Doris E. M. Bulenda

Sri Lanka – Schmuckkauf in Ratnapura

Es gibt eine Sache, auf die die Leute in Sri Lanka sehr stolz sind, nämlich ihre Edelsteine. Die werden dort geschürft, bearbeitet und geschliffen. Wunderschöne Steine – nur sind die guten Leute zwar gute Steinschleifer, aber keine Juweliere. Ohne Fassung sind die Edelsteine sehr schön und gut bearbeitet, aber sobald sie gefasst werden, verlieren sie jeglichen Reiz. Alles, was es in Sri Lanka an Fassungen gibt, ist hässlich, protzig, unelegant und total altmodisch.
Ich war auf meiner Rucksackreise auch in dem berühmtesten Edelstein-Ort Ratnapura gelandet. Leider ist der Ort selber nicht sonderlich hübsch. Die Landschaft drumrum, das Gebirge und die Natur sind sehr schön, das kleine Städtchen nicht. Und zudem hatte ich das Pech, dass der Monsun, der schon aufgehört hatte, zurückgekommen war. Heißt, es regnete zwar nicht durchgehend, es kamen aber immer wieder sehr heftige Schauer.
An einem Nachmittag wanderte ich in einer Regenpause vom Hotel, das ein wenig abseits lag, los. Ging ins Zentrum, landete im Juwelierviertel und guckte mich da ein bisschen um. Leider waren die Verkäufer ziemlich aufdringlich und versuchten immer gleich, einen in den Laden zu ziehen, sofort kam „was wollen sie, was kaufen sie“. Ich wehrte diese Versuche ab, ich wollte eigentlich nur ein bisschen Bummeln und mir eben ein paar Schaufenster ansehen.
Das ging so lange gut, bis der nächste, ziemlich heftige Regenschauer einsetzte. Nur deswegen ließ ich mich von einem Juwelier mit sanfter Gewalt in seinen Laden ziehen. Dort begann der gute Mann sofort, mir seine Ware vorzulegen. Ringe, Anhänger, Armbänder – und alle in dem typischen Sri-Lanka-Stil gefertigt. Dick, protzig und für meinen Geschmack total hässlich und langweilig. Da war so gar nichts Ansprechendes dabei.
Es lief also folgendermaßen: Der Juwelier zog ein Tablett mit verschiedenen Schmuckstücken unter der Ladentheke hervor, zeigte es mir, wies mich auf die „Schönheit“ der einzelnen Stücke hin. Und ich antwortete jedes Mal: „Nein, tut mir leid, das ist nicht das Richtige.“ Nach einer Weile lagen Dutzende von Tabletts auf der Theke, aber es war kein einziges Stück darunter, das mir auch nur annähernd gefallen hätte.
Da bewegte sich der Vorhang, der wohl den Laden vom dahinterliegenden Wohnraum abtrennte und ein junges Mädchen – offensichtlich die Tochter des Juweliers – erschien. Sie warf einen kurzen Blick auf mich, lächelte mich strahlend an. Dann packte sie ihren Vater an den Schultern und schob ihn ziemlich unsanft und sehr energisch beiseite.
Mit einem weiteren Lächeln und einem weiteren prüfenden Blick auf mich bückte sie sich und zog unter der Ladentheke ein neues Tablett hervor. Darauf lagen – Ohrringe. Mit sicherem Blick hatte das Mädchen sofort gesehen, dass ich in jedem Ohr mehrere Ohrringe trug. Und messerscharf geschlossen, dass ich wohl am ehesten daran Interesse haben könnte.
Womit sie völlig richtig lag. Und siehe da, unter diesen Ohrringen fanden sich auch wirklich sehr hübsche Stücke. Filigran gearbeitet, mit kleinen, geschmackvoll gefassten Steinen verziert, richtig schöne Teile gab's da.
Ich beugte mich interessiert darüber, nahm ein paar der schönsten Stücke in die Hand, legte probehalber ein paar auch an. Es kam, wie es kommen musste, wir feilschten noch ein bisschen, dann gehörten zwei Paar Ohrringe mir. Ich zahlte, das Mädchen und ich strahlten uns an und wir verabschiedeten uns – beide sehr zufrieden mit dem Geschäft – voneinander.
Beim Rausgehen warf ich noch einen Blick auf den Juwelier – der starrte mich und seine Tochter fassungslos an und konnte offensichtlich gar nicht begreifen, was da jetzt passiert war. Und wieso seine Tochter so schnell ein so gutes Geschäft machen konnte. Ich sag's ja immer wieder: Männern fehlt eben ein gewisses Gen… das Shopping-Gen.
 

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