ist in meinem Zimmer und schläft!" "Ist er etwa nackt?" "Nein! Mensch Linda, jetzt konzentrier dich doch mal!" "Okay Okay, sorry!" Mit aller Kraft gelingt es ihr, sich aufzurichten und sich aufs Bett zu setzen. "Was macht er denn bei dir?" "Das weiß ich nicht!" Ich laufe in Ihrem Zimmer auf und ab und auf und ab! "Habt ihr etwa...?" "NEEEIIIINNN!!!! Naja, das weiß ich nicht!", jammere ich mit tiefster Verzweiflung in der Stimme! "Naja, ich gehe mal nicht davon aus, weil er angezogen ist und ich auch! Sogar mit Schuhen bin ich gestern scheinbar ins Bett!" "Und was hast zu jetzt vor?" "Das weiß ich nicht!" Ich bin kurz vor einer Panikattacke, da stellt Ben sich ganz selbstverständlich in den Türrahmen, hat mein klingelndes Handy in der Hand und säuselt: "Guten Morgen Ladies! Sara ruft an!". Und da fällt es uns wieder ein: "Oh NEEEIIIN! Schon halb 11! Wir sollten doch vor über einer Stunde beim Aufräumen helfen!" "Jetzt schnell Zähneputzen und ab…" Völlig überfordert von unserem Gerenne und Gehetze weiß Ben gar nicht, wo er zuerst hinsehen soll. "Was ist denn jetzt mit deinem Handy? Es klingelt immer noch!" Linda ruft ihm zu, dass er doch rangehen soll und sagen soll, dass wir in 10 Minuten da sind! "Nein!! Bist du irre? Was soll sie denn denken, wenn Ben an mein Handy geht?" "Hm stimmt! Dumme Idee!" Während wir uns in irgendwelche bequemen Klamotten werfen und uns mit Deo, Haarspray und Puder zukleistern, um den fast nicht vorhandenen Schlaf nicht ganz so offensichtlich zu präsentieren, teilt Ben uns freundlicherweise mit, dass das Handy jetzt eh nicht mehr klingelt. Immer wieder piekst Linda mich im Bad in die Seite und will wissen, was wohl gestern war, sie könne sich nur noch daran erinnern, dass sie, Ben und ich auf dem Heimweg noch einen Döner gegessen haben! Mehr wisse sie auch nicht. „Du Linda, ich hab genauso viel getrunken wie du, ich hab auch den totalen Blackout! Keine Ahnung, was noch alles abgegangen ist!“ „Dann musst du Ben eben fragen, der wirkt auf mich nicht sonderlich verkatert!“ „Zuerst kümmern wir uns jetzt um Sara! Wie ich das mit Ben aufkläre oder regle oder sonstwas, überleg ich mir, sobald mein Schädel aufhört zu brummen! Also los, gehen wir!“
Gute 10 Minuten später kommen wir völlig abgehetzt zu dritt in der Bar an. Und logischerweise warten schon alle auf uns! Da stehen sie alle schön aufgereiht und applaudieren, als wir drei Idioten auch mal erscheinen: Sara, Sascha, Dave, Mike, Mikes Frau Sandy und zu guter Letzt: MEINE MOM! :s Linda lässt sich von unserem Begrüßungskomitee nicht stören. Sofort geht die Flirterei mit Dave weiter. Während meine Mom das ganze Zeug für das Catering ins Auto lädt, Sara und Sascha die Toiletten putzen, Ben den Boden wischt und Sandy und ich die Deko wegräumen hört man Linda und Dave immer wieder hinter der Bar kichern. Was am Gläser spülen so witzig sein soll, können sie uns jedoch nicht erklären. Ihr „fröhliches Beisammensein“ endet jedoch, als sich Sandys und Mikes Töchterchen Lisa durch das Babyfon zu Wort meldet und „Onkel Davie“ sich als erstes meldet, um nach der Kleinen zu sehen. Ben ist heute auch mehr als gut drauf. Er schruppt den Boden und immer wieder wenn er mich ansieht muss er lachen! Was er zu meinem Leidwesen auch andauernd macht. Wie wild geworden, wische ich Tisch für Tisch ab und versuche, nicht nachzudenken. Weder über Ben, noch über meinen unglaublichen Kater. Jeder Handstrich fühlt sich an, als würde ich bodybuilden. Da klingelt plötzlich mein Handy: Dennis! Ich gehe kurz raus, um mit ihm zu telefonieren. Er ist heute wie ausgewechselt. Nicht eingeschnappt, nicht abweisend, nicht genervt – nein, er ist ganz lieb, fast schon ein bisschen reumütig! Ich hab den Stress und die Streitereien auch satt, also mache ich ihm auch keine Szene wegen seines Auftritts gestern Abend. Möglicherweise ist auch mein schlechtes Gewissen daran schuld, dass ich gar so handzahm bin. Wir vereinbaren also, dass wir uns abends sehen. Ich will gerade wieder die Bar betreten, da steht plötzlich meine Mutter vor mir. „Mäuschen, ich hab jetzt das ganze Zeug eingeladen. Ich habs auch ziemlich eilig! Ich muss Anna in 15 Minuten vom Ballett abholen und ich weiß nicht, ob ich das bei dem Verkehr schaffe! Mike hat gesagt, ich kann die Rechnung gleich hier lassen! Gibst du ihm die bitte?“ „Ja Moment, bin gleich wieder da!“ Ich gehe also in die Bar – kein Mike! „Ähm, weiß jemand, wo Mike ist? Ich hab hier die Rechnung von meiner Mom, die soll ich ihm geben!“ Sandy meint, dass er wohl gerade mit Sascha im Keller rumwerkelt. Ben kommt auf mich zu. Bei jedem Schritt werden meine Augen größer. „Du kannst sie mir geben. Ich leg sie gleich hoch ins Büro!“ Er schnappt sich die Rechnung und verschwindet im Treppenhaus.
Ich wittere die perfekte Gelegenheit, um mal mit ihm alleine zu sprechen, um in Erfahrung zu bringen, was denn gestern Abend noch so alles los war. Und vor allem, wie es dazu kam, dass er auf meinem Fußboden gelandet ist. „Ich komm kurz mit!“ „Du, das schaff ich schon alleine!“, zwinkert er mir zu. „Ähm… ich müsste aber mal kurz mit dir reden.“ „Hmm… ich kann mir auch denken, worum es geht.“ „Ja, das ist auch leicht zu erraten! Und zwar wollte ich dich gerne fragen, wieso du bei mir…“ Ben öffnet die Tür zum Büro und uns beiden fällt zeitgleich die Kinnlade runter. Da haben wir wohl Linda und Dave unterbrochen, als sie grade voll bei der Sache waren. Die beiden starren uns an und bleiben wie angewurzelt „in Position“. Wenige Sekunden lang ist Totenstille auf dem ersten Stockwerk. Doch dann können Ben und ich nicht mehr an uns halten und fangen lauthals an, zu lachen. Dave und Linda, denen die Situation sichtlich peinlich ist, können leider nicht mitlachen. Während ich mich vor Lachen kringele, schließt Ben die Tür wieder. Bevor wir wieder runtergehen, müssen wir uns erst noch beruhigen, was leider so gar nicht klappen will. Dieser Anblick war einfach so derart witzig, dass wir immer wieder vom Neuem zu Lachen beginnen. Da ruft meine Mutter nach mir, die ja immer noch auf mich wartet, um sich zu verabschieden. „Josiiiieeee?!?!“ Ich wische mir die Tränen von meinem Lachkrampf aus den Augen und rufe zurück: „Ich komme!“ „Hahahahahaaa, nicht nur du! Hahahahaaa…“, fängt Ben wieder zu lachen an.
Wir gehen also wieder runter, wo meine Mom immer ungeduldiger wird. „Mensch da bist du ja Josie! Los jetzt! Der Verkehr!“ Mag vielleicht klischeemäßig wirken, aber Ben und ich brechen wieder ab vor Lachen. „Hahahahaaa, der Verkehr! Hahahahaa…“ Meine Mutter verabschiedet sich leicht irritiert von unserem Gelächter. Kaum hat sie die Bar verlassen, sind auch die restlichen Aufräumarbeiten geschafft. Sara und Sascha möchten sich noch kurz bei allen bedanken, als ihnen etwas auffällt: „Wo ist denn Linda?“ „Stimmt, Dave fehlt auch!“ „Ach, die werden bestimmt nur kurz auf Toilette sein! Dann warten wir eben noch kurz.“ Und da kommen die beiden auch schon wie gerufen. „Da sind wir schon! Habt ihr uns gesucht?“, fragt Linda, während sie sich ihre Frisur wieder in Form rückt. Ich kann es mir einfach nicht verkneifen, lehne mich zu Ben rüber und flüstere ihm ins Ohr: „Wie auffällig!“ „Was kichert ihr beiden denn dauernd?“, will Sara wissen. Sichtlich ertappt winken wir ab: „Nix, Nix.“ Die beiden bedanken sich also nochmal bei uns für die Mithilfe und möchten gerne noch mit uns zusammen eine Kleinigkeit essen gehen. Während Dave, Ben, Mike und Sandy hellauf begeistert sind, sacken Linda und ich mit unserem riesen Kater im Schlepptau zusammen. Nur der Gedanke an Essen… lässt uns würgen. „Also ehrlich gesagt, bin ich total müde. Seid mir nicht böse, aber ich möchte eigentlich nur noch ins Bett!“, gebe ich – ehrlich wie ich nun mal bin – zu! Tja, so offen und ehrlich ist halt nicht jeder: „Also, ich würde schon gerne mitgehen, aber wenn es Josie nicht so gut geht, dann gehe ich doch mit ihr nach Hause.“ Ich hoffe, die anderen haben meinen Blick gesehen und geschnallt, dass Linda genauso durchhängt wie ich – und vor allem, an was es liegt!
5 Minuten später sind wir eeeendlich wieder zuhause. Sascha und Sara waren so nett, uns abzusetzen – laufen wäre wirklich nicht mehr drin gewesen, nach der harten Arbeit heute! Ich kann die Wohnungstüre gar nicht schnell genug aufsperren, so laut höre ich mein Bett rufen. Linda ist auch überglücklich, sich endlich hinlegen zu können. Wir beglückwünschen uns noch, dass wir trotz Hangover so fleißig waren und durchgehalten haben und verschwinden in unseren Zimmern. Ich bin so kaputt, dass ich mich nicht mal dazu durchringen kann, Linda nach dem Sex mit Dave zu fragen. Das muss jetzt erstmal warten…
Ich bin gerade dabei, einzuschlafen, da kommt sie wie ein aufgeschrecktes Huhn in mein Zimmer gestürmt und zetert panisch herum: „Josie, ich hab mein Handy verloren!!!“ „Waaas?“ „Mein Handy!! Es ist weg! Ich wollte mir eben einen Wecker stellen, weil ich doch heute Abend noch zu meiner Schwester muss! Da ist mir aufgefallen, dass es weg ist!“ „Boah nicht so laut! Bei deiner Frequenz wird mir schlecht…“ – das ist nicht gelogen! „JOSIE!“ „Jaaa doch! Mal überlegen! Setz dich!“ Sie folgt meiner Anweisung und setzt sich zu mir aufs Bett. Mit riesengroßen Kulleraugen schaut sie mich an. „Hattest du es heute denn schon?“ „Hmm… ich weiß nicht! Ich weiß niiicht!“, zappelt sie verzweifelt rum. „Mensch, wackel nicht so am Bett rum! Mein Maaagen!“, warne ich sie mit etwas mehr Nachdruck! „Du hast es doch vorhin in der Bar noch gehabt!“ „Sicher?“ „Ja, als wir drei endlich dort ankamen, hab ich doch nach der Uhrzeit gefragt und ich meine, du hättest auf dein Handy geschaut!“ „Stimmt! Stimmt! Du hast recht! Dann muss es dort sein!“ Wie eine Wahnsinnige, fängt sie an, an meinem Arm rumzuzerren! „Was willst du denn jetzt?“ „Na komm, wir holen es!“ „Jetzt?“ „Josie!“ „Ich bin so müde!“ „Josie!“ „Jetzt beruhige dich doch mal!“ „Das kann ich nicht! Was würdest du denn tun, wenn dir beim Sex das Handy abhanden gekommen wäre, hä?!“ „Ganz ehrlich? Ich würde wahrscheinlich gar nicht in die Situation kommen…“, muss ich schon fast ein bisschen schmunzeln, „Außerdem ist doch grad eh keiner dort! Die sind doch noch zum Italiener!“ „Oh verdammt, du hast recht! Wann machen die denn heute auf?“ „Also ich glaub, heute erst ab 17 oder 18 Uhr!“ „Mist, da muss ich schon bei meiner Schwester sein!“ „Ist doch kein Problem, dann hol ich es eben!“ „Das würdest du tun?“, wimmert sie, während sie mir um den Hals springt! „Ja, kein Problem! Vielleicht kann ich ja dann kurz mal mit Ben sprechen! Wegen… heute Nacht und… so!“ „Ihr hattet doch vorhin genügend Zeit zum Reden. Hast du ihn da nicht gefragt?“ „Tja… Lindaaaa… ich war grade dabei, da wurden Ben und ich von einem Lachkrampf übermannt! Der Lachkrampf hatte was mit dir zu tun…“ „Okay!“ „…und mit Dave…“ „Ookay!“ „... und mit dem Büro…“ „Okaaay, halt die Klappe jetzt!“ „Dann verschwinde jetzt endlich, dass ich meinen Rausch ausschlafen kann!“ Sie hört in meinem Tonfall, dass ich es nicht nochmal sagen möchte und verschwindet tatsächlich!
Als ich wach werde, staune ich nicht schlecht, dass ich über 6 Stunden geschlafen hab. Ich hab auch schon drei Anrufe von Dennis auf dem Handy. Da hab ich aber tief und fest geschlafen. Ich rufe Dennis also zurück! „Hey Süße! Ich wollte wissen, wann wir uns heute sehen! Und ob ich was zu essen mitbringen soll.“ „Hmm… Also Hunger hab ich nicht gerade. Ich muss auch gleich nochmal los, deswegen wird’s wohl etwas später werden heute!“ „Was hast du denn noch vor?“ „Ich muss nochmal in die Bar, Linda hat ihr Handy dort liegen lassen!“ „Wieso holt sie es denn nicht selbst?“, fragt er mich in einem genervten Ton. „Sie musste zu ihrer Schwester, da hab ich ihr angeboten, dass ich es hole!“, erwidere ich – ebenfalls in einem genervten Ton! „Du wusstest doch, dass wir heute was machen wollen!“ „Jaaa schon, ich wusste ja nicht, dass ich so lange schlafe! Tut mir leid, aber ich habs ihr versprochen!“ „Naja, du bist da in 10 Minuten hingelaufen, schnappst dir das Handy, läufst wieder 10 Minuten zurück! Geht doch recht schnell!“ Dieses Unverständnis macht mich wahnsinnig. „Ich ruf dich einfach an, wenn ich wieder zuhause bin!“, seufze ich! Doch er bohrt immer und immer wieder nach: „Naja, das dürfte ja nicht so lange dauern!“ „So, dann lass mich jetzt vom Telefon weg, mich umziehen und dann bin ich auch schon unterwegs!“ „Also gut, bis dann!“ Ich höre ganz genau, dass ihm die Planung nicht passt! Tja, daran kann ich jetzt aber auch nichts ändern. Versprochen ist versprochen – außerdem hab ich dort noch was zu erledigen!
In der Bar angekommen – es ist wohlgemerkt die Hölle los – kommt Dave mir schon entgegengelaufen. „Hey Josie! Du bist bestimmt wegen Lindas Handy hier, hab ich Recht?“ „Ja genau!“ „Ich hab es oben auf den Schreibtisch gelegt! Hols dir einfach!“ Das lass ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Den Weg zum Büro kenne ich ja jetzt… :D Ich finde das Handy auch gleich auf Anhieb. Ich schlappe also – immer noch leicht geschwächt vom vorherigen Abend – die Treppe runter und stelle mich unauffällig an die Bar. Mike mixt gerade Getränke und Dave kassiert einen Tisch ab! Aber keine Spur von Ben! Ich schaue noch zwei, drei Mal in die Runde, ob er sich auch nicht irgendwo an einen Tisch dazugesetzt hat. Zu meinem Entsetzen ist er aber nirgends zu sehen. Ich winke Mike zu mir rüber und frage ihn schweren Herzens grade raus, wo Ben steckt und ob er heute wohl nicht arbeiten müsse! „Doch doch, der ist grade…“ „Hey, suchst du mich?“, unterbricht er Mike und steht plötzlich wie aus dem Nichts hinter mir. „Ben! Ja, genau dich hab ich gesucht!“ Ich habe den Eindruck, dass er sich grade gar nicht auf mich konzentrieren kann, weil so viel los ist. „Hast du vielleicht zwei Minuten für mich?“ „Ähm… klar! Schieß los!“, antwortet er, während er hinter der Bar umher turnt. „Also… ich dachte, ich könnte kurz alleine mit dir sprechen!“ „Achso!!! Das ist grade etwas schlecht! Die ganzen Leute hier…“ „Weißt du, es wäre wichtig!“ Er schaut mich an und sieht wahrscheinlich die Verzweiflung und das Unwohlsein in meinen Augen. Er nimmt meine Hand, sagt „Also gut! Komm mit!“, und geht mit mir die Treppe runter in den Lagerraum.
„Was gibt’s denn?“ „Also… wegen gestern Abend! Und heute Nacht! Sag mal…“ Bevor ich überhaupt meinen Satz zu Ende bringen kann, grinst er süffisant an die Decke. „Jaaaa?!“ „Sag mal, wie kam es eigentlich dazu, dass du auf meinem Fußboden geschlafen hast?? Oder überhaupt in unserer Wohnung?“ Er kann sich sein Lachen nicht mehr verkneifen! „Sag bloß, das weißt du nicht mehr?!“ Nach den gefühlten 3000 Schnäpsen und dem verkaterten Tag würdige ich diese Frage nicht mit einer Antwort. „Naja, wir waren bei euch angekommen – fix und alle – und haben dann zu dritt beschlossen, dass ich den restlichen Heimweg unmöglich noch bewältigen kann, was wohl mit dem einen oder anderen Ouzo zusammenhängt.“ „Du hast doch gesagt, du wohnst nur 5 Minuten von unserer Wohnung weg!“ „Jaaa, 5 nüchterne Minuten! Heute Nacht hätte ich wahrscheinlich über ne Stunde gebraucht!“ Ich schaue ihn ungläubig an. „Was schaust du denn so? Ihr beide habt mich mit raufgebeten!“ „Und wieso hast du dich dann vor mein Bett gelegt? Auf den Fußboden? Wir haben auch ne Couch?!“ Vor lauter Aufregung drücke ich wie eine Verrückte auf Lindas Handy rum, das ich noch in der Hand habe. „Auf der Couch war Linda gelegen und ich bin dir einfach hinterher getrottet…“ Ich schaue ihn noch einen Tick ungläubiger an. „Linda hat in ihrem Zimmer geschlafen!“ „Nein! Sie ist dort aufgewacht, aber eingeschlafen ist sie auf der Couch!“ „Ist das dein Ernst?“ „Jap! Schlafwandeln nenn ich sowas!“ Eine komische Geschichte, aber wenn man den gestrigen Alkoholpegel bedenkt, gar nicht so unrealistisch! :s „Naja, wie auch immer: War denn sonst noch was??“, quetsche ich ihn weiter aus. Es folgt Bens zweiter süffisanter Blick an die Decke! „Was denn?“ „Naja…“ Ich merke, wie mein Gesicht sich dunkelrot verfärbt. „Du meinst, ob wir Sex hatten?“ Als wär es nichts, bringt er diesen Satz über die Lippen! Als würde er nach dem Fernsehprogramm fragen! Und ich muss mich zusammenreißen, nicht an meiner eigenen Zunge zu ersticken! „Nein hatten wir nicht! Kannst ganz beruhigt sein!“, beruhigt er mich und legt seine Hände auf meine Schultern! Ich komme an einem erleichterten Seufzer nicht vorbei… „Ich möchte ja, dass wir beide nüchtern sind, wenns denn mal so weit ist!“, scherzt er, ehe er wieder nach oben geht. Auf der Treppe bitte ich ihn noch, trotzdem nicht damit hausieren zu gehen. „Keine Panik! Dein Typ wird nix erfahren!“, lässt er mich zwinkernd wissen.
Ich bin froh, dass die Angelegenheit jetzt geklärt ist und will gerade die Bar verlassen, als plötzlich jemand meinen Namen ruft. Ich drehe mich um und sehe ein paar Kollegen von Dennis in der Bar sitzen. Alles Vollidioten! Der guten Ordnung halber gehe ich kurz rüber und sage hallo. Während ich mit den beiden Typen drei, vier Sätze wechsle, fällt mir auf, dass die Tussi, die dabei sitzt, mich unaufhörlich mustert! Von oben bis unten und von unten bis oben! Ihr arroganter Blick, den sie dabei hat, lässt sie auch nicht gerade sympathischer wirken. Naja, kurz geredet – Pflicht erfüllt, endlich kann ich nach Hause gehen. Ich rufe also Dennis an und mache mit ihm aus, dass wir uns bei mir treffen und einen gemütlichen DVD-Abend machen.
Ich bin die ständige Streiterei satt und sorge dafür, dass wir einen wunderschönen gemütlichen DVD-Abend haben. Ich räume auf, zünde Kerzen an, verteile Chips und Schokolade, die ich auf dem Heimweg noch gekauft habe, auf die Schälchen und mache mich schön für Dennis. Gerade als ich mit den Vorbereitungen fertig bin, klingelt es an der Tür. Ich mache auf und sehe auf den ersten Blick, dass Dennis meine Mühe bemerkt hat. „Mensch, du hast es uns ja richtig gemütlich gemacht!“ wundert er sich, während er sich umsieht und zum Sofa geht. Er legt die DVD ein und zusammen machen wir es uns auf dem Sofa gemütlich. Ich genieße die Zweisamkeit und kann auch spüren, dass es Dennis genauso geht. Plötzlich schrecke ich auf, weil mein Handy klingelt. Eine Nummer, die ich nicht kenne – mir wird etwas mulmig! Ich hebe ab und – Gott sei Dank – Entwarnung! Es ist Linda! „Heeey Josie! Ich wollte dir nur sagen, dass ich heut bei meiner Schwester schlafe. Wir amüsieren uns hier so gut und da hat sie mir angeboten, dass ich gleich über Nacht bleiben kann! Nur, dass du dir keine Sorgen machst.“ „Okay, dann weiß ich ja Bescheid!“ „Hast du vielleicht Lust, auch noch zu kommen?“ „Das ist echt lieb von dir, aber Dennis ist hier und wir machen uns einen gemütlichen DVD-Abend.“ „Hat das mit dem Handy geklappt?“ „Klar, es liegt schon in deinem Zimmer!“ „Vielen vielen Dank! Konntest du denn jetzt mit Ben reden?“ Ich fange an zu schwitzen und zu stottern: “Ähm… ja! Das… das erzähl ich dir morgen!“ Sie versteht, wieso mir das Gespräch plötzlich unangenehm wird und beendet das Telefonat! „Oh! Verstehe! Na dann viel Spaß! Wir sehn uns dann morgen zum Frühstück.“ „Bis morgen!“ Um ehrlich zu sein passt mir das eigentlich ganz gut, dass Sie heute nicht mehr nach Hause kommt. Dennis möchte natürlich wissen, was los ist und als ich es ihm sage, haben wir den gleichen Gedanken: „Dann haben wir ja die Bude heute für uns!“ Wir beginnen also, uns zu küssen. Ich bin gerade dabei, sein Shirt auszuziehen, da bemerke ich, dass ich eine Nachricht bekommen habe. Davon lasse ich mich aber nicht unterbrechen und mache mich weiter an "die Arbeit". „Warte mal Josie! Du hast eine Nachricht bekommen!“ „Ist doch egal!“ „Aber sieh mal, das ist eine nicht eingespeicherte Nummer.“ Ich versuche weiter, mich nicht aus der Stimmung bringen zu lassen: „Dennis, lehn dich zurück und mach doch bitte mit!“ Auf ihm sitzend drücke ich seinen Rücken gegen die Sofalehne und ziehe mein Top aus. Er kann sich jedoch nicht mehr auf die Sache konzentrieren und hält mich an den Schultern fest. „Na jetzt schau doch mal! Ist doch schon komisch oder?“ Ich bin richtig geknickt! Mit allem habe ich mir so eine Mühe gegeben und jetzt sowas: Mein Handy klingelt und Dennis verliert den Kopf. Schnaubend steige ich also von ihm runter, setze mich aufs Sofa und greife zu meinem Handy! Ich öffne die Nachricht und zucke zusammen, als ich den ganzen Text lese. Ich bin ja froh, dass Dennis nur den Anfang lesen konnte… >Hallöchen! Ich hoffe, du hast meinen Witz heute nicht in den falschen Hals bekommen. Vielleicht sehen wir uns ja bald wieder in der Bar – würde mich freuen. Ben< Ben?? Wie kommt Ben denn an meine Nummer?? Ich versuche mit aller Kraft, meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, damit Dennis mir nicht ansieht, dass ich mehr als nur geschockt bin! „Und?? Von wem ist die denn nun?“ Mein Gehirn läuft auf Hochtouren, irgendetwas sollte mir jetzt in der nächsten Sekunde einfallen!! „Ähm, die ist nur von Sascha!“ „Sascha?“, fragt er erstaunt nach. „Seit wann schreibt der dir denn Nachrichten?“ „Ach weißt du…“ „Und was für einen Witz sollst du nicht in den falschen Hals kriegen? Sehr merkwürdig das Ganze…“ „Ach, ich hab ihn heute zufällig kurz getroffen, als ich wegen Lindas Handy unterwegs war. Da hat er nur einen kleinen Witz gemacht…“, versuche ich ihm mit Armen und Beinen rudernd zu erzählen. „Und welchen bitte?“ Das Kreuzverhör nimmt einfach kein Ende! „Naja, dass Linda und ich einiges getrunken hätten und bla bla blaaa… Sowas eben! Du kennst das ja bestimmt!“ „Und wieso hättest du das jetzt in den falschen Hals bekommen sollen?“ Langsam aber sicher machen mich die tausend Fragen richtig sauer! Gerade im Hinblick auf den schönen Abend, der wohl hiermit ein jähes Ende gefunden hat. „Ach weißt du, ich war in Eile und das hat für ihn vielleicht unfreundlich gewirkt oder sonstwas!“ Dennis merkt mir an, dass er bei der nächsten Frage aus der Wohnung fliegt. „Achso, naja! Dann ist ja gut! Wo waren wir stehen geblieben?“, grinst er mich leicht angegeilt an, kommt auf mich zu und spielt am Verschluss von meinem BH rum! Dass mir die Lust gründlich vergangen ist, dürfte sich wohl von alleine verstehen. Ich lehne mich also auf der Couch zurück drehe mich weg von ihm, ziehe mein Top wieder an und motze ich einem genervten Ton: „Können wir jetzt vielleicht den Film weiter schauen?“ Mit dieser Reaktion hat Dennis wohl nicht gerechnet. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, weiß er überhaupt nicht, wie ihm geschieht! „Was ist denn jetzt los?“ „Ich möchte den Film weiter ansehen! Das ist los!“, maule ich weiter, ohne ihn eines Blickes zu würdigen! Seine ständige Eifersucht geht mir immer und immer mehr gegen den Strich! Auch Dennis ist jetzt an einem Punkt, an dem er auf stur schaltet! „Ich bin müde und geh schon mal ins Bett!“ Und für den Fall, dass ich den Ärger dieser Aussage nicht mitbekommen habe, lässt er mich noch mit einem Türknallen wissen, was Sache ist! Ich lasse mich davon jedoch nicht aus der Reserve locken, schnappe mir die Chips und die Schokolade und mampfe Tonnen davon in mich rein, während ich verärgert den Film – der mich schon von Anfang an nicht interessiert hat – zu Ende schaue. Als ich einige Zeit später auch ins Bett gehe, schläft Dennis bereits tief und fest, sodass ich keine Angst vor einer stundenlangen Diskussion haben muss.
Am nächsten Morgen werden wir von Lindas „sanftem“ Klopfen – oder eher Hämmern – an meine Schlafzimmertür geweckt! „Aufsteeeehn! Ich hab Frühstück mitgebracht!“ Ich springe aus dem Bett und verschwinde kurz im Bad. Als ich mit Linda zusammen den Tisch decken will, kommt auch endlich Dennis aus den Federn. Auf dem Weg ins Badezimmer bringt er nicht mehr als ein kurzes und knappes „Morgen!“ raus. „Alles gut?“ möchte Linda natürlich wissen. Ich winke ab und sage „Jaja!“ Kurze Zeit später kommt Dennis wieder aus dem Badezimmer. „Guten Morgen Dennis! Setz dich! Ich hab Frühstück mitgebracht!“ Er eilt durch die ganze Wohnung. „Tut mir leid ihr zwei: Ich hab gar keine Zeit!“ „Aber du musst doch erst um 8 anfangen oder?“, werfe ich verwundert als Einwand ein! „Ja eigentlich schon! Aber heute gibt’s ne große Besprechung und da haben die Leute aus meiner Abteilung ausgemacht, wir treffen uns schon früher!“ „Achso…“, stammle ich, bekomme ein Küsschen aufgedrückt und schon ist Dennis aus der Tür! Natürlich bekommt Linda ganz genau mit, dass etwas nicht stimmt! „Los! Raus damit!“ fordert sie in einem leicht bedrohlichen Ton. Ich erzähle ihr also, was am vorherigen Abend so los gewesen ist. „Du hast also gesagt, dass Sascha dir geschrieben hat?“, amüsiert sie sich. „Naja, was sollte ich denn sagen?!“ „Und woher hat Ben deine Nummer?“ „Das wollte ich dich gerade fragen!“ Linda lächelt in ihre Kaffeetasse. „Was?“ „Naja…“, druckst sie herum, „…er wollte deine Nummer ja unbedingt! Und jetzt hat er sie sich irgendwie beschafft! Das find ich schon süß!“ Sie schaut mich an und amüsiert sich weiter auf meine Kosten. „Und wenn ich das Tomatenrot in deinem Gesicht richtig verstehe, dann findest du das auch süß von ihm!“ Ich muss schmunzeln, will ihr jedoch nicht die Genugtuung geben und ihr zustimmen. „Was hast du überhaupt geantwortet?“ „Noch gar nix!“ Gemeinsam fangen wir an, zu eruieren, ob es wohl gut wäre, zu antworten, was passieren könnte, wenn ich nicht antworte, wenn ja, was ich überhaupt antworten soll, was Ben denken könnte, wenn ich dies oder jenes antworte, ob ich es doch besser lassen soll und und und…
Doch bevor ich es vergesse, sollten wir mal gaaanz schnell das Thema wechseln. Wegen unserem Megakater gestern und weil uns andauernd irgendwas dazwischen gekommen ist, hatten wir noch gar keine Gelegenheit, darüber zu sprechen, dass Linda und Dave eiskalt in der Kiste gelandet sind – oder besser im Büro! ;) Sie beginnt also zu erzählen, und schon bei den ersten drei Sätzen bekomme ich Gänsehaut. „Da bin ich ihm einfach hinterher gegangen und als ich dann ins Büro gekommen bin und die Tür hinter mir zugemacht hab… da kam er auf mich zugestürmt und… hat mich geküsst!“ Ich schaue sie mit riesen Augen an! „Erzähl weiter!“ „Naja, ich hab natürlich seinen Kuss erwidert. Aber ich wollte eigentlich nicht direkt… mit ihm schlafen. Er hat seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt und sie immer weiter nach oben wandern lassen!“ Ich sitze gebannt vor ihr: „Und dann??“ „Naja, erst hab ich seine Hand festgehalten und „nein“ gesagt. Er hat mich angelächelt und kurz gewartet. Tja, dann hab ich gemeint „Ach scheiß drauf!“ und dann gings richtig zur Sache! Stehend, sitzend, liegend…“ „Und wie waaaars?“, will ich ganz genau wissen! „Es war der absolute Hammer! Ich hatte noch nie so wahnsinns Sex! Ich bin ehrlich gesagt immer noch weggeflasht!“ „Ist da jemand ein kleines bisschen verliiieeebt?“, grinse ich sie an! „Nein! Wir haben – nachdem ihr uns unterbrochen hattet – uns noch unterhalten! Er sucht momentan keine feste Beziehung und ich ja auch nicht! Es war nur einmal Sex – wahnsinns Sex – und jetzt bleiben wir Freunde!“ „Heißt das also, dass er sich durch die Betten der ganzen Stadt pimpert?“ „Nein! Er hat gemeint, dass das für ihn gar nicht typisch ist!“ „Und jetzt wollt ihr Freunde bleiben?“, will ich ungläubig wissen. „Ja klar! Wir verstehen uns ja super!“ „Jaaahahaha, allerdings!“ Linda muss dabei selber lachen: „Ach halt die Klappe!“
Nachdem die Küche wieder blitzt und blinkt, machen wir uns auf den Weg zur Arbeit. Dort angekommen, spreche ich Sara sofort darauf an, ob sie Ahnung hat, woher Ben meine Nummer haben könnte. „Er hat deine Nummer? Hat er dich etwa angerufen?“ „Nein, er hat mir geschrieben!“ „Oh wie süß! Was denn?“ „Naja eben nur so das Übliche… Aber jetzt sag schon, weißt du, woher er meine Nummer hat?“ „Hmm… also ich könnte höchstens mal Sascha fragen! Aber das halte ich doch für unwahrscheinlich!“ „Fragst du ihn bitte trotzdem mal?“ „Klar, mach ich!“ Plötzlich wackelt Linda total hibbelig auf ihrem Stuhl rum, reißt beide Hände in die Luft und erleuchtet uns: „Ich weiß es!!!!!!!“ Sara und ich schauen Sie mit reisengroßen Augen an: „Uuuund? Erzähl schon!“ „Vielleicht hat er sie doch von mir!“ „WAS??“, zische ich sie an, während ich aufstehe und bedrohlich auf sie zugehe. „Also ich meine, nur indirekt von mir!“ „Was soll das denn heißen?“ „Naja, womöglich hat er sich die Nummer aus meinem Handy beschafft, als ich es dort vergessen hatte!“ Wie vom Donner gerührt bleibe ich stehen und stammle ungläubig: „Denkst du? Meinst du… er würde einfach an dein Handy gehen?“ „Naja, er wollte deine Nummer haben, richtig? Und da er dich echt gut findet, wollte er sie auch unbedingt haben, richtig? Dann kam das doch wie gerufen, dass ich mein Handy dort liegen hab lassen, richtig?“ Ehe ich darüber nachdenken und antworten kann, reagiert Sara mit einem bestimmten und überzeugten „Das glaube ich nicht!“ Wir schauen sie beide an, mit einem eine Antwort fordernden Blick. „Naja, das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Er ist so nett! Dafür muss es eine andere Erklärung geben.“ Da macht Linda den Vorschlag des Tages: „Wisst ihr was? Wir gehen in der Mittagspause dort essen und dann kannst du ihn ganz einfach fragen!“
Gesagt – getan! Unsere Mittagspause haben wir also in die PANORAMA-Bar verlegt. Wir nehmen also Platz und es dauert nicht lange, bis Dave uns bedient. Ganz unauffällig versucht Linda ihr Wimperngeklimper sein zu lassen. In der Hoffnung, das Ben uns die Getränke oder das Essen bringt, überlege ich mir schon die ganze Zeit, wie ich ihn darauf ansprechen soll, doch leider ist er nicht zu sehen. Als Dave mit den Getränken kommt, frage ich also nach Ben. „Der ist im Lager, wir haben heute Vormittag Lieferung bekommen.“ „Meinst du, du könntest ihn mal zu mir schicken?“ „Klar, kann ich machen!“ er läuft Richtung Bar, stoppt und kommt wieder zurück „Wenn du magst, kannst du aber auch kurz runter gehen. Du kennst dich ja aus!“ „Wirklich? Das würde dich nicht stören?“ „Nur zu!“, zwinkert er mir lächelnd zu. Ich mache mich also auf den Weg in den Keller. Angekommen sehe ich Bens Hemd an der Türklinke hängen. Ich betrete das Lager, wo er gerade im Unterhemd und leicht verschwitzt Kisten schleppt. Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Als er sich umdreht, bemerkt er mich im Türrahmen stehen. „Hey! Stehst du schon lange hier?“ „Ähm, nein… ich… also Dave hat gesagt, dass du hier bist und da…“ „Was kann ich denn für dich tun? Oder wolltest du mich einfach sehen?“, scherzt er mit einem süffisanten Grinsen. Alle Gedanken gesammelt und geordnet, frage ich: „Woher hast du meine Nummer?“ „Ha! Wusste ich doch, dass du meine Nachricht gekriegt hast.“ „Sag schon Ben!“ „Naja, du wolltest sie mir ja nicht geben!“ ich spüre, wie ich innerlich immer wütender werde. Die Tatsache, dass er so um den heißen Brei herumredet, spricht eigentlich für sich. „Und da gehst du einfach an Lindas Handy?“ „Was???“ Er schaut mich völlig entgeistert und mit weit aufgerissenen Augen an! Ich merke, dass er völlig überrumpelt von meinem forschen Ton ist. „Wovon redest du denn grade?“ „Davon, dass du meine Handynummer hast! Und sie nur von Linda bzw. ihrem Handy haben kannst! Also raus damit!“ „Wieso denn von Linda? Ich versteh nur Bahnhof!“ „Naja, Linda hat doch neulich ihr Handy hier liegen lassen! Also musst du…“ „…Muss ich was? Mir ihr Handy gegriffen haben?“ Ohne etwas zu sagen, schaue ich ihn an. Seine Reaktion verwirrt mich. Wieso ist er so entsetzt? Er kommt auf mich zu. Immer näher! Und näher! „Ich hab Lindas Handy nie in der Hand gehabt. Stimmt, ich wollte deine Nummer. Aber hinter Lindas Rücken an ihrem Handy rumfuchteln? Nein! So bin ich wirklich nicht!“ „Aber woher hast du sie dann?“ „Vielleicht, war die Idee ja etwas extravagant, aber… naja! Ich hab sie von deiner Mutter!“ Ich traue meinen Ohren nicht. „Von meiner Mutter? Wie das denn?“ „Naja, sie hat uns wegen dem Catering ihre Nummer gegeben. Du weißt schon, falls irgendwas hätte umgeworfen werden müssen.“ „Ja und?“ „Naja, sie hat gesagt, dass sie manchmal schlecht zu erreichen ist. Da hab ich die Chance ergriffen.“ „Wie meinst du das?“ Er widmet sich wieder den Kisten zu und sagt, als gäbe es nichts Normaleres auf der Welt „Da hab ich sie gebeten, deine Nummer doch auch gleich noch aufzuschreiben. Für den Fall, dass du besser zu erreichen bist!“ „Ist das dein Ernst?“ Er kann sich ein triumphierendes Lachen nicht mehr verkneifen. „Tut mir ja leid, aber ich wusste mir nicht zu helfen.“, amüsiert er sich über meine am Boden liegende Kinnlade! „Hast du etwa Stress mit deinem Typen? Hat er mitbekommen, dass ich dir geschrieben hab?“ Die Tatsache, dass er sich so skurrile Ideen einfallen lässt, nur um an meine Nummer zu kommen, lässt mich förmlich dahin schmelzen. „Also, ich möchte nicht, dass du Stress bekommst!“ Er kommt erneut auf mich zu – diesmal noch näher. „Wenn du willst, dann lass ich dich in Ruhe! Wird mir aber schwer fallen…“, säuselt er, während seine Hand von meiner Schulter nach unten über meinen Arm streift. Mit einem Herzschlag, der schon fast sichtbar sein muss, höre ich mich antworten: „Nein, schon gut!“ Ich drehe mich wieder um und gehe zurück zum Tisch, wo die Mädels mich natürlich vom Feinsten ausquetschen! Was so lange gedauert hat! Was er gesagt hat! Linda hat sogar gefragt, wie er ausgesehen hat, hahaha!
„Oh mein Gott, das ist ja echt voll süß!“, bricht Linda in Begeisterungsstürme aus. Ich kann einfach nicht verbergen, dass ich mich wahnsinnig geschmeichelt fühle. „Also alles andere hätte mich auch gewundert. Einfach an fremde Handys gehen, ich wusste, dass Ben sowas nicht machen würde!“, klopft Sara sich selbst auf die Schulter. Nachdem die Sache endlich aufgeklärt ist, lassen wir uns das Mittagessen dort erst recht schmecken.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.08.2016.
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