Martina Wiemers

Der kleine Weihnachtsmann



 

Der kleine Weihnachtsmann


Es ist 16:00 Uhr und wie jedes Jahr am Heiligen Abend warten Erwin und ich auf den Weihnachtsmann.
Als es klingelt öffnet mein Mann die Tür und sagt zu mir ziemlich spöttisch:
„Ja, er ist es, aber bitte keine zu großen Erwartungen.“
Da stand er nun dieser kleine Weihnachtsmann und schaute uns traurig an. „Guten Abend, der richtige Weihnachtsmann ist krank und ich muss ihn vertreten. Frohe Weihnachten, flüsterte er kaum hörbar, stellte schnell den Sack mit den Geschenken auf den Abtreter  und wollte davon laufen.

„Komm doch rein kleiner Weihnachtsmann , bleib ein Weilchen, feiere mit uns, wärme dich auf, draußen ist es bitterkalt“, rief ich hinter ihm her, öffnete weit die Haustür und zeigte auf den hellerleuchteten Weihnachtsbaum in unserem Wohnzimmer.

„Wirklich“ fragte der kleine Weihnachtsmann erstaunt und  blieb unschlüssig stehen.
„Aber natürlich, du bist herzlich willkommen, wir sind allein und freuen uns, mit dir unter dem Weihnachtsbaum gemütlich ein Weilchen zu plaudern. Sicher kannst du uns viel Neues aus der Märchen –und Weihnachtswelt berichten. Unser Alltag läuft eher gemächlich ab. Von großen Abenteuern und was in der Welt passiert  hören wir meist nur in den Abendnachrichten.“

Der kleine Weihnachtsmann zog im Flur seinen roten Mantel und seine Stiefel aus, schaute sich um und setzte sich dann zögerlich, weil er so klein war, auf die Kante der Fußbank.
Erwin goss schnell Punsch in 3 Gläser und holte die selbstgebackenen Plätzchen aus der Küche, bevor wir es uns am Kamin so richtig gemütlich machten.

Der kleine Weihnachtsmann  berichtete von seinen Erlebnissen am heutigen Heiligen Abend. Von enttäuschten Erwachsenen, wütenden Kindern, bellenden Hunden und von dem großen falschen Weihnachtsmann auf dem Sternenmarkt, der zuviel Glühwein getrunken hatte.
Nirgendwo war er wegen seiner Winzigkeit wirklich willkommen. Meistens schlug man ihm gleich die Tür vor der Nase zu und forderte, dass sofort der große Weihnachtsmann, auch wenn er krank ist , kommen sollte. Man hätte ihn schließlich gebucht und bezahlt.

Als der kleine Weihnachtsmann sich alles von der Seele geredet hatte und vorsichtig vom Punsch und den Plätzchen naschte, erzählten wir ihm von Martha, die im Seniorenwohnheim um die Ecke wohnt und niemals zu Weihnachten Besuch bekommt.

Da begann  der kleine Weihnachtsmann ungeduldig auf der Kante der Fußbank hin und her zu rutschen.
„Da gehe ich jetzt hin und besuche sie“, rief er freudig. Ein Weihnachtsmann ist schließlich dafür da, selbst wenn er so klein ist wie ich, in der Weihnachtszeit die Augen Aller zum strahlen zu bringen. Sollen doch Andere sich von falschen Weihnachtsmännern Geschenke bringen lassen, die nach ein paar Tagen oder Wochen wieder im Müll landen.

Er zog im Flur seine Stiefel und den Mantel an und lief schnell hinüber zum Seniorenheim.
Als Erwin und ich nach ein paar Stunden bei unserem abendlichem Spaziergang in das  erleuchtete Fenster von Martha schauten, sahen wir dort den kleinen Weihnachtsmann noch immer auf ihrem Schoß sitzen. Er hörte Martha aufmerksam zu und streichelte dabei sanft ihre Hände.

Den Sack vom kleinen Weihnachtsmann  bei uns im Flur lassen wir ungeöffnet gleich bis zum nächsten Jahr stehen. Was immer auch darin sein mag, wir brauchen es nicht. Haben alles und davon mal etwas Weniger ist immer noch genug.


© Martina Wiemers

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.12.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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