Rudolf Kowalleck

Hausfrauenblues

In Psalm 91, Vers 20 lesen wir:
Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deiner Hütte nahen.
Der das geschrieben hat, muss Single gewesen sein. Offenbar hatte der  keine bucklige Verwandtschaft, die ihm dauernd auf die Bude rückt, so wie meine Schwägerin Doris, die heute mal wieder zum Frühstück bei uns aufkreuzt.
Doris ist sehr anstrengend. Sie redet ohne Punkt und Komma und quasselt locker einen toten Hund wieder lebendig.
Seitdem ich sie kenne, bezweifle ich, dass Alexander Graham Bell das Telefon erfunden hat. Das muss eine Frau gewesen sein.
Egal, kaum sitzt sie, hält sie uns folgenden Vortrag:
Wir Hausfrauen haben es schwer. Alleinerziehende Mütter haben es noch schwerer. Das schwerste Los jedoch trägt jedoch die Frau, die Hausfrau, Mutter und obendrein noch Ehefrau ist.
Männer werden zwar gemeinhin als das starke Geschlecht bezeichnet, aber das ist der größte Propagandatrick aller Zeiten.
Habt ihr schon einmal einen Mann erlebt, der sich beim Versuch einen Nagel in die Wand zu schlagen auf den Daumen gehämmert hat?
Ich kann  euch versprechen, das Wochenende ist gelaufen.
Vielleicht schaffst du es gerade noch, ihn davon zu überzeugen, dass der Notarzt wichtigere Fälle zu versorgen hat, aber das ist es auch schon.
Ein Häufchen Elend liegt jammernd auf der der Couch, unfähig auch nur die kleinste Bewegung mehr zu machen. Die Kinder haben gefälligst leise zu sein, weil Papa ganz doll Aua hat und ständig klagt er von diesem unerträglichen Pochen in seinem Daumen.
 
Stellt euch nur mal vor, was los wäre, würden Männer Ihre Tage kriegen. Ich kann euch sagen. Der Krankenstand in Industrie und Wirtschaft würde Existenz bedrohende Ausmaße annehmen.
 Von uns erwarten sie trotz allem ein anständiges Mittagessen, sowie ein sauberes Hemd für den nächsten schweren Arbeitstag im Büro. Wir sollen die Kinder aus dem Hort abholen, spülen, abwaschen und einkaufen ohne zu klagen. Von ihm hört ihr nur ein „nun stell’ dich wegen den bisschen Bauchschmerzen mal nicht so an.“
Auch wäre die Menschheit in spätestens einer Generation ausgestorben, müssten Männer die Kinder kriegen. Sobald der Arzt die Diagnose „gratuliere, Sie sind schwanger“, auch nur angedeutet hätte, wäre Ihr Sofa zu Hause neun Monate lang ohne Unterbrechung belegt.
Frauenärzte bzw. Männerärzte kämen nicht umhin, Hausbesuche zu machen, da der schwangere Mann unmöglich das Risiko auf sich nehmen könnte, die weit entfernte Praxis aus eigener Kraft aufzusuchen.
Unser Herr, in seiner unendlichen Gnade hat dies aber zu verhindern gewusst und diese Bürde dem wirklich starken Geschlecht auferlegt, uns Frauen.
Im nächsten Leben komme ich jedenfalls nur noch als Mann auf die Welt.
Ich werde um eine Stellungnahme gebeten.
Nun, sage ich. Ich glaube an die Wiedergeburt in der nächst höheren Stufe. Wir fangen als Amöbe an, werden dann Pantoffeltierchen oder so und so erklimmen wir die Leiter der Evolution immer weiter, bis wir eines Tages  die letzten drei Stufen erreicht haben.
„Welche letzten drei Stufen?“, fragt Doris.
„Na, Frau, Mann, Gott!
Vorausgesetzt natürlich, ihr habt euch im Vorleben vernünftig aufgeführt.
 
Ab jetzt frühstücken Anna und ich wieder alleine. Mir soll`s recht sein.
 

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