Angela Redeker

Die etwas andere Geliebte

Es war einer dieser Tage, bei denen man schon beim Aufstehen ein schlechtes Gefühl hatte. Der erste Blick auf den Wecker war eine Zumutung 8:04 Uhr.
Oh Mann, dachte sie was soll das?
Es ist Samstag, ich kann ausschlafen, wieso werde ich wach?
Neben dem leisen Atmen ihres Mannes, der neben ihr lag und noch tief in Träumen versunken war, vernahm sie einvertrautes Geräusch – es regnete. Sie seufzte, die ganze Woche über freute sie sich aufs Wochenende und nun das. Bei dem Wetter würde ihr Mann nicht nur den ganzen Abend sondern auch den Tag über in seinem Keller vor dem Computer verbringen, eintauchen in eine virtuelle Welt , in der er ein Held sein kann, sich stundenlang mit Gleichgesinnten unterhalten, jegliches Eindringen von ihr in sein Reich als Störung oder Kontrolle empfinden.

Ja, es gab eine Zeit, die anders war, in der er ihr das Gefühl gab wichtig für ihn zu sein. Heute klangen selbst Sätze wie „ich liebe dich“ wie neben bei gesagt.
Sie dachte an ihr erstes Treffen, er konnte die Hände kaum von ihr lassen, immer wieder fanden ihre Lippen zu einander.
Wann hatte er sie eigentlich zum letzten Mal geküsst?
Sie wusste es nicht. Der Gedanke machte sie traurig.
Wieso hatten sie ihre Liebe verloren?
Eine Liebe von der sie glaubten, dass sie stark genug sei alles zu überstehen.
Lag es an ihr?
OK, sie war etwas dicker geworden, das Leben war nicht spurlos an ihr vorbei gegangen.
War es das was er suchte, eine makelose Schönheit ohne Ecken und Kanten?
Sie glaubte nicht.
Sie stand auf und ging ins Bad, ihre nackten Füße verursachten ein leises Geräusch auf den kalten Fliesen. Sie sah zu Boden und lächelte ironisch, wie oft war sie morgens nach einem heißen Liebesspiel ins Bad gegangen, ihr Füße noch erhitzt hinterließen leichte Spuren auf dem Boden ...und heute?
Sie setzte sich auf den Rand der Badewanne und ließ den Kopf hängen, war das alles?
Nur Erinnerungen an heiße Nächte, in denen sie sich wohl fühlte?
Wie oft hatte sie sich sündige Dessous angezogen und dabei schon die Vorfreude auf den Sex genossen.?
Wenn er dann bei ihr war, seine Hände sie berührten, sie langsam auszog, empfand sie keine Scham nur pure Lust. Ließ seine Lippen ihren Körper erkunden, zog sich nicht zurück, öffnete breitwillig ihre Beine wenn seine Zunge über ihre Leisten strich, wand sich unter seinen Zärtlichkeiten bog sich ihm entgegen, um dann selbst die Initiative zu ergreifen, seine Männlichkeit zu liebkosen in freudiger Erregung der dann folgenden Vereinigung, die sich in Extaste steigerte. Warum nur erschien ihr heute alles so steril?
Selbst der selten stattfindende SEX, was einmal heiß und feurig war lief geplant und monoton ab.
Niedergeschlagen ging sie in die Küche, machte Frühstück. Als sie in die Stube ging hörte sie am leisen monotonen Summen des Lüfters ihres Computers, dass ihr Mann unbemerkt von ihr aufgestanden und in den Keller gegangen war.
Wut stieg in ihr auf.
Das Frühstück verlief wortlos, die Welt war grau. Regentropfen liefen an der Fensterscheibe runter wie die unsichtbaren Tränen über ihre Wangen. Ihr Mann hatte sich bereits wieder in den Keller zurückgezogen, sie stützte ihr Kinn in die Hand und begann zu träumen. Dachte an ihren neuen Kollegen, der seit ein paar Tagen zu ihrem Team gehörte. Schon bei der Vorstellung durch ihren Vorgesetzten verspürte sie ein unsicheres Gefühl, als ihre Augen sich begegneten und er ihr zu nickte.
Herzklopfen bekam sie als er in ihrem Büro stand und sich Infos einholte.
Herzklopfen bekam sie auch wenn er mit ihr kurz telefonierte, wurde rot wenn ein unerwartetes Kompliment kam.
Sie dachte an ihn, an seine Augen, die sie anstrahlten, als sei sie etwas Besonders.
Ein Blick zur Uhr, Frühstückspausenzeit, was er wohl machte?
Sicher schlief er noch. Sie hatte keine Ahnung ob er in festen Händen war, einen Ehering trug er nicht. Einmal, als sie ihm eine Tasse Kaffee eingoss fragte er, ob sie ihren Mann auch so verwöhnte. Etwas irritiert hatte sie „meinen Mann?“ gefragt und er hatte auf ihren Ring gedeutet. Später ärgerte sie sich ob ihrer Feigheit ihn nicht selbst gefragt zu haben. Es war schwer sich vorzustellen, dass es keine Frau in seinem Leben gab, aber sie ertappte sich dabei, dass sie es sich wünscht, aber warum?
Plötzlich schien die Sonne und für einen winzigen Augenblick verschwand der Schatten von ihrer Seele. Sie ging in den Keller, ihr Mann sah kurz auf, zog an seiner Zigarette, die er im Mund hatte während er etwas unbeholfen die Tastatur bearbeitete.
Nach einer Weile sah er noch mal auf. „Was gibt’s?“
„Die Sonne scheint, ich dachte wir könnten ein bisschen rausgehen“.
Er tippte weiter, sie spürte einen Stich im Herzen und Unsicherheit in sich aufsteigen.
„Wo willst du denn hin?“, knurrte er.
„Vielleicht zum Frühjahrsfest ins Fischerdorf....“,
„Nö, das ist mir zu weit wir können hier spazieren gehen“, fiel er ihr ins Wort.
„OK“, meinte sie, schluckte und wünschte sich, dass es wieder zu regnen begann......

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.06.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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