Doris E. M. Bulenda

Flotte Taxifahrerin in Taiwan

Manchmal trifft man auf Reisen Menschen, die einen beeindrucken. Und das muss nicht unbedingt mit großen Heldentaten zu tun haben, auch die kleinen, feinen Dinge des Lebens sind ab und zu sehr eindrucksvoll.
Ich kam spät in Taiwan, am Taipeh International Airport, an. Eigentlich hätte ich am frühen Nachmittag dort landen sollen, aber ein Gewittersturm bei der Zwischenlandung in Peking hatte uns aufgehalten – mehr als 4 Stunden aufgehalten. Statt Ankunft 16.00 Uhr in Taipeh kam ich erst um 21.00 Uhr dort an. Zum Glück war die Einreise unproblematisch, auch der Zoll freundlich und uninteressiert an meinem Gepäck.
Draußen im Terminal gab's einen Schalter für den Hochgeschwindigkeitszug HST (gut versteckt, aber schließlich doch zu finden). Ich kaufte ein Ticket nach Kaohsiung, was relativ easy ging, auch wenn in Taiwan die Fremdsprache Englisch ziemlich unbekannt ist – es hing ja eine große Karte am Schalter und ich deutete einfach nur auf mein Ziel. Dann noch ein Ticket für den Bus zum Zugterminal, kein Problem. Der Bus kam pünktlich – sehr typisch für Taiwan, steht auf dem Ticket 9.57, dann fährt der Bus oder Zug um 9.57. Nicht 9.56 oder 9.58 – nein, in Sachen Pünktlichkeit geht’s da absolut präzise zu. Der besagte Bus zuckelte eine gute halbe Stunde durch die Vororte von Taipeh und kam am Bahnhof an.
Ich wanderte zum Gleis, alles trotz ausschließlicher Beschriftung in chinesischen Schriftzeichen leicht zu finden. Der Zug fuhr ganz pünktlich um 22.15 ab. Ich kann nur sagen, es geht doch nichts über einen Hochgeschwindigkeitszug auf Magnetschwebe-Schienen. Leise, schnell – ca. 300 km/h – und sanft wie eine Wiege. Ich habe jedenfalls sehr, sehr gut geschlafen in diesem Zug. Und zu sehen gab's ja sowieso nichts, es war stockfinstere Nacht. 5 Minuten vor Mitternacht kam ich dann endlich in Kaohsiung an. Jetzt folgt der Haken bei diesen Hochgeschwindigkeitszügen – der Bahnhof ist immer ziemlich weit außerhalb des Zentrums. Da solche Züge ja ganz eigene „Gleise“ brauchen, sind die Bahnhöfe immer total abseits – jenseits von Gut und Böse … Und es war Mitternacht …
Ich schleppte meinen Rucksack Richtung Ausgang, ein Taxifahrer sprach mich an, aber der sprach oder verstand so gar kein Englisch. Also lief ich weiter Richtung Ausgang, da kam mir ein junges Mädchen entgegen. Auch sehr offensichtlich eine Taxifahrerin, die auf meine Frage „English“  mit „little, little“ antwortete. Ich beschloss, mit ihr zu fahren und stieg bei dem Mädchen ins Taxi. Kann nur sagen, das habe ich nicht bereut. Mit einem Frontalangriff auf die Sprachbarriere machte ich ihr klar, dass ich ein Hotel suchen würde. Sie verdeutlichte mir, heute Feiertag, Hotel teuer – na gut, ich nannte mal 1200 NT (ca. 25 Euro) als Obergrenze. Die nette Taxlerin nickte, wir fuhren los.
Und dann kam, was mich in absolutes Staunen versetzte und mir echte Hochachtung abnötigte: Dieses Mädchen fuhr mit ziemlichem Schwung und sehr flott durch die Straßen, derweil telefonierte sie gleichzeitig mit 2 bis 3 Handys – synchron! –, um ein Hotel für mich zu finden. Nach mehreren ebenso flott geführten Telefonaten wie sie auch flott durch die nächtlichen Straßen fuhr, erklärte sie mir, ein Hotel zu haben, aber für 1480 NT. Ich stimmte sofort zu – logisch, es war jetzt nach halb ein Uhr morgens, ich wollte so langsam irgendwo ankommen. Sie telefonierte gleich nochmal mit dem Hotel, lächelte mich an, das Hotel wäre ok. Sie telefonierte weiter – vielleicht jetzt mit dem Freund – und fuhr auch weiterhin verdammt flott durch das nächtliche Kaohsiung.
Und dann wurden aus den dunklen Gassen helle, erleuchtete Straßen, ein eindeutig besseres Viertel – und schon waren wir am Hotel. Ich bezahlte den ausgemachten Fahrpreis von 300 NT, Trinkgeld kennt man in Taiwan gar nicht, bedankte mich nochmal bei dem Mädchen und checkte im Hotel ein. Ich muss sagen, sie hatte ein echt hübsches Hotel ausgesucht, großes, schönes, sauberes Zimmer, gute Gegend, ich hätte mir nichts Besseres wünschen können.
Und so wird mir diese Ankunft in Kaohsiung immer gut in Erinnerung bleiben: Mit einer netten, flotten und sehr flexiblen Taxifahrerin und einem guten Hotel. Übrigens war die Stadt selbst ebenfalls sehr ansprechend, als ich sie die nächsten Tage genauer erkundete. Mit einem hübschen See, an dem es viele farbenprächtige Tempel gab, mit einer vorgelagerten Insel mit „Vergnügungsviertel“ und vielen netten, freundlichen Einwohnern. Auch wenn kaum einer Englisch sprach, klappte die Verständigung ganz gut – mit Händen und Füßen. Und vielen hilfsbereiten und flotten Taxifahrern.
Die Taxifahrer haben dort übrigens noch einen ganz besonderen Service zu bieten: Da kaum einer Englisch spricht, gibt es einen Telefonservice für die paar Touristen, die sich nach Taiwan verirren. Der Fahrer ruft mit dem allgegenwärtigen Handy eine Nummer an, da meldet sich eine Dame, die sehr gut Englisch spricht (bei mir waren es immer Damen, keine Ahnung, ob der Service auch Herren beschäftigt), sich erkundigt, wo man genau hinwill. Und das dann dem Fahrer oder der Fahrerin in Chinesisch erklärt. Das hat immer perfekt funktioniert. Eine gute Idee, die man auch in anderen Ländern einführen sollte.
 

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