Christa Astl
Heimepisoden Friedensgruß
Erlebte Heimgeschichten
Friedensgruß
In meiner Tätigkeit als ehrenamtliche Seelsorgerin im Altenheim feierte ich mit den Bewohnern wöchentlich einen kurzen Wortgottesdienst mit Kommunion. Beides war den Heimbewohnern wichtig, waren viele doch von ihrer Kindheit an sogar einen täglichen Kirchenbesuch mit Gottesdienst gewöhnt.
Obwohl ich immer bemüht war, die Wortgottesfeier zwar einfach, aber doch feierlich zu gestalten, konnte ich manchmal ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Eine Viertelstunde vorher begannen wir, die Leute in den Stockwerken abzuholen, da nur noch wenige allein den Weg in die im ersten Stock liegende Heimkapelle fanden. Manche Bewohner wurden von den Stationsschwestern gebracht.
Einmal im Winter führte die Schwester noch nach Beginn eine Frau herein. Weil es kalt war, trug sie einen Pelzmantel, - und aus der Knopfleiste des Mantels schaute – ein brauner pelziger Teddybär heraus! Wirklich ein belustigender Anblick, das Bärenköpflein im Pelz, aber es passte zu der Frau, die sich auch willenlos wie ein Kind an der Hand führen ließ. Ich konnte mir ein leichtes Schmunzeln allerdings nicht verkneifen.
Erheiternd war manchmal auch der „Friedensgruß“. Bei meinen zehn bis fünfzehn Teilnehmern gab ich dabei jedem die Hand mit den Worten: „Der Friede sei mit dir.“ Die Antwort lautete: „ Und mit deinem Geiste.“ Aber was bekam ich zu hören?
Manche, die bei jeder Gelegenheit schliefen, sogar beim Essen, antworteten mit: „Guten Morgen.“ Andere hingegen schauten mich nur groß an, wenn ich ihnen die Hand reichte. Ein Bewohner, der durch Schlaganfall die Sprache verloren hatte, hielt meine Hand immer ein paar Sekunden. Vielleicht konnte ihm dadurch wenigstens Momente von Frieden und Geborgenheit geben?
Manche Bewohner kamen regelmäßig, einige nur manchmal oder selten. Von diesen wollte einer meinem Beispiel folgen und ging auch von einem Bewohner zum anderen, gab jedem die Hand und sagte, nicht dasselbe wie ich, sondern: „Grüß Gott.“
Er meinte es aufrichtig und ernst, ich konnte ihm nicht widersprechen oder ihn verbessern. Gottes Gruß, dachte ich, passte immer und überall, aber nur selten ist die Bedeutung dieser Worte so ernst gemeint wie in diesem Fall.
ChA 13.11.16
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.11.2016.
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