Florian, den alle nur Flo nennen, ist froh und glücklich wenn er mit seinem Vater gemeinsame Stunden in der Natur verbringen kann. Entweder hat er eine Idee was sie gemeinsam unternehmen könnten oder sein Vater. Heute haben sie sich vorgenommen mit dem neuen Ball zu spielen, den er von seiner Tante Renate zum Geburtstag geschenkt bekam.
Ein kritischer Blick aus dem Fenster sagt dem Vater, dass sich das Wetter nicht gerade von seiner besten Seite zeigt. Der Wind zottelt so lange an den herbstbunt gefärbten Blättern des Ahornbaumes, bis diese sich von den Ästen lösen und im Kreis drehend zur Erde fallen. Dicke Wolken, von denen man glauben könnte, dass sie prall mit Wasser gefüllt sind und demnächst ihre Schleusen öffnen würden, veranlassen den Vater zu fragen: „Wollen wir nicht besser zu Hause bleiben Flo?“
Flo ist über diese Anfrage entrüstet. „Nein, natürlich nicht. Wir sind doch nicht aus Zucker. Oder?“, entrüstet sich Flo und zieht demonstrativ seinen wetterfesten Anorak und festes Schuhwerk an. „Worauf wartest du noch?“, erkundigt sich Flo während er sich ein wenig umständlich die Schnürsenkel bindet. „War doch nur eine Frage“, nörgelt der Vater und folgt seinem Sohn in die Garderobe um sich ebenfalls wetterfest anzuziehen.
Gemeinsam verlassen sie die Wohnung. „Ich muss noch einmal zurück“, sagt Flo als sie fast unten im Haus angelangt sind.
„Warum““
„Ich habe etwas Wichtiges vergessen.“
„Du hast doch deinen Ball“, stellt der Vater etwas irritiert fest und sieht seinen Sohn ungläubig an.
Nachdem Flo sein Holzschwert bei sich weiß, kann der Ausflug zum alten Gutshaus, das umgeben ist von einer dicken hohen Mauer und nur unterbrochen wird von einem großen Torbogen in der sich und eine hölzerne zweiflügelige Holztür befindet, beginnen. Vor dem Gutshaus ist eine große Wiese auf der es sich wunderbar Ballspielen lässt. In Flo´s Vorstellung ist das alte Gutshaus eine Ritterburg, die es zu verteidigen gilt. Deshalb ist es ihm wichtig das Holzschwert dabei zu haben. Man kann ja nie wissen...
Kaum das sie angekommen sind wirft Flo den Ball immer und immer wieder gegen die Mauer und freut sich wenn der Ball zurück kommt und er ihn ohne Probleme auffangen kann. Zielte Flo zunächst den Ball auf die halbe Höhe der Mauer versucht er jetzt ihn bis fast zur Mauerkante hochzuwerfen. Der Vater beobachtet die Anstrengung seines Sohnes mit Argwohn. Gerade als er seine Sohn darauf hinweisen will, dass der Ball über die Mauer hinweg fliegen könnte, passiert es. Er verschwindet hinter der Mauer. Flo ist entsetzt. Der Vater fühlt sich in seiner Vorahnung bestätigt. Beide schauen sich ratlos an.
„Papa mein Ball ist weg“, ruft Flo, dreht sich um und schaut mit weit aufgerissenen Augen in die Richtung in der sein Ball verschwand. Er hofft, dass der Ball zurück geflogen kommt. Flo wartet vergebens. Flehend schaut er wieder seinen Vater an und hofft, dass dieser eine Lösung hat. Das ratlose Gesicht des Vaters treibt Flo Tränen in die Augen. Der Vater umschließt Flo mit beiden Armen und hofft damit Trost zu spenden. Das Schluchzen seines Sohnes wird nicht weniger, es ist nicht zu überhören.
„Lass uns zum Tor gehen und versuchen es zu öffnen.“
Die Idee des Vaters beruhigt Flo ein wenig. Er wischt sich mit der rechten Hand die Tränen aus dem Gesicht und die linke Hand vergräbt er in die Hand seines Vaters der sie fest umschließt. Beide stehen jetzt Hand in Hand entschlossen vor dem mächtigen großen Holztor und der nicht zu übersehenden riesigen Türklinke an die Flo kaum heranreicht, so hoch ist sie angebracht. Mit seiner freien Hand drückt der Vater die Klinke hinunter. Nichts passiert. Mit etwas mehr Gewalt drückt er ein zweites Mal die Klinke hinunter. Auch dieser Versucht führt nicht dazu, das sich das Tor öffnet. Das Tor bleibt beiden versperrt. Aus Flo schwinden Hoffnung und Zuversicht. Er ist maßlos enttäuscht: über sich, über seinen Vater und über das blöde Tor. Nur mit allergrößter Mühe verhindert er, dass erneut Tränen aus seinen Augen schießen. Auch der Vater wirkt unzufrieden. Allzu gerne hätte er seinem Sohn die Möglichkeit eröffnet hinter die Mauer zu gelangen um seinen Ball holen zu können.
Flo löst sich aus der Hand seines Vaters. Mit beiden Händen umfasst er sein Holzschwert und schlägt so kraftvoll wie kann gegen die Holztür. Immer und immer wieder. Das ganze wirkt in der Betrachtung wie der Kampf David gegen Goliath. Der Vater versucht seinen Sohn zu beruhigen indem er sagt: „Flo das bringt doch nichts. Lass es gut sein!“
Flo lässt sich nicht beruhigen. Ganz im Gegenteil. Die Aussage seines Vaters veranlasst ihn noch aggressiver auf das Tor einzuschlagen. Endlich lassen Flo´s Kräfte nach. Kraftlos und maßlos enttäuscht senkt er sein Holzschwert bis die Spitze den Fußboden erreicht. Die blonden Haare sind nassgeschwitzt und hängen wie Strippen ins Gesicht. Jetzt mischen sich Schweiß und Tränen der Wut. Der Vater umschließt seinen Sohn erneut mit beiden Armen und versucht beruhigend auf ihn einzureden: „Flo das hat doch keinen Sinn. Mit Gewalt lassen sich Probleme nicht lösen.“
Ein Blick auf die Taschenuhr des Vaters veranlasst seinem Sohn einen Vorschlag zu machen: „Es ist jetzt gleich siebzehn Uhr. Heute können wir hier nichts mehr ausrichten. Lass uns nach Haus gehen und Morgen Vormittag wieder kommen. Morgen werden wir bestimmt das Tor geöffnet vorfinden und dann kannst du dir deinen Ball zurückholen.“
Flo schaut zu seinem Vater hinauf und sieht ihn hoffnungsvoll und gleichzeitig ungläubig an. Er fragt: „Bestimmt?“
„Bestimmt“, wiederholt der Vater wohl wissend, dass er nicht weiß, ob sein Versprechen einzuhalten ist.
Nach einer kurzen Pause erkundigt sich Flo: „Und wenn nicht?“
Bevor der Vater etwas Falsches sagt hält er es für richtig auf diese Frage nicht zu antworten. Er lenkt seinen Sohn ab indem er ihn auf ein Rascheln, das von der Mauerunterkante her kommt, aufmerksam macht. Flo ist wenig interessiert. Er denkt nur an seine verloren gegangenen Ball.
„Sieh doch Flo. Dort ...“ , der Vater zeigt mit dem Zeigefinger seiner linken Hand auf einen Igel der sich mit einem kleinen aufgespießten Apfel mühevoll durch das Herbstlaub quält, „Siehst du den Igel?“ erkundigt sich der Vater amüsiert. „Hast du schon einmal einen Igel gesehen der einen Apfel transportiert?“.
Flo lässt sich von der Freude seines Vaters nicht anstecken. Im Gegenteil. Er denkt: ‚Wie kann es sein das sich sein Vater über eine Igel mit Apfel auf dem Rücken amüsieren kann, wenn sein Sohn einen herben Verlust verkraften muss.’ Indem er an seinem Vater herumzottelt drängt er ihn zum weitergehen. Er will einfach nur weg von diesem schicksalsträchtigen Ort.
Schweigend laufen sie nebeneinander her. Plötzlich hören sie hinter sich eine Stimme: „Hallo ihr da, hallo ihr da.“ Zunächst fühlen die Beiden nicht angesprochen. Doch als die Stimme immer näher kommt und ein drittes Mal „Hallo ihr da“ gehört wird, bleiben sie stehen und drehten sich dem Rufenden entgegen. Flo sieht nicht den gehetzten Mann der sie fast erreicht hat, sondern nur seinen Ball. Außer Atem steht jetzt der Mann vor ihnen und fragt ob der Ball ihnen gehört.
„Mein Ball, mein Ball“, frohlockt Flo und kann es kaum erwarten den Ball in Empfang nehmen zu können. Der freundliche Mann reicht dem Jungen seinen Ball und erklärt, dass er gärtnerisch hinter dem Tor tätig. „Zunächst nahm ich nur das nicht zu überhörende Schlagen gegen das Tor wahr“, erzählte der Ballüberbringer und weiter: „Wenig später, als das Schlagen aufgehört hatte entdeckte ich den Ball der sich den unteren Ästen eines Apfelbaumes verfangen hatte. Ich dachte mir, dass der Krach am Tor und der Ball im Zusammenhang stehen. Ich holte den Schlüssel aus dem Haus und sperrte das Tor auf. Ich sah sie beide des Weges gehen und vermutete, dass ihnen der Ball gehören könnte. Und wie ich sehe, war meine Vermutung richtig,“ freut sich der Ballfinder und schaut in Flo´s strahlende Augen.
Vater und Sohn bedanken sich bei dem Finder und verabschieden sich. Der Mann geht zurück zum Gutshaus und Vater und Flo, Beide zufrieden, laufen in die entgegnende Richtung. Sie laufen eine ganze Weile als Flo plötzlich stehen bleibt und seinen Vater fragt: „Ob der Igel noch immer seinen Apfel spazieren trägt?“
„Woher soll ich das wissen?“, erkundigt sich der Vater und sieht seinen Sohn fragend und stirnrunzelnd an.
„Wenn du es nicht weißt, und ich es nicht weiß, müssen wir nachschauen gehen“, tönt Flo etwas altklug und hält sein Schwert, das er zwischen Gürtel und Hose stecken hat, mit fester rechten Hand am Griff festumschlugen.
Der Vater schmunzelt und meint zustimmend: „Wo du Recht hast, hast du Recht“.
Vater und Sohn drehen sich um und gehen zurück. Tatsächlich finden sie den Igel mit dem Apfel auf dem Rücken an der Stelle, wo er sich vorhin bereit aufgehalten hat.
„Wie ist der Apfel auf den Rücken des Igels gekommen“, möchte Flo von seinem Vater wissen und schaut erst ihn und dann den Igel erwartungsvoll an.
Der Vater weiß natürlich nicht wie der Apfel auf den Rücken des Igels gelangte. Er vermutet, und das sagt er seinem Sohn, dass ein Apfel von Baum fiel und direkt auf dem Rücken des Igels landete.
Bei der Vorstellung muss Flo lachen und auch sein Vater lacht.
„Mein Ball landete in einem Apfelbaum und ein Apfel landet auf dem Rücken eines Igels, ist das nicht komisch?“, fragt Flo meint: „Alles was von oben kommt, landet irgendwo.“
„Da hast du Recht! Alles was von oben kommt landet irgendwo, egal ob in einem Apfelbaum oder auf einem Igel.“
Nachdem Vater und Sohn beobachten konnten, dass der Igel unter seiner Last nicht leidet, verabschieden sie sich von dem Tier indem sie eine tiefe Verbeugung machen. Zufrieden treten sie den Heimweg an und merken erst jetzt, dass sich die fetten Wolken verzogen haben und die Herbstsonne es schafft das bunte Laub zum Strahlen zu bringen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.10.2016.
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Himmlische Regentropfen (Gedichte)
von Gudrun Zydek
Durch Träume und Visionen wurde ich zu einer ganz besonderen und geheimnisvollen Art des Schreibens hingeführt: Dem Inspirierten Schreiben! Eine „innere Stimme“ diktierte, was meine Hand aufschrieb, ohne eine einzige Silbe zu verändern!
Während ich die Inspirierten Schriften meines Buches "Komm, ich zeige dir den Weg!" schrieb, entstanden immer wieder inspiriert auch Gedichte, die ich oftmals deutlich vor mir sah oder hörte, entweder in einer Vision, im Traum oder während der Meditation. Ich habe sie in dem Buch "Himmlische Regentropfen" zusammengefasst.
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