Robert Süß

der Baum

,....DAS WAREN DIE NACHRICHTEN, UND NUN ZUM WETTER: SONNIG ZWEIUNDDREISSIG GRAD UND......ich beuge mich vor, und schalte das Radio aus. Nein und nochmals nein, ich kann es nicht mehr hören, seit drei Wochen diese Wüstenhitze und keine Änderung in Sicht. Ich lehne mich zurück in den klebrig nassen Fahrersitz des 7,5 Tonner Kühltransporters mit defekter Klimaanlage im Führerhaus. Ersatzteil derzeit nicht verfügbar! Oh wie ich es hasse, dieses  "in der nassen Windel sitzen" Gefühl, mit dem ich vermutlich schon damals meiner Mutter Zornesfalten an die Stirn geschrien habe.
Schweinehälften, eine gefrorene LKW Ladung Schweinehälften im Rücken und ich produziere, seit mich mein Deo verlassen hat, jede Menge Schweiß der Duftnote "Männer Extrem". Fast beneide ich die "Jungs" auf der Ladefläche, und wäre da nicht die Plombe an der Tür, wer weis....quatsch, jetzt brauche ich dringend eine Pause und die zwei Liter Mineralwasser in mir drängen ebenfalls zurück zur Natur. Die neue Autobahnausfahrt kommt mir da sehr gelegen und das Schild "Parkpatz am See- 1,5km" liest sich verführerisch.
Ich stelle den Motor ab, die Temperaturanzeige verrät mir: im Laderaum alles ok!
Jetzt aber flott raus und.......freie Auswahl! Der Baum gleich dort drüben, oder Toilette dreißig Meter.......warum steh`n diese Häuschen eigentlich immer am falschen Ende vom Parkplatz?
Die Elterliche Erziehung beflügelt meine Schritte und verschont so Mutter Natur vor der unnatürlichen Bewässerung.
Entspannt gehe ich zurück, lege mich in den Schatten des mächtigen Baumes, was ich auf dem herrlich weichen und vor allem "trockenem" mit Moos verwachsenem Gras als äußerst angenehm empfinde. Ich lehne meinen Kopf auf eine der starken, tief mit der Erde verbundenen Wurzeln, schließe die Augen und versuche mich etwas zu entspannen.....kurz.....nur einen Augenblick, muss ja weiter...
Es ist dieses rauschen, sanft und zugleich eindringlich was mich zurückholt. War ich eingeschlafen? jetzt nur keine Panik. Regungslos, mit geschlossenen Augen liege ich noch immer da und versuche meine Gedanken zu ordnen. Die Ladung, der Chef, noch etwa eine Stunde Fahrt und Karen wartet sicher auch schon zu Hause.
Und da ist es wieder, dieses merkwürdige Rauschen das im Wechselbad mit vollkommener Stille zu sein scheint. Fremd, rhytmisch und doch so vertraut wie die Stimme eines guten Freundes. Ich liege völlig entspannt, spüre eine unerklärliche Verbundenheit mit dem Baum. Ich fühle es förmlich, als wäre "ER" eins mit meinen Gedanken, eingedrungen in mein innerstes, liest mich wie ein Buch und ich lese seine Gedanken. STOP! .... bin ich jetzt irre? Ein Baum der denkt, verrückt sowas. Und doch, ganz deutlich, "ER" bedankt sich bei mir. Aber wofür bedankst du dich Baum? NUN, DU HAST DAS TOILETTENHÄUSCHEN AUFGESUCHT, MICH NICHT ANGEPINKELT UND HAST NUN EINEN WUNSCH FREI!
Sorry, das ist mir nun doch zuviel Märchen. Ich öffne meine Augen, erhebe mich etwas benommen und sage zweifelnd zu mir selbst: es geht mir gut, ich möchte nur nach Hause, und du lieber Baum gib deinen Wunsch einem Menschen der ihn dringender braucht als ich.
Etwas verwirrt bringe ich meine Fahrt zu Ende und freue mich über die heute besonders innige Umarmung von Karen die mich schon am Hoftor erwartet. Als ich ihr mein merkwürdiges Erlebnis erzählen will, fällt sie mir aufgeregt in`s Wort: Liebling, stell dir vor was heute passiert ist als ich nach Hause fuhr. Dabei hält sie mich fest an der Hand und beginnt zu erzählen; Ich war gerade mit mit dem Wagen kurz vor dem neuen Bahnübergang als ein riesiger Ast vor mir auf die Straße fiel und so den Weg versperrte. Karen drückt mich nun fest an sich und sagt mit belegter Simme: die Anlage am Übergang war defekt und wäre nicht der Ast vor mein Auto gefallen, hätte mich der Zug erfasst und....

Schweigend halten wir uns fest umarmt und ich muss wieder an den Baum am See denken


© Robert M.Süß  

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.11.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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