Endlich
ein Erbe? 2
Das Namensfest 4
Nepumuks Jugend 6
Im Wald der Einhörner 8
Der Aufbruch 10
Unruhe bei den Drachen 12
Ein neuer Freund 14
Wohin jetzt? 15
Verirrt und gefunden 17
Eine neue Heimat 19
och in den Bergen, dort wo sie am unzugänglichsten sind,
nicht weit von den ewigen, blauschimmernden Gletschern entfernt, lebte vor
langer, sehr langer Zeit ein besonders mächtiges und stolzes Drachenvolk. Ihr
Anführer war Dragon, ein ausgesprochen starker und weiser Drache, der von Allen
wegen seiner Gerechtigkeit und Weisheit geachtet und verehrt wurde. Das Einzige
was ihm und seiner Gemahlin Faflar noch fehlte, war ein Erbe. Dragon befand
sich zwar erst im besten Drachenalter, aber die Erziehung eines Jungdrachen,
noch dazu des zukünftigen Anführers würde eine geraume Zeit in Anspruch nehmen.
Eines Tages hatte sich Dragon an seinen Lieblingsplatz zurückgezogen, um nachzudenken. Er lag auf einem Plateau, nicht weit von dem weitverzweigten Höhlensystem, das sein Volk bewohnte, entfernt und betrachtete versonnen das Spiel der Wolken, die immer neue Schattenreflexe auf den im Sonnenlicht glitzernden Eisflächen der riesigen Gletscher hervorriefen. Er genoss die warmen Sonnenstrahlen auf seiner mit rotgoldenen Schuppen bedeckten Haut. Verträumt ließ er ab und zu kleine Rauchringe aus seinen Nüstern aufsteigen und schaute ihnen nach, wie sie langsam aufstiegen und dann durch eine frische Brise zerfasert wurden. Doch seine Ruhe wurde unvermittelt gestört. Ein halbwüchsiger Drache tauchte in der schmalen, von spitzen Felsnadeln gesäumten Passage auf, die den oberen Höhleneingang mit dem Plateau verband. Er verbeugte sich tief vor seinem Herrn und begann vor lauter Nervosität zu stottern: „Ooooh gggggroßer Ddddddragon, ddddddddeine Gggggemahlin schickt mich zu dddddddir.“ Erstaunt hob Dragon seinen mächtigen Kopf. Welchen Grund mochte Faflar haben, ihm einen Boten zu schicken. Warum kam sie nicht selbst? Als der Bote merkte, dass Dragon ihm nicht den Kopf abriss, wurde er ruhiger. „Sie bittet dich, zu ihr zu kommen, leider sei sie unabkömmlich.“ Dragon runzelte seine mächtige Stirn. „Sie hat dir etwas von größter Wichtigkeit mitzuteilen.“ Fügte der Bote hastig hinzu. Wie elektrisiert sprang Dragon auf. Sollte etwa.....? Vor lauter Aufregung stieß er fast den jungen Boten vom Plateau. Dieser konnte sich gerade noch rechtzeitig mit einem kühnen Sprung nach links in Sicherheit bringen, bevor Dragons langer, mit einer pfeilartigen Hornspitze versehener Schwanz ihn traf. Sofort machte er sich auf den Weg zu Faflars Höhle.
Diese lag, wie auch seine eigene im oberen Bereich des
Höhlenlabyrinths. Die Wände ihrer Höhle waren mit blauen und grünen Kristallen
bedeckt, die im schwachen Tageslicht, das durch einen schmalen Spalt in der
Höhlendecke fiel, matt zu glühen schienen. Direkt neben ihrem Lager aus
Bergkristallen war ein weiteres, viel kleineres Lager aus dem gleichen Material
errichtet worden, das sehr viel Ähnlichkeit mit einem Nest hatte.
Faflar beugte sich gerade über dieses Lager, als Dragon in
die Höhle stürmte. „Wo ist es?“, keuchte er. „Ist alles in Ordnung mit dir und
ihm?“ Vor lauter Aufregung stoben kleine Flammen aus seinen Nüstern.
Faflar drehte sich zu Dragon um. „So beruhige dich doch erst
einmal. Natürlich ist alles mit mir in Ordnung, was sollte denn nicht
stimmen?“, fragte sie unschuldig lächelnd. Dragon hörte nur mit halbem Ohr zu.
Ohne zu antworten versuchte er, an Faflar vorbei, einen Blick auf das kleine
Lager zu werfen, aber Faflar hatte sich so geschickt davor gestellt, dass es
ihm nicht gelang.
Endlich hatte Faflar Erbarmen mit ihm und trat zur Seite.
Dort lag es, seine Zukunft, seine Hoffnung. Dragon war vor Freude komplett aus
dem Häuschen und begann sofort Zukunftspläne zu schmieden. Lächelnd erklärte
ihm Faflar, dass er doch erst in fünf Jahren Vater würde und er sich ruhig Zeit
lassen könnte. Es verging kein Tag, an dem er nicht mindestens zweimal das
rotgolden schillernde Ei begutachtete, die Temperatur maß, es sorgfältig
polierte und die glatte Oberfläche auf winzige Beschädigungen absuchte, die für
die Entwicklung seines Kindes eine Bedrohung darstellen könnten. So vergingen
die Jahre. Das Ei hatte inzwischen seine Farbe gewechselt, es schillerte nun in
allen Farben des Regenbogens und wenn man ganz nah heranging, so konnte man in
seinem Inneren einen Schemen erkennen, der sich bewegte. Jetzt kam Dragon sogar
noch öfter um nach seinem, daran gab es für ihn keinen Zweifel mehr, Sohn und
Erben zu sehen. Sorgfältig hielt er nach noch so geringen Anzeichen Ausschau,
die darauf hinwiesen, dass sich Dragon Junior anschickte, seine schützende
Hülle zu verlassen. Endlich, Dragon hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben,
war es soweit. Der Tag des großen Schlüpfens war gekommen. Drachenherolde
hatten alle einflussreichen Drachen zusammengerufen, damit sie bei diesem
Ereignis, der Geburt des neuen Drachens und späteren Anführers, zugegen sein
konnten.
Den
Mittelpunkt von Dragons Reich bildete eine riesige Kristallgrotte, die als
Versammlungsraum diente, da sie dem gesamten Drachenvolk Platz bot. Hier sollte
Dragons Sohn zur Welt kommen. Der Boden der großen Versammlungshöhle war mit
goldglänzendem Sand bestreut worden, so dass die allen Drachen heiligen, alten
Runen des großen Schlüpfens, die in den Boden eingeritzt waren, sichtbar
wurden. Die roten Kristallwände waren besonders blank poliert worden und die
bläulich schimmernden Kristallzapfen, die von der kuppelartigen Höhlendecke
herunterhingen, verbreiteten ein angenehmes Licht. In der Mitte der großen
Versammlungshöhle thronte das Ei in einem funkelnden Nest. Tagelang hatten die
halbwüchsigen Drachen dafür besonders schöne Kristalle sammeln und aufschichten
müssen.
Aber zunächst tat sich gar nichts. Dragon Junior hatte es anscheinend überhaupt nicht eilig, seine schützende Hülle zu verlassen. Da, plötzlich ging ein Raunen durch die versammelte Drachenschar. Hatte sich das Ei nicht gerade bewegt? Da, schon wieder wackelte es ein wenig. Dragon beugte sich tiefer über das Ei. Ein feiner, kaum sichtbarer Riss hatte sich gebildet. Dann kam ein weiterer dazu und noch einer. Jetzt zitterte das Ei, es neigte sich zur Seite, kippte um und rollte aus dem Nest. Quer durch die Höhle kullerte es, ab und zu hüpfte es auf und ab und endlich stieß es gegen die Höhlenmauer und zerbrach. Sofort war Dragon zur Stelle. Zwischen den Schalen lag... ja was lag dort eigentlich? Dieses kleine Wesen hatte kaum Ähnlichkeit mit einem stolzen Drachen. Auf dem birnenförmigen Körper saß ein viel zu großer Kopf mit spitzer Schnauze, einem Krokodilkopf nicht unähnlich. Die Gliedmaßen bestanden aus vier kurzen Stummelfüßen und der Schwanz war gedreht wie ein Korkenzieher. Auf dem Rücken waren zwei kleine Höcker zu erkennen. Sollten das etwa die Flügel sein? Das Schlimmste aber war die Farbe des kleinen Kerls. ER WAR ROSA!!! Das sollte sein Sohn sein? Er, der mächtige Dragon sollte diesen Winzling zu seinem Nachfolger machen? Dragon wollte sich gerade enttäuscht umdrehen, aber genau in diesem Moment fing es im Bäuchlein des Jungdrachen an zu kollern und zu blubbern. Wie der erste Schrei eines neugeborenen Babys ist auch der erste Feuerstoß eines Drachen etwas ungemein Wichtiges. Gebannt hielten alle Anwesenden die Luft an; in der mittlerweile eingetretenen Stille klangen die blubbernden Geräusche besonders laut. Der kleine Drache öffnete schließlich seine Schnauze, alles beugte sich erwartungsvoll nach vorn. Den Geräuschen nach zu urteilen, musste der Kleine eine recht ansehnliche Flamme spucken. Doch was dann geschah, war - darüber waren sich alle Anwesenden einig -, absolut die Höhe. Ein lautes Rülpsen war zu hören und ein dünnes Rauchwölkchen stieg kräuselnd aus den Nüstern empor, sonst nichts, nicht einmal das kleinste Flämmchen war zu sehen. Das war das absolut Letzte. Kleine Drachen wachsen und auch die Farbe kann sich durchaus ändern, aber ein Drache ohne Feuer. Nein, was zuviel ist, ist zuviel. Die geladenen Gäste verließen enttäuscht die Höhle. Wie konnte es Dragon wagen, sie für das Schlüpfen einer solchen Missgeburt herbei zu holen. Dragon zog sich in seine eigene Schwefelhöhle zurück, er wollte allein sein. Nur Faflar, die Mutter des Winzlings blieb zurück. Seufzend blickte sie auf ihren Sohn. Es war weiß Gott kein Staat mit ihm zu machen, aber er war doch ihr Kind. Sie hatte sein Ei all die letzten Jahre gehegt und gepflegt und nur weil er im Augenblick nicht den Erwartungen der Anderen entsprach sollte er weniger liebevoll aufwachsen? Sie hoffte, dass Dragon sich doch noch seines Sohnes annehmen würde. Dann verließ auch sie mit ihrem Kind die große Versammlungshöhle.
n jenen Tagen war es üblich, dass der oberste Drachenrat den
Namen für einen frisch geschlüpften Jungdrachen auswählte. Daher wurde dieser
kurz nach dem Schlüpfen der Obhut des Rates übergeben. Sechs Monate später
wurde dann die Aufnahme des Jungdrachen in die Drachengemeinschaft gefeiert.
Während dieses Festes gab der Drachenrat in einer feierlichen Zeremonie den
Namen bekannt. Dieser Ritus galt auch für Dragons Sohn. Schweren Herzens hatte
Faflar ihn zur Ratshöhle gebracht. Dort nahm ihn der Älteste des Drachenrates
in Empfang. Gneip schaute nicht gerade wohlwollend auf das kleine Bündel. Ein
rosa Drache, der dazu nur Rauch durch die Nüstern speien konnte, was wollte man
mit so etwas anfangen. Nun gut, man würde sehen. Der Drachenrat würde den
Kleinen die kommenden Monate beobachten und dann einen Namen für ihn auswählen.
Auf Gneips Anweisung versammelte sich der Drachenrat, um Dragons Sohn zu
begutachten. Gemäß den alten Regeln studierte man aufmerksam sein Verhalten in
bestimmten Situationen, er wurde gemessen und gewogen, man untersuchte seine
Rauchrülpser auf Flammenspuren und verglich ihn mit Dragons und Faflars
Vorfahren. Der Kleine setzte alles daran, seinen Prüfern die Angelegenheit so
schwer wie möglich zu machen. Da ihn seine Flügel noch nicht trugen, benutzte
er seinen Spiralschwanz wie eine Sprungfeder und hüpfte damit durch die Höhlen,
um sich vor ihnen zu verstecken. Die sorgsam gehüteten Drachenchroniken brachte
er innerhalb kürzester Zeit völlig durcheinander oder knabberte sie an, das
Maßband fraß er komplett auf. Er machte sich einen Spaß daraus, seine
Rauchwölkchen auch durch andere Körperöffnungen entweichen zu lassen, was seine
Prüfer schier zur Verzweiflung brachte. Wenn diese Winde wenigstens noch den Geruch
nach Schwefel gehabt hätten, aber weit gefehlt, er verbreitete einen intensiven
Duft nach Veilchen, für jeden Drachen ein absolut unerträglicher Geruch. Es
würde entschieden zu weit führen, hier alle seine Unarten aufzuführen.
Doch schließlich hatte der Drachenrat alle Ergebnisse zusammen, es folgte eine lange und heftige Debatte. Fest stand, dass unser Jungdrache nicht gerade gut dabei wegkam. Im Gegenteil, das Urteil war niederschmetternd. Dem Rat war es einfach unmöglich, ihm einen Namen aus dem anerkannten Namensregister für Drachen zuzuteilen und was noch viel schlimmer war, sie waren einstimmig der Meinung, dass Dragons Sohn niemals Anführer werden durfte. Es gab nicht ein Ratsmitglied, dass nicht irgend etwas zu bemängeln hatte. Nichtsnutzig, mickrig, ungeraten, eigensinnig und vieles mehr, so wurde Dragons Sohn betitelt. Gneip seufzte tief. Was sollte er nur tun. Dragon bereitete bereits das Namensfest vor, in wenigen Tagen würden sie den Namen bekannt geben müssen. Ein Ratsmitglied schlug vor, ihn doch „Fafgon“ oder „Draglar“ zu nennen. Also jeweils eine Silbe aus dem Namen des Vaters und Mutter zu nehmen, damit konnte sich aber keiner so recht anfreunden. Doch gerade diese Vorgehensweise, aus einzelnen Silben verschiedener Namen einen neuen zu bilden, brachte Gneip auf eine Idee. „Wir werden ihn Nepumuk nennen“, erklärte Gneip in einem Ton, der Widerspruch von vornherein ausschloss. Als er in die fragenden Gesichter der anderen blickte, sah er ein, dass er eine Erklärung abgeben musste. „Ihr habt selbst gesagt, dass wir ihm keinen der guten, alten Drachennamen geben können. Ihr habt mir so viele Eigenschaften genannt, dass ich einfach die entsprechenden Anfangsbuchstaben zusammengefügt habe. Ich kann doch Dragon unmöglich als Namen für seinen Sohn „nichtsnutziger, eigensinniger, penetrant übelriechender, mickriger, ungeratener Kerl“ nennen. Ja, ich weiß, dann müsste es Nepümuk heißen, aber ein wenig dichterische Freiheit darf doch erlaubt sein.“ Der gesamte Drachenrat brach zunächst in brüllendes Gelächter aus. Doch nach und nach verstummten sie. Wie würde Dragon wohl auf diesen für Drachen völlig untypischen Namen reagieren. Sie beneideten Gneip nicht im Geringsten um seine Aufgabe, den Namen bekannt geben zu müssen, nein wirklich nicht. Dieser zog sich nach diesem Ratsschluss in seine eigene Höhle zurück. Auch ihm war nicht gerade wohl, wenn er an die Zeremonie der Namensgebung dachte. Die restliche Zeit wollte er in absoluter Abgeschiedenheit verbringen, um sich sehr intensiv vorzubereiten.
Der Tag des Namensfestes war gekommen. Wieder war die große Versammlungshöhle bis auf den letzten Platz gefüllt. Obwohl man nach dem großen Schlüpfen so enttäuscht war, wollte sich keiner diese Zeremonie entgehen lassen. Man munkelte, dass der Drachenrat etwas sehr Ungewöhnliches beschlossen hatte. Erwartungsvoll spähten alle auf den Verbindungsgang durch den der Drachenrat eintreten würde. Normalerweise war der Ablauf der Zeremonie seit Urzeiten der Gleiche.
Zuerst würden die Ratmitglieder in einer langen Prozession die Versammlungshalle betreten und sich dann mittels einer sorgfältig einstudierten Choreographie zu beiden Seiten des Mittelganges aufstellen. Danach würde als Letzter der Ratsälteste erscheinen. Ihm gebührte die Ehre den Jungdrachen zu tragen und ihn seinem Vater zu übergeben.
Normalerweise! Doch diesmal sollte es anders kommen. Nepumuk
dachte gar nicht daran, sich tragen zu lassen. In einer Schlangenlinie hüpfte
er auf seinem Schwanz durch die Reihe der Ratsmitglieder, die prompt ihre
komplizierten Schritte vergaßen, stolperten und übereinander fielen. Er
steuerte auf seinen Vater zu, überlegte es sich dann aber doch anders und
hüpfte zu seiner Mutter. Gneip vergaß seine Würde und hastete hinter Nepumuk
her, um zu retten was zu retten war. Nepumuk hockte auf dem Schoß seiner
Mutter, wackelte aufgeregt mit den kleinen Stummelflügeln und duftete nach
Veilchen. Das von ihm verursachte Chaos beachtete er kaum.
Nachdem Gneip wieder zu Atem gekommen war und die
Ratsmitglieder endlich ihre vorgeschriebenen Positionen eingenommen hatten,
räusperte er sich und begann mit seiner sorgfältig vorbereiteten Rede.
„Höre oh weiser Dragon. Wir, der Drachenrat, überbringen dir
deinen Sohn. Wir haben ihn den vorgeschriebenen Prüfungen unterzogen und sind
zu folgender Entscheidung gekommen. Dein Sohn ist ein ähm ausgesprochen
ungewöhnlicher Drache, der Seinesgleichen sucht und deshalb wollten wir ihm
auch einen ähm ungewöhnlichen Namen geben. Wir haben in den Drachenchroniken
keinen Namen für ihn finden können, der seiner außergewöhnlichen Art gerecht
würde. Während meiner Meditation wurde mir dann der Name deines Sohnes
offenbart. Dieser Name ist einzigartig, genau wie dein Sohn. Wir werden ihn
auch nicht in die Namensregister aufnehmen, um seine Einzigartigkeit
hervorzuheben.“ Wenn Drachen beim Lügen hätten rot werden können, so wäre Gneip
bei dieser Rede purpurn angelaufen. Dragon war sehr klug, würde er den
Schwindel durchschauen? Forschend schaute Gneip Dragon an. Nein, mit keiner
Miene verriet Dragon seine Gedanken. „Vernehmt also den Spruch des
Drachenrates. Der Sohn und Erbe Dragons und Faflars soll von nun an auf den
Namen...........“ Genau diesen Moment suchte sich Nepumuk aus, um sein neuestes
Kunststück vorzuführen. Wie ein aufgeblasener Luftballon, den man vergessen
hatte zuzuknoten, sauste er dicht über den Köpfen der versammelten Drachen hin
und her, eine extrem nach Veilchen riechende Rauchwolke ausstoßend, die sich
nach und nach immer mehr zu verdichten schien. Hustend und keuchend drängten
die Festgäste den Ausgängen entgegen, um diesem üblen Geruch zu entfliehen.
„..........NEPUMUK hören!“, erklang die donnernde Stimme Gneips durch den
Tumult, bevor auch er schleunigst das Weite suchte.
ragon hatte sich direkt nach dieser verkorksten Feier auf
sein Plateau zurückgezogen. Nepumuk!! Ha!!! War Gneip wirklich so von sich
eingenommen, dass er dachte, Dragon würde ihm diese plumpe Lüge abkaufen. Nicht
genug damit, das er nicht den Nachwuchs bekommen hatte, den er sich gewünscht
hatte, oh nein, man wagte es sogar noch, ihn in aller Öffentlichkeit anzulügen
und seinem Sohn einen Namen zu geben, nicht nur diesen, sondern auch ihn und
Faflar der Lächerlichkeit preisgab. Er war so in Gedanken versunken, dass er
gar nicht merkte, wie seine Gemahlin durch die schmale Passage trat und sich
neben ihm niederließ. Nepumuk hopste ausgelassen hinter ihr her.
Eine Zeitlang beobachtete sie ihren Gatten, doch dann musste
sie ihn einfach ansprechen. „Dragon, nimm es doch nicht so schwer. Sieh nur,
wie lebhaft unser Sohn ist. Er wird es sicherlich noch sehr weit bringen in
seinem Leben. Unter deiner Anleitung wird er ein weiser und gerechter Anführer
werden.“ Dragon drehte sich zu Faflar um und brummte: „Schöner Anführer, mit
diesem Namen.“ „Das kommt ganz darauf an,“ meinte Faflar grübelnd, „Nepumuks
Kapriole hatte zumindest etwas Gutes. Eigentlich hätte Gneip bei einem derart
ungewöhnlichen Namen eine Deutung hinzufügen müssen. Dein Sohn hat das verhindert.
Vielleicht gelingt es uns ja, dem Namen eine positive Bedeutung zuordnen. Weißt
du noch, wie wir uns früher einen Spaß daraus gemacht haben, aus den einzelnen
Buchstaben eines Namens Sätze zu gestalten?“ „Das ist es“, Dragon war sofort
bei der Sache. Sollte das der Ausweg sein, den er bis jetzt vergeblich gesucht
hatte. „Lass uns überlegen, N E P U M U K, hmmmmm, N wie.......“
Lange Zeit hörte man von ihm nur ein leises Gemurmel. Faflar
blickte besorgt auf ihren Gemahl, dessen rotgoldene Schuppen vor Anstrengung
glühten. „Was hältst du davon?“, brach er schließlich das Schweigen. „Nachkomme
eines prachtvollen und mächtigen uralten Kriegergeschlechts.“ „Das klingt nicht
schlecht.“, meinte auch Faflar. „Ich hoffe, dass es unser Sohn mit dieser Namensdeutung
im Leben einfacher haben wird. Du solltest sie bei der nächsten Gelegenheit
öffentlich bekannt geben. Lass dir etwas einfallen.“ Mit diesen Worten verließ
Faflar ihren Gatten, der schon wieder nachdenklich in den funkelnden
Nachthimmel blickte. Nepumuk folgte diesmal nicht wie üblich seiner Mutter,
sondern blieb neben seinem Vater hocken. Auch er schaute lange zu den Sternen
empor, bevor er aus Langeweile anfing, an den Schwanzschuppen seines Vaters zu
zupfen. Unwillig wandte Dragon den mächtigen Kopf zu seinem Sohn um und grollte
ihn wütend an, er solle endlich verschwinden. Vor Schreck machte Nepumuk einen
Satz in Richtung Passage und kugelte weiter bis vor den Eingang zu Faflars
Höhle. Leise wimmernd suchte er bei ihr Schutz und Faflar nahm sich vor, mit
ihrem Mann noch ein ernstes Wörtchen zu reden. Es konnte nicht angehen, dass er
seine üble Laune an seinem Sohn ausließ.
Einige Tage später, als der Drachenrat eines seiner
regelmäßigen Treffen hatte, beschloss Dragon, die Namensdeutung bekannt zu
geben. „Edler Drachenrat, in den vergangenen Nächten erschien mir des Öfteren
mein Ururgroßvater im Traum, um mir etwas über meinen Sohn mitzuteilen.“ Gneip
schaute überrascht Dragon an. Was sollte das nun wieder? Was plante Dragon?
„Ja, er meinte der Drachenrat hat gut daran getan, ihm einen
derart ungewöhnlichen Namen zu geben.“ Bei diesen Worten blickte Dragon den
Ratsältesten so durchdringend an, dass sich Gneip am liebsten in einem
Rauchwölkchen aufgelöst hätte. Dragon hatte ihn also bei der Feier zur Namensgebung
durchschaut und jetzt versuchte er Rache zu nehmen. „Nur kritisierte er, dass
der Rat nicht auch die Bedeutung des Namens bekannt gegeben hat. Das möchte ich
jetzt nachholen.“ In der großen Ratshalle hätte man das Fallen einer Stecknadel
hören können. Dann ertönte erneut Dragons mächtige, dunkle Stimme. Hatte der
Spruch schon unter freiem Himmel einen guten Klang gehabt, so wirkte er
innerhalb der glitzernden Kristallwände der Halle noch viel besser und
gewaltiger. Dragon schaute sich zufrieden um. Leider wusste Dragon nicht, dass
der Name Nepumuk auf einem ähnlichen Wortspiel des Drachenrates basierte, sonst
hätte es diese Ansprache wohl nie gehalten.
Kaum hatte er den Satz zuende gesprochen, erklang auch schon
ein brüllendes Gelächter. Gneip fasste sich als Erster. „Oh Dragon, damit hast
du deinem Sohn keinen Gefallen getan. So eine hochtrabende Erklärung für seinen
Namen passt doch nun wirklich nicht. Hast du immer noch nicht begriffen, dass
dein Sohn niemals in deine Fußstapfen treten kann? Es gibt für dich nur zwei
Alternativen. Entweder Faflar schenkt dir noch einen Sohn oder du wirst deinen
Nachfolger unter den ranghöchsten Drachen deines Volkes auswählen müssen. Du
hast bis zum nächsten Mondwechsel Zeit, eine Entscheidung zu treffen.“
Damit verließ der Rat die Höhle und ließ einen völlig
deprimierten Dragon zurück. Ein uraltes Drachengesetz verbot allen Anführern
mehr als einen männlichen Nachkommen, nur wenn der Sohn eines Anführers zu
schwach oder ungeeignet war, das Erbe seines Vaters anzutreten, konnte der
Drachenrat darauf bestehen, dass ein weiterer Sohn gezeugt wurde. Der
Schwächling allerdings musste
ausgesetzt oder umgebracht werden, so verlangte es das Gesetz. In seinem
Fall würde ein weiterer Sohn das Todesurteil für Nepumuk bedeuten. Auch wenn
Dragon seinen Sohn nicht übermäßig liebte, so ließ ihn allein der Gedanke
daran, dass er ihn töten müsste, erschaudern. Während der ganzen Zeit in der
Dragons Familie die Anführer stellte, war dieses Gesetz noch nie angewendet
worden. Also würde Dragon nichts anderes übrig bleiben, als seinen Nachfolger
aus den Reihen seiner Untertanen zu wählen. Schweren Herzens suchte er Faflar
auf, um ihr zu erzählen was vorgefallen war.
Faflar hörte sich ruhig Dragons Ausführungen an. „Bis jemand
deine Nachfolge antreten wird, vergeht doch noch so viel Zeit. Ich glaube fest
daran, dass Nepumuk uns allen noch beweisen wird, dass er sehr wohl zum
Anführer geboren ist. Der Rat wird das auch eines Tages einsehen und dann wird
sich alles zum Guten wenden, glaub mir. “ versuchte Faflar ihren Gemahl zu
trösten.
Also gab Dragon schweren Herzens beim nächsten Mondwechsel
seine Entscheidung bekannt, dass nach ihm Grex, der Sohn seines Stellvertreters
Artrex, Anführer der Felsendrachen werden sollte.
In den nächsten Jahren wuchs Nepumuk heran wie andere Jungdrachen auch. Sein rosa Schuppenkleid wurde langsam immer dunkler und nahm schließlich eine intensive lila Färbung an, die weichen Schuppen auf seinem Bauch färbten sich blassgelb. Auch sein spiralförmiger Schwanz streckte sich allmählich und an dessen Spitze saß eine lanzenförmige, silbern schimmernde Hornschuppe. Seine Stummelflügel entwickelten sich zu großen transparenten Libellenflügeln, die in allen Farben des Regenbogens schillerten. Mit ihnen konnte er sich völlig lautlos in den Lüften bewegen. Nur die Sache mit dem Feuerspeien wollte ihm nicht so recht gelingen. Er konnte zwar mittlerweile recht imposante Rauchwolken erzeugen, die, im Gegensatz zu denen, die er kurz nach seiner Geburt ausgestoßen hatte, nicht nach Veilchen sondern eher schweflig rochen, aber zu Flammen reichte es leider nicht. Somit war er von vornherein von vielen Spielen seiner Altersgenossen ausgeschlossen. Nepumuk störte sich daran allerdings wenig, er begleitete ohnehin viel lieber seinen Vater zu dessen Lieblingsplatz auf dem Hochplateau oder stöberte in den alten Drachenchroniken. Dragon hatte mittlerweile seine Abneigung gegen seinen Sohn überwunden, ja er war sogar ein wenig stolz auf Nepumuk, der sich zu einem umsichtigen und intelligenten Drachen gemausert hatte. Unermüdlich fragte er seinen Vater nach Besonderheiten im Lauf der Gestirne, er kannte alle Sternbilder, wusste in den Wolken zu lesen und spürte Witterungsänderungen sogar noch früher als sein Vater. Er brachte allen den ihnen gebührenden Respekt entgegen und ganz langsam wurde Nepumuk zu einem anerkannten Mitglied der Drachengemeinschaft.
m Fuße des gewaltigen Gebirgsmassivs in dem Dragons Volk
seine Höhlen hatte, ging der düstere Nadelwald, der die Flanken der Berge
bedeckte, in einen riesigen lichtdurchfluteten Laubwald über. Hier war das
Domizil der Einhörner, jener anmutigen weißen Geschöpfe, die mit dem Wind um
die Wette laufen konnten, die für Harmonie und Fruchtbarkeit sorgten. Die sonnigen
Lichtungen mit dem üppigen Gras und der Vielzahl bunter Blumen waren ihre
Versammlungsplätze. Hier tummelten sich vor allem die jungen Einhörner.
Übermütig sprangen sie herum, knabberten hier am jungen Gras, rochen dort an
einer bunten Blüte oder versuchten die hin und her gaukelnden Schmetterlinge zu
fangen. Die älteren Einhörner lagen im Schatten der hohen Bäume und schauten
dem bunten Treiben des Jungvolkes zu. Manchmal gesellte sich auch ihr Anführer
Helios zu Ihnen, um ein Auge auf seinen kleinen Bruder zu werfen.
Argon war der Wildeste und Übermütigste der jungen
Einhörner. Sein weißes Fell leuchtete im hellen Sonnenlicht. Sein goldenes Horn
und die zierlichen Hufe blinkten und blitzten, wenn er herumsprang. Mähne und
Schweif schimmerten wie kostbare Seide.
Gerade hatte er mal wieder ein besonders übermütiges Spiel
getrieben, als er seinen Bruder erspähte. Schuldbewusst ließ er den Kopf hängen
und trabte langsam auf ihn zu. Nervös zuckte sein langer Schweif hin und her.
Er wusste, dass Helios es gar nicht gerne sah, wenn er sich so benahm. Immer
wieder ermahnte er ihn, daran zu denken, dass er einmal der Anführer sein
würde. Pah, als wenn Argon darauf Wert gelegt hätte. Scheinbar reumütig ließ er
die erneute Standpauke über sich ergehen, aber kaum hatte Helios die Lichtung
verlassen, raste Argon auf die anderen zu, um noch toller und übermütiger
herumzuspringen. Er bemerkte dabei nicht, dass Helios zwischen den Bäumen stand
und kopfschüttelnd zusah. Wie sollte er seinen Bruder nur zur Vernunft bringen.
Argon war den anderen Einhörnern nicht das Vorbild das er eigentlich sein
sollte, er war eben nicht zum Anführer geboren. Trotzdem gab es keine andere
Wahl. Helios spürte seit langem, dass eine große Gefahr auf sie lauerte. Es
wurden kaum noch Einhörner geboren und hin und wieder verschwand von den
Erwachsenen der eine oder andere ganz plötzlich.
Helios seufzte tief auf. Gerade jetzt hätte er einen
pflichtbewussten Bruder bitter nötig gehabt, der ihm einige Aufgaben abnehmen
konnte. Aber nein, der Herr Bruder zog es ja vor, sich mit den anderen auf der
Lichtung zu vergnügen. Helios trabte weiter. Er hatte für heute Abend den Rat
der Einhörner zusammengerufen, da ihm das Verschwinden der Einhörner große
Sorgen bereitete. Vor einiger Zeit hatte Helios zehn Kundschafter ausgeschickt,
die nach dem Verbleib der verschwundenen Gefährten suchen sollten, doch von
diesen waren nur zwei zurückgekehrt.
Als die Dämmerung den Wald in ein diffuses Licht tauchte und
die Schatten immer länger wurden, versammelte sich auf einer kreisrunden, von
kleinen Felsen eingefassten Lichtung der Rat der Einhörner. Glühwürmchen
umgaukelten sie und verbreiteten ein angenehmes Licht. Bald würde der Mond
aufgehen und die Lichtung in einen silbrigen Schimmer tauchen.
Helios blickte auf die Reihen der versammelten Einhörner und
stellte erschrocken fest, dass auch hier einige fehlten, auch seinen Bruder
Argon konnte er nicht entdecken, obwohl er ihn eindringlich gebeten hatte,
zukünftig an solchen Versammlungen teilzunehmen. Der Himmel mochte wissen, wo
er sich jetzt schon wieder herumtrieb.
Helios berichtete über das Verschwinden seiner Kundschafter und welche Sorgen er sich darüber machte. Ein altes weises Einhorn erzählte, dass sich sein Weggefährte auf dem Weg hierher einfach in Luft aufgelöst hätte. Da trat ein uraltes Einhorn in die Mitte der Versammlung und sprach mit zittriger Stimme: „Helios, ich glaube, ich weiß, was es mit dem Verschwinden der Einhörner auf sich hat. Mein Großvater erzählte mir, dass in den alten Drachenchroniken eine Zeit beschrieben wird, in der die Menschen nicht mehr an uns glauben würden und das wir dadurch aufhören würden zu existieren. Es sei denn, wir fänden den Weg zum Garten der Phantasie. Nur dort haben wir die Chance zu überleben.“
Nach dieser Rede herrschte große Aufregung unter den Einhörner. Alles sprach durcheinander, bis Helios sich energisch Gehör verschaffte. „Moment mal Andras, wieso erwähnst du die Drachenchroniken? Sind etwa unsere Feinde, die Drachen, der Auslöser dieser Misere?“ „Nein, natürlich nicht, im Gegenteil, sie dürften die gleichen Probleme wie wir haben. Außerdem waren Drachen und Einhörner nicht immer verfeindet, wie du eigentlich selbst wissen müsstest.“, erwiderte Andras.
„Lassen wir das jetzt, die Lage ist viel zu ernst, um sich darüber
zu streiten“, fiel ihnen Talim der oberste Sprecher des Rates ins Wort.
„Helios, was meinst du, was können wir tun?“ Helios überlegte kurz und fragte
Andras, ob sein Großvater auch etwas darüber erzählt hätte, wo sich dieser
Garten befand.
„Zu meinem größten Bedauern leider nein“, antwortete dieser.
„Mein Großvater berichtete mir von einem unverständlichen Spruch, der ebenfalls
in den Chroniken stand. Wenn sich im Abbild des Boten vereint was entzweit,
erhellt der Glanz der Sterne den Pfad in Phantasien‘s Garten.“
Was mochte das bedeuten? Helios und der Einhornrat schüttelten ihre Köpfe. Nein, diesen Spruch verstanden auch sie nicht. „Vielleicht gibt es jemanden, den wir um Rat fragen könnten,“ überlegte Helios. Andras meldete sich noch einmal zu Wort. „Weit im Osten, irgendwo im gewaltigen Felsmassiv der Regenbogenberge lebt ein Weiser, der sich mit solchen Sprüchen auskennt, vielleicht kann er uns weiter helfen. Alle nickten zustimmend. Doch wer sollte den weiten Weg dorthin unternehmen? Andras und die anderen Ratsmitglieder waren zu alt dafür. Man entschloss sich schließlich, das die Kräftigsten unter ihnen den Weisen aufsuchen sollten. Sobald man mehr wusste, sollten die anderen geholt werden. Talim würde sich in der Zwischenzeit um die zurückbleibenden Einhörner kümmern. Als Helios bald darauf die Lichtung verlassen wollte, kam ihm sein Bruder entgegen. „He, Helios, was ist hier eigentlich los?“ Habe ich etwas verpasst. Alle sind so entsetzlich aufgeregt.
Das war wieder einmal typisch für Argon. Er tauchte immer
dann auf, wenn man ihn am Wenigsten brauchen konnte. Obwohl Helios eigentlich
keine Zeit für lange Erklärungen hatte, berichtete er seinem Bruder vom
Beschluss des Drachenrates. „Oh toll, wann brechen wir denn auf Helios?“ fragte
Argon. Er war sofort Feuer und Flamme. Endlich geschah mal etwas Aufregendes.
„Ich glaube, ich muss dich enttäuschen“, erwiderte Helios, „du bleibst hier.
Der Weg ist lang und gefährlich, da können wir nicht auch noch auf so einen
Springinsfeld wie dich achtgeben.“ Damit schien alles gesagt zu sein. Helios
ließ seinen Bruder einfach stehen und ging zu den anderen Einhörner, um weitere
Vorbereitungen für den Aufbruch zu treffen.
Die Lichtung leerte sich zusehends und Argon blieb allein
zurück. Einerseits war er beleidigt, dass man ihn nicht mitnehmen wollte,
andererseits konnte er jetzt, da sein Bruder weit weg sein würde, tun und
lassen was er wollte. Wer wollte ihn denn schon daran hindern, sich selbst auf
die Suche nach diesem geheimnisvollen Garten zu machen. Pah, einen Weisen
fragen. Damit gestand man sich doch nur seine eigene Unfähigkeit ein. Er,
Argon, würde es den Anderen schon zeigen. Er würden den Garten ganz alleine
finden, davon war er felsenfest überzeugt.
ie Vorbereitungen für die Reise waren bald danach
abgeschlossen. Begleitet von zwanzig der mutigsten und erfahrensten Einhörnern
seines Volkes machte sich Helios auf den langen und beschwerlichen Weg zu den
Regenbogenbergen. Gerne hätte Helios vor seinem Aufbruch noch einmal mit seinem
Bruder gesprochen und ihn noch einmal ermahnt, doch dieser war seit kurzem
unauffindbar. Helios hoffte inständig, dass ihm nichts zugestoßen war.
Kundschafter liefen dem Haupttrupp voran, ständig auf
mögliche Gefahren achtend. Bald ließen sie die heimatlichen Wälder hinter sich
zurück und kamen in dichter besiedelte Gebiete. Mitunter verbargen sie sich
tagsüber in kleinen Wäldchen, die zwischen den Feldern lagen und nutzten nur
die kurzen Nächte zur Wanderung. Je weiter sie kamen, desto weniger Wälder gab
es. Oftmals waren sie gezwungen, sich auf den Weiden unter die grasenden Pferde
zu mischen, hoffend, dass die getrübten Augen der Menschen sie nicht erkennen
würden. Langsam wich der Sommer dem Herbst. Erste bunte Blätter wurden durch
den Wind über gelbe und braune Felder getrieben, morgens stiegen dünne Nebelschleier,
zart wie Elfenschleier, aus den Flussauen auf. Tagsüber war die Luft klar und
man konnte den nahenden Winter förmlich riechen. Vor einigen Tagen hatten sie
am Horizont einen schmalen bläulichen gezackten Streifen entdeckt, der
allerdings noch viel zu weit entfernt war um zu erkennen, um was es sich
handelte. Helios hoffte, dass dieser Streifen das Ziel ihrer Reise darstellte.
Doch obwohl sie schnell wie der Wind diesem Gebilde entgegen eilten, hatten sie
das Gefühl, ihm nicht näher zu kommen.
Je weiter die Jahreszeit fortschritt, desto länger hielten sich die Morgennebel. Stürmische Winde kamen auf, die letzten Blätter wurden von den Bäumen gefegt und wirbelten durch die Lüfte. Heftige Regenschauer weichten die Wege auf und verwandelten die abgeernteten Felder in morastige Sümpfe. Immer öfter bildete sich auf den Wiesen und Weiden weißer glitzernder Raureif und die Pfützen waren mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Die Gegend wurde immer unwirtlicher und einsamer. Nur selten trafen sie noch auf eine menschliche Behausung. Sie hatten das Gefühl, dass das Gelände fast unmerklich anstieg. Unter den Einhörner machte sich eine besorgniserregende Erschöpfung breit. Helios bemerkte es mit großer Sorge. Eines Morgens wurde Helios durch ein merkwürdiges, seufzendes Geräusch aus seinem Halbschlaf gerissen. Seine Weggefährten umringten etwas und starrten gebannt auf ein und denselben Fleck. Als er näher trat, machten sie ihm schweigend Platz. Auf dem moosigen Untergrund lagen zwei schimmernde, gedrehte Hörner. Deutlich waren noch die Umrisse zweier liegender Einhörner zu erkennen, aber sonst fehlte jede Spur von ihnen. Die anderen redeten voller Panik auf Helios ein. Nur mühsam konnte er sie beruhigen. Die Hörner wurden, so gut es ging, unter das Moos geschoben, damit sie niemand finden konnte, danach brachen sie schleunigst auf. Einige Zeit später erreichten sie den Waldrand. Im gleichen Moment riss die dichte Wolkendecke auf und gab den Blick auf eine riesige Ebene frei, in dessen Mitte zwei gewaltige Bergmassive in den Himmel ragten. Zwischen den Gipfeln spannte sich ein breiter Regenbogen wie eine Brücke. Sie waren am Ziel ihrer Reise angekommen. Es verging allerdings noch einige Zeit, bis sie den Fuß der Regenbogenberge erreichten. Aufmerksam hielten sie nach einer Höhle oder etwas ähnlichem Ausschau, das die Behausung des Weisen sein konnte. Sie hatten schon fast die Hoffnung aufgegeben, als einer von ihnen über etwas stolperte, das im ersten Moment wie eine weiße Flechte aussah. Doch beim näheren Hinsehen entpuppte es sich als ein verfilzter Bart, der in einiger Höhe direkt aus dem Felsen zu wachsen schien. Vorsichtig zog Helios daran. Ein dumpfes Grummeln erklang, dann öffneten sich zwei waagerechte Spalten im Gestein und zwei riesige, dunkle, mit hellen Quarzadern durchzogene Steinaugen wurden sichtbar. Ein darunter liegender Felsvorsprung erwies sich als zerfurchte Knubbelnase und ein kreisrundes Loch bildete den lippenlosen Mund. Sie hatten Quarzal den Weisen der Regenbogenberge gefunden. Lange starrte er auf die kleine Gruppe Einhörner herab. „Wer stört meine Ruhe“, erklang eine grollende Stimme, „was wollt ihr hier?“ Helios nahm seinen ganzen Mut zusammen und begann zu erzählen. Daraufhin schwieg der Weise lange. Endlich erwiderte er: „So hat es also doch angefangen! Höre Helios, den Garten, den du suchst, findest du nicht hier auf der Erde. Er liegt irgendwo versteckt zwischen den Sternen. Ihr werdet ihn wohl kaum finden oder habt Ihr Eure alte Fehde mit den Drachen inzwischen beendet?“ „Was hat das denn mit unserer Suche zu tun“, schnappte Helios. „Sehr viel“, kam die Antwort. „Zuerst muss sich der Spruch erfüllen, erst dann werdet Ihr eine neue Heimat im Garten der Phantasie finden.“ „Der Spruch, der Spruch“, maulte Helios. „Aus diesem Grund sind wir doch hier, hättest Du wohl die Güte uns den Sinn dieses Spruches zu erklären? Wir wissen nicht, was er bedeutet.“ „Soll das etwa heißen, dass Ihr Euch noch nicht mit den Drachen versöhnt habt?“, kam die Gegenfrage. „Nein“, erwiderte Helios, „dazu besteht doch gar kein Grund. Die Drachen beanspruchen allen Ruhm für sich, sie wollen die Weisesten der Weisen und die Hüter der Fruchtbarkeit sein. Warum sollten wir Ihnen nachgeben?“ „Du halsstarriger, verbohrter Idiot“ polterte der Weise, „es geht hier um Euer aller Existenz und du hast nichts Besseres zu tun, als zu diskutieren, wer an Eurem Streit die Schuld trägt? Geht jetzt, lasst mich allein, ich habe Euch alles gesagt was ich weiß. Durchschreitet den Regenbogen, er wird euch schneller in Eure Heimat führen.“ Nach diesen Worten schlossen sich die Felsspalten und nichts erinnerte mehr an das Gesicht des Weisen. Enttäuscht wandte sich Helios seinen Kameraden zu. “Lasst uns von hier verschwinden. Wir werden den Weg auch ohne die Drachen finden, glaubt mir. Zumindest haben wir einen Anhaltspunkt erhalten. Wir sollten die Anderen holen und uns auf die Suche machen.“ Damit betrat er den schmalen Pfad der sich zwischen den beiden Bergen unter dem Regenbogen dahinschlängelte und verschwand kurz darauf in einer grauen Nebelwand.
urze Zeit nachdem die Einhörner aufgebrochen waren,
geschahen auch bei den Felsendrachen merkwürdige Dinge. Bei Einigen von ihnen
verblassten die Farben, dann wurden ihre Schuppen durchscheinend wie Glas und
schließlich lösten sie sich in einem kleinen Rauchwölkchen auf. Voller Entsetzen
rief Dragon den Drachenrat zusammen. Was dann allerdings Gneip in dieser Runde
berichtete, raubte allen den Atem. Konnte es wirklich sein, dass ihre Existenz
davon abhängig war, dass die Menschen an sie glaubten? Sie sollten ihre Höhlen
verlassen und diesen Garten der Phantasie suchen? Und überhaupt, wer sollte
sich wo mit wem vereinen? Als Gneip ihnen geduldig erklärte, dass sie ihre alte
Fehde mit den Einhörnern beenden sollten, brach ein Tumult los. „Warum denn“,
fragte Dragon. „Weil wir nur gemeinsam mit ihnen den Garten finden werden“
lautete Gneips Antwort. „Das glaube ich nicht“, erwiderte Dragon. „Wir werden
uns so schnell wie möglich auf den Weg machen. Gneip, kannst du uns wenigstens
einen Anhaltspunkt geben, wo wir mit unserer Suche anfangen sollten?“ „Ich bin
mir nicht sicher Dragon, aber es könnte sich bei dem Boten, von dem die Rede
ist, um ein Sternbild handeln. Hier auf der Erde vergeuden wir nur unsere Zeit.
Wir vom Drachenrat haben uns schon seit einiger Zeit auf einen möglichen
Aufbruch vorbereitet. Die Drachenchroniken sind bereits verpackt. Bestimme du
den Zeitpunkt unseres Aufbruchs.“ „Gut, schickt Herolde aus und lasst verkünden,
dass wir beim nächsten Vollmond aufbrechen werden. Die Starken sollen die
Schwachen und Alten stützen. Wir werden niemanden zurücklassen.“ Mit diesen
Worten schloss Dragon die Ratssitzung und strebte der Höhle seiner Gemahlin zu.
Faflar empfing ihn ungeduldig. Die Nachricht vom Aufbruch des Drachenvolkes
hatte sich bereits bis zu ihr herumgesprochen. „Was wird aus Nepumuk!“ Fragte
sie statt jeder Begrüßung. Dragon sah sie überrascht an. An seinen Sohn hatte
er gar nicht mehr gedacht. Vor gut sechs Mondwechseln hatte Dragon ihn in die
Flammenwüste jenseits der Berge geschickt. Die dort lebenden Feuerdrachen
wollten versuchen, Dragons Sohn von seinem chronischen Leiden des Nicht –
Feuerspeiens zu heilen. „Selbst wenn wir sofort einen Boten schicken, könnte er
nicht mehr rechtseitig hier eintreffen, die Feuerdrachen leben zu weit
entfernt. Wir werden ihm eine Nachricht hinterlassen. Er wird uns schon finden.
Mach dir keine Sorgen. Er ist doch mein Sohn“ versuchte Dragon Faflar zu
beruhigen. Faflar seufzte tief auf. Dragon hatte bestimmt Recht, trotzdem war
ihr nicht ganz wohl bei dem Gedanken, ihren Sohn hier zurückzulassen. In den
nächsten Tagen hielt sie oftmals auf Dragons Plateau Ausschau nach ihm, doch vergebens.
Seit Dragons Herolde auch andere Drachenvölker
benachrichtigt hatten, war die Anzahl der Aufbrechenden immer weiter
angewachsen. Fast täglich kamen immer neue Gruppen zu Dragons Volk; blaue
Eisdrachen, kleine bräunliche Erddrachen, mit irisierenden Schuppen bedeckte Drachen
der Lüfte und viele andere Arten mehr, das weitläufige Höhlensystem bot ihnen
allen kaum noch genügend Platz. Und alle berichteten über die gleichen
merkwürdigen Vorkommnisse.
Dragon und die anderen Anführer hatten in den letzten Tagen
alles genauestens geplant. Jeder Anführer sollte mit seinen Anhängern in einem
anderen Sternbild mit der Suche beginnen. Sie konnten nur hoffen, dass Gneip
mit seiner Vermutung Recht hatte.
So kam der Tag des Mondwechsels. Die erste Gruppe, ein
benachbartes Volk von Erddrachen, hatte sich auf Dragons Plateau versammelt.
Auf ein Zeichen ihres Anführers hin erhoben sie sich majestätisch in den
Himmel. Laut rauschten ihre perlmuttfarbenen Flügel. Sie gewannen schnell an
Höhe, wurden zu kleinen hellen Punkten am dunklen Nachthimmel und waren kurz
darauf den Blicken der Anderen entschwunden.
Dragons Gruppe sollte die Letzte sein. Das gab ihm und Faflar die Gelegenheit sich noch einmal ihre alte Heimat anzusehen. So zogen sie durch die verlassenen Höhlen und nahmen Abschied von der vertrauten Umgebung, die sie nie wiedersehen würden. Fast andächtig strich Faflar über das alte Kristallnest ihres Sohnes. Wie es ihm wohl ging? Ob die Botschaft ihn erreicht hatte? Wann würden sie ihn wiedersehen? Faflar legte eine ihrer roten Schuppen auf das Nest. Die feinen Linien und Muster mit der diese übersät war, bildeten eine Botschaft für ihren Sohn. Dragon räusperte sich laut. Es wurde Zeit. Sie mussten aufbrechen. Kurze Zeit später erhoben sich Dragons Untertanen unter seiner Leitung wie eine rotgoldene, feurige Wolke in die Lüfte und strebten ihrem ersten Ziel, dem Sternbild des Drachen, entgegen.
Atemlos
erreichte er das Hochplateau und schaute sich um. Große Felsbrocken blockierten
den Eingang zu Dragons Reich. Grauer Staub quoll durch die Ritzen und legte
sich in einer dicken Schicht auf die Bäume und Sträucher die das Plateau umrandeten.
Zusammengebrochen. Seine alte Heimat war unbewohnbar geworden, wohin sollte er
sich nur wenden. Wo waren seine Eltern und die anderen Drachen. Nepumuk bleib
keine andere Wahl, als sie zu suchen.
Seine Suche
führte ihn aus der Abgeschiedenheit der Berge in die Ebene und somit in die
Nähe menschlicher Ansiedlungen. Er flog über spitze Felsnadeln und überquerte
glasklare, scheinbar bodenlose Bergseen und unbegehbare Hochmoore. Schließlich
ließ er sich an Rande eines großen, lichten Laubwaldes nieder, um zu rasten.
Er verkroch sich unter einem großen Haufen alten Laubes, den der Wind hier zusammengetragen hatte und schlief ein. Seltsame Träume umgaukelten ihn, zeigten ihm merkwürdige Wesen mit einem goldenen Horn auf der Stirn und einmal war ihm sogar, als ob jemand seinen Namen rufen würde. Verwirrt wachte Nepumuk auf und schaute sich um. Doch da war niemand, oder?
Angestrengt
spähte er in die trügerische Dämmerung des Waldes. Sonne und Wind ließen aus
den Schatten immer neue Schemen entstehen. Da blitzte doch etwas auf? Nepumuks
Augen tränten vor Anstrengung, aber jetzt, ja er sah es ganz deutlich. Ein
weißes Tier mit einem gedrehten goldnen Horn auf der Stirn verbarg sich dort
hinter den Brombeergestrüpp. Als die Neugierde verteilt wurde, hatte Nepumuk in
der ersten Reihe gestanden und gleich die doppelte Portion davon abbekommen.
So zwängte er
sich so schnell es eben ging durch das Gestrüpp und stand kurz darauf direkt
vor diesem seltsamen Wesen. Irgendwie roch es nach Pferd, aber ein Pferd mit
einem Horn?
Nachdem sich
beide eingehend betrachtet hatten, machte Nepumuk den ersten schritt und
stellte sich dem anderen vor. Er erfuhr, dass sein Gegenüber ein Einhorn war
und in einer ähnlichen Lage wie er. Sein Bruder Helios wäre mit einer Reihe
anderer Einhörner aufgebrochen, um für alle eine neue Bleibe zu suchen und er,
Argon, hätte beschlossen, die Suche auf eigene Faust zu beginnen. Als Nepumuk
erzählte, wie sich viele Drachen quasi in Rauch aufgelöst hatten, nickte Argon
bestätigend. Er hatte Ähnliches bei seinen Artgenossen beobachtet.
Argon hatte in
seiner jugendlichen Überheblichkeit natürlich nicht erwähnt, dass sein Bruder
den Rat eines Weisen einholten wollte und so wurde lang und breit beratschlagt,
wo sie mit ihrer Suche beginnen sollten. Instinktiv fühlten beide, dass sie nur
gemeinsam eine Chance haben würden, ihre Artgenossen wiederzufinden. Sie
beschlossen, die Suche gemeinsam fortzusetzen.
Da ihnen alle
Richtungen außer der, aus der Nepumuk gekommen war, gleich vielversprechend
aussahen, überließen sie die Wahl dem Wind.
Am Rand des
Waldes stand eine alte, knorrige Eiche. Unwetter und Stürme hatten im Laufe von
vielen hundert Jahren die einst dichte Krone zerfasert, die meisten ihrer
üppigen Aste und Zweige abgebrochen und nur noch einige kümmerliche Blätter
dicht am Stamm übrig gelassen. Diese hatten sich bereits lange vor dem Herbst
verfärbt und eine leichte Windbö würde sie sofort durch die Luft tragen.
Hierhin gingen die Beiden und warteten.
Wind kam auf
und die alte Eiche überließ ihm bereitwillig ihre Blätter. Langsam schaukelten
diese Richtung Osten. Also gut, sie würden also diese Richtung einschlagen.
Nepumuk hatte
erhebliche Bedenken. Wenn er sich in die Lüfte schwang, wie sollte ihm Argon
dann folgen. Daher staunte unser junger Drache nicht schlecht, als Argon
einfach in die Luft galoppierte und kurz darauf in einer riesigen Haufenwolke
verschwand. Nepumuk musste sich anstrengen, seinen neuen Wegbegleiter
einzuholen.
om festen Willen getrieben ihre Angehörigen zu finden,
vergaßen die beiden Raum und Zeit. Ihr Weg führte sie durch enge Schluchten,
breite, tiefe Täler, trostlose Wüsten und heimtückische Moorlandschaften. Doch
ihre Suche blieb erfolglos. Nirgendwo fanden sie eine
Spur. Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit machten sich in ihnen breit.
Argons weißes leuchtendes Fell war stumpf und glanzlos geworden und mit dunklen
Schlammspritzern übersät. Schweif und Mähne hingen verfilzt an ihm herunter.
Nepumuks Schuppenkleid hatte der Witterung besseren Widerstand bieten können,
doch auch er war schlammbespritzt und seine Schuppen waren spröde und rissig
geworden. So erreichten sie eines Tages eine tief verschneite Hochebene, auf
der sich zwei gigantische Berge in den Himmel erhoben. Dazwischen leuchtete ein
Regenbogen. Instinktiv hatten sie also die gleiche Richtung wie Helios und
seine Gefährten eingeschlagen und standen nun ebenfalls vor dem Domizil des
Weisen Quarzal.
Argon entdeckte die „weiße Flechte“, die an der Bergwand wuchs, als Erster. Hungrig begann er daran zu knabbern und zu ziehen. Dann spuckte er ein paar lange Fäden aus. „Pfui Teufel“, das sind ja Barthaare.“ In diesem Moment erschien das Gesicht des Weisen im Fels. „Wie ich sehe hast du deine Meinung geändert, Helios!“ Erklang die dunkle, volltönende Stimme Quarzals. Erschrocken machte Argon einen Satz rückwärts und suchte Schutz hinter Nepumuks breitem Rücken. „Ich bin nicht Helios, sondern sein Bruder Argon. Aber da du ihn ja zu kennen scheinst, kannst du uns bestimmt sagen, wo wir ihn finden,“ erwiderte Argon. Im dämmerte langsam, dass sie dem Weisen gegenüberstanden, den Helios um Rat hatte fragen wollen. „Woher soll ich wissen, wo sich dein Bruder jetzt herumtreibt. Er wollte auf dem kürzesten Weg zu seinem Volk zurückkehren und dann die Suche nach dem Garten der Phantasie fortsetzen.“ Kleinlaut und mit gesenktem Kopf gestand Argon, dass er die Rückkehr seines Bruders nicht abgewartet hatte, sondern sich auf eigene Faust auf die Suche begeben hätte. Unterwegs sei er dann zufällig auf Nepumuk gestoßen, der nach seiner Familie suchte und so hätten sie beschlossen gemeinsam zu suchen. In dem verwitterten Steingesicht blitzte ein Lächeln auf. Anscheinend wandte sich doch alles zum Guten. Ohne es zu wissen hatten diese beiden den ersten Schritt zur Versöhnung ihrer verfeindeten Rassen getan. Daher klang Quarzals Stimme nun mild und freundlich als er erneut zu sprechen anfing. „Gut, Argon und Nepumuk, hört mir genau zu. Ich hoffe, Euch ist der alte Spruch bekannt, wie der Weg zum Garten der Phantasie gefunden werden kann.“ Beide nickten bejahend. „Beim Abbild des Boten von dem die Rede ist, handelt es sich um ein Sternbild. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es ist das Sternbild des Pegasus gemeint, denn Pegasus ist der geflügelte Bote der Phantasie. Dorthin müsst Ihr. Alles Weitere wird sich dann finden.“
Nepumuk schüttelte sein Haupt. Er kannte so viele Sternbilder, aber von einem Sternbild dieses Namens hatte er noch nie etwas gehört. Die alten Karten aus den Drachenchroniken hatte sein Volk beim Aufbruch mitgenommen oder sie lagen verschüttet in den eingestürzten Höhlen seines Volkes. Wie sollten sie ohne Anhaltspunkte jemals den Weg dorthin finden. Quarzal bemerkte Nepumuks Niedergeschlagenheit. Er forderte Argon auf, mit seinem Huf gegen den Felsen zu schlagen. Nachdem Argon dieser Aufforderung nachgekommen war, öffnete sich ein schmaler Spalt und eine kleine vergilbte Pergamentrolle fiel in den Schnee. Nepumuk studierte sie sorgfältig. Anscheinend handelte es sich hierbei um eine Sternenkarte. Sie war den alten Drachenkarten nicht unähnlich, aber viele Zeichen waren ihm unverständlich. „Hilft sie dir weiter?“, wollte Argon wissen. „Nun, ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, ich weiß jetzt, wo wir in etwa suchen müssen,“ erwiderte Nepumuk nachdenklich und beugte sich erneut über das Pergament. Schließlich hob er seinen Kopf. „Danke, großer Weiser für deine Hilfe.“ Quarzal lächelte erneut. Ein kurzer, heftiger Windstoß erfasste das Pergament und ließ es wieder in dem Spalt verschwinden. Mit einem leisen Rumpeln schloss sich dieser wieder. „Es wird Zeit für Euch. Ihr solltet nun gehen. Folgt dem schmalen Pfad und passiert den Regenbogen. Viel Glück.“ Quarzals Stimme war bei diesen Worten immer leise geworden und als beide nun die Felswand empor schauten, war sein Gesicht verschwunden. In der weißen, unberührten Schneedecke wurde ein schmaler Pfad sichtbar. Langsam und vorsichtig folgten sie der Markierung. Hoch über ihren Köpfen spannte sich der Regenbogen von Gipfel zu Gipfel und ließ den Schnee bunt schillern. Weiter vorne verschwand der Weg in einer grauen wabernden Nebelwand. Allen Mut zusammennehmend gingen die beiden weiter. Kurz darauf waren sie von feuchten Schwaden umgeben, die anfingen, sich immer schneller um sie zu drehen. Dann erfasste sie eine Art Strudel und sie wurden empor gerissen und durch die Luft geschleudert. Plötzlich zerflossen die Nebelschwaden und gaben den Blick auf ein grandioses Schauspiel frei. In der samtenen Schwärze die sie umgab, funkelten unzählige Punkte in unterschiedlichen Größen, vereinzelt oder in Gruppen. Bunte Nebel in den verschiedensten Formen schwebten dazwischen. Meteore rasten an ihnen vorbei, manche dunkel und metallisch schimmernd, manche hell wie ein von Kindern geworfener Schneeball. Nepumuk und Argon konnten sich nicht satt sehen. Argon vergaß alles um ihn herum. Er galoppierte mal hierhin und mal dahin. Endlich mahnte Nepumuk: “Argon, spar dir deine Kräfte, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ Damit wandte er sich einem blassvioletten Spiralnebel zu und flog los. Argon folgte ihm mit einigem Abstand.
n der
Zwischenzeit hatte Dragons Volk ihr erstes Ziel, das Sternbild des Drachen,
erreicht. Jetzt, nachdem sie die Erde verlassen hatten und die Unendlichkeit
des Weltalls erblickten, wurde ihnen bewusst, dass sie den Garten der
Phantasie, wenn überhaupt, nur durch Zufall finden würden. Vielleicht hätten
sie doch auf Gneip hören sollen, der die alten Schriften genau kannte. Die
Einhörner, seit jeher die Boten der Fruchtbarkeit und des Frühlings, hätten
bestimmt die Nähe des Gartens gespürt. Doch zur Umkehr war es jetzt zu spät.
Dragon war auch viel zu stolz, um einzugestehen, dass er einen Fehler gemacht
hatte. Doch dazu war es jetzt zu spät. „Wir werden uns in noch kleinere Gruppen
aufteilen“, befahl Dragon. „Das vergrößert unsere Chancen.“ Bald darauf erhoben
sich viele kleine Gruppen einem Funkenregen gleich und stoben in alle
Richtungen davon.
Helios stand
vor den gleichen Problemen. Nachdem der Nebelstrudel ihn und seine Gefährten in
die Heimat zurückgebracht hatte, machten sie sich zwar alle sofort auf den Weg,
aber schon kurz nach ihrem Aufbruch sahen sie ein, dass sie auf den Rat des
weisen Quarzal hätten hören sollen. Ihre besondere Gabe, alles was wächst schon
aus weiter Entfernung zu spüren, half ihnen ohne Kenntnis der Sterne und
Sternbilder allerdings recht wenig. Helios sah die einzige Möglichkeit die
Suche doch noch erfolgreich zu beenden darin, sein Volk in zweier Gruppen
aufzuteilen, die sich nach kurzer Rast, wie tanzende Schneeflocken, wieder auf
den Weg machten.
Nepumuk und Argon hatten den Spiralnebel erreicht. Die Orientierung machte Nepumuk etwas zu schaffen. Alles sah so anders aus als auf den Karten. Forschend schaute er sich um, mal schien ihm diese Sternenkonstellation vertraut, mal eine andere. Argon, der gerade mit den violetten Nebelschleiern Fangen spielte, hielt unvermittelt inne und betrachtete besorgt seinen Freund. „He, Nepumuk, stimmt etwas nicht? Wie geht es weiter? Komm schon, was meinst du, sollten wir uns nicht den Sternenhaufen dort drüben einmal ansehen? Sieht interessant aus. Wer zuerst da ist.“ Ohne eine Antwort abzuwarten lief er los. Nepumuk hastete hinter ihm her. Nicht genug damit, dass er sich in dieser ihm so fremden Umgebung ohne Hilfe zurechtfinden musste, spielte er auch noch Kindermädchen für diesen Halbstarken.
Weit entfernt
von jenen Geschehnissen saß Phantasie in ihrem Garten und beobachtete beide
Rassen bei ihren Bemühungen, sie und ihren Garten zu finden. Warum waren sie
alle nur so halsstarrig. Sie hatte gehofft, dass Dragon und Helios klug genug
waren zu erkennen, dass sie der Gefahr in der sie schwebten nur gemeinsam
entrinnen konnten. Aber anscheinend hatte sie sich in ihnen getäuscht. Seufzend
wandte sie sich von dem schimmernden Teich ab, der ihr als Fenster ins All
diente. Langsam schritt sie auf einen perlmuttfarbenen Pavillon zu, der sich
auf einem kleinen Hügel erhob. Üppige Blumenranken wanden sich um seine Säulen,
buntschillernde Kolibris tranken süßen Nektar aus den betörend duftenden
Blütendolden. Prächtige Pfaue stolzierten über den samtigen, grünen Rasen und
in den nahen Sträuchern sangen bunte Paradiesvögel ihre schönsten Lieder. Dort
wartete bereits Merlin, ihr treuer Berater, auf sie. „Es ist einfach
unerträglich, tatenlos zusehen zu müssen, wie sie in ihr Verderben laufen.
Guter Merlin, was rätst du mir? Außerhalb meines Gartens habe ich keine Macht,
aber ich muss einen Weg finden, ihnen zu helfen.“ Phantasie ließ sich auf einem
weichen, malvenfarbenen Kissen nieder und bat Merlin, ebenfalls Platz zu
nehmen. Sie schaute in Merlins gütiges Gesicht. Der alte Magier strich sich
nachdenklich über seinen langen, weißen Bart. „Hmm,“ überlegte er. „Ich würde
noch etwas abwarten. Ich hege immer noch die berechtigte Hoffnung, dass Nepumuk
und Argon es auch ohne unsere Hilfe schaffen werden. Wo stecken die beiden denn
gerade?“ „Dass ist es ja gerade, ich weiß es nicht genau“, erwiderte Phantasie.
„Seit sie den Spiralnebel verlassen haben, sind sie verschwunden. Dabei waren
sie doch auf dem richtigen Weg. Hoffentlich ist nicht wieder Argons Leichtsinn
daran schuld. Du weißt selbst, dass er manchmal aus lauter Übermut sich und
andere durchaus in Gefahr bringen kann.“ Dann ist es vielleicht doch besser,
wenn ich jetzt schon aufbreche, um nach
dem Rechten zu sehen“, meinte
Merlin. „Ich werde außerdem alle Hände voll damit zutun haben, diese sturen
Drachen und Einhörner wieder einzusammeln. Das gibt unseren beiden jugendlichen
Helden noch etwas Zeit, ihren Weg wiederzufinden. Nicht weit vom Sternbild des
Pegasus befindet sich ein kleiner Asteroid, der als Sammelpunkt sehr günstig
liegt, dorthin werde ich alle bringen, die ich finden kann. Du weißt, auch
meine Macht ist begrenzt und wenn die beiden ihr Ziel nicht aus eigener Kraft
erreichen, kann auch ich nicht mehr helfen. Dann waren alle Bemühungen umsonst
und beide Rassen werden der Vergessenheit anheim fallen.“ Phantasie nickte
betrübt. Sie hatte schon vielen Fabelwesen eine neue Heimat gegeben, aber noch
nie hatte es solche Schwierigkeiten gegeben wie bei diesen. Merlin erhob sich
von seinem Sitz und griff nach seinem, mit magischen Runen bedeckten
Zauberstab, den er an eine der weißen Marmorsäulen gelehnt hatte. In das
kostbare Bodenmosaik des Pavillons war eine wundervolle, aus Lapislazuli und
Rosenquarzen bestehende Windrose eingelassen. Dort stellte sich Merlin auf. Die
blaue, kunstvoll in Goldfiligran gefasste Kugel am oberen Ende des Stabes
begann matt zu glühen. Bart und Mantel wehten im urplötzlich auftretenden Wind.
Der Glanz wurde immer intensiver, breitete sich aus, bis er die ganze Gestalt
Merlins umschloss, ein helles Klingeln wie von kleinen Silberglöckchen erscholl
und das blaue Leuchten zerstob in Tausende und Abertausende kleine blaue
Funken. Merlin war verschwunden. Phantasie blieb noch eine Zeitlang sitzen, um
auszuruhen, dann ging sie zurück zu dem kleinen Teich. Sie kniete sich auf das
weiche Moos und schaute angespannt auf die schimmernde Wasserfläche.
erlin hatte es nicht leicht, seiner Aufgabe gerecht zu werden. Drachen und Einhörner hatten sich mittlerweile so verteilt, dass er sich gezwungen sah, jede einzelne Nebelwolke, jeden Sternenhaufen und jeden noch so unbedeutenden Asteroiden abzusuchen. Viel schwieriger als das, war es aber, alle davon zu überzeugen, dass sie ihm folgen sollten. Erschöpft und völlig deprimiert hatten viele einfach nur noch den Wunsch, dort zu bleiben, wo sie gerade waren, und ihr Ende abzuwarten. Merlin bot seine ganze Überredungskunst auf. Er erzählte ihnen, dass Phantasie sich bemüht hätte, ihre neue Heimstätte der Alten so ähnlich wie möglich zu gestalten. Er benutzte die ganze Macht seiner Magie, um ihnen in bunte Bilder ihre zukünftige Heimat zu zeigen. Geduldig erklärte er ihnen, warum er sie nicht direkt in den Garten der Phantasie bringen konnte, sondern sie zuerst zu dieser Art Sammelplatz bringen musste, der allerdings ihrem Ziel schon relativ nahe war. Er verhehlte ihnen allerdings auch nicht, dass sich zuerst die uralte Weißsagung erfüllen müsse, bevor sie die letzte Etappe ihres Weges antreten konnten. Lange Zeit hatte Merlin keinen Erfolg. Niemand wollte so recht einsehen, dass ihr weiteres Schicksal von einem leichtsinnigen, kindischen Einhorn und einem unbedeutenden, noch dazu des Feuerspeiens unkundigen Jungdrachen abhängen sollte. Doch dann fand er den einen oder anderen Anführer, der nicht nur bereit war zuzuhören, sondern Merlin in seinen Bemühungen unterstützte und gemeinsam mit Ihnen gelang es dann endlich, die Verstreuten in die Nähe des Sternbildes Pegasus zu bringen. Dragon und Helios erreichten den Asteroiden als Letzte. Obwohl beide während ihrer langen Reise mehrfach überlegt hatten, ob eine Versöhnung ihrer Rassen nicht doch der Suche ein positives Ende gegeben hätte, waren sie nicht bereit, aufeinander zuzugehen und Frieden zu schließen. Im Gegenteil, der alte Groll entflammte zu neuem, heftigem Streit. Merlin gebot ihnen mit donnernder Stimme Halt. Vor Zorn sprühten helle Funken aus seinen sonst so gütigen Augen. „Begreift ihr denn immer noch nicht, wohin Euch diese alte, dumme Fehde geführt hat? Meint Ihr, es hat mir Spaß gemacht, Euch in allen Winkeln des Universums zu suchen und hierher zubringen? Jeder von Euch erhebt den Anspruch auf Weisheit, doch in Wirklichkeit seid Ihr nichts anderes als engstirnige, verbohrte Egoisten.“ Merlin schwieg und schaute Dragon und Helios forschend an. Seine Rede schien Wirkung zu zeigen. Doch kaum hatte ihnen dieser den Rücken zugewandt, ging der Streit von vorne los. Diesmal musste Merlin die beiden Streithähne durch einen gezielten Blitz trennen, bevor sie auf einander losgingen. Wenn jetzt nicht bald Nepumuk und Argon in Aktion traten, dann gab es wirklich keine Hoffnung mehr. Merlin starrte gebannt in Richtung Pegasus, dessen Sterne und Nebelschleier ein sanftes Licht verbreiteten. Er wartete.
Nepumuk hatte unterdessen Argon eingeholt. „Argon, du verdammter.....“, das Wort „Idiot“ blieb ihm im Halse stecken. Verblüfft schaute er sich um. Die Nebelwolke dort kannte er, und den kleinen grünlichen Asteroiden auch, beide hatte er auf Quarzals Sternenkarte gesehen. „Du, ich glaube, ich weiß jetzt wo wir sind. Komm schnell, wir müssen dort entlang.“ Er wies auf eine fluoreszierende Gaswolke. Jetzt war es Nepumuk, der seinen Weggefährten zur Eile antrieb. So schnell er konnte, setzte er sich wieder in Bewegung. Vor lauter Aufregung bemerkte er dabei nicht, dass sich Argon bei dem von ihm angezetteltem Wettlauf, total verausgabt hatte und seinem Gefährten nur mühsam folgen konnte. Nepumuk wurde immer schneller, bald lag die Gaswolke hinter ihm und dann sah er endlich das Sternbild des Pegasus vor sich. Er steuerte eine rötliche Nebelwolke in dessen Zentrum an und ließ sich elegant darauf nieder. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Argon nicht direkt hinter ihm war, wie er geglaubt hat. Aufmerksam spähte er in die Richtung aus der er gekommen war, aber von seinem Reisegefährten war keine Spur zu entdecken. Er musste lange warten, bis auch Argon das Ziel erreichte. Völlig erschöpft brach dieser zusammen. Besorgt schaute Nepumuk auf seinen Gefährten nieder. Argon konnte nicht einmal mehr seinen Kopf heben. „Los, geh schon, ich bleibe hier“, keuchte er. „Ich kann nicht mehr weiter. Hätte ich nur auf dich gehört.“ Argons Stimme sank zu einem Flüstern zusammen. „Ich bleibe bei dir“, erwiderte Nepumuk. „Ich lasse meinen Freund doch nicht im Stich.“ Er breitete schützend seine Flügel über Argon aus, dann schloss auch er erschöpft seine Augen. Plötzlich geschah etwas Seltsames. Eine Aureole aus goldenem Licht umgab die beiden ungleichen Freunde, ein schmales, blasses Lichtband stieg auf und streckte sich einem fernen glitzernden Stern entgegen. Je weiter sich das Lichtband jedoch von dieser Aureole entfernte, desto schwächer wurde es und bald war es nicht mehr zu erkennen. Die Aureole selbst strahlte allerdings immer heller und nahm die Form eines gewaltigen Pegasus an.
Endlich! Genau auf
diesen Augenblick hatte Merlin gewartet. Er deutete auf die Erscheinung und
forderte Dragon und Helios auf, ihm zu folgen. Widerstrebend taten die beiden
Kontrahenten was Merlin verlangte. Doch wie erstaunt waren sie über das Bild,
was sich Ihnen bot, als sie den Ursprung des Lichtes erreichten. Dort lagen
Dragons Sohn und Helios Bruder friedlich vereint. Beschämt senkten beide ihre
Köpfe. Jetzt erkannten sie, wie falsch ihr Verhalten gewesen war. „Dragon,
verzeih mir“, brach Helios als Erster das Schweigen. „Lass gut sein Helios“,
erwiderte Dragon, „wir wollen nicht mehr zurückblicken. Dort“, er wies auf die
Schlafenden, „liegt unsere Zukunft.“ Bei diesen Worten dehnte sich die Aureole
weiter aus und erfasste auch Helios und Dragon. Das schmale, blasse Lichtband
wurde zu einem hellstrahlenden Bogen, der sich jetzt deutlich sichtbar bis zu
jenem fernen, glitzernden Stern erstreckte. Der Weg zum Garten der Phantasie
lag nun endlich offen vor ihnen. Voller Ungeduld wartete man, bis sich Nepumuk
und Argon von ihrer Erschöpfung erholt hatten. Faflar war überglücklich, ihren
Sohn wieder zu sehen und Helios konnte nicht umhin, den Mut und die Ausdauer
seines Bruders zu loben. Dann strebten alle voller Erwartung ihrer neuen Heimat
entgegen, wo Phantasie bereits sehnsüchtig auf sie wartete.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Birgit Sommerkamp).
Der Beitrag wurde von Birgit Sommerkamp auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.11.2001.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Birgit Sommerkamp als Lieblingsautor markieren
Der Söldner und die Wüstenblume
von Hermann Weigl
Nach einem schweren Schicksalsschlag hat der unsterbliche Ritter seine Heimat verlassen und taucht im Gewimmel der Sterne unter. Er strandet auf einem fernen Planeten, auf dem eine mittelalterliche Kultur aufblüht und stößt auf das Geheimnis der Burg...
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: