Ulla Meyer-Gohr

P A RA D I E S - A F R I K A

Ted Huston atmete erleichtert auf. Vergessen waren Schwierigkeiten, Zweifel und aufkommende Mutlosigkeit.
Für ihn ging ein Traum in Erfüllung. Jetzt stand die fertige Lodge vor ihm. Stolz blickte Ted noch einmal über
das Haupthaus, die Gästehäuser, Swimmingpool und dem angelegten exotischen Garten. Ein beeindruckender
Marulabaum,auch Lebensbaum oder Elefantenbaum genannt, überragte in einer stattlichen Länge von 20 m die Lodge.
Die gewaltige Baumkrone schmiegte sich schützend um den silbrigen Baumstamm. Dieser Riese sollte der
Namensträger des Anwesens werden. Unter Marula-Lodge ging er mit in die Familiengeschichte ein. Ted ver-
riegelte das Eingangstor und machte sich auf den Heimweg. Stille umgab ihn. Das knirschende Geräusch
seiner Schritte war das einzig Hörbare auf dem Kiesweg. Er beeilte sich, um nicht in völliger Dunkelheit das
Haupthaus zu erreichen
.
Der Hochsommer überbot sich mit einem reichen Pflanzenwuchs. Jetzt fanden auch die Wildtiere Nahrung in
Hülle und Fülle. Ein Regenschauer ließ über Nacht viele Marulafrüchte vom Baum fallen. Die goldgelben Ping-
Pong-Ball großen Früchte lockten mit einem betörenden Duft.
Gegenüber der Terrasse began die unberührte Wildnis. Weit streifte der Blick, bis zum Horizont; streckenweise
zugewachsen durch dichtes Buschwerk oder größere Baumbestände. Sogar eine Tränke gab es, die das ganze
Jahr mit Wasser gefüllt blieb. Die Tiere besuchten sie jeden Tag und fühlten sich durch die Lodge nicht ge-
stört. Sonnenauf-und-untergänge tauchten das paradiesische Fleckchen Erde in ein malerisches Licht.- Hier,
auf der Terrasse, genoß Ted seinen Sctoch Whisky. Er dachte an Elenore, die heute abend aus Durban zurück-
kehrte. Ted brannte darauf die positiven Neuigkeiten seiner Frau zu berichten. Die ersten Gäste aus Deutsch-
land, Schweiz und England waren eingetroffen und begeistert über ihr ausgewähltes Feriendomizil.
Plötzlich bemerkte der Mann im nahegelegenen Buschwerk eine große Unruhe aufkommen. Das Dickicht wurde
regelrecht auseinander gefegt. Große, graue Schädel tauchten auf. Er versuchte die Köpfe der Dickhäuter zu
zählen. Sechs weibliche Elefanten mit halbwüchsigen Kälbern konnte er entdecken. Diese Gruppe fiel ihm ein
viertes Mal auf. Heftiges Kopfnicken der Leitkuh deutete auf eine Unentschlossenheit hin. Ihre kleinen, rotbraunen
Augen sahen über die Entfernung Ted lange an. Die Kälber tollten ausgelassen um sie herum.  Die anderen
Elefantenkühe stopften sich, mit ihren Rüsseln, das saftige Blattgrün in ihre Mäuler. Trotz der Emsigkeit, beim
Fressen, waren sie doch sehr wachsam. Plötzlich drehte die Leitkuh den Kopf herum und trompete zum Aufbruch.

Ein leichter Plauderton untermalt mit leiser Hintergrundmusik trug zur guten Stimmung bei. Zum Willkommenstrunk
luden die Hustons ein. Gern folgten die Gäste dieser Einladung, in die Lounge, um den ersten Ferientag bei ange-
nehmer Musik und Gesellschaft, sich kennen zu lernen. - Nach langer Zeit strahlte Eleonore ihren Mann das erste
Mal wieder an. Dabei drückte sie ganz fest seine Hand. Das Paar sah sich lange in die Augen. Die gewesenen
Schwierigkeiten lagen hinter ihnen. Jetzt schien auch Eleonore ganz in Südafrika angekommen zu sein und ihr
Amerika trat in den Hintergrund.
Lautlos tauchte ein dunkler Schatten auf. Es war Jama vom Stamme der Zulu. Ein ledernes Band schmückte seine
Stirn; das Zeichen eines verheirateten Mannes seines Stammes. Sonst war er westlich gekleidet
mit einem khakifarbenem Hemd und Hose. Das Weiß seiner Augen leuchtete im schummrigen Licht. Sorge drückte
sein Blick aus. Er mußte sich mühsam beherrschen, um nicht die Fassung zu verlieren. Mit riesigen Schritten fing
Ted seinen Angestellten, vor der Lounge, ab. Geräuschlos folgte er Jama, der den Zeigefinger auf den Mund ge-
legt hatte. Leise betraten die beiden Männer die recht große Empfangshalle. Ein Kreis von tragenden Säulen bot
Deckung. In diesem Moment durchzog ein süßer Duft die Halle. Das Startzeichen für die eingedrungenen Elefanten
der Duftspur zu folgen. Die Gruppe folgte ihrer Leitkuh. Ted trat rasch den Rückzug an. Er wußte was zu tun war.
Lautlos deutete er der Abendgesellschaft an, ab jetzt, unbedingte Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu geraten.
Dann trabten auch schon die Elefantenherde heran. Die Kälber drängten sich Schutz suchend an die Leiber ihrer
Mütter und beäugten ängstlich das ungewohnte Umfeld. Huston erkannte die Leitkuh. Es war die Herde, die ihm
ein paar Mal in der Nähe seines Anwesens aufgefallen war. Gesittet wie eine Schulklasse durchquerten die Dick-
häuter die Lounge. Immer der Duftspur nach; geräuschlos ohne einen Gegenstand zu zerstören. Die Elefanten trabten
an den verblüfften Barkeepern hinterm Tresen vorbei,stiegen , vorsichtig, über die Terrassenmauer, um endlich an
den Ort ihrer Begierde zu gelangen. Sie stürzten sich auf den Marulabaum und zerrten an den Zweigen und schüttelten
die Äste mit den Rüsseln, um die begehrten Früchte zum Fallen zu bringen. Manche stellten sich auf die Hinterbeine,
um die höher hängenden Früchte zu erreichen. Gierig stopften sie sich das Obst mit den Rüsseln in ihre Mäuler. Das
Fressgelage dauerte so lange bis fast keine Früchte mehr am Baum hingen. - Dieses Schauspiel ließ die Gesellschaft in
eine ungläubige Starre verfallen. Keiner machte Anstalten an Flucht oder Panik zu denken. Die Tiere waren nicht auf Streit aus.
nur ihren Hunger, auf die begehrten Früchte, wollten sie stillen. - Jama  senkte sein Jagdgewehr. Doch die Hand blieb , griffbereit, am Abzugshahn. - Die Leitkuh trompete zum Rückzug. Geräuschlos wie sie gekommen waren verliessen sie gesittet das
Terrain. Die Leitkuh sah Ted mit ihren kleinen, rotbraunen Augen an, was bei Elefanten eigentlich nie vorkam; jemanden
ansehen. In diesem Moment fühlte Ted sich hilflos. - Vielleicht stellte seine gebaute Lodge ein Hindernis dar und
stand mitten auf einem uralten Elefantenpfad, der seit ewigen Zeiten zu dieser Futterquelle führte ? Jedenfals gab es
für die Dickhäuter einen neuen Wg an die begehrten Früchte heran zu kommen. Ab jetzt bekam Familie Huston jedes Jahr
zur gleichen Zeit, Besuch von den Dickhäutern. Der Höhepunkt des Vertrauen erfolgte durch die Leitkuh. Sie stellte eines Tages ihr neugeborenes Kalb vor.- Nachdem Ableben der Leitkuh übernahm eine andere Kuh aus der Herde die Aufgabe. - Dieses
entstandene Fenoman, der Elefantenbesuch, sollte die Atraktion der Marula-Lodge weden. Was dem Anwesen finanziell zu
gute kam. Buchungen aus vielen Ländern erfolgten. Besonders zur Zeit der reifen Marulafrüchte.

                                          

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.10.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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