Doris E. M. Bulenda

Venezuela und die Vorfahrtsregeln

Eine Rucksackreise durch Venezuela. Leider war das Vorankommen mit Bus oder Bahn so mühsam, beschwerlich und teuer, dass ich mir einen Mietwagen nehmen musste. Und so fuhr ich eben selber im Auto in die Gran Sabana, eine eigenartige Landschaft, eine riesige Hochfläche im Süden Venezuelas. Weite, flache Täler, von Hochgebirge umrandet, Tafelberge, Wasserfälle – berühmt für ihre Schönheit – und nicht so berühmt für die Tausenden von gigantischen Schlaglöchern in den Straßen …
Ich fuhr die Hauptstraße – oder eigentlich die einzige Straße – immer geradeaus durch. Im Ort „El Dorado“ übernachtete ich auf der Hinfahrt. Nebenbei: Von wegen Gold oder so, das war eines der miesesten Käffer, in denen ich je war. Dann fuhr ich weiter, kletterte mehrer Tage an diversen Wasserfällen herum und bewunderte die Landschaft.
Auf der Rückfahrt machte keine Pause mehr, sondern fuhr bis Barcelona am Meer durch. Ich hatte die Straße fast für mich allein, bis auf die Schlaglöcher war's recht gut zu fahren. So fuhr ich ziemlich flott, ließ mich von nichts stoppen. Ich kam auch an der Abzweigung nach El Dorado wieder vorbei. Und bretterte flott über die Kreuzung – notierte nur ganz kurz, dass ich ein Stoppschild überfahren hatte. Ich war mir absolut sicher gewesen, dass meine Straße die Hauptstraße wäre.
Dem war also nicht so … Und prompt wurde ich kurz nach der Kreuzung gestoppt. Da war ein Polizeiposten und der diensthabende Typ raste raus und hielt mich auf. Dann durfte ich mir eine wunderschöne, verdammt laute Strafpredigt anhören. Ich spreche ganz gut Spanisch, möchte aber nicht behaupten, dass ich davon jedes Wort verstanden habe.
Nur der Grundtenor war klar – was mir denn einfiele, hier wie eine Irre über die Kreuzung zu brettern. Ich hätte gefälligst am Stoppschild anzuhalten. Oder wenigstens auf Schritttempo abzubremsen … In dem Ton ging es eine ganze Weile.
So, Mist, was tun? Sicher nicht zugeben, dass ich den Typ recht gut verstanden hatte. Oder auch nur ahnte, was ich so angestellt hatte. Ich riss die Augen auf, guckte unschuldig und zuckte die Achseln, sagte fragend: „Hmmmm?“
Der Polizist blickte mich misstrauisch und ziemlich böse an, dann fragte er nach, ob ich ihn verstehen würde. Na, das würde ich sicher nicht so schnell zugeben. Also stammelte ich „no mucho espanol – ich nix viel Spanisch“. Wieder mit einem unschuldigen Augenaufschlag.
Einen Augenblick überlegte der Offizielle noch, was er tun solle. Dann knurrte er etwas, das ich ungefähr als „dann hau schon ab“ entzifferte. Mit einer barschen Handbewegung scheuchte er mich weiter. Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen, ich fuhr sofort – langsam, aber doch zügig – weiter.
Den Schweiß wischte ich mir erst von der Stirn, als ich sicher außer Reichweite war. Das war knapp gewesen, keine Ahnung, wie hoch die Strafen für so was in Venezuela sind … Nach der Wut des Polizisten zu urteilen, ziemlich hoch.
 
 

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