"Wozu macht die Fabrik Brimikos, wenn kein Mensch sie brauchen kann?" möchte Lagerist Dusan Raglanovic vom Chef wissen. Und der antwortet: "Brimikos sind für vieles gut. Wenn wir keine Brimikos machen, hast du keine Arbeit, wenn du keine Arbeit hast, hast du kein Geld, wenn du kein Geld hast, kannst du keine Brimikos kaufen." "Aber wenn ich Brimikos kaufen soll, dann muss ich wissen, wozu ich sie brauche." "Jeder Mensch braucht Brimikos, wenn nicht heute, so vielleicht morgen."
Die Herstellung von Brimikos der Firma Warenreich und Frustmann ('Für den Kleinen, für den Chef, Brimis nur von W&F') erfüllt einen Selbstzweck. Brimikos braucht nicht der Kunde, sondern der Hersteller, zur Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung und, vor allem, zum Nachweis der Existenzberechtigung des Managements. Wen wundert's also, dass oben genannter firmeneigener Werbespruch hinter vorgehaltener Belegschaftshand leicht abgewandelt wurde: 'Die Brimis all von W&F, die sind doch nichts als blosser Bluff!'. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende hat diesem fast gelungenen Reim eine weitere Zeile hinzugefügt: '...ein letzter Gruss vom Firmenchef."
Doch auch industriegefertigte Poesie ist heutzutage schier unerschöpflich, und ein Anonymus hat sich folgende Verse einfallen lassen: 'Ach wie balde, ach wie balde, landen Brimis auf der Halde.' Das tun sie bereits- und nicht erst seit vorgestern. Die Überflussgesellschaft ist mit Gebrauchsartikeln aller Art nahezu gesättigt, auch mit Brimikos. Brimikos sind jedoch unverwüstlich, fast so wie Kühlschränke und Fernsehgeräte, Reparaturen selten nötig, und wenn einmal, wundert sich der Fachmann, staunt der Laie.
Hätte doch W&F zu jener Zeit, als noch ein, wenn auch begrenzter, Absatz möglich war, Brimikos aus minderwertigem Material produziert und als reparaturunwürdige Wegwerfware auf den Markt geschleudert und so die Dame Otti Normalverbraucherin, bzw. den Herrn Otto Normalverbraucher, zum steten Nachkauf animiert. Gab es doch nie eine ernsthafte Konkurrenz!
Inzwischen läuft die Brimikoproduktion unvermindert weiter und gute Dreiviertel der Ware werden in fabrikeigenen, nagelneuen Lagerhallen weit vor den Toren der Stadt gestapelt. Hochstapler erfreuen sich bei W&F einer sicheren Position.
Das seit langer Zeit ohnehin schon sehr schwache Exportgeschäft stagniert nun auch noch vollends. Allein China hat ein gewisses Interesse angemeldet. Doch da wäre das Transportproblem mitsamt den immensen Kosten, das zu lösen weder W&F selbst, noch ein Drittunternehmen imstande wäre.
Schliesslich erinnert man sich bei W&F der Landwirte im eigenen Land. Man möchte ihnen die gewiss nicht zum menschlichen wie tierlichen Verzehr, ebensowenig zu Düngezwecken geeigneten Brimikos wenigstens ideell schmackhaft machen und zum Herstellerpreis anbieten: 'Ob mit (Land)rover oder Traktor, Brimikos sind ein Allzweckfaktor.' Doch welcher Landwirt braucht mehr Brimikos als der Nichtlandwirt? "Das ist doch pure Bauernfängerei", meint der Sprecher eines Landwirtschaftsverbandes.
So geschieht unterdessen nichts, als dass W&F beschliesst die Brimikoproduktion nach und nach gänzlich einzustellen, die Lagerhallen nach Beseitigung der gesamten Ware zu vermieten und mit den entsprechenden Einnahmen die Entwicklung künftiger Haldenartikel zu finanzieren. Auch so kann man vielleicht drohende Insolvenz kaschieren. Inzwischen soll sich ein englischer Fabrikant zur Übernahme von W&F bereit erklärt haben. Der Katalog der Bedingungen habe allerdings das Format eines dicken Wälzers, heisst es.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.11.2016.
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